TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/22 90/18/0250

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.1991
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §45 Abs2;
KFG 1967 §64 Abs1;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Reinhard N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. September 1990, Zl. VerkR-14.036/1-1990-II/Bi, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. September 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 28. April 1990 um 13,10 Uhr im Gemeindegebiet Hörsching auf der Bundesstraße 1 im Bereich der Häuser Wiener-Bundesstraße 18 in Richtung Neubau einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw ohne gültige Lenkerberechtigung gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde daher eine Geldstrafe in der Höhe von S 8.000,-- (Ersatzarreststrafe 14 Tage) verhängt.

Die Berufungsbehörde begründete ihren Schuldspruch mit einem Hinweis auf die Gendarmerieanzeige vom 28. April 1990, derzufolge der Beschwerdeführer an diesem Tag zur angegebenen Zeit als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws auf der Bundesstraße 1 im Gemeindegebiet Hörsching aus Marchtrenk kommend im Rahmen des Verkehrsüberwachungsdienstes vom Meldungsleger beobachtet worden sei. Bei dem Fahrzeug habe es sich um einen Pkw Mazda Cabrio, welches zu diesem Zeitpunkt offen gewesen sei, gehandelt, sodaß der Meldungsleger habe feststellen können, daß der Beschwerdeführer das Fahrzeug gelenkt habe und eine Frau am Beifahrersitz gesessen sei. Da ihm der Beschwerdeführer durch mehrere Anzeigen als "Schwarzfahrer" bestens bekannt gewesen sei, habe er diesen eindeutig als Lenker des Pkws erkannt. Daraufhin sei auch von Revierinspektor A. die Verfolgung mit dem Gendarmeriefahrzeug aufgenommen worden. Der Beschwerdeführer habe jedoch die Geschwindigkeit des Fahrzeuges derartig erhöht, daß eine Verfolgung unmöglich geworden sei. Die Zeugin M. habe am 26. Juli 1990 angegeben, zu diesem Zeitpunkt den Pkw gelenkt zu haben, da sie den Beschwerdeführer soweit beeinflußt habe, daß er eingesehen habe, es habe keinen Sinn, in Österreich mit einem in Mexiko ausgestellten Führerschein zu fahren. Die Gendarmerie habe sich sicher geirrt. Die Berufungsbehörde vertrat sodann in der Begründung ihres Bescheides die Auffassung, daß die Aussagen des Meldungslegers deshalb glaubwürdiger seien, weil einem Gendarmeriebeamten, der eine Person von früheren Amtshandlungen her persönlich kenne, zumutbar sein müsse, festzustellen, ob der Lenker eines vorbeifahrenden offenen Cabrios mit dieser Person ident sei. Der Beschwerdeführer habe weder bestritten, daß der Meldungsleger "genügend Einsichtsmöglichkeit auf den Pkw" gehabt habe, noch, daß diesem ein Erkennen des Lenkers auf Grund der Sichtverhältnisse unmöglich gewesen sein müsse. Die Aussage der Zeugin M. möge auf Grund ihres Naheverhältnisses zum Beschwerdeführer verständlich sein, sei jedoch nach Auffassung der Berufungsbehörde auf Grund der geschilderten Umstände der Wahrnehmung des Meldungslegers unglaubwürdig. Die Berufungsbehörde sei daher der Auffassung, daß der Beschwerdeführer den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten habe.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Da der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist zunächst daran zu erinnern, daß dem Verwaltungsgerichtshof eine Kontrolle der Beweiswürdigung nur insoweit zusteht, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, nicht aber, ob der Akt der Beweiswürdigung in dem Sinne richtig ist, daß z. B. eine den Beschwerdeführer belastende Version und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Der Gerichtshof kann nicht finden, daß die belangte Behörde unschlüssig argumentiert hat, wenn sie davon ausgegangen ist, daß die Aussage des Meldungslegers glaubwürdiger ist als es die Angaben einerseits des Beschwerdeführers und andererseits der in einem Naheverhältnis zu ihm stehenden Zeugin M. sind, zumal sich jedenfalls schon aus der Rechtfertigung des Beschwerdeführers ergibt, daß er sich in jenem Fahrzeug befunden hat, welches zur Tatzeit am Tatort vom Meldungsleger wahrgenommen worden ist. Zweifel könnten sich daher nur hinsichtlich der Frage ergeben, ob der Beschwerdeführer am Fahrersitz oder daneben gesessen ist. Warum die im Streifenwagen unterwegs befindlichen Gendarmeriebeamten nicht in der Lage gewesen sein sollten, einwandfrei zu erkennen, daß keine weibliche Person am Fahrersitz gesessen ist, vermochte auch der Beschwerdeführer nicht zu erklären. Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde bestehen aber auch deshalb nicht, weil der Beschwerdeführer nicht angeben konnte, welche Veranlassung für den Lenker bestanden haben sollte, nach dem Anhaltezeichen des mit dem Streifenwagen entgegenkommenden Gendarmeriebeamten das Fahrzeug derart zu beschleunigen, daß es die Gendarmeriebeamten nach einem Wendemanöver nicht mehr einholen konnten, wenn die Zeugin M. das Fahrzeug gelenkt hätte. Unter diesen Umständen bestand für die belangte Behörde keine Notwendigkeit, die beiden Gendarmeriebeamten im Sinne des hg. Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 26. Juni 1978, Slg. N. F. Nr. 9602/A, als Zeugen zu vernehmen. Wenn also unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers und der erwähnten Zeugin davon auszugehen ist, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit im Fahrzeug gesessen ist, und den Gendarmeriebeamten zugemutet werden muß, einwandfrei zu unterscheiden, ob in dem entgegenkommenden offenen Cabriolet eine männliche oder weibliche Person am Lenkersitz gesessen ist, kann es dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer den beiden Gendarmeriebeamten "bestens bekannt ist" oder nicht.

