TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/19 87/05/0173

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Veröffentlicht am 19.03.1991
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
BauO NÖ 1976 §61 Abs1;
BauO NÖ 1976 §61 Abs3;
BauO NÖ 1976 §89 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der prot. Fa. Z-Werbung gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. Juli 1987, Zl. II/2-V-8779, betreffend Abweisung eines Bauansuchens sowie Erteilung eines Entfernungsauftrages hinsichtlich einer Plakatwand (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Hainfeld, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 4. Mai 1987 wurde der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung zur Aufstellung einer Plakatwand auf dem Grundstück Nr. n/1, EZ. nn des Grundbuches über die Kat.Gem. X, versagt und gleichzeitig unter Berufung auf § 113 Abs. 2 Z. 3 der NÖ. Bauordnung 1976 der Auftrag erteilt, diese Plakatwand binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides "vollständig zu entfernen".

Mit Bescheid der NÖ. Landesregierung vom 30. Juli 1987 wurde die dagegen eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ. Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen, wobei auch die Aufsichtsbehörde entsprechend der Begründung ihres Bescheides zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die in Rede stehende Plakatwand im Sinne des § 61 Abs. 1 der NÖ. Bauordnung 1976 das Orts- und Landschaftsbild stört.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 89 Abs. 2 der NÖ. Bauordnung 1976 dürfen Werbeanlagen das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigen und müssen so beschaffen sein, daß sie mit amtlichen Hinweisen nicht verwechselt werden können und von derartigen Hinweisen nicht ablenken.

Gemäß § 61 Abs. 1 leg. cit. dürfen Vorhaben, die einer baubehördlichen Bewilligung bedürfen, das Orts- und Landschaftsbild nicht stören. Die Bautradition des Umlandes ist, soweit dieses eine kulturelle Einheit bildet, zu berücksichtigen. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist unter Ortsbild die bestehende Eigenart bzw. die im Bebauungsplan vorgesehene Gestaltung der baulichen Ansicht eines Ortes, Ortsteiles oder anderen bebauten Gebietes unter Einschluß der bildhaften Wirkung, die von nicht bebauten Gebieten ausgeht, zu verstehen. § 61 Abs. 3 leg. cit. sieht vor, daß bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben das Ortsbild stört, die charakteristischen Merkmale des vorhandenen Baubestandes, und zwar der unmittelbaren Umgebung, der angrenzenden Straße (Straßenbild), des umliegenden Ortsteiles und des gesamten Ortes oder bebauten Gebietes zu berücksichtigen sind. Dabei ist zu prüfen, ob das Vorhaben auf Grund seiner Lage, Größe, Proportionen und Bauform, der verwendeten Baustoffe, Bauteile und bauchemischen Mittel bzw. des zu erwartenden Erscheinungsbildes als erhebliche Störung oder Verunstaltung des vorhandenen Baubestandes wirkt. Unter Landschaftsbild ist zufolge Abs. 4 dieser Gesetzesstelle die bestehende Eigenart der um eine Ortschaft gelegenen Landschaft in Beziehung zum bebauten Gebiet zu verstehen. Bei der Beurteilung, ob ein Vorhaben das Landschaftsbild stört, ist nach Feststellung der jeweiligen charakteristischen Merkmale der Landschaft in Bezug auf das bebaute Gebiet zu prüfen, ob das Vorhaben sich in das Landschaftsbild einfügt oder erheblich störende oder verunstaltende Gegensätze zu diesem bildet. Bei der Betrachtung des Landschaftsbildes haben exponiert gelegene Standorte (z.B. unwegsame Berggipfel, Turmbauten usw.) außer Betracht zu bleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß die Frage, ob eine bauliche Anlage das Orts- und Landschaftsbild stört, Gegenstand des Beweises durch Sachverständige ist, wobei der Befund alle jene Grundlagen nennen muß, die für das Gutachten, also das sich auf den Befund stützende Urteil des Sachverständigen, erforderlich sind (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1953, Slg. N. F. Nr. 3159/A).

In dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Gutachten wurde das im Beschwerdefall maßgebende Ortsbild folgendermaßen beschrieben:

"Das bebaute Gebiet entlang der Bundesstraße 18 an der westlichen Ortseinfahrt von Hainfeld zeichnet sich vor allem durch die Bebauung mit in offener Bebauungsweise angeordneten Einfamilienhäusern aus, die den Eindruck einer lockeren, mit vielen grün bewachsenen Zwischenräumen unterbrochenen Bebauung erwecken, vor allem in bezug auf die weitläufigen großen Grünflächen, die vor dieser Siedlung und gegenüber dieser gelegen sind. Diese lockere Bebauung schafft einen harmonischen Übergang von nicht bebauten oder nur gelegentlich verbauten Flächen im Gölsental vor Hainfeld (von Westen kommend) zum bebauten Gebiet. Dieser weiche Übergang von unbebautem zu bebautem Gebiet erweckt nicht den Eindruck einer brutalen Ausschlachtung vorhandener Bauflächen und fügt sich gut in das Landschaftsbild des Gölsentales.

Des weiteren zeichnet sich die westliche Ortseinfahrt von Hainfeld durch große offene Sichträume aus, die im allgemeinen den freien Blick auf größere weite Grünflächen bis zu der auf einem Hang liegenden, das Ortsbild aus größeren Entfernungen dominierenden Pfarrkirche ermöglichen (siehe auch Bildbeilage). Dieser Bestand an relativ lockerer Bebauung mit den bestehenden weiten Sichträumen ist für diesen Ortsteil bestimmend und hat einen wesentlichen Anteil an der Wohnqualität. Die Bebauung mit hauptsächlich Einfamilienhäusern in offener Bebauungsweise hat zur Folge, daß keine größeren Baukörper das Ortsbild dominieren und somit auch keine größeren Baukörperflächen in Erscheinung treten, wie es beispielsweise bei einer höheren Bauklasse oder etwa bei geschlossener Bebauungsweise der Fall wäre. Das Ortsbild ist somit locker, ruhig und ohne aufdringliche größere Flächen oder Massen von Baukörpern oder anderen Bauwerken, die sich dem Betrachter aufdrängen und die Aufmerksamkeit des Betrachters über Gebühr an sich ziehen - wie es für Bauten des öffentlichen Interesses typisch ist - typisch sein soll. Das Ortsbild ist ohne aufdringliche Elemente."

Das Landschaftsbild hat der Sachverständige wie folgt beschrieben:

"Das Landschaftsbild an der Westeinfahrt von Hainfeld wird vom weiten offenen Gölsental geprägt, das nur geringe Neigungen (teilweise völlig ebenÜ) beidseitig der Straße aufweist, sanfte Hügel, die nicht von markanten Erhebungen unterbrochen werden, sowie überaus weiten offenen Sichträumen, die erst im weiteren Hintergrund von Bergen abgeschlossen werden. Diese Talform ist für das Voralpengebiet typisch und mit anderen Tälern im Voralpengebiet Niederösterreichs vergleichbar. Die vorhandenen landwirtschaftlichen Kulturflächen sind stets über mehrere hundert Meter (bis Kilometer-Distanzen) überschaubar, und somit die Landschaft insgesamt bis zu den abschließenden Bergen sehr weitläufig und offen."

Ferner ist der Sachverständige davon ausgegangen, daß die Plakatwand eine Größe von 8,50 m x 2,55 m aufweist und etwa 5 bis 6 m vom Straßenrand entfernt so situiert ist, "daß ihre Bildfläche normal zu den Sehstrahlen des Betrachters gerichtet ist", wobei auf im Akt erliegende Lichtbilder hingewiesen worden ist.

Anschließend vertrat der Sachverständige die Auffassung, daß "die bereits errichtete Plakatwand das Orts- und Landschaftsbild stört". Sie "stört auf Grund ihrer Größe, Anordnung und Situierung das Erscheinungsbild der Ortseinfahrt, verunstaltet das vorhandene Landschaftsbild und stellt insgesamt ein Bauwerk von großer Aufdringlichkeit dar, das nicht in das bestehende Ortsbild eingefügt werden kann. Durch Beeinträchtigung der weitläufigen Sichträume wird ebenso die Wohnqualität wie das Orts- und Landschaftsbild nachhaltig negativ beeinflußt".

