TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/22 87/18/0068

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Veröffentlicht am 22.03.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §5 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dietmar N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. April 1987, Zl. I/7-St-St-8640, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. April 1987 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 für schuldig befunden und bestraft, weil am 28. Dezember 1984 um 18,45 Uhr sein Verhalten als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Personenkraftwagens insofern mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, als er im Ortsgebiet von Köttlach im Zuge der Fahrt auf der B 17, Fahrtrichtung Gloggnitz, beim Straßenkilometer 65,270 mit dem von Reinhard H. gelenkten, dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw kollidiert sei, wobei der Pkw des Genannten beschädigt worden sei, und es der Beschwerdeführer in der Folge unterlassen habe, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Verjährungseinrede des Beschwerdeführers ist unbegründet, weil am 20. Mai 1985, also innerhalb der Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950, die Zeugenvernehmung des Karl G. stattgefunden hat, welche angesichts des Verweises auf die Anzeige und sohin sämtliche Tatbestandsmerkmale der in Rede stehenden Übertretung den gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verdacht der Begehung dieser Übertretung zum Gegenstand gehabt hat und sohin als eine gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung anzusehen ist (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1987, Zl. 86/03/0204).

Der Vorwurf des Beschwerdeführers, daß ihm "praktisch keine Gelegenheit gegeben wurde, sich zu rechtfertigen", ist nicht nur deshalb unzutreffend, weil er sich in der Berufung zu der ihm angelasteten Übertretung geäußert hat, sondern insofern auch aktenwidrig, als ihm der Beschuldigten-Ladungsbescheid vom 17. September 1985 zugestellt worden ist und er nach erfolgter Akteneinsicht eine schriftliche Stellungnahme abgegeben hat. Wenn die belangte Behörde der darin aufgestellten Behauptung des Beschwerdeführers, daß "an beiden Fahrzeugen keine kausalen Schäden feststellbar" gewesen seien, nicht gefolgt ist, so kann ihr im Rahmen der dem Gerichtshof zustehenden eingeschränkten Befugnis zur Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht entgegengetreten werden, weil einerseits der Zeuge Reinhard H. erklärt hat, daß an seinem Fahrzeug "links vorne am Kotflügel etwas oberhalb der Stoßstange" ein Schaden eingetreten ist ("Kratzer im Lack auf einer Länge von ca. 60 cm mit einer Eindellung"), und andererseits der schon erwähnte Zeuge Karl G. deponiert hat, er habe wahrgenommen, "daß durch das Hineinschneiden" (gemeint: im Zuge des Überholvorganges) "eine Berührung der beiden Fahrzeuge stattgefunden hat", was dafür spricht, daß es anläßlich des in Rede stehenden Ereignisses zu der erwähnten Beschädigung gekommen ist.

Wenn sich der Beschwerdeführer gegen den in der Begründung des angefochtenen Bescheides erhobenen Vorwurf wendet, er habe es verabsäumt, sich durch eingehende Nachschau vom Schadenseintritt zu überzeugen, so muß ihm entgegengehalten werden, daß der Tatbestand des § 4 Abs. 5 StVO 1960 im Falle eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte, wobei sich der Täter strafbar macht, wenn er sich diese Kenntnis mangels zumutbarer Aufmerksamkeit nicht verschafft. Die Weigerung eines an einem Verkehrsunfall Beteiligten, das Schadensereignis zur Kenntnis zu nehmen, befreit nicht von der Verpflichtung des § 4 Abs. 5 leg. cit., wenn er von einer anderen Person auf das Schadensereignis aufmerksam gemacht worden ist (vgl. dazu die bei Gerhard-Terlitza, Straßenverkehrsordnung, 2. Aufl., auf S. 137 wiedergegebene hg. Judikatur). Der Beschwerdeführer hat nicht in Abrede gestellt, daß es kurz nach dem Unfall zu einem persönlichen Gespräch zwischen ihm und dem Zeugen Reinhard H. gekommen ist, weshalb er sich bei dieser Gelegenheit davon zu überzeugen gehabt hätte, ob das Fahrzeug des Zeugen bei dem Unfall beschädigt worden ist. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer daher zu Recht vorgeworfen, daß er es verabsäumt hat, sich durch eingehende Nachschau vom Schadenseintritt zu überzeugen.

Der Schuldspruch ist daher nicht rechtswidrig, weshalb die Beschwerde unbegründet ist und daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Straßenpolizei KraftfahrwesenMeldepflichtMängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1987180068.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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