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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/13/0253Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden der F & Co. Gesellschaft m.b.H. 1. gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom 16. August 1990, Zl. 6/2-2718/87-05, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1983, sowie 2. gegen den Bescheid (Berufungsentscheiung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. August 1990, Zl. 6/2-2718/87-05, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 1983, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution Aufwendungen in der Höhe von S 6.070,-- zu ersetzen.
Begründung
Im Jahre 1982 verzichtete der Mehrheitsgesellschafter der beschwerdeführenden GmbH, S.F., auf eine Forderung gegenüber der Gesellschaft in Höhe von S 692.872,--. Im Jahre 1983 wurde der Forderungsverzicht in Höhe des Teilbetrages von S 538.518,-- widerrufen.
Eine im Unternehmen der Beschwerdeführerin durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung (BP) erblickte zwar in der durch den Forderungsverzicht im Jahre 1982 bewirkten Vermögensvermehrung keinen Sanierungsgewinn, ließ sie aber bei der Ertragsbesteuerung als "nicht steuerbares Einkommen" außer Ansatz. Den 1983 als außerordentlichen Aufwand verbuchten Betrag von S 538.518,-- rechnete die BP dem Betriebsergebnis außerbilanzmäßig hinzu; sie erblickte in der ohne betriebliche Motivation erfolgten Rückgängigmachung des Forderungsverzichtes eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Mehrheitsgesellschafter.
Das Finanzamt erließ für das Streitjahr 1983 den Prüfungsfeststellungen entsprechende Bescheide betreffend Körperschaftsteuer sowie Gewerbesteuer und zog die Beschwerdeführerin für die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer bescheidmäßig zur Haftung heran.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Bescheide Berufung und bekämpfte die von der Abgabenbehörde unterstellte verdeckte Gewinnausschüttung. Der Forderungsverzicht des Jahres 1982 sei zwecks Sanierung der Beschwerdeführerin erfolgt, und zwar aus der Sicht des Jahresendes 1982. Auf Grund des damaligen Wissensstandes hätte weder angenommen noch geahnt werden können, daß sich 10 Monate später im Jahre 1983 durch einen vorteilhaften Warenverkauf die wirtschaftliche Entwicklung so gestalten würde, daß der Forderungsverzicht nicht notwendig gewesen wäre. Der Widerruf des Forderungsverzichtes sei als Aufhebung des früheren Rechtsaktes gedacht gewesen. Es liege keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, es sei lediglich der Vorteil der Gesellschaft aus dem Forderungsverzicht ausgeglichen worden. Es sei ein Tatbestandsirrtum bzw. Vollziehungsfehler gegeben, letzteres deshalb, weil der Forderungsverzicht des Geschäftsführers richtiger Weise in Form einer Erhöhung des Stammkapitals erfolgen hätte können, die durch eine folgende steuerlich neutrale Herabsetzung des Stammkapitals wieder ausgeglichen werden hätte können.
Mit den beiden angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und vertrat gleich der BP den Standpunkt, daß mit der Rückgängigmachung des Forderungsverzichtes im Jahre 1983 eine verdeckte Gewinnausschüttung eingetreten sei. Die Gesellschaft hätte sich bei wirtschaftlich vernünftiger Vorgangsweise, wie sie unter Familienfremden üblich sei, auch im Hinblick auf die Höhe des geleisteten Forderungsverzichtes nie zu der Rücknahme eines bereits geleisteten, unbestritten nicht bedingten Forderungsverzichtes bereiterklärt. Schon gar nicht wären diese Geschäfte formlos oder nur mündlich und damit in einer für außenstehende Dritte nicht hinreichend erkennbaren Weise erfolgt. Es fehle an einer betrieblichen Motivation für die Rückzahlung des Darlehens, da die erfolgte Rückverrechnung allein in der Gesellschafterstellung des S.F. begründet liege. Eine freiwillige Rückzahlung einer Nichtschuld sei nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig, sondern gebe vielmehr berechtigten Anlaß zu der Feststellung, daß es sich hier um eine Zuwendung von Vermögensvorteilen handle, deren Rechtsgrund allein in der Gesellschafterstellung des Empfängers begründet sei. Ein Vorteilsausgleich sei nur insoweit anzuerkennen, als ein solcher im zeitlichen Zusammenhang mit den Vereinbarungen beschlossen worden sei und die Vorteile einander entsprächen, sodaß im Ergebnis entweder eine angemessene Leistungsbeziehung oder eine Bereicherung der juristischen Person entstehe, oder Leistungen und Gegenleistungen aus einem Rechtsgeschäft so eng zusammenhingen, daß sie wirtschaftlich als einheitliches Geschäft anzusehen seien. Von einem im zeitlichen Zusammenhang beschlossenen Vermögensausgleich unter Vorliegen eines einheitlichen Geschäftes könne aber im Beschwerdefall unter anderem schon deshalb nicht gesprochen werden, weil, wie die Beschwerdeführerin selbst ausgeführt habe, die durch den Warenlagerabverkauf entstandene Liquidität nicht vorhersehbar gewesen sei. Wenn, wie die Beschwerdeführerin meine, der Forderungsverzicht im Jahre 1982 - mangels Voraussehbarkeit der nahen Zukunft - durch einen Irrtum entstanden sei und daher infolge eines Tatbestandsirrtums rückgängig zu machen sein müsse, so sei dem entgegenzuhalten, daß ein gegebenenfalls relevanter Tatbestandsirrtum im Sinne des von der Beschwerdeführerin zitierten Schrifttums hinsichtlich des zu beurteilenden Vorganges im Jahre 1983 (Zahlung einer Nichtschuld) vorliegen müßte, ein solcher von der Beschwerdeführerin aber gar nicht behauptet worden sei.
