TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/19 86/05/0090

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Veröffentlicht am 19.03.1991
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L70701 Theater Veranstaltung Burgenland;
L81701 Baulärm Umgebungslärm Burgenland;
L82000 Bauordnung;
L82001 Bauordnung Burgenland;
L82201 Aufzug Burgenland;
L82251 Garagen Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BauO Bgld 1969 §94 Abs4;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 24. Februar 1986, Zl. VI/1-2704-1984, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) L, 2) Stadt Eisenstadt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt vom 16. Mai 1983 wurde der Beschwerdeführerin die nachträgliche Baubewilligung für eine bestehende Stützmauer auf dem Grundstück Nr. n1 des Grundbuches über die Kat. Gem. Eisenstadt erteilt, wobei die Einwendungen des Mitbeteiligten gemäß § 94 Abs. 4 der Bgld. Bauordnung zurückgewiesen worden sind.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadt vom 25. August 1983 wurde dieser erstinstanzliche Bescheid auf Grund der Berufung des Mitbeteiligten behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen.

In der daraufhin von der Baubehörde erster Instanz durchgeführten Bauverhandlung vom 2. Mai 1984 machte der Mitbeteiligte geltend, daß die Standsicherheit der Stützmauer nicht habe festgestellt werden können, und die Mauer darüber hinaus ca. 9 cm auf sein Grundstück rage, weshalb er sich gegen die Erteilung der beantragten Baubewilligung ausspreche.

Mit dem sodann ergangenen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt vom 29. Mai 1984 wurde die beantragte Baubewilligung (neuerlich) erteilt. Die Einwendungen des Mitbeteiligten wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Berufung des Mitbeteiligten wurde mit dem Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadt vom 22. Oktober 1984 als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung ihres Bescheides führte die Berufungsbehörde u.a. aus, der Mitbeteiligte habe bereits im Juni 1972 durch Dipl.-Ing. M. feststellen lassen, daß sein Grundstück durch das Fundament der Stützmauer der Beschwerdeführerin zwischen 4 und 9 cm überbaut sei. Von einer Überbauung der Grundgrenze könne tatsächlich "wohl nur im theoretischen Sinne" gesprochen werden, weil die Stützmauer selbst direkt an der Grundgrenze und sogar noch wenige Zentimeter von der Grundgrenze entfernt errichtet worden sei.

Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 24. Februar 1986 wurde der gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung des Mitbeteiligten Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Stadt verwiesen.

Die Aufsichtsbehörde wies auf § 90 der Bgld. Bauordnung hin, wonach dem Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung u.a. die Zustimmung des Grundeigentümers anzuschließen sei, wenn der Bewilligungswerber nicht Eigentümer des (gesamten) Baugrundes sei. Die Zustimmung des Grundeigentümers sei eine Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung. Die Einwendung des Nachbarn, wonach sein Grund ohne diese Zustimmung in Anspruch genommen werde, sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein öffentlich-rechtlich relevantes Vorbringen, über welches die Baubehörde zu entscheiden habe. In der Begründung des bekämpften Berufungsbescheides sei bereits ausgeführt worden, daß der Mitbeteiligte schon im Juni 1972 durch Dipl.-Ing. M. habe feststellen lassen, daß das Fundament der Stützmauer der Beschwerdeführerin in einer Breite zwischen 4 und 9 cm auf seinem Grund errichtet worden sei. Diese Feststellung sei weder von der Beschwerdeführerin noch von der Baubehörde in Zweifel gezogen worden, weshalb unbestritten sei, daß ein - wenn auch kleiner - Teil der Stützmauer der Beschwerdeführerin auf dem Grund des Mitbeteiligten errichtet und mit dem bekämpften Berufungsbescheid hiefür die Baubewilligung erteilt worden sei, obwohl die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers fehle. Schon dieser Umstand belaste den erwähnten Berufungsbescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, durch die Rechte des Mitbeteiligten verletzt worden seien. Der bekämpfte Bescheid sei daher schon aus diesem Grund aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Stadt zu verweisen gewesen. Im übrigen führte die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides noch aus, daß Bauten u.a. den Anforderungen der Sicherheit und Festigkeit entsprechen sowie unabhängig von anderen Bauten standfest sein müssen, weshalb sich die Ermittlung des Sachverhaltes durch die Berufungsbehörde (aus in der Folge näher angegebenen Gründen) als unzureichend und die Beweiswürdigung als mangelhaft erweise.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, daß nur den tragenden Aufhebungsgründen eines aufsichtsbehördlichen Bescheides für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zukommt (vgl. etwa das

hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. Oktober 1971, Slg. N. F. Nr. 8091/A, und das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1984, Zl. 84/05/0133, BauSlg. Nr. 351, u.a.).

