TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/27 90/10/0117

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Veröffentlicht am 27.03.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §29 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Dr. med. A gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 10. Mai 1990, Zl. 562.114/4-VI/14a-1989, betreffend Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in B gemäß § 29 Abs. 2 des Apothekengesetzes (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. pharm. C KG in D, 2. Mag. pharm. E in D, 3. Mag. pharm. F als Pächterin der "X-Apotheke", D), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Am 3. Oktober 1988 suchte der Beschwerdeführer, praktischer Arzt in B, um Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke an und begründete dies damit, daß er der Nachfolger des am 15. April 1987 verstorbenen Dr. med. G sei, daß in B keine öffentliche Apotheke bestehe und die nächste öffentliche Apotheke in D 4,6 km von seiner Ordination entfernt sei.

Die Gemeinde B berichtete, daß erst 1 1/2 Jahre nach dem Tod des Dr. G eine "Genehmigung zur Wiederbesetzung der Arztordination" in B erteilt worden sei. Die Bezirkshauptmannschaft D ermittelte, daß Dr. G die Kassenverträge als praktischer Arzt für den Sanitätssprengel B/H im Jahr 1982 zurückgelegt habe und an dessen Stelle Dr. J mit seiner Ordination in H getreten sei. Dr. G habe seine Hausapotheke bis zu seinem Tod weitergeführt. Nach Bewilligung der zusätzlichen Kassenplanstelle habe der Beschwerdeführer seine Tätigkeit als praktischer Arzt in B begonnen. Die Marktgemeinde H vertrat die Ansicht, daß nicht der Beschwerdeführer, sondern der Gemeindearzt von H, Dr. J, welcher im Jahr 1982 sämtliche Agenden von Dr. G übernommen habe, als dessen ärztlicher Nachfolger anzusehen sei. Diese Kassenarztstelle habe seit 1. Jänner 1987 Dr. K inne.

1.2. Mit Bescheid vom 13. Juni 1989 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in B gemäß § 29 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung BGBl. Nr. 502/1984 (im folgenden: ApG), ab.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

1.3. Mit Bescheid vom 10. Mai 1990 gab der Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst dieser Berufung nicht Folge. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, der Beschwerdeführer habe seine Ordination erst knapp 1 1/2 Jahre nach dem Tod von Dr. G eröffnet. Damit habe sich aber im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1988, Zl. 88/08/0149, in den lezten 1 1/2 Jahren nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine dauerhafte Bindung des nunmehr neu vom Beschwerdeführer zu betreuenden Patientenkreises an andere Ärzte in der Umgebung eingestellt, sodaß der Beschwerdeführer jedenfalls mit dem Neuaufbau seines Patientenkreises habe beginnen müssen. Nach 1 1/2 Jahren könne daher von einer gewissen zeitlichen Nahebeziehung zur Tätigkeit des Vorgängers nicht mehr die Rede sein. Daß die neue Ordination des Beschwerdeführers von der Bevölkerung von B rasch und vermehrt frequentiert worden sei, sei für die Bevölkerung eine infolge kürzerer Wegstrecken verbundene bequemere ärztliche Versorgung, eine Tatsache, die gleichermaßen auf jeden anderen neuzugezogenen Arzt in einem Ort zutreffen könnte, unabhängig davon, ob zuvor einmal dort eine Arztordination existiert habe oder nicht. Dazu komme noch, daß Dr. G bereits ca. 5 Jahre vor seinem Ableben seine Kassenverträge zurückgelegt und nur mehr Privatpatienten ärztlich versorgt habe.

Bei der Umschreibung des Umfanges der bestehenden ärztlichen Hausapotheke und damit der Nachfolgeeigenschaft sei auch der Besitz einer Kassenplanstelle zu berücksichtigen. Dies bedeute im konkreten Fall, daß der Beschwerdeführer nur in die zum Zeitpunkt des Todes des Dr. G bestehende Position, die vor allem durch den Patientenkreis bestimmt werde, hätte nachfolgen können. Da Dr. G nur als Wahlarzt tätig gewesen sei, wäre eine Nachfolge auch nur in diesem Umfang rechtlich möglich. Bei der Kassenplanstelle des Beschwerdeführers handle es sich um eine zusätzliche, neu geschaffene Stelle. Schon dies bedeute einen neuen Zustrom von Kassenpatienten. Es liege daher weder vom Zeitraum noch vom Umfang her gesehen eine Nachfolge im Sinne des § 29 Abs. 2 ApG vor.