Beide Beschwerden machen inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung verbundenen Beschwerden erwogen:
1. Streitjahr ist ausschließlich das Jahr 1983. Streitpunkt zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein die Frage, wie die im Jahre 1983 erfolgte teilweise RÜCKGÄNGIGMACHUNG des vom Gesellschafter S.F. im Jahre 1982 gegenüber der Beschwerdeführerin ausgesprochenen Forderungsverzichtes steuerlich zu behandeln ist. Nicht zu befinden ist daher über die steuerliche Behandlung des Forderungsverzichtes im Jahre 1982.
2. Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, daß der Mehrheitsgesellschafter S.F. auf ("echte") Forderungen gegenüber der Beschwerdeführerin verzichtete bzw. im Jahre 1983 diesen Verzicht rückgängig machte. Daß diese Forderungen des Mehrheitsgesellschafters bzw. die ihnen entsprechenden Gesellschaftsschulden verdecktes Stammkapital gewesen wären, wurde weder von der belangten Behörde festgestellt noch von der Beschwerdeführerin behauptet. Gegen verdecktes Stammkapital spricht auch der Umstand, daß belangte Behörde wie Beschwerdeführerin ohne Einschränkung ein Darlehensverhältnis unterstellen (erstangefochtener Bescheid Seite 9: "Rückzahlung des Darlehens", Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid Seite 6: "Darlehen, das uns unser Mehrheitsgesellschafter seinerzeit gewährt hat", ebenso Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid Seite 4).
3. Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 1 KStG 1966 nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes, wobei laut ausdrücklicher Anordnung im zweiten Satz der zitierten Gesetzesstelle auch verdeckte Gewinnausschüttungen zu berücksichtigen sind. Darunter werden nach der Rechtsprechung alle nicht ohne weiteres als Ausschüttung erkennbaren Zuwendungen (Vorteile) an die an einer Körperschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Personen angesehen, die zu einer Gewinnminderung bei der Körperschaft führen und die Dritten, der Körperschaft fremd gegenüberstehenden Personen nicht gewährt werden (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1980, Zlen. 1217, 1306/79, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im Beschwerdefall räumte die beschwerdeführende GmbH ihrem Mehrheitsgesellschafter dadurch, daß sie Forderungen zur Befriedigung übernahm, auf die der Gesellschafter bereits verzichtet hatte, einen Vorteil ein. Dieser Vorteil wäre einer der Gesellschaft fremd gegenüber stehenden Person nicht gewährt worden. Ist doch in Rechnung zu stellen, daß die Beschwerdeführerin die Forderungen, auf die der Gesellschafter bereits verzichtet hatte, diesem ohne jeden Rechtsanspruch darauf erfüllte; die Beschwerdeführerin hat auch nie einen bloß bedingten Forderungsverzicht durch ihren Gesellschafter behauptet. Die Beschwerdeführerin vermochte auch sonst keine Gründe aufzuzeigen, die im Jahre 1983 aus anderen als im Gesellschaftsverhältnis gelegenen Motiven eine Befriedigung der Forderungen, auf die der Gesellschafter schon 1982 verzichtete, gerechtfertigt hätten, wie etwa eine Bezahlung, um Geschäftsbeziehungen zu konsolidieren oder um wieder kreditwürdig zu werden (Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, § 36 Tz. 11).
Die Übernahme der Zahlung von Forderungen, auf die der Gesellschafter bereits verzichtet hat, führt bei der Gesellschaft zu einem Aufwand und wirkt damit im Sinne der zitierten Rechtsprechung gewinnmindernd (bzw. verlusterhöhend). Dies war entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin auch im Rahmen ihrer Erfolgsermittlung der Fall. Der Betrag von S 538.518,-- ist in der Gewinn- und Verlustrechnung für 1983 als "übriger Aufwand" ausgewiesen und im Verlust von S 609.013,32 berücksichtigt. Dieser Verlust liegt in der Körperschaftsteuererklärung für 1983 der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens zugrunde. Als verdeckte Gewinnausschüttung konnte er jedoch das Einkommen der Körperschaft nicht mindern. Als sonstiger Bezug des Mehrheitsgesellschafters aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung unterlag die verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 93 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 der Kapitalertragsteuer (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1989, Zl. 88/14/0131, 0132).
