TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/22 89/18/0045

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Veröffentlicht am 22.03.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/04 Erbrecht einschließlich Anerbenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
HöfeG Tir §1 Abs2;
HöfeG Tir §1;
HöfeG Tir §5 Abs1;
HöfeG Tir §7;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Degischer, DDr. Jakusch und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des 1. Ing. N, 2. Josef M gegen den Bescheid der Landeshöfekommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 23. Jänner 1989, Zl. LHK-51/9-87, betreffend Versagung der höferechtlichen Bewilligung zur Abschreibung eines Grundstückes von einem "geschlossenen Hof",

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Zweitbeschwerdeführer stellte mit Schriftsatz vom 18. September 1986 bei der Höfekommission Kitzbühel bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel den Antrag, die höferechtliche Bewilligung zur Abtrennung der Grundstücke Nr. 209 KG X, und Nr. 948/2 KG Y von der Liegenschaft EZ 90009, KG Y, zu erteilen.

Mit Bescheid der Höfekommission Kitzbühel vom 10. November 1986 (ausgefertigt am 23. Juli 1987) wurde diesem Antrag gemäß § 5 des Tiroler Höfegesetzes nicht stattgegeben.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Erstbeschwerdeführer (in seiner Eigenschaft als präsumtiver Erwerber der in Rede stehenden Liegenschaften) als auch der Zweitbeschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid vom 23. Jänner 1989 wies die Landeshöfekommission beim Amt der Tiroler Landesregierung diese Berufungen als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges führte die Landeshöfekommission zur Begründung aus, dem Berufungseinwand, bei dem in Rede stehenden Hof "A" seien die Voraussetzungen für den Weiterbestand als geschlossener Hof nicht mehr gegeben, komme schon deshalb keine Bedeutung zu, weil es sich hier um die Zulässigkeit einer Grundstücksabtrennung auf Seiten des "A-Hofes" handle und nicht um die Beantwortung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung der Hofeigenschaft gemäß § 7 Tiroler Höfegesetz gegeben wären. Ebensowenig sei es ausschlaggebend, ob hinsichtlich der in Rede stehenden Grundstücke testamentarische Verfügungen vorlägen, in welchem Zustand sich die zum Hof gehörenden Baulichkeiten befänden und in welchem Umfang die Landwirtschaft betrieben werde. Zur Frage, ob die Liegenschaft "A" auch nach Abtrennung der fraglichen Grundstücke (1,5 ha Wald) zur angemessenen Erhaltung einer Familie von mindestens 5 Köpfen hinreiche, habe die Berufungsbehörde ein Gutachten eines land- und forstwirtschaftlichen Amtssachverständigen eingeholt, welcher zum Ergebnis gekommen sei, aus dem Hof "A" könne ein jährlicher Ertrag von S 123.688,-- erwirtschaftet werden. Dem stehe zwar die Ansicht des Erstbeschwerdeführers gegenüber, ein solcher Ertrag könne lediglich in der jährlichen Höhe von S 81.688,-- erwirtschaftet werden, doch könne diese Frage dahingestellt bleiben, weil in jedem Fall dieser Ertrag zur angemessenen Erhaltung einer 5-köpfigen Familie nicht ausreiche. Es erscheine daher die mit der Abtrennung der in Rede stehenden Waldflächen Hand in Hand gehende Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Hofes, sei es um S 5.000,-- (Sachverständiger), sei es um S 2.000,-- (Erstbeschwerdeführer) nicht mehr vertretbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu Punkt 1. des Spruches:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. N.F. Nr. 10.511/A).

Eine derartige Rechtsverletzungsmöglichkeit ist im vorliegenden Fall hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers nicht gegeben.

Wie aus der eingangs gegebenen Sachverhaltsdarstellung ersichtlich ist, stellte den Antrag auf Abtrennung der in Rede stehenden Grundstücke nur der Zweitbeschwerdeführer, während der Erstbeschwerdeführer am erstbehördlichen Verwaltungsverfahren nicht teilnahm. Damit erweist sich aber die von ihm gegen den erstbehördlichen Bescheid erhobene Berufung mangels Parteistellung als nicht zulässig. Die belangte Behörde hätte daher zwar richtiger Weise die Berufung des Erstbeschwerdeführers zurückweisen müssen. Dadurch, daß die belangte Behörde stattdessen diese Berufung in materieller Erledigung abwies, wurde jedoch die Rechtstellung des Beschwerdeführers nicht negativ berührt, sodaß subjektive Rechte des Erstbeschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt sein können.

