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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art137Leitsatz
Art137 B-VG; Klage gegen ein Land wegen Rückzahlung einer zu Unrecht bezahlten Geldstrafe; Entstehen der Rückzahlungsverpflichtung mit Wegfall des Rechtstitels; keine ausreichende Fristsetzung für behördeninterne Veranlassung der Rückzahlung; Leistung der Zahlung innerhalb angemessener Frist - kein Verzug; verfrühte Klagsführung - kein notwendiges Mittel zweckentsprechender RechtsverfolgungSpruch
Die Klage wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. In der auf Art137 B-VG gestützten, gegen das Land Wien gerichteten Klage vom 7. Juni 1988 bringt der Kläger im wesentlichen vor, daß er mit Straferkenntnis vom 9. Oktober 1986 wegen eines Verstoßes gegen §23 Abs2 StVO zu einer Geldstrafe von S 400,-- verurteilt worden sei. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung sei mit Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 9. September 1987 keine Folge gegeben worden. Der Kläger habe daher die Geldstrafe zuzüglich Verfahrenskosten, somit insgesamt S 480,--, am 7. Jänner 1988 bezahlt. Mit Erkenntnis vom 25. April 1988 habe der VwGH sodann den Berufungsbescheid aufgehoben, worauf der Kläger mit Schreiben vom 20. Mai 1988 die beklagte Partei aufgefordert habe, den Betrag von S 480,-- samt Zinsen an ihn zurückzuzahlen. Da keine Zahlung erfolgt sei, begehre er, die beklagte Partei urteilsmäßig zu verhalten, ihm den Betrag von S 480,-- samt 4 % Zinsen seit 7. Jänner 1988 sowie die Prozeßkosten zu bezahlen.
2. Das beklagte Land Wien erstattete eine Gegenschrift, in der es der Klage entgegenhielt, daß das Refundierungsbegehren vom 20. Mai 1988 der Wiener Landesregierung nicht zugekommen sei. Dies bedeute aber, daß "eine Verpflichtung zur Rückzahlung und somit ein Verzug solange nicht bestand, als ein Begehren auf Refundierung nicht vorlag". Bei dem gegebenen Sachverhalt könne erst die Klage als Refundierungsbegehren gewertet werden. Das Land Wien habe die Rückzahlung des Klagsbetrages nach Zustellung der Klage auch unverzüglich veranlaßt. Da die Klagsführung somit nicht als Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung qualifiziert werden könne, stelle die beklagte Partei den Antrag, die Klage als unbegründet abzuweisen.
3. Der VfGH hat über die - zulässige (vgl. VfSlg. 8666/1979) - Klage erwogen:
3.1. Aus der Aktenlage ergibt sich, daß der Kläger mit einem an die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Schmelz, gerichteten Schreiben vom 20. Mai 1988 die Rückzahlung des Betrages von S 480,--, befristet mit 3. Juni 1988, begehrte. Tatsächlich brachte der Kläger die vorliegende Klage am 7. Juni 1988 ein, ihre Zustellung an die beklagte Partei erfolgte am 13. Juni 1988. Aus der Aktenlage Schreiben des Magistrats der Stadt Wien vom 5. September 1988 geht weiters hervor, daß die Rückzahlung des Betrages von S 480,-- am 4. Juli 1988 von der beklagten Partei veranlaßt wurde. Der VfGH nimmt daher als erwiesen an, daß die Rückzahlung des Kapitalbetrages vorgenommen wurde und das Klagebegehren insofern nicht zu Recht besteht.
3.2. Der beklagten Partei ist zunächst entgegenzuhalten, daß ihre These, daß eine Rückzahlungsverpflichtung "solange nicht bestand, als ein Begehren auf Refundierung nicht vorlag", falsch ist. Die Rückzahlungsverpflichtung entsteht mit dem Wegfall des Rechtstitels, der zur Zahlung führte; das Refundierungsbegehren bewirkt also nicht die Rückzahlungspflicht, sondern führt, wenn ihm nicht entsprochen wird, zur Säumnis. Entgegen den Ausführungen der Gegenschrift wurde die für das Zinsenbegehren vorausgesetzte Mahnung mit dem Rückforderungsschreiben vom 20. Mai 1988 auch wirksam vorgenommen. Wenn auch das Rückforderungsschreiben der Wiener Landesregierung nicht zugekommen ist, so ist es doch als taugliche Mahnung zu werten, da es an jene Behörde gerichtet war, die berechtigt war, den zu Unrecht vorgeschriebenen Betrag einzuziehen (vgl. VfSlg. 11262/1987). Im vorliegenden Fall wurde aber die Rückzahlungsfrist vom Kläger so bemessen, daß innerhalb derselben eine behördeninterne Weiterleitung und die Veranlassung zur Rückzahlung unmöglich zu bewirken war. Ein Verzug in der Rückzahlung könnte der beklagten Partei aber nur dann angelastet werden, wenn sie trotz einer ausreichenden Fristsetzung der Rückzahlungsverpflichtung nicht entsprochen hätte. Im vorliegenden Fall hat das beklagte Land Wien jedenfalls innerhalb angemessener Frist Zahlung geleistet, sodaß von einem Zahlungsverzug nicht zu reden ist (vgl. VfSlg. 11509/1987); auch das Zinsenbegehren ist somit nicht begründet.
Da die Klagsführung somit als verfrüht zu werten ist, war die Klage kein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung. Das Kostenbegehren besteht daher ebenfalls nicht zu Recht.
Im übrigen wird der Rechtsvertreter des Klägers darauf hingewiesen, daß im Verfahren nach Art137 B-VG hinsichtlich der Prozeßkosten der Rechtsanwaltstarif anzuwenden ist. Im Falle eines Obsiegens des Klägers wären daher die Verfahrenskosten gemäß §41 VerfGG in Verbindung mit §35 Abs1 VerfGG und §41 Abs2 ZPO an Hand des Rechtsanwaltstarifes und nicht, wie begehrt, entsprechend den im Verfahren nach Art144 B-VG gebührenden Pauschalsätzen (vgl. VfSlg. 10495/1985, 11262/1987) zu bemessen gewesen.
3.3. Bei dieser Sachlage war die Klage als unbegründet abzuweisen.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.
Schlagworte
VfGH / KlageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:A13.1988Dokumentnummer
JFT_10119074_88A00013_00