Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler,
Dr. Degischer, DDr. Jakusch und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Bernd N gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 24. September 1990, Zl. 00/37/4-1989/Mag.Gu., betreffend Bewilligung nach § 82 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt St. Pölten Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 7. Februar 1990 beim Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten unter anderem die Bewilligung eines Standplatzes von 8 m2 auf dem Parkplatz Z-Weg gegenüber dem Eingang zur Westtribüne der XY Sportanlage zur Aufstellung eines Kraftfahrzeuges, in dem anläßlich von Fußballveranstaltungen auf der Sportanlage Wetten angenommen werden könnten. Der Beschwerdeführer sei Inhaber einer Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Wettkämpfe mit dem Standort in einem fahrbaren Wettbüro. Die Abteilung Baupolizei und Vermessung des Magistrates der genannten Stadt nahm am 18. April 1990 dahin Stellung, daß dem Standort deshalb nicht zugestimmt werde, da zu erwarten sei, daß der Zutritt zum Wettbüro vom Z-Weg her auf kürzestem Weg über den zwischen Gehsteig und den Stellplätzen gelegenen Grünstreifen erfolge und der letztere beschädigt werde. Der Grünstreifen sei mit erheblichem finanziellen Aufwand bepflanzt und gärtnerisch gestaltet worden. Da im Nahbereich eines Wettbüros naturgemäß eine größere Menschenansammlung gegeben sei, bestünde überdies die Gefahr, daß die unmittelbar neben dem Wettbüro geparkten Pkws beschädigt würden.
Ein Verein "XY St. Pölten", der offenbar die oben erwähnte Sportanlage betreibt, erklärte am 20. Februar 1990, er würde aus wirtschaftlichen Gründen keinen Nutzen aus der Tätigkeit des Beschwerdeführers in einem Wettbüro ziehen und sei deshalb gegen eine Bewilligung, ferner auch aus platztechnischen Überlegungen, denn es stünden nur wenige Parkplätze zur Verfügung.
Die Bundespolizeidirektion St. Pölten - Verkehrsinspektor - erklärte am 15. Februar 1990, gegen die Bewilligung zur Aufstellung des oben genannten Wettbüros bestünden grundsätzlich keine Einwände.
Dem Beschwerdeführer wurde Parteiengehör gewährt. In einer Stellungnahme vom 10. Mai 1990 erklärte er, der Zugang zum fahrbaren Wettbüro über den Grünstreifen solle durch Auflegen von Waschbetonplatten ermöglicht werden. Der Eingang des Wettbüros sei dem Gehsteig zugewandt; es sei nicht zu befürchten, daß sich Kunden von Seite des Parkplatzes näherten.
Mit Bescheid vom 17. Juli 1990 wies der Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten den eingangs genannten Antrag des Beschwerdeführers ab. Nach Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens und Zitat der §§ 82 Abs. 1 und 5 sowie 83 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) führte die Behörde aus, der Sportplatz habe ein maximales Zuschauervolumen von 10.000 Besuchern. Es gebe kein öffentliches Verkehrsmittel, mit dem man zum Sportplatz fahren könne, so daß der Großteil der Besucher mit eigenem Pkw oder zu Fuß zur Anlage komme. Die Fußgänger benützten, um zum Haupteingang an der Südseite des Sportplatzes zu gelangen, beide Gehsteige des Z-Weges. Der dem Sportplatz gegenüberliegende Parkplatz habe 156 Abstellplätze, von den Fahrzeugbenützern ginge ein Teil zum südlichen und zum westlichen Tribüneneingang und benütze hiebei den westlichen Gehsteig. Dabei müßten sie auf dem Gehsteig den vom Beschwerdeführer gewünschten Aufstellungsplatz passieren. Dies träfe auch für solche Pkw-Benützer zu, die ihr Kraftfahrzeug westlich des Z-Weges abgestellt hätten. Diese westlichen Straßenzüge böten weiteren Hunderten von Pkws Abstellplätze. Der Z-Weg stelle mindestens eine dreiviertel Stunde vor und nach Beginn der jeweiligen Sportveranstaltung durch dichten Fußgänger- und Kraftfahrzeugverkehr (Parkplatzsucher) einen derart neuralgischen Verkehrspunkt dar, daß dieser Straßenzug für drei Stunden vor bis zwei Stunden nach jeder Veranstaltung zur Einbahn erklärt werden mußte, um einigermaßen einen Fließverkehr (Fußgänger und Kraftfahrzeuge) zu ermöglichen. Erfahrungsgemäß werde auch ein Teil der Besucher mit Autobussen, die keine Linienbusse seien, zum Sportplatz gebracht. Für diese Autobusse seien auf der Ostseite des Z-Weges unmittelbar vor dem Sportplatz Abstellflächen eingerichtet. Manche dieser Autobusse ließen, in zweiter Spur haltend, dort ihre Fahrgäste aussteigen. Bei dem vom Beschwerdeführer nach Fotografien und Skizze gewünschten Aufstellungsplatz mit Zugang zum Wettbüro auf der Gehsteigseite des Z-Weges sei damit zu rechnen, daß die Kunden nicht nur den Gehsteig verstellten, sondern daß darüber hinaus auch die Gefahr bestünde, daß zumindest zum Teil die Fahrbahn verstellt werde. Es sei somit nicht nur eine Beeinträchtigung des Fußgänger-, sondern auch eine solche des Fahrzeugverkehrs zu befürchten. Die Sicherheit der einzelnen Verkehrsteilnehmer sei nicht mehr gewährleistet. Die ohnehin sehr beengten Platzverhältnisse und die sehr angespannte Verkehrslage vertrügen keine zusätzlichen Beeinträchtigungen. Daher habe im Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs die Bewilligung für die Aufstellung des Wettbusses am vorgeschlagenen Standort versagt werden müssen.
