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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde 1) des HN und 2) der WN gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 23. Oktober 1990, Zl. MD-K-21/1990, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens untersagte der Magistrat Krems den Beschwerdeführern mit Bescheid vom 13. Juni 1990 die widmungswidrige Nutzung einer Garage samt Zubau für Heurigenzwecke gemäß § 113 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1976 (BO). In der Begründung wurde insbesondere darauf hingewiesen, daß ein lärmtechnisches Gutachten der NÖ Umweltschutzanstalt vom 2. Oktober 1989 und ein medizinisches Gutachten eines Amtssachverständigen eine für Nachbarn unzumutbare Lärmbelästigung durch den Heurigenbetrieb der Beschwerdeführer ergeben hätten.
Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. Im wesentlichen ging die Berufungsbehörde davon aus, daß § 113 Abs. 4 BO der Baubehörde die Möglichkeit einräume, die Nutzung einer Baulichkeit zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck mit Bescheid zu verbieten, wenn es zur Vermeidung von Gefahren für Personen oder Sachen oder von unzumutbaren Belästigungen notwendig sei. Das Vorliegen einer solchen unzumutbaren Belästigung habe das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 113 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-6 hat die Baubehörde, wenn es zur Vermeidung von Gefahren für Personen und Sachen oder von unzumutbaren Belästigungen notwendig ist, eine Nutzung einer Baulichkeit zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck mit Bescheid zu verbieten.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stellen auch die Beschwerdeführer nicht in Abrede, daß die Verwendung der Garage samt Zubau für Zwecke eines Buschenschankes mit dem baubehördlich bewilligten Verwendungszweck nicht übereinstimmt. Sie vertreten allerdings die Ansicht, daß die vorgenommene Verwendung im Rahmen und im Umfang des NÖ Buschenschankgesetzes keine bewilligungswidrige Verwendung im Sinne der genannten Gesetzesstelle darstelle. Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Zunächst ist davon auszugehen, daß § 113 Abs. 4 BO ganz allgemein der Baubehörde die Möglichkeit einräumt, die Nutzung einer Baulichkeit zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck mit Bescheid zu verbieten, ohne daß eine zeitlich beschränkte Verwendung für andere Zwecke ausdrücklich ausgenommen worden ist. Im Beschwerdefall geht es nun nicht darum, daß Aufenthaltsräume für Zwecke eines Heurigenbetriebes verwendet werden sollen, sondern es soll eine Garage samt Zubau, also "Nichtaufenthaltsräume" als "Aufenthaltsräume" verwendet werden, was keinesfalls zulässig ist. Es war daher vom Verwaltungsgerichtshof nicht die Frage zu beantworten, ob jede Verwendung von Räumen für Zwecke eines Buschenschankes im Sinne des § 92 Abs. 1 Z. 5 BO bewilligungspflichtig ist, weil die Verwendung von Garagenräumen für Zwecke eines Aufenthaltsraumes jedenfalls einer Bewilligung bedurft hätte. Im übrigen liegt der Sinn der hier maßgeblichen Gesetzesstelle zweifelsohne darin, jedenfalls eine solche bewilligungswidrige Verwendung von Baulichkeiten hintanzuhalten, die zu einer besonderen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung führt, wobei letzteres im Hinblick auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren erwiesen ist. Da damit der erteilte baupolizeiliche Auftrag als rechtmäßig zu beurteilen ist, liegt die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht vor.
Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblicken die Beschwerdeführer zunächst darin, daß das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen widersprüchlich geblieben sei. Mit diesem Einwand übersehen die Beschwerdeführer, daß der medizinische Amtssachverständige sowohl in seinem Gutachten vom 13. März 1990 als auch in seiner Äußerung vom 11. Juni 1990 unter Bezugnahme auf das von Nachbarn vorgelegte lärmtechnische Gutachten der NÖ Umweltschutzanstalt die Betriebsgeräusche des Heurigenlokals in hohem Maß als für die Nachbarn unzumutbar erklärt hat. Während er in seiner gutächtlichen Stellungnahme vom 13. März 1990 ausführt, daß die Frage, ob die Immissionen auch gesundheitsgefährdend seien, schwieriger zu beantworten sei, weil hier die Dauer der Öffnungszeiten des Heurigenlokals Bedeutung besitze, ist der Sachverständige in seiner Äußerung vom 11. Juni 1990 auf die Frage der Gesundheitsgefährdung überhaupt nicht eingegangen. Allerdings hat er die Lärmbelästigung auch als zeitlich begrenzt unzumutbar erachtet, weil sie eine gravierende Störung der Nachtruhe bewirke. Da es für die Erteilung eines Auftrages nach § 113 Abs. 4 BO ausreicht, daß unzumutbare Belästigungen vorliegen, diese Frage aber vom medizinischen Sachverständigen stets bejaht worden ist, blieb das eingeholte medizinische Gutachten entgegen der Meinung der Beschwerdeführer widerspruchsfrei.