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Zu Punkt 2. des Spruches:

Gemäß § 1 des Tiroler Höfegesetzes gilt als geschlossener Hof jede landwirtschaftliche, mit einem Wohnhause versehene Besitzung, deren Grundbuchseinlage sich in der Höfeabteilung des Hauptbuches befindet.

Zufolge Abs. 2 leg. cit. bedürfen alle Veränderungen an dem Bestande und dem Umfange der geschlossenen Höfe, die weder durch Enteignung noch durch eine im Sinne des Art. VI Abs. 1 des Gesetzes vom 17. März 1897, RGBl. Nr. 97, zulässige Zwangsversteigerung bewirkt werden, der Bewilligung der Höfebehörde.

Nach § 5 Abs. 1 leg. cit. ist die Bewilligung zur Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes zu erteilen, wenn der Hof nach der Abtrennung zur Erhaltung einer Familie von mindestens 5 Köpfen noch hinreicht, und wenn der beantragten Abtrennung erhebliche wirtschaftliche oder landeskulturelle Bedenken nicht entgegenstehen.

Gemäß § 7 leg. cit. ist über Einschreiten des Eigentümers auf Aufhebung der Hofeigenschaft zu erkennen, wenn ein geschlossener Hof durch Abtrennung oder geänderte Zweckbestimmung einzelner Bestandteile, durch Elementarereignisse oder durch andere Umstände die Eignung zur Erhaltung einer Familie überhaupt dauernd verliert.

Im Hinblick auf den diesbezüglich eindeutigen Wortlaut der zuletzt genannten Bestimmung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof der in der Beschwerde geäußerten Rechtsansicht, die Höfeeigenschaft gehe von selbst verloren, wenn die Voraussetzung des § 7 tatbestandsmäßig eintrete, nicht anzuschließen. Die Beschwerde irrt daher auch, wenn sie meint, die in Rede stehende Bewilligung wäre schon deshalb zu erteilen gewesen, weil der fragliche Hof - wovon auch die belangte Behörde ausging - bereits jetzt nicht mehr zur Erhaltung einer Familie von mindestens 5 Köpfen hinreicht. Auch in einem solchen Fall darf, solange die Hofeigenschaft im Sinn des § 1 leg. cit. nicht aufgehoben wurde, die Genehmigung nach § 5 Höfegesetz - von dem hier nicht in Betracht kommenden weiteren Tatbestandselement der erheblichen wirtschaftlichen oder landeskulturellen Bedenken abgesehen - nur dann erteilt werden, wenn mit der Abtrennung keine weitere Schwächung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Hofes verbunden ist.

Die diesbezügliche Feststellung der belangten Behörde hält allerdings der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht stand. Aus dem von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang eingeholten Gutachten der Landesforstdirektion ergibt sich nämlich einerseits, daß der jährliche forstwirtschaftliche Ertrag der Grundparzelle 948/2 bei Bewirtschaftung durch einen Durchschnittsbauern "vernachläßigbar gering" ist. Hinsichtlich dieses Grundstückes steht somit die Annahme der belangten Behörde, seine Abtrennung führe zu einer weiteren Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Hofes, im Widerspruch zum Akteninhalt.

Was den Ertrag des Grundstückes Nr. 209 betrifft, ermittelte der Sachverständige ausschließlich den Erlös, welcher durch Verkauf schlägerbaren Holzes erzielt werden könnte, ohne die mit der Gewinnung des Holzes verbundenen Aufwendungen zu berücksichtigen. Ausdrücklich wies der Sachverständige darauf hin, daß bei den von ihm genannten Beträgen die Arbeitskosten nicht berücksichtigt seien. Bei diesem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens kann nicht ausgeschlossen werden, daß, wie in der Beschwerde behauptet wird, infolge der mit der erforderlichen Pflege des Waldgrundstückes und der Gewinnung des schlägerbaren Holzes verbundenen Aufwendungen im Ergebnis daraus kein Ertrag erzielt werden kann. Es erweist sich daher auch hinsichtlich des Grundstückes Nr. 902 die Annahme der belangten Behörde, seine Abtrennung werde zu einer Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Hofes führen, als durch die bisherigen Ermittlungsergebnisse nicht gedeckt.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid war daher über die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, inbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONParteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989180045.X00

Im RIS seit

22.03.1991

Zuletzt aktualisiert am

08.12.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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