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde habe zu Unrecht die beantragte Rezeptzählung für das letzte Jahr der beruflichen Tätigkeit des Dr. G nicht durchgeführt, da sich daraus ergeben hätte, daß Dr. G bis zu seinem Ableben für die Bevölkerung der Gemeinde als praktischer Arzt mit Hausapothekenbewilligung tätig gewesen sei und den Großteil der Bevölkerung auch nach Rücklegung der Kassenplanstelle ärztlich weiterbetreut habe. Die 1 1/2-jährige Vakanz reiche nicht aus, um eine Nachfolge verneinen zu können. Die Nachfolge sei nicht an Hand der Besetzung einer Kassenplanstelle, sondern ausschließlich im Zusammenhang mit der ärztlichen Betreuung der betroffenen Bevölkerung zu beurteilen. Die Bevölkerung von B sei lediglich während der Dauer der ärztlichen Vakanz von April 1987 bis Oktober 1988 in Ermangelung eines anderen in B ansässigen praktischen Arztes zum überwiegenden Teil auf andere Ärzte in der Umgebung ausgewichen. Ein solches Ausweichen könne nur als Notlösung verstanden werden. Dies sei dem Beschwerdeführer auch dadurch von der Bevölkerung von B bekundet worden, daß seine Ordination umfassend ab deren Eröffnung in Anspruch genommen werde.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 29 Abs. 2 ApG lautet:

"Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist auf Antrag dem Nachfolger eines praktischen Arztes mit Hausapothekenbewilligung zu erteilen, wenn die Entfernung zwischen dem Berufssitz des hausapothekenführenden Arztes und der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als vier und weniger als sechs Straßenkilometer beträgt."

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend die Apothekengesetznovelle 1984, BlgNR 395, XVI. GP, Seite 17, soll dann, wenn ein Arzt die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke erhalten hat, demjenigen praktischen Arzt, der ihm nachfolgt, die Bewilligung jedenfalls dann erteilt werden, "wenn sein Berufssitz und die Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke zwar weniger als sechs, aber mehr als vier Straßenkilometer entfernt ist".

2.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Juni 1988, Zl. 88/08/0149 = ZfVB 1988/5/1743, ausgeführt hat, ist für den Inhalt des im § 29 Abs. 2 leg. cit. verwendeten Rechtsbegriffes des "Nachfolgers eines praktischen Arztes" in erster Linie unter Bedachtnahme auf die Entfaltung der freiberuflichen Tätigkeit eines Arztes die Identität des Patientenkreises maßgebend. Unter diesem Aspekt wird auch eine gewisse zeitliche Nahebeziehung zur Tätigkeit des Vorgängers zu fordern sein, also eine Zeitspanne, innerhalb derer sich nach der Lebenserfahrung noch keine dauerhafte Bindung der Patienten an andere Ärzte in der Ortschaft oder deren Umgebung einstellt, was zur Folge hätte, daß der neue Arzt diesfalls praktisch mit einem Neuaufbau des Patientenkreises beginnen müßte.

Der vorliegende Sachverhalt läßt sich mit jenem, der dem eben zitierten Erkenntnis zugrundelag, nicht vergleichen. Zu Recht hat die belangte Behörde darauf abgestellt, daß nach einem Zeitraum von 1 1/2 Jahren nach Beendigung der ärztlichen Tätigkeit eines Arztes bei der Neueröffnung einer Praxis nicht mehr von einer zeitlichen Nahebeziehung zur Tätigkeit des Vorgängers gesprochen werden könne und ein Neuaufbau des Patientenkreises beginne. Der Beschwerdeführer geht selbst davon aus, daß sich die Bevölkerung in dieser Zwischenzeit, in der sie durch keinen praktischen Arzt in B betreut werden konnte, anderen praktischen Ärzten in der Umgebung zugewandt habe. Ein Zeitraum von ca. 1 1/2 Jahren zwischen dem Ableben Dris. G und der Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit durch den Beschwerdeführer in B erweist sich als zu lang, um noch eine Identität der Arztpraxis im Sinne des § 29 Abs. 2 ApG annehmen zu können. Aus diesem Grund war es für die belangte Behörde entbehrlich, dem Beweisantrag des Beschwerdeführers zu entsprechen, mit dem dargetan werden sollte, daß ungeachtet der Zurücklegung der Kassenverträge durch Dr. G dennoch während der letzten 5 Jahre seiner ärztlichen Tätigkeit weiterhin ein Großteil der Bevölkerung von B von diesem ärztlich betreut wurde und er bis zu seinem Ableben für die Bevölkerung der Gemeinde als praktischer Arzt tätig war. Bei dem gegebenen nachträglichen Intervall von weiteren 1 1/2 Jahren kommt es auf diese Umstände, die die Identität des Praxisumfanges vor und nach Zurücklegung der Kassenverträge durch Dr. G betreffen, nicht an - wobei allerdings nach der Lebenserfahrung bemerkt werden muß, daß in einem solchen Fall ein erheblicher Rückgang der Patientenzahl erfolgen wird.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990100117.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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