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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Gemeinde Wimpassing an der Leitha gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 18. September 1989, Zl. 02/04/89007/1, betreffend ein Baueinstellungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1) N-Betriebs- und Baugesellschaft m.b.H., 2) Z & Co Gesellschaft m.b.H. und 3) HF und WF Gesellschaft m.b.H.), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
Mit drei Bescheiden vom 21. April 1989 verfügte der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde gegenüber den mitbeteiligten Parteien die Einstellung sämtlicher Arbeiten betreffend die Errichtung einer Deponie auf den Grundstücken n1, n2 und n3 der KG Wimpassing an der Leitha. Die dagegen erhobenen Berufungen wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde mit Berufungsbescheiden vom 21. Juni 1989 als unbegründet ab.
Auf Grund der dagegen von den Mitbeteiligten erhobenen Vorstellung behob die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 18. September 1989 die Berufungsbescheide und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Entgegen der Auffassung der Gemeindebehörden ging die Gemeindeaufsichtsbehörde davon aus, daß eine Bewilligungspflicht für die Anlage von Müllhalden hier nicht gegeben sei, weil die Grundflächen nach dem Flächenwidmungsplan nicht als Bauland, sondern als Grünland, Ödland gewidmet seien.
§ 88 Abs. 1 Z. 7 der Bgld. Gemeindeordnung (richtig: Bauordnung) sei nur auf solche Bauvorhaben anzuwenden, die als Bauland ausgewiesene Grundflächen betreffen.
Dagegen erhob die Gemeinde zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser Gerichtshof jedoch mit Beschluß vom 29. Juni 1990, Zl. B 1268/89-14, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 88 Abs. 1 Z. 7 der Bgld. Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 13/1970, bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde die Veränderung der Höhenlage eines im Bauland gelegenen Grundstückes, die Anlage von Steinbrüchen, Sand-, Kies- und Lehmgruben sowie deren Ausfüllen, die Anlage von Schlacken-, Schutt- und Müllhalden sowie andere Abgrabungen und Anschüttungen von mehr als 1 m im Bauland, wenn dadurch die Bebaubarkeit beeinflußt oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten.
Während die beschwerdeführende Gemeinde die genannte Gesetzesstelle dahingehend versteht, daß die Anlage von Steinbrüchen und Müllhalden usw. jedenfalls einer Baubewilligung bedürfe, unabhängig davon, ob sie im Bauland oder in anderen Widmungskategorien ausgeführt werden, stehen die belangte Behörde und die Mitbeteiligten auf dem Standpunkt, alle in dieser Gesetzesstelle angeführten Vorhaben seien nur im Bauland bewilligungspflichtig. Im konkreten Fall geht es darum, ob eine Schutt- und Müllhalde, die nicht im Bauland errichtet werden soll, einer Baubewilligung bedarf oder nicht. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß die Anlage von Schutt- und Müllhalden nach der genannten Gesetzesstelle nur dann bewilligungspflichtig ist, wenn eine solche Anlage im Bauland errichtet werden soll.
Zunächst zeigen die unterschiedlichen Auffassungen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, daß die vom Gesetzgeber, dem burgenländischen Landtag, beschlossene sprachliche Fassung der Gesetzesstelle der wünschenswerten Klarheit entbehrt. Für die Auffassung der Beschwerdeführerin spricht der auch von ihr hervorgehobene Umstand, daß sowohl bei der zunächst im § 88 Abs. 1 Z. 7 BO aufgezählten Veränderung der Höhenlage eines Grundstückes ausdrücklich auf die Lage im Bauland Bezug genommen worden ist, als auch bei den abschließend genannten sonstigen (anderen) Abgrabungen und Anschüttungen, wogegen eine solche Einschränkung bei der Aufzählung von Anlagen von Steinbrüchen usw. im Gesetzestext nicht vorkommt. Für die Auffassung der Beschwerdeführerin ließe sich auch anführen, daß Steinbrüche, Sandgruben, Schutt- und Müllhalden eher für das Bauland nicht typische Vorhaben sind, deren Bewilligungspflicht gerade im Hinblick auf den auch von der Baubehörde wahrzunehmenden Schutz des Orts- und Landschaftsbildes, der nicht auf das Bauland beschränkt sein soll, wie etwa eindeutig die Aufzählung bewilligungspflichtiger Vorhaben im § 93 der Bauordnung für Niederösterreich zum Ausdruck bringt. § 88 Abs. 1 Z. 7 der Burgenländischen Bauordnung kann aber auch so verstanden werden, daß die Anlage von Steinbrüchen usw. eine Aufzählung der Veränderungen der Höhenlage darstellt und abschließend klargestellt wird, daß Abgrabungen und Anschüttungen jedenfalls erst bei mehr als 1 m der Bewilligungspflicht unterliegen, wobei die nochmalige Erwähnung der Beschränkung auf das Bauland nicht erforderlich gewesen wäre. Da der Gesetzestext von seinem Wortlaut her widersprüchliche Auslegungen zuläßt, sah sich der Gerichtshof veranlaßt, die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage als Auslegungshilfe heranzuziehen. Darin wird zu § 88 Abs. 1 Z. 7 BO folgendes ausgeführt: "Die in Abs. 1 Z. 7 und 8 aufgezählten Vorhaben beeinflussen das Orts- und Landschaftsbild, die Bebaubarkeit und die Nachbarrechte oft ganz wesentlich, sodaß es notwendig war, sie nicht länger dem Einfluß der Baubehörde fernzuhalten. Die Veränderungen der Höhenlage, die Anlage von Steinbrüchen u.dgl. nach Z. 7 soll nur dann bewilligungspflichtig sein, wenn sie 1. im Bauland sind und 2. die Bebaubarkeit beeinflußt oder Nachbarrechte verletzt werden könnten." Während noch der erste Satz dieser Erläuternden Bemerkungen sich auch für die Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde anführen läßt, weil Steinbrüche usw. auch dann, wenn sie nicht im Bauland errichtet werden, das Orts- und Landschaftsbild wesentlich beeinflussen können, stellt der zweite Satz eindeutig klar, daß die in Z. 7 aufgezählten Vorhaben nur im Bauland bewilligungspflichtig sein sollen. Diese Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen hält der Verwaltungsgerichtshof bei der hier zu beantwortenden Frage unter dem Gesichtspunkt einer Auslegung aus der Entstehungsgeschichte, die mit dem Ergebnis der grammatikalischen Auslegung der Gesetzesstelle nicht im Widerspruch steht, für ein überzeugendes Argument. Für das auf diese Weise gewonnene Auslegungsergebnis ist insbesondere auch anzuführen, daß der aus dem Eigentum an Grund und Boden ableitbare Grundsatz der Baufreiheit im Zweifel gleichfalls für das Fehlen einer Beschränkung der Freiheitssphäre spricht.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als nicht begründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Bei dieser Situation erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung eines Schriftsatzaufwandes, da die "Gegenschrift" lediglich einen Hinweis auf einen früher erstatteten Schriftsatz enthält.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990050145.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009