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21/03 GesmbH-Recht;Norm
ArbIG 1974 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. März 1990, Zl. VII/1-V-1230/0/1-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitsinspektionsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 13. März 1990 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 19. September 1988 gegen 12.00 Uhr ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 5. Aufsichtsbezirk (Herrn Z.), welches im Sinne des § 2 des Arbeitsinspektionsgesetzes eine Überprüfung der Firma N. Speditions Ges.m.b.H. auf dem Flughafengelände Wien-Schwechat, Obj. nn, durchführen habe wollen, zum Verlassen der Firmenräumlichkeiten aufgefordert und es dadurch in der Ausübung seines Dienstes behindert. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs. 1 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974, BGBl. Nr. 143 (ArbIG 1974), begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde - soweit hier von Belang - aus, es sei auf Grund der Anzeige des Arbeitsinspektorates im Hinblick darauf, daß der mit der Vertretung des Beschwerdeführers im Verfahren erster Instanz betraute F. B. ein volles Geständnis abgelegt habe, von folgendem Sachverhalt auszugehen: Am 19. September 1988 um ca. 12.00 Uhr sei ein Organ des Arbeitsinspektorates für den
5. Aufsichtsbezirk, welches bei der im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Ges.m.b.H. eine Überprüfung gemäß § 2 ArbIG 1974 durchführen habe wollen, nachdem es von Prokurist P. unter Hinweis auf die urlaubsbedingte Abwesenheit der personalverantwortlichen Angestellten an den Beschwerdeführer (Geschäftsführer) ins Nachbargebäude verwiesen worden sei, vom Beschwerdeführer nach Einsichtnahme in den Dienstausweis des Arbeitsinspektors und Anfertigung einer Kopie dieses Dienstausweises zum Verlassen der Firmenräumlichkeiten aufgefordert worden; dies trotz Hinweis des Arbeitsinspektors, daß dies eine Dienstbehinderung darstelle und zu einer Anzeige führen würde. Dem Einwand des Beschwerdeführers in der Berufung, es habe sich lediglich um eine Aufforderung gehandelt, die Räumlichkeiten eines anderen Unternehmens zu verlassen, könne nicht gefolgt werden, da es schlüssig sei, daß die Verweisung zumindest die Aufforderung beinhaltet habe, die Räumlichkeiten des genannten Unternehmens zu verlassen. Daß dem Arbeitsinspektor die von ihm geforderten Auskünfte nicht erteilt worden seien, rechtfertige nicht den Schluß, daß die Revisionstätigkeit bereits im Zeitpunkt der Aufforderung, die Räumlichkeiten des Unternehmens zu verlassen, beendet gewesen sei. Daß der Beschwerdeführer - anstatt die erforderlichen Auskünfte zu erteilen - den Arbeitsinspektor zum Verlassen der Räumlichkeiten aufgefordert habe, erfülle den Tatbestand des § 18 Abs. 1 erster Fall ArbIG 1974.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 1 ArbIG 1974 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geld bis zu S 15.000,-- zu bestrafen, wer Arbeitsinspektoren oder Organe des Zentral-Arbeitsinspektorates in der Ausübung ihres Dienstes behindert oder die Erfüllung ihrer Aufgaben vereitelt, wenn das Verhalten nicht nach einem anderen Gesetz einer strengeren Strafe unterliegt.
Die Arbeitsinspektoren sind gemäß § 3 Abs. 1 erster Satz leg. cit. zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstellen, die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer sowie die vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern beigestellten Wohnräume, Unterkünfte und Anlagen von Wohlfahrtseinrichtungen jederzeit zu betreten und zu besichtigen.
Unter dem Hinweis, daß nicht jedes Verhalten, das ein Arbeitsinspektor im Zuge seiner Tätigkeit als unangenehm oder störend empfinde, mit Strafe bedroht sei, wird vom Beschwerdeführer zunächst als inhaltliche Rechtswidrigkeit gerügt, daß sich der Spruch des durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses erster Instanz auf den Hinweis auf die Aufforderung an den Arbeitsinspektor zum Verlassen von "Firmenräumlichkeiten" beschränke, ohne die dienstliche Tätigkeit zu bezeichnen, die dadurch allenfalls beeinträchtigt oder erschwert worden sei. Demgemäß mangle es dem Spruch des Straferkenntnisses auch an der - gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 erforderlichen - Umschreibung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat.
Dieses Vorbringen erweist sich als nicht stichhaltig.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Zl. 90/19/0180, und das dort angeführte weitere Erkenntnis) muß eine Behinderung im Sinne des § 18 Abs. 1 ArbIG 1974 auch dann angenommen werden, wenn ein Organ des Arbeitsinspektorates vor Beendigung seiner Revisionstätigkeit vom Arbeitgeber oder dessen Bevollmächtigten aufgefordert wird, die Betriebsstätte zu verlassen und er sich dieser Anordnung fügt; durch ein solches Verhalten des Arbeitgebers oder dessen Bevollmächtigten wird dem Arbeitsinspektionsorgan jede weitere Erhebung bzw. Überprüfung im Betrieb unmöglich gemacht. Da nach dem Spruch des durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses dem Beschwerdeführer ein derart umschriebenes Verhalten angelastet wird, entspricht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Umschreibung der Tat in dieser Hinsicht der Bestimmung des § 44 a lit. a VStG 1950.
Der angefochtene Bescheid erweist sich aber dennoch aus folgenden Gründen als rechtswidrig:
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Wenngleich nicht unmittelbar aus § 18 Abs. 1 ArbIG 1974, so doch aus § 3 Abs. 2 und 3 ArbIG 1974, wonach den Arbeitgeber oder dessen Bevollmächtigten die Verpflichtung trifft, dem Arbeitsinspektor die Ausübung der ihm durch diese Gesetzesstelle eingeräumten Befugnisse zu ermöglichen, ergibt sich, daß nur diese Personen, wenn sie den Tatbestand des § 18 Abs. 1 leg. cit. erfüllen, nach dieser Gesetzesstelle strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.
§ 44 a lit. a VStG 1950 bestimmt, daß der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. In der Tatumschreibung muß zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche begangen hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1990, Zl. 90/19/0002, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Da der Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses nicht den geringsten Hinweis auf die Tätereigenschaft des Beschwerdeführers enthält, entspricht er nach der dargestellten Rechtslage nicht der Bestimmung des § 44 a lit. a leg. cit. Beim Arbeitgeber, bei dem die Revision stattfinden hätte sollen, handelt es sich um eine Ges.m.b.H., weshalb nach dem Gesagten im Spruch des Straferkenntnisses angeführt hätte werden müssen, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer (als handelsrechtlicher Geschäftsführer zur Vertretung nach außen Berufener oder als verantwortlicher Beauftragter) strafrechtlich verantwortlich gemacht wird.
Aus diesem Grunde belastete die belangte Behörde durch die Bestätigung des Straferkenntnisses ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es noch erforderlich war, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990190257.X00Im RIS seit
23.03.2001