Über die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid entschied der Stadtsenat der Landeshauptstadt St. Pölten mit Bescheid vom 24. September 1990 im Sinne der Abweisung. In der Begründung wurde nach Darstellung des Ganges des Verwaltungsverfahrens ausgeführt, auch ein Parkplatz sei eine Straße im Sinne des § 82 Abs. 1 StVO, was sich aus der Legaldefinition im § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO ergebe. Daher bestünde für den beantragten Standplatz Bewilligungspflicht. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs im Sinne des § 82 Abs. 5 StVO sei auch dann gegeben, wenn diese Beeinträchtigung nicht ununterbrochen, sondern nur zeitweise bestünde. Eine solche Beeinträchtigung sei von der ersten Instanz hinlänglich begründet worden. Sinn eines Wettbüros sei es ja gerade, während der Zeit, in der die Zuschauer zum Sportplatz gingen, diese zum Abschluß einer Wette anzuregen, sie daher zum Verweilen vor dem Wettbus zu animieren, wodurch der beträchtliche Zuschauerstrom zur Sportveranstaltung ins Stocken gerate. Bei einem Fassungsvermögen von 10.000 Besuchern und einer Gehsteigbreite von 1,9 m im Bereich des beantragten Standortes - wobei ein erheblicher Teil der Zuschauer diesen Gehsteig benützen müßten - liege eine klare und wesentliche Beeinträchtigung der Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs vor. Ein Gehsteig von einer solchen Breite werde bereits bei fünf wartenden Personen für eine größere Menge von Passanten nur mehr erschwert passierbar sein. Die Kunden des Wettbüros müßten nämlich auf dem Gehsteig warten. Da der Fahrzeugverkehr auch den ruhenden Verkehr umfasse, sei dieser ebenfalls schutzwürdig im Sinne des § 82 StVO. Die Parkplatzsituation sei bei Sportveranstaltungen ohnehin derart angespannt, daß die Polizei sogar Fahrzeuge auf die Grünflächen verwiesen habe. Daher sei auch der Verlust nur eines einzigen Parkplatzes eine erhebliche Beeinträchtigung der Verkehrssituation.
Die Stellungnahme der Bundespolizeidirektion St. Pölten könne die Berufungsbehörde nicht binden; schließlich falle die Erteilung von Bewilligungen nach § 82 StVO auf Gemeindestraßen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Gerade eine Dienststelle der Gemeinde habe sich gegen die Bewilligung ausgesprochen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift vom 25. Februar 1991 die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 82 Abs. 1 StVO ist, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften, für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen. Nach Absatz 5 dieses Paragraphen ist die Bewilligung zu erteilen, wenn durch diese Straßenbenützung die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht wesentlich beeinträchtigt wird oder eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Lärmentwicklung nicht zu erwarten ist.
Die Beschwerde verweist vor allem auf die Stellungnahme der Bundespolizeidirektion St. Pölten vom 15. Februar 1990. Dazu ist zu sagen, daß diese sich in der Erklärung erschöpft, daß gegen eine Bewilligung am vom Beschwerdeführer gewünschten Standplatz "grundsätzlich keine Einwände erhoben" würden, ohne daß dies irgendwie begründet worden wäre. Schon nach dem Inhalt der Stellungnahmen kommt daher jener der Abteilung Baupolizei und Vermessung des Magistrates der Landeshauptstadt St. Pölten mehr Gewicht zu. Es ist auch die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, die Regelung des Straßenverkehrs komme kompetenzmäßig der Bundespolizeidirektion schlechthin zu, unrichtig, wie ein Blick auf die §§ 94b, 94c, 94d und 95 StVO erweist. Nach dem Abs. 1 lit. a des letztzitierten Paragraphen obliegt im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde dieser die Handhabung der Verkehrspolizei im Sinne des § 94b lit. a. Diese Verkehrspolizei wird aber in der verwiesenen Gesetzesstelle mit der Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und der unmittelbaren Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen, all dies ausgenommen auf Autobahnen, umschrieben. Hingegen gehört die Erteilung einer Bewilligung nach § 82 StVO, wie bereits oben ausgeführt, hinsichtlich von Gemeindestraßen zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Irgendeine Prävalenz der Bundespolizeidirektion gegenüber der Gemeinde (Landeshauptstadt) St. Pölten läßt sich aus dem Gesetz nicht ableiten.
Die Behörden des Verwaltungsverfahrens haben an keiner Stelle ihrer Bescheide zum Ausdruck gebracht, sie rechneten mit 10.000 Wettkunden aus Anlaß einer Sportveranstaltung, daher ist es unverständlich, daß der Beschwerdeführer ihnen "polemisch" vorwirft, es würden doch nicht alle (10.000) Besucher nach Abschluß einer Wette den Sportplatz betreten.
Weitere Erwägungen zur Darlegung ihres Rechtsstandpunktes enthält die Beschwerde nicht.
Da es ihr somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren der belangten Behörde auf Schriftsatzaufwand für die "Gegenschrift" vom 11. Dezember 1990 war deshalb abzuweisen, weil dieser Schriftsatz keine Gegenschrift im Sinne der §§ 36 Abs. 1 und 4, 48 Abs. 2 Z. 2 VwGG ist, sondern eine Stellungnahme im Vorverfahren gemäß § 35 Abs. 2 VwGG. Daß solche Stellungnahmen unter dem Titel "Schriftsatzaufwand" zu honorieren wären, läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Materien und Normen B-VG sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990180240.X00Im RIS seit
11.07.2001