Tragender Aufhebungsgrund des angefochtenen Bescheides ist ausschließlich der Umstand, daß das Fundament der Stützmauer der Beschwerdeführerin nach Ansicht der belangten Behörde zum Teil auf dem Grund des Mitbeteiligten errichtet und die von der Beschwerdeführerin beantragte Baubewilligung für diese Stützmauer mit dem Berufungsbescheid der mitbeteiligten Stadt erteilt worden ist, obwohl die Zustimmungserklärung des mitbeteiligten Grundeigentümers fehlt.

Wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zusätzlich - für das im Hinblick auf den erwähnten Aufhebungsgrund fortzusetzende Verfahren - Erwägungen unter dem Gesichtspunkt der an die Stützmauer der Beschwerdeführerin zu stellenden Anforderungen der Sicherheit und Festigkeit angestellt und die Auffassung vertreten hat, daß das bisherige Ermittlungsverfahren in dieser Hinsicht unzureichend und die Beweiswürdigung mangelhaft sei, so kommt den diesbezüglichen Feststellungen für das fortgesetzte Verfahren keine bindende Wirkung zu, weshalb die Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt worden ist. Der Gerichtshof hat daher lediglich zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin durch die geschilderten - tragenden - Aufhebungsgründe des angefochtenen Bescheides in ihren Rechten verletzt worden ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1985, Zl. 85/05/0169, BauSlg. Nr. 593).

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend auf die Begründung des Berufungsbescheides der mitbeteiligten Stadt vom 22. Oktober 1984 verwiesen, derzufolge der Mitbeteiligte bereits im Juni 1972 durch Dipl.-Ing. M. habe feststellen lassen, daß sein Grundstück durch das Fundament der Stützmauer der Beschwerdeführerin zwischen 4 bis 9 cm überbaut sei. Bereits bei der im Beisein der Beschwerdeführerin am 2. Mai 1984 stattgefundenen Bauverhandlung hat der Mitbeteiligte auf diesen Umstand hingewiesen und sich ausdrücklich gegen die Erteilung der Baubewilligung ausgesprochen, ohne daß die Beschwerdeführerin diesen Feststellungen über die Inanspruchnahme fremden Grundes entgegengetreten wäre. Die Berufungsbehörde wäre daher unter Zugrundelegung dieses - unbestritten gebliebenen - Sachverhaltes zur Aufhebung des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides verpflichtet gewesen, weshalb die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht die Auffassung vertreten hat, daß der Mitbeteiligte durch den erwähnten Berufungsbescheid dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, daß die beantragte (nachträgliche) Baubewilligung für die - wenn auch nur zu einem geringen Teil auf seinem Grund errichtete - Stützmauer ohne seine Zustimmung erteilt worden ist. Diese die Aufhebung des Berufungsbescheides tragende Begründung ist daher nicht rechtswidrig, weshalb durch den angefochtenen Bescheid keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin eingetreten ist.

Daran vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf Bestimmungen des § 3 Abs. 4 der Vermessungsordnung des Bundesministers für Bauten und Technik, BGBl. Nr. 53/1969, schon deshalb nichts zu ändern, weil - in Übereinstimmung mit diesbezüglichen Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde - im vorliegenden Bauverfahren nicht die strittige Lage von Grenzzeichen zu beurteilen war.

Die Beschwerdeführerin hätte während des Baubewilligungsverfahrens der - von ihr nunmehr nicht geteilten - Auffassung des Mitbeteiligten widersprechen müssen, daß die in Rede stehende Stützmauer teilweise auf seinem Grund errichtet worden ist, worauf die Baubehörde auf Grund der zivilrechtlichen Bestimmungen darüber als Vorfrage zu entscheiden gehabt hätte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. April 1985, Zlen. 85/06/0046, 0047, BauSlg. Nr. 430). Auf die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung der Beschwerdeführerin, sie sei durch redliche Bauführung Eigentümerin der in Rede stehenden Grenzfläche geworden, kann der Gerichtshof daher wegen des sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebenden Neuerungsverbotes nicht eingehen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und StraßenwesenBindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidVorstellung gemäß B-VG Art119a Abs5Baubewilligung BauRallg6Sachverhalt VorfrageNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1Sachverhalt Mitwirkungspflicht Verschweigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1986050090.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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