TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/21 90/09/0199

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Veröffentlicht am 21.03.1991
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §107 Abs1;
HDG 1985 §28 Abs1;
HDG 1985 §29 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Kommandanten des Landwehrstammregiments n1 in K vom 14. November 1990, Zl.: 6.557-3170/10/90, betreffend Nichtzulassung als Verteidiger im Kommandantenverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bezüglich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensablaufes wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1990, Zl. 90/09/0020, verwiesen, mit welchem der Bescheid der belangten Behörde vom 13. Dezember 1989, mit dem im Instanzenzuge ein gegenüber dem damaligen Beschwerdeführer, A, der dem nunmehrigen Beschwerdeführer am 8. November 1989 Vollmacht erteilt hatte, ihn im anhängigen Kommandantenverfahren zu vertreten (§ 29 Abs. 1 HDG), ausgesprochener Schuldspruch ohne Strafe (§ 6 Abs. 4 HDG) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war. Der Gerichtshof hatte hierbei für bestimmend erachtet, daß Feststellungen darüber, aus welchen Gründen das dem damaligen Beschwerdeführer zur Last gelegte "Vergessen" vorwerfbar (subjektive Tatseite) und als Dienstpflichtverletzung zu qualifizieren sei (objektive Tatseite), vollends fehlten.

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte der Kommandant der 1. Ausbildungskompanie den gesondert gestellten Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers vom 29. November 1989 auf Zulassung als Verteidiger im Kommandantenverfahren gegen A mit Bescheid vom 20. August 1990 mangels Parteistellung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. November 1990 hat der Kommandant des Landwehrstammregiments n1 als Disziplinarvorgesetzter (belangte Behörde) der Berufung des Beschwerdeführers, in der er die Zuständigkeit der Disziplinarbehörde erster Instanz rügte, keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Gerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Sachentscheidung über einen von ihm gestellten Antrag auf Zulassung als Verteidiger eines Kollegen in einem Disziplinarverfahren nach § 28 Abs. 1 HDG durch unrichtige Anwendung dieser Norm, sowie der Vorschriften über die Bescheidbegründung nach §§ 58, 60 AVG in Verbindung mit § 24 HDG verletzt. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, durch § 29 Abs. 1 HDG werde zweifellos primär ein Recht des Beschuldigten normiert. Aber auch der Beauftragte habe der Behörde gegenüber ein subjektives Recht, in Erfüllung seines Auftrages im Verfahren als Verteidiger tätig zu werden. Bei Personen, die beauftragt und bevollmächtigt werden, gehe es um ihre Rechtsstellung dann, wenn in ihrer Sphäre gelegene Gründe herangezogen werden, um ihnen die Ausübung ihres Mandates zu verweigern. Dies sei hier der Fall, weil der Ablehnungsgrund darin bestehe, daß seine Zugehörigkeit zu jenem Personenkreis verneint werde, aus welchem der Beschuldigte einen Verteidiger wählen könne. Der Beschwerdeführer sei Obmann des zuständigen gewerkschaftlichen Betriebsausschusses und es gehe daher bei ihm auch um seine Rechte im Rahmen gewerkschaflicher Interessensvertretung. Im Hinblick auf seine Personalvertretungsfunktion sei mit Sicherheit mit dem künftigen Eintreten gleichartiger Situationen zu rechnen und es bestehe daher das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung der gegenständlichen Art fort. Es hätte eine meritorische Entscheidung gefällt werden müssen.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Die vorliegende Beschwerde betrifft die Rechtsstellung eines vom Beschuldigten nach seiner Wahl zu seinem Verteidiger bestellten Soldaten.

Gemäß § 28 Abs. 1 zweiter Satz HDG ist im Kommandantenverfahren (§§ 55 bis 63 HDG), in dem sich die Beteiligten des Verfahrens nicht mehr im Verhältnis der Über- und Unterordnung, sondern auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberstehen, nur der Beschuldigte Partei. Nach der Anordnung des § 29 Abs. 1 erster Satz leg. cit. kann sich der Beschuldigte selbst verteidigen oder durch

1.

einen Soldaten oder

2.

einen Beamten oder Vertragsbediensteten, der nicht Soldat ist, jeweils aus dem örtlichen Zuständigkeitsbereich der Disziplinarbehörde verteidigen lassen, der sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen hat.

Als ein unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Disziplinarverfahrens gewährleistet § 29 Abs. 1 HDG dem Beschuldigten, für den bis zur Verurteilung die Vermutung seiner Unschuld streitet, höchst persönliche prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde selbständig wahrnehmen zu können. Der - im allgemeinen rechtsunkundige - beschuldigte Soldat KANN allerdings in jeder Lage des Verfahrens zu seiner Unterstützung einen Soldaten oder einen Beamten oder Vertragsbediensteten, der nicht Soldat ist, jeweils aus dem örtlichen Zuständigkeitsbereich der Disziplinarbehörde als Verteidiger hinzuziehen. Das verfassungsmäßige Gebot der Waffen- und Chancengleichheit räumt dem Beschuldigten auch das Recht ein, sich durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl (vgl. VfSlg. 11561) beraten und vertrten zu lassen und solcherart die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Rechtskundigen bei der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen zu benutzen.

Allerdings verfolgt der zum Verteidiger bestellte Beschwerdeführer, der nicht zu den "Parteien" des Verfahrens gehört, keine subjektiven Rechte in dem gegen einen ANDEREN (sc. den beschuldigten A) geführten Disziplinarverfahren. Subjektive Rechte zur Verfahrensgestaltung stehen ihm nicht zu. Seine Aufgabe hätte sich, wenn er zum Kreise derjenigen Personen gehört hätte, die nach dem oben wiedergegebenen Wortlaut des § 29 Abs. 1 HDG Verteidiger im Disziplinarverfahren sein können, auf die sachgerechte Vertretung der Interessen des Beschuldigten beschränkt. Als Wahlverteidiger eines anderen verfolgt der Beschwerdeführer jedenfalls keine eigenen subjektiven materiellen Rechte.

Die Frage, ob durch die Nichtzulassung des Beschwerdeführers als Verteidiger schutzwürdige Interessen des Beschuldigten verletzt wurden, wird Gegenstand des in der Hauptsache allenfalls noch abzuführenden fortgesetzten Verfahrens sein. Im vorliegenden Beschwerdefall entzieht sich diese Frage mangels eines subjektiven Rechtsanspruches des Beschwerdeführers auf Zulassung als Verteidiger im Disziplinarverfahren gegen A der Kognition durch den Verwaltungsgerichtshof, sodaß es ihm mangels Vorliegens der Prozeßvoraussetzung der Präjudizialität auch verwehrt ist, auf die unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers, die er in der etwas anders ausgestalteten Verfahrensregelung des § 107 BDG 1979 erblickt, einzugehen.

Damit erweist sich die Rechtsrüge des Beschwerdeführers als unbegründet. Im Hinblick darauf war es schon aus diesem Grunde entbehrlich, auf dessen Verfahrensrüge einzugehen.

Die solcherart zur Gänze unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990090199.X00

Im RIS seit

21.03.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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