Der Gerichtshof hält dieses Gutachten für schlüssig und sieht insbesondere auch im Hinblick auf die diesem angeschlossenen bildlichen Darstellungen keine Veranlassung, die Auffassung des Amtssachverständigen seiner Entscheidung nicht zugrunde zu legen.

An diesem Beurteilungsergebnis vermögen auch die in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken gegen einzelne Passagen dieses Gutachtens nichts zu ändern, weil etwa der vom Sachverständigen unternommene und vom Beschwerdeführer teilweise mit Recht kritisierte Versuch einer abstrakten Erklärung des Begriffes "Störung" nicht bedeutet, daß der Sachverständige etwa von einem unrichtigen oder nicht ausreichend genauen Befund hinsichtlich des Orts- oder Landschaftsbildes ausgegangen wäre, oder seine Beurteilung nicht schlüssig wäre. Der Gerichtshof kann auch nicht finden, daß die Ansicht des Sachverständigen, wonach die in Rede stehende Plakatwand auf Grund ihrer Größe, Anordnung und Situierung das Erscheinungsbild der Ortseinfahrt störe, das vorhandene Landschaftsbild verunstalte und insgesamt ein Bauwerk von großer Aufdringlichkeit darstelle, das nicht in das bestehende Ortsbild eingefügt werden könne, nicht nachvollziehbar sei, weil die als Bestandteil des Gutachtens anzusehenden Lichtbilder (vgl. insbesondere die "Bildbeilage 2") deutlich erkennen lassen, inwiefern sich die störende Wirkung der Plakatwand aus deren Größe und Situierung ergibt. Die Feststellung des Sachverständigen, daß das Orts- und Landschaftsbild "durch Beeinträchtigung der weitläufigen Sichträume ... nachhaltig negativ beeinflußt wird", kann sich im gegebenen Zusammenhang ("Beurteilung der beabsichtigten Plakatwand") nur auf das in Rede stehende Objekt beziehen und stellt daher keine davon isoliert zu sehende Meinung des Sachverständigen dar. Wenn der Sachverständige bei der Beschreibung der Plakatwand, wie schon erwähnt, gemeint hat, "daß ihre Bildfläche normal zu den Sehstrahlen des Betrachters gerichtet ist", so kann damit angesichts des in diesem Zusammenhang vom Sachverständigen gegebenen Hinweises auf die Bildbeilage 3 wohl nur gemeint sein, daß diese Plakatwand eben so aufgestellt worden ist, daß sie für den auf der vorbeiführenden Straße sich nähernden Betrachter bei gerader und sohin "normaler" Blickrichtung in vollem Umfang einzusehen ist.

Das von der Beschwerdeführerin vermißte Fehlen näherer Angaben über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein anderer Ankündigungsanlagen oder sonstiger Bauten, die das Ortsbild beeinträchtigen könnten, ist unter dem Gesichtspunkt der vom Gerichtshof zu prüfenden Wesentlichkeit eines behaupteten Verfahrensmangels (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG) unerheblich, weil auch aus dem allfälligen Vorhandensein von Objekten, die das Ortsbild stören, nicht abgeleitet werden kann, daß ein weiterer Eingriff nicht mehr als störend angesehen werden kann, soweit noch ein schutzwürdiges Ortsbild vorhanden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1979, Slg. N. F. Nr. 9966/A). Daß das Ortsbild (oder Landschaftsbild) nicht mehr schutzwürdig sei, hat die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet, weshalb nicht näher darauf einzugehen war, inwieweit das Ortsbild (oder Landschaftsbild) durch einige bereits vorhandene Werbetafeln zusätzlich beeinträchtigt wird.

Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzustimmen, daß die einleitend wiedergegebenen Bestimmungen der NÖ. Bauordnung 1976 im gegebenen Zusammenhang keine Bedachtnahme auf die vom Sachverständigen erwähnte Wohnqualität vorsehen, und auch die allgemein gehaltene Feststellung des Sachverständigen, wonach "für das beabsichtigte Bauvorhaben weder baubehördliche Interessen zur Erzielung eines bestimmten Erscheinungsbildes noch allgemeine öffentliche Interessen zur Errichtung einer Plakatwand bestehen", auf dem Boden dieser Regelungen nicht von Bedeutung ist, weshalb die diesbezüglichen Ausführungen im Gutachten nicht zur Stützung der für den Beschwerdefall wesentlichen Schlußfolgerung hinsichtlich der störenden Wirkung der Plakatwand heranzuziehen sind, doch ergibt sich daraus angesichts der übrigen, bereits wiedergegebenen Teile des Gutachtens nicht, daß der Sachverständige im Falle der Außerachtlassung dieser Erwägungen zu einem für die Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis gekommen wäre. Ob die Auffassung des Sachverständigen zutrifft, daß die "Schaffung von Plakatwänden als einzelnes 'Bauwerk' (wie im vorliegenden FallÜ) stets störend sein wird", kann dahingestellt bleiben, solange - unabhängig davon - die Schlußfolgerung gerechtfertigt ist, daß die den Gegenstand des vorliegenden Bauansuchens bildende Plakatwand jedenfalls eine im Sinne des § 61 Abs. 1 leg. cit. störende Wirkung entfaltet. Es kommt daher unter dem Gesichtspunkt der im Beschwerdefall zu prüfenden Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auch nicht darauf an, daß im vorliegenden Fall nach Ansicht des Sachverständigen "nicht die Notwendigkeit gegeben ist, ... eine ... zerstörte Landschaft abzuschirmen", weshalb auch die daran geknüpften Erwägungen der Beschwerdeführerin für den Ausgang dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht entscheidend sind.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Anschluß an die Wiedergabe des in Rede stehenden Sachverständigengutachtens die Auffassung vertreten, daß der Bausachverständige nach der ausführlich begründeten Abgrenzung des Beurteilungsgebietes, der Anführung der Beurteilungskriterien und der Definition der Begriffe Störung und Verunstaltung einen ausführlich begründeten Befund über den im Abgrenzungsgebiet vorhandenen Baubestand aufgenommen, das Orts- und Landschaftsbild ausführlich beschrieben und mit einer Bilddokumentation versehen habe. Daraus sei zu entnehmen, daß im Beurteilungsgebiet in offener Bebauungsweise errichtete Einfamilienhäuser vorhanden seien, die eine kulturelle Einheit bilden, und durch die aufgelockerte Bebauung freie große offene Sichträume geschaffen worden seien, die im allgemeinen den freien Blick auf größere weite Grünflächen bis zu der auf einem Hang liegenden, das Ortsbild aus größerer Entfernung dominierenden Pfarrkirche ermöglichen. Die Bebauung hauptsächlich mit Einfamilienhäusern in offener Bebauungsweise habe zur Folge, daß keine größeren Baukörper das Ortsbild dominieren und somit auch keine größeren Baukörperflächen in Erscheinung treten, wie es beispielsweise bei einer höheren Bauklasse oder etwa bei geschlossener Bebauungsweise der Fall wäre. Das Ortsbild sei somit locker, ruhig und ohne aufdringliche größere Flächen oder Massen von Baukörpern oder anderen Bauwerken, die sich dem Betrachter aufdrängen und die Aufmerksamkeit des Betrachters über Gebühr an sich ziehen. Die Plakatwand weiche auf Grund ihrer Größe, Anordnung und Situierung an der Ortseinfahrt Hainfeld von der vorhandenen Bautradition wesentlich ab. Sie stelle ein Bauwerk von großer Aufdringlichkeit dar und füge sich somit nicht harmonisch in das bestehende Ortsbild ein und bewirke daher eine erhebliche Störung desselben.

Dem unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Begründung des angefochtenen Bescheides vorgebrachten Einwand der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe an den Feststellungen des Sachverständigen "zwei kaum merkbare Korrekturen" angebracht, weil sie zum einen davon spreche, daß die im Beurteilungsgebiet vorhandenen Einfamilienhäuser eine "kulturelle Einheit" bildeten, und zum anderen davon, daß die vorhandenen Plakatwände von der "vorhandenen Bautradition wesentlich" abweichen, ist zu erwidern, daß sich diese Feststellungen auch ohne eine diesbezügliche Ergänzung des Sachverständigengutachtens aus dem vorliegenden Ermittlungsergebnis unschwer ableiten lassen. Die erwähnten Lichtbilder zeigen nämlich den Widerspruch der in Rede stehenden Plakatwand zur "Bautradition des Umlandes", und es kann unter Zugrundelegung der schon wiedergegebenen, durch den Sachverständigen erfolgten Beschreibung des Orts- und Landschaftsbildes auch nicht davon ausgegangen werden, daß dieses Umland keine "kulturelle Einheit bildet". Die Beschwerdeführerin vermag daher mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.

Auch wenn man der Beschwerdeführerin zustimmt, daß der Umstand, wonach sich eine Plakatwand auf Grund ihrer Beschaffenheit und Form von einem Gebäude wesentlich unterscheidet, nicht schon für sich allein genügen kann, ihre Errichtung aus Gründen des Orts- und Landschaftsbildes wegen der Abweichung von der Bautradition zu untersagen, so darf doch nicht übersehen werden, daß die im Beschwerdefall zu beurteilende Plakatwand nach der durchaus nachvollziehbaren Auffassung des Sachverständigen "das Erscheinungsbild der Ortseinfahrt stört" und "das vorhandene Landschaftsbild verunstaltet" sowie "insgesamt ein Bauwerk von großer Aufdringlichkeit darstellt, das nicht in das bestehende Ortschaftsbild eingefügt werden kann".

Im übrigen ist in Erwiderung auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen festzuhalten, daß sich die belangte Behörde, wie dem vorstehend wiedergegebenen Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, nicht auf die Wiederholung des erwähnten Sachverständigengutachtens beschränkt, sondern darüber hinaus auch noch Erwägungen angestellt hat, welche eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem - durchaus schlüssigen - Gutachten erkennen lassen. Auch wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die von der Beschwerdeführerin gegen dieses Gutachten erhobenen Einwendungen nicht näher eingegangen ist, kann ihr nicht der Vorwurf eines im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlichen, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Begründungsmangels gemacht werden, weil die vorstehenden Erwägungen des Gerichtshofes zeigen, daß die belangte Behörde im Falle der Vermeidung dieses Begründungsmangels zu keinem für die Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis gekommen wäre. Schließlich hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend darauf hingewiesen, daß die Beschwerdeführerin dem Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, weil die Schlußfolgerungen des Sachverständigen trotz der schon erwähnten, in den wiedergegebenen Bestimmungen der Bauordnung nicht gedeckten Ausführungen des Gutachtens hinsichtlich der allein entscheidenden Frage, ob die in Rede stehende Plakatwand das Orts- und Landschaftsbild stört, auch nach Auffassung des Gerichtshofes schlüssig sind, sodaß die Beschwerdeführerin dem Amtssachverständigen mit einem gleichartigen Gutachten zu erwidern gehabt hätte.

Die belangte Behörde hat daher der Vorstellung der Beschwerdeführerin schon im Hinblick darauf zu Recht keine Folge gegeben, daß das Vorhaben mit den Bestimmungen des § 61 Abs. 1 bis 4 der NÖ. Bauordnung 1976 nicht vereinbar ist, weshalb sie nicht mehr zu prüfen hatte, ob die Zustimmung des Grundeigentümers im Sinne des § 96 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. vorliegt, und ob für die Errichtung der Plakatwand ein Bauplatz im Sinne des § 2 Z. 7 leg. cit. erforderlich ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel"zu einem anderen Bescheid"Anforderung an ein GutachtenSachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild Landschaftsbild

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1987050173.X00

Im RIS seit

19.03.1991

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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