Da der Beschwerdeführer im übrigen nicht gerügt hat und auch vom Gerichtshof nicht zu erkennen ist, daß die belangte Behörde irgendwelche erfolgversprechenden Ermittlungen unterlassen hat, bestehen gegen deren Beweiswürdigung auch unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken.

Der Schuldspruch des angefochtenen Bescheides ist daher nicht rechtswidrig.

Auch mit den gegen die Strafbemessung gerichteten Beschwerdeausführungen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Die belangte Behörde hat zur Strafhöhe in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, daß die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe (S 10.000,--) insofern überhöht gewesen sei, als der Beschwerdeführer zwar zwei einschlägige Vormerkungen aufweise, diese jedoch aus den Jahren 1986 und 1987 stammen, wobei der Beschwerdeführer zuletzt mit S 2.000,-- bestraft worden sei. Die nunmehr verhängte Strafe entspreche unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG 1950 dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, wobei die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers berücksichtigt worden seien (kein Einkommen, keine Sorgepflichten, kein Vermögen). Mildernd sei kein Umstand gewesen. Die verhängte Strafe liege diesmal noch im unteren Drittel des gesetzlichen Strafrahmens (§ 134 Abs. 1 KFG sehe Geldstrafen bis S 30.000,-- vor), wobei bei der Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe die Einkommensverhältnisse nicht zu berücksichtigen gewesen seien, wohl aber der oben genannte Erschwerungsgrund.

Die Rüge des Beschwerdeführers, wonach die belangte Behörde seine Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse nicht erhoben habe, ist nicht zielführend, weil die belangte Behörde entsprechend der eben wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer über kein Einkommen und Vermögen verfügt und keine Sorgepflichten zu erfüllen hat. Im übrigen hatte die belangte Behörde jedoch auf zwei vom Beschwerdeführer nicht bestrittene Vorstrafen wegen gleichartiger Übertretungen, also auf einen ins Gewicht fallenden Erschwerungsgrund Bedacht zu nehmen, weshalb ihr im Hinblick darauf, daß das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz gehört (vgl. dazu u. a. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1988, Zl. 87/02/0154), keine rechtswidrige Anwendung des § 19 VStG 1950 vorgeworfen werden kann, wenn sie eine Geldstrafe im Ausmaß von weniger als einem Drittel des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzt hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von Amtspersonen freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990180250.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten