Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §67 Abs10 idF 1986/111;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Juli 1989, Zl. MA 14-J 10/88, betreffend Beitragshaftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: J), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch des Mitbeteiligten gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 17. Juni 1988 betreffend Haftung für Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 statt und stellte gemäß den §§ 413 und 414 in Verbindung mit § 355 ASVG fest, daß der Mitbeteiligte als Geschäftsführer gemäß § 67 Abs. 10 ASVG nicht verpflichtet sei, auf einem näher bezeichneten Beitragskonto des Beitragsschuldners prot. Firma J-OHG, Tapezierer, rückständige Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren mit dem dort angegebenen Betrag zu bezahlen.
Nach der Begründung sei im Ermittlungsverfahren festgestellt worden, daß es sich bei der J-OHG (der Beitragsschuldnerin) um eine GmbH. & Co. KG handle, wobei der Mitbeteiligte Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft, nämlich der H. J-GmbH, gewesen sei. Im Hinblick darauf, daß es sich bei einer GmbH & Co. KG weder um eine juristische noch um eine natürliche Person handle, gelange die belangte Behörde zu der Auffassung, daß im vorliegenden Fall eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG nicht zum Tragen komme. Wohl habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur zu § 9 Abs. 1 BAO die Haftung eines Geschäftsführers einer GmbH, welche wiederum mit der Geschäftsführung einer GmbH & Co. KG betraut gewesen sei, bejaht, jedoch verweise § 9 Abs. 1 BAO auf die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter. Unter diesen seien aber nicht nur die zur Vertretung JURISTISCHER PERSONEN berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen, sondern auch Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) OHNE EIGENE RECHTSPERSÖNLICHKEIT aufgezählt. Da diese Personenvereinigungen in § 67 Abs. 10 ASVG nicht genannt seien, gelange die belangte Behörde zu der Überzeugung, daß die gegenständliche Norm auf derartige Personenvereinigungen nicht anzuwenden sei.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. § 67 Abs. 10 ASVG in der Fassung der 41. Novelle, BGBl. 1986/111, lautet:
"(10) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge aus Verschulden des Vertreters nicht bei Fälligkeit entrichtet werden."
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. März 1989, G 163/88 und Folgezahlen, die Worte "zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die" in dieser Bestimmung als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 28. Februar 1990 in Kraft tritt. Da der dem Beschwerdefall zugrundeliegende Tatbestand jedoch vor der Aufhebung verwirklicht worden ist und es sich um keinen Anlaßfall handelt, ist die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Gesetzesstelle im Beschwerdefall gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG weiterhin anzuwenden.
2.2. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist lediglich die Frage strittig, ob der Mitbeteiligte als Geschäftsführer der GmbH, der einzigen Komplementärin der Beitragsschuldnerin, bei der es sich nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens um eine KG handelt, für die von dieser als Beitragsschuldnerin zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren der Haftungsbestimmung des § 67 Abs. 10 ASVG in der genannten Fassung unterliegt.
2.3. Mit dieser Rechtsfrage hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Februar 1990, Zl. 89/08/0276 und Folgezahlen, eingehend auseinandergesetzt und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß unter den in § 67 Abs. 10 ASVG genannten Personen, DEREN Vertreter eine Haftung treffen soll, nur die (unmittelbaren) Beitragsschuldner gemeint seien, nicht aber deren Vertreter. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
2.4. Auf Grund dieser Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Art. I und III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. 1991/104.
Schriftsatzaufwand für die erstattete Gegenschrift konnte dabei nur in der Höhe des tatsächlich beantragten Betrages zuerkannt werden (vgl. das Erkenntnis vom 15. Mai 1981, Zl. 81/02/0028).
Schlagworte
Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Inhalt und Umfang des PauschbetragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1989080242.X00Im RIS seit
19.03.1991