Die Beschwerdeführer bemängeln auch, daß das lärmtechnische Gutachten der NÖ Umweltschutzanstalt vom 2. Oktober 1989 ihnen erst bei der Verhandlung am 12. Juni 1990 zur Kenntnis gebracht worden sei. Der Sinn der Vorschrift des § 45 Abs. 3 AVG 1950 sei, so führen die Beschwerdeführer aus, darin gelegen, die Partei nicht (nur) vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis zu setzen, sondern ihr auch Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Im vorliegenden Fall hatten die Beschwerdeführer bei der genannten Verhandlung Gelegenheit, zu dem eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen. Tatsächlich haben sie ja etwa zu der dem Gutachten beigeschlossenen Lageskizze erklärt, daß die eingetragene Anzahl der Tische im Gastgarten nicht den Tatsachen entspreche, da in diesem Bereich maximal 12 Tische aufgestellt werden. Die Beschwerdeführer haben im übrigen das Verhandlungsergebnis zur Kenntnis genommen und lediglich darauf verwiesen, daß zahlreiche Heurige im Magistratsbereich Krems ähnliche Form aufwiesen und sie sich weitere rechtliche Schritte vorbehalten. Eine Frist zur Stellungnahme im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG 1950 begehrten die Beschwerdeführer nicht. Im Hinblick auf dieses Verhalten der Beschwerdeführer kann im Beschwerdefall von einer Verletzung des Parteiengehörs keine Rede sein. Im übrigen hatten die Beschwerdeführer die Möglichkeit, in ihrer Berufung alle jene Argumente vorzutragen, die ihrer Meinung nach dem lärmtechnischen Gutachten entgegenzuhalten sind.
Zu dem Gutachten der NÖ Umweltschutzanstalt führen die Beschwerdeführer aus, daß es sich um ein Privatgutachten handle, welches die Anrainer veranlaßt hätten. Die Behörde habe dieses Gutachten völlig unkritisch und unüberprüft der Entscheidung zugrunde gelegt, wobei die Beschwerdeführer allerdings inhaltlich kein Argument gegen die Richtigkeit des Gutachtens in ihrer Beschwerde vorbringen. Bei einer solchen Situation kann keine Rede davon sein, daß die Verwaltungsbehörden das von Nachbarn eingeholte Gutachten der NÖ Umweltschutzanstalt ihrer Entscheidung nicht hätten zugrunde legen dürfen, zumal das Verfahren auch keinen Anlaß gab, die Richtigkeit der Aussagen des Gutachters in Zweifel zu ziehen. Der Gutachter hat ja vielmehr, wie das im Akt erliegende Gutachten zeigt, zu verschiedenen Zeiten sowohl den Grundgeräuschpegel als auch die vom Heurigenbetrieb der Beschwerdeführer verursachten Lärmimmissionen gemessen, wobei diese Lärmmessungen solche Werte ergaben, daß der medizinische Amtssachverständige die Betriebsgeräusche als in hohem Maße unzumutbar qualifizierte. Es wäre den Beschwerdeführern frei gestanden, die schon der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde gelegten Gutachten entweder im erstinstanzlichen Verfahren oder im Zuge des Berufungsverfahrens, in dem sie anwaltlich vertreten waren, durch die Vorlage von Gegengutachten zu bekämpfen. Den Beschwerdeführern wäre es auch möglich gewesen, Fragen aufzuwerfen, die allenfalls zu einer Ergänzung des Ermittlungsverfahrens hätten führen müssen. Da den Beschwerdeführern in der Verhandlung die Möglichkeit eingeräumt worden war, zu den eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen, ist auch nicht zu erkennen, in welcher Beziehung der Verhandlungsleiter einer Pflicht zur Rechtsbelehrung (Manuduktionspflicht) nicht nachgekommen ist. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen sohin nicht vor.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Eine gesonderte Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, erübrigte sich.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990050238.X00Im RIS seit
03.05.2001