Gegen die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung wendet die Beschwerdeführerin ein, mit der teilweisen Außerkraftsetzung des seinerzeitigen Forderungsverzichtes sei lediglich ein Vorteil der Gesellschaft wieder (wertneutral) ausgeglichen worden. Die Beschwerdeführerin hat hier offenkundig jene Überlegungen im Auge, die Schrifttum und Rechtsprechung für den Fall angestellt haben, als dem Vorteil, den die Gesellschaft dem Gesellschafter einräumt, ein Vorteil gegenübersteht, den der Gesellschafter der Gesellschaft gewährt ("Vorteilsausgleich", siehe das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 89/14/0034, und das dort erwähnte Schrifttum). Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch, wie das eben zitierte Erkenntnis zeigt, der Auffassung, daß Vorraussetzung für einen steuerlich anzuerkennenden Vorteilsausgleich eine AUSDRÜCKLICHE (eindeutige) WECHSELSEITIGE Vereinbarung über den Vorteilsausgleich ist. Diese - wechselseitige - Vereinbarung hätte aber bereits zu dem Zeitpunkt getroffen werden müssen, als der Gesellschafter der Gesellschaft durch seinen Forderungsverzicht einen Vorteil einräumte. Die Beschwerdeführerin hat eine solche Vereinbarung nie behauptet. Gegen sie spricht auch das Beschwerdevorbringen, zum Zeitpunkt des Forderungsverzichtes sei noch nicht absehbar gewesen, daß dieser wieder (im Sinne eines Vorteiles des Gesellschafters) würde rückgängig gemacht werden können. Von einer ausdrücklichen wechselseitigen Vereinbarung könnte nur abgesehen werden, wenn ein von vornherein bestehender innerer Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung offenkundig ist, was auf den Beschwerdefall aber nicht zutrifft. Es kann damit auch dahingestellt bleiben, ob überhaupt ein eine verdeckte Gewinnausschüttung ausschließender Vorteilsausgleich vorliegt, wenn Vorteile von Gesellschaft und Gesellschafter in verschiedenen Steuerabschnitten (hintereinander) verwirklicht werden. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vorbringt, dem Mehrheitsgesellschafter sei nicht ein Vorteil zugewendet, sondern ein Nachteil ausgeglichen worden, verkennt sie, daß im Streitjahr, für das die Abgaben zu erheben sind, der ohne Rechtsanspruch des Gesellschafters und ohne sonstige betriebliche Notwendigkeit erfolgte Ausgleich des im Vorjahr abgegebenen Forderungsverzichtes (Nachteiles) eben nur als allein im Gesellschaftsverhältnis begründeter Vorteil des Mehrheitsgesellschafters im Jahre 1983 gewertet werden kann.
Der Umstand, daß sich die Beteiligten beim Forderungsverzicht in einem wesentlichen Irrtum über den zukünftigen Verlauf der geschäftlichen Entwicklung befanden, ändert ebenfalls nichts daran, daß die Beschwerdeführerin - ohne zu irren - gegenüber dem Mehrheitsgesellschafter im Streitjahr ohne dessen Rechtsanspruch und ohne sonstige betriebliche Notwendigkeit die Bezahlung jener Forderungen übernahm, auf die der Gesellschafter im Vorjahr bereits verzichtet hatte.
Die Beschwerdeführerin meint, es hätte auch ohne steuerliche Folge zunächst bei der Kapitalgesellschaft eine Erhöhung des Stammkapitals mit folgender Herabsetzung desselben vorgenommen werden können. Ob diese Rechtsmeinung zutrifft, kann aber dahingestellt bleiben, weil die Beschwerdeführerin einen solchen Weg tatsächlich nicht beschritten hat und nicht ein fiktiver, sondern nur der verwirklichte Sachverhalt der Besteuerung zugrundegelegt werden kann. Da die im Beschwerdefall eingeschlagene Vorgangsweise von den Beteiligten auch so gewollt war, kann von einem bloßen Vollzugsfehler keine Rede sein (siehe auch Putschögl-Bauer-Mayr-Quantschnigg, Die Körperschaftsteuer, § 8 Tz. 60, und Wiesner, Verdeckte Gewinnausschüttungen im Steuerrecht, SWK 1984 A I 184).
Die Annahme der Beschwerdeführerin, daß es im Wirtschaftsleben nicht vorkommt, daß ein "fremder Dritter" gegenüber einer Kapitalgesellschaft zu deren SANIERUNG ohne Gegenleistung einen Forderungsverzicht abgibt, steht mit der Realität des wirtschaftlichen Lebens nicht im Einklang. Es kommt aber im Beschwerdefall auch gar nicht darauf an, ob der Forderungsverzicht einem Fremdvergleich standhält. Entscheidend ist vielmehr, daß die Rückgängigmachung des Forderungsverzichtes ohne Rechtsanspruch darauf und ohne sonstige betriebliche Notwendigkeit allein aus dem Gesellschaftsverhältnis zu erklären ist.
Der Umstand, daß keinerlei schriftliche Vertragsunterlagen vorhanden sind, ist nach der Lage des Beschwerdefalles nicht entscheidungswesentlich, wiewohl er nach dem Gesagten eine ausdrückliche Vorteilsausgleichsvereinbarung in Frage stellt.
Die Beschwerdeführerin vermochte somit keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen. Ihre Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/91, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990130252.X00Im RIS seit
03.04.2001