TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/4 90/05/0194

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Veröffentlicht am 04.04.1991
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §365;
BauO OÖ 1976 §13 Abs4;
BauO OÖ 1976 §8 Abs1;
BauRallg;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 18. Jänner 1990, Zl. BauR-020077/1-1989 Ru/Ja, betreffend eine Enteignung für Straßenzwecke (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde X), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens sprach die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung mit Bescheid vom 22. Juni 1989 die Enteignung einer dem Beschwerdeführer gehörigen Grundfläche im Ausmaß von 33 m2 entsprechend einem näher bezeichneten Vermessungsplan zugunsten der mitbeteiligten Stadtgemeinde aus und setzte eine Entschädigung fest. Gleichzeitig wurden Aufträge zur Sicherstellung des Enteignungszweckes erlassen. Zur Begründung führte die Behörde aus, daß mit Antrag der mitbeteiligten Stadtgemeinde zu deren Gunsten die Enteignung für Zwecke der Herstellung von Verkehrsflächen entsprechend einem rechtswirksamen Bebauungsplan begehrt worden sei. Das Haus des Beschwerdeführers sei 1945 wiederaufgebaut und damals zur Begradigung des Gehsteiges 1,20 m zurückversetzt worden. In der Folge sei offensichtlich irrtümlich dieser Teil der Liegenschaft für Zwecke eines Gehsteiges ausgebaut worden. Der Beschwerdeführer habe zwar die Notwendigkeit bezweifelt, daß der öffentliche Gehsteig bis an sein Haus reichen müsse, doch sei nunmehr nach dem Bebauungsplan diese Grundfläche als Verkehrsfläche festgesetzt worden. Wollte man diese Fläche nicht in den öffentlichen Gehsteig einbeziehen, so entstünden vor- und zurückspringende Straßenfluchtlinien, die keinesfalls als korrekte Ortsplanung angesehen werden könnten und am Bedarf vorbeigingen. Die Grundflächen würden für die Gehsteigbenützung zur Abdeckung des öffentlichen Fußgängerverkehrs dringend benötigt; die hiefür erforderlichen Einrichtungen bestünden bereits.

Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wies die Oberösterreichische Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde verwies insbesondere auf den rechtswirksamen Bebauungsplan, der Grundlage für das durchgeführte Enteignungsverfahren sei und bindend auch das öffentliche Interesse an der Enteignung für Zwecke der Errichtung bzw. Erhaltung des Gehsteiges festlege. Das Vorbringen des Berufungswerbers, daß der rechtswirksame Bebauungsplan nur zur Sanierung eines Fehlers erlassen worden sei, müsse unberücksichtigt bleiben. In diesem Zusammenhang wurde darauf verwiesen, daß der Bebauungsplan in der jetzigen Form einen einheitlichen Gehsteigverlauf gewährleiste. Jedenfalls sei die Verwaltungsbehörde an den rechtswirksamen Bebauungsplan gebunden. Tatsächlich sei ja der Gehsteig auch bereits errichtet.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser Gerichtshof mit Beschluß vom 24. September 1990, B 301/90-11, jedoch ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Über diese Beschwerde sowie über den ergänzenden Schriftsatz des Beschwerdeführers und die Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Gemeinde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund des Beschwerdevorbringens davon aus, daß die Enteignung nur dem Grunde nach und nicht auch die Entschädigungssumme Gegenstand der Beschwerde ist.

Nach § 8 Abs. 1 der OÖ Bauordnung (BO), LGBl. Nr. 35/1976, können Grundstücke und Grundstücksteile, die nach dem Bebauungsplan in Verkehrsflächen der Gemeinde fallen, nach Eintritt der Rechtswirksamkeit des Bebauungsplanes von der Gemeinde im Wege der Enteignung gegen Entschädigung in Anspruch genommen werden. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Enteignung nur zulässig, wenn der Gemeinderat die Herstellung der Verkehrsfläche oder zumindest jenes Teilabschnittes der Verkehrsfläche, für den Grundstücke oder Grundstücksteile in Anspruch genommen werden, beschlossen hat und die Herstellung der Verkehrsfläche (des Teilabschnittes) finanziell sichergestellt ist. (Die weiteren Absätze dieses Paragraphen sind im Beschwerdefall rechtlich unerheblich.) § 13 BO regelt sodann das Verfahren und § 14 die Durchführung der Enteignung. Die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde als Enteignungsbehörde erster Instanz ergibt sich aus § 66 Abs. 2 in Verbindung mit § 65 Z. 1 lit. d BO.

Der Beschwerdeführer behauptet, aus dem Bebauungsplan ergebe sich nicht, daß es sich bei dem gegenständlichen Grundstreifen um eine Verkehrsfläche der Gemeinde handle. Der in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegende Bebauungsplan weist als Begrenzung zur öffentlichen Verkehrsfläche im Bereich der Grundflächen des Beschwerdeführers das errichtete Gebäude aus, sodaß kein Zweifel darüber bestehen kann, daß die für Zwecke des Gehsteiges benötigte Fläche Verkehrszwecken der Gemeinde dienen soll, wie dies ja auch tatsächlich schon der Fall ist. Die in der Beschwerde getroffene Unterscheidung zwischen einem Eigentum der Kommune X und einem Eigentum der Stadtgemeinde als öffentliches Gut ist rechtlich unerheblