TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/27 90/10/0189

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Veröffentlicht am 27.03.1991
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Index

L40014 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung
Polizeistrafen Oberösterreich;
L40054 Prostitution Sittlichkeitspolizei Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

PolStG OÖ 1979 §2 Abs3 litb;
PolStG OÖ 1979 §2 Abs3 litc;
VStG §19;
VStG §2 Abs2;
VStG §27 Abs1;
VStG §44a lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der O.Ö. Landesregierung vom 28. August 1990, Zl. Pol-4713/2-1990 Zö/S/Wö, betreffend Übertretung des O.ö. Polizeistrafgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft A vom 27. Februar 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe

1. dem rechtskräftigen Untersagungsbescheid der Stadtgemeinde A vom 20. November 1989 dadurch zuwidergehandelt, daß mit seiner Duldung in einem näher bezeichneten Gebäude in der Zeit vom 19. bis jedenfalls 31. Jänner 1990 die Prostitution ausgeübt worden sei, und

2. durch die in der Zeitung "Y", Anzeigeblatt für den Landkreis B, vom 31. Jänner 1990 erschienene Anzeige "NeuNeuNeu, C-Club, Sauna-Freizeitclub, X-Straße n1, A, Tel. n2 tägl. v. 14-4 Uhr geöffnet, Ärztlich kontr. Mädchen, Whirlpool u. Dampfkabine" durch öffentliche Ankündigung in einem Druckwerk, das in den Tagen vom 31. Jänner 1990 bis 2. Februar 1990 im Stadtgebiet von A unentgeltlich an die Haushalte verteilt worden sei, die Prostitution angebahnt. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 2 Abs. 3 lit. e (Punkt 1) und nach § 2 Abs. 3 lit. b (Punkt 2) des O.ö. Polizeistrafgesetzes in der Fassung der O.ö. Polizeistrafgesetznovelle 1985, LGBl. Nr. 94, (im folgenden: Oö PolStG) begangen; er wurde deshalb gemäß § 10 Abs. 1 lit. b mit Geldstrafen von S 150.000,-- (zu Punkt 1) bzw. S 100.000,-- (zu Punkt 2) bestraft. Die Ersatzfreiheitsstrafen wurden mit 30 bis 21 Tagen bemessen.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 28. August 1990 das Straferkenntnis im Umfang des Punktes 1 aufgehoben und das Verfahren insoweit gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 eingestellt, hinsichtlich des Punktes 2 aber im Schuldspruch bestätigt. Die Strafe wurde insoweit auf S 20.000,-- herabgesetzt (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage). Ferner wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in erster Instanz bestimmt.

Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß zwar aufgrund der Gendarmerieberichte vom 17. und 22. Jänner 1990, der Überprüfung vom 2. Februar 1990 und des gegenständlichen Inserates kein Zweifel an der Ausübung der Prostitution in dem bezeichneten Haus bestehen könne, ihre Ausübung "für den angelasteten Zeitpunkt" aber nicht hinreichend erweisbar sei. Unbestritten stehe fest, daß über Auftrag des Beschwerdeführers die im Spruch wiedergegebene Anzeige in der Rubrik "Heiraten/Bekanntschaften" des genannten, in der Zeit vom 31. Jänner bis 2. Februar 1990 in A verteilten Blattes erschienen sei. Dabei handle es sich im Hinblick auf die Textierung und die Angabe einer für das "Milieu" charakteristischen (Tag- und Nacht)Zeit und der Telefonnummer - diese Art der Kundenwerbung sei häufig geübte Praxis von Prostituierten und sogenannten "Clubs" - zweifellos um ein Prostitutionsangebot. Das Berufungsvorbringen, der Ausdruck "ärztlich kontrollierte Mädchen" könne sich auch auf die Einhaltung der hygienischen Standards des Whirlpools und der Dampfkabine beziehen, stehe im Widerspruch zu den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung und sei daher als Schutzbehauptung anzusehen. Alleiniger Zweck der in Rede stehenden Anzeige sei es, Kunden die Prostitutionsausübung im gegenständlichen Lokal in besonderer Weise anzuzeigen. Die festgesetzte Geldstrafe berücksichtige die einschlägige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und entspreche dem Unrechtsgehalt der Tat und seinen finanziellen Verhältnissen. Daß die gegenständliche Übertretung außer der Verletzung des geschützten Rechtsgutes keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen habe, mindere den Unrechtsgehalt der Tat nicht: Die qualifiziert öffentliche Art und Weise der Kundenwerbung sei einem besonders großen Kreis zugänglich und daher geeignet, in weiten Kreisen der Bevölkerung Ärgernis zu erregen.

Gegen diesen Bescheid, und zwar lediglich insoweit, als der Berufung keine Folge gegeben wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde. Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde erstattet:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. b Oö PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch öffentliche Ankündigung, insbesondere in Druckwerken oder anderen Medien, die Prostitution anbahnt oder anzubahnen versucht (Angabe der Adresse, der Telefonnummer, eines Treffpunktes und dgl.). (Die Ausnahmebestimmung des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle kommt im vorliegenden Fall sachverhaltsbezogen nicht in Betracht.) Verwaltungsübertretungen gemäß § 2 Abs. 3 sind gemäß § 10 Abs. 1 lit. b Oö PolStG mit Geldstrafe bis S 200.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

2. Nach Meinung des Beschwerdeführers fehlt es an Beweisen für den gegenständlichen Tatvorwurf. Die auf dem Wortlaut der Anzeige beruhende Beweiswürdigung sei weder zwingend noch schlüssig. Aufgabe der Mädchen sei es, für den hygienisch einwandfreien Zustand der Räumlichkeiten zu sorgen und sich um die Gäste zu kümmern (sie mit Getränken zu versorgen). Der Hinweis, daß diese Tätigkeit durch ärztlich kontrollierte Mädchen erfolge, habe den Zweck, keine Zweifel an den sanitären und hygienischen Verhältnissen im Club aufkommen zu lassen.

Damit bekämpft die Beschwerde der Sache nach die rechtliche Wertung der gegenständlichen Annonce als Anbahnungshandlung im Sinne des § 2 Abs. 3 lit. b Oö PolStG. Hiebei ist entscheidend, ob die belangte Behörde annehmen durfte, die Anzeige diene ihrer Art nach erkennbar dazu, die Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zu bewirken (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1989, Zl. 88/10/0160, und vom 3. April 1989, Zl. 88/10/0081). Daran kann nach dem Inhalt der gegenständlichen Anzeige kein vernünftiger Zweifel bestehen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie den Berufungseinwand, die Wendung "ärztlich kontrollierte Mädchen" könne sich auch auf die Einhaltung der Hygienestandards des Whirlpools und der Dampfkabine beziehen (Schutz vor Pilzinfektionen wie Fußpilz und dgl.), unter Hinweis auf die Lebenserfahrung als Schutzbehauptung bezeichnet hat. Der Beschwerdeführer hat keinerlei stichhältige Erklärung dafür gegeben und eine solche ist auch sonst nicht zu finden, weshalb, wenn es tatsächlich allein um die Verhinderung von Zweifeln an einem hygienisch einwandfreien Betrieb in dem von ihm angesprochenen Sinn ging, überhaupt eines Hinweises auf "Mädchen", noch dazu auf "ärztlich kontrollierte" bedurfte.

3. Nach Meinung des Beschwerdeführers entspricht die Tatumschreibung nicht dem Gebot des § 44a lit. a VStG 1950, da die Angabe des Tatortes fehle und als Tatzeit der 31. Jänner 1990 angeführt sei. Richtigerweise wäre als Tatzeit der Tag der Beauftragung der Zeitungsredaktion anzuführen gewesen.

Gemäß § 44a lit. a VStG 195 hat der Spruch (eines Straferkenntnisses) die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift wird dann entsprochen, wenn im Spruch die Tat so konkret umschrieben wird, daß der Beschuldigte in der Lage ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, insoweit abgedruckt in Slg. Nr. 11894/A). Diesen Kriterien wird der folgende Schuldspruch in Ansehung von Tatort und Tatzeit gerecht. Er enthält den Tatort, nämlich A (auf den damit zusammenhängenden Hinweis in der Beschwerde auf § 2 Abs. 1 VStG 1950 wird noch einzugehen sein), und bezeichnet auch die Tatzeit ausreichend, nämlich beginnend mit 31. Jänner 1990 (siehe dazu das Erkenntnis vom 29. Juni 1987, Zl. 86/10/0064, in dem der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Regelung des Tiroler Landespolizeigesetzes dargelegt hat, daß bei der Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution durch Zeitungsannoncen als Tatzeit der Beginn der Verbreitung des betreffenden Druckwerkes im Land Tirol und als Tatort jener Ort anzusehen ist, von dem aus die Verbreitung in Tirol ihren Ausgang nimmt).

4. Der Beschwerdeführer meint, die ihm zur Last gelegte Tat sei deshalb nicht strafbar, weil sie im Hinblick darauf, daß es sich hier um ein ausländisches Medium handle, im Ausland begangen worden sei. Die einmalige Einschaltung der Annonce habe den Zweck gehabt, den grenznahen Raum in der BRD zu erreichen. Daß die Zeitung auch in A, noch dazu gratis, verteilt worden sei, habe sich seiner Kenntnis entzogen. Sollte daher der zum Tatbestand gehörige Erfolg im Inland eingetreten sein, so sei dies dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnen.

Gemäß § 2 Abs. 1 VStG 1950 sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach Abs. 2 ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörige Erfolg im Inland eingetreten ist. Da von dem nach § 2 Abs. 3 lit. b Oö PolStG verbotenen Anbahnen der Prostitution durch öffentliche Ankündigung unter anderem in Druckwerken erst gesprochen werden kann, wenn die Zeitung ihren Abnehmern zugänglich ist, handelt der Täter dort, wo die Zeitung verbreitet wird (vgl. das zu § 132 lit. a GewO 1859 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Dezember 1974, Zl. 1428/74). Nach dem Willen des Landesgesetzgebers ist allein ausschlaggebend, daß das Druckwerk (oder ein anderes Medium) in Oberösterreich verbreitet wird; ob die Annonce innerhalb oder außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des Oö PolStG aufgegeben wird, spielt keine Rolle (Bericht des Ausschusses für allgemeine innere Angelegenheiten zur O.ö. Polizeistrafgesetznovelle 1985, Beilage 448/1985 O.ö. Landtag XXII GP, S. 2). Im Lichte dieser Rechtslage ist durch die Verbreitung der Zeitschrift "Y" in A die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat im Inland, und zwar im räumlichen Geltungsbereich des Oö PolStG, begangen worden. Die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers ist nicht berechtigt. Ob er von der Verbreitung der Zeitschrift in

A konkret Kenntnis hatte, ist schon deshalb ohne Belang, weil der Beschwerdeführer jedenfalls damit rechnen mußte, daß diese im grenznahen Raum der BRD erscheinende Zeitschrift zumindest auch in den an die BRD angrenzenden Bereichen des Landes Oberösterreich verbreitet wird.

5. In Ansehung der Strafbemessung bringt der Beschwerdeführer vor, der Unrechtsgehalt der Tat sei gering, da die Wochenzeitung "in großer örtlicher Distanz zu A" und nur in kleiner Auflage erscheine und das Inserat gar nicht geeignet sei, in weiteren Kreisen der Bevölkerung Ärgernis zu erregen. Auch sei das geschützte Interesse nicht gefährdet oder gar geschädigt worden. Mit dem Hinweis, daß der Beschwerdeführer mehrere Bordelle betreibe, sei die belangte Behörde ohne jede Begründung über die von ihm der Erstbehörde bekanntgegebenen Vermögens-, Familien- und Einkommensverhältnisse hinausgegangen (monatliches Nettoeinkommen S 10.000,--, Sorgepflicht für ein 15-jähriges Kind, kein Aktivvermögen). Der Umstand des Fehlens nachteiliger Folgen sei nicht berücksichtigt, auf das sehr geringe Ausmaß des Verschuldens sei in keiner Weise Bedacht genommen worden.

Auch dieses Vorbringen ist nicht berechtigt. Daß die Anbahnung der Prostitution durch Annoncen in Zeitschriften im Hinblick auf die qualifiziert öffentliche Begehungsart und die dadurch bewirkte grobe Verletzung der herrschenden sittlichen Anschauungen der Gesellschaft einen erheblichen Unrechtsgehalt aufweist, hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 7. November 1988, Zl. 88/10/0148, mit weiteren Judikaturhinweisen). Darauf, ob eine solche Anbahnungshandlung in der Folge auch tatsächlich zur Ausübung der Prostitution führt, kommt es hiebei nicht an. Daß der Beschwerdeführer ein besonderes Ausmaß des Verschuldens zu vertreten habe, hat die belangte Behörde nicht angenommen. Seine einschlägige Unbescholtenheit hat sie ausdrücklich berücksichtigt. Im Hinblick darauf und angesichts der Bemessung der Geldstrafe in Höhe des zweifachen des vom Beschwerdeführer angegebenen monatlichen Nettoeinkommens, kann keine Rede davon sein, daß die belangte Behörde das ihr insoweit eingeräumte Ermessen gesetzwidrig gehandhabt hätte.

6. Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als nicht begründet. Sie ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Schuldform

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990100189.X00

Im RIS seit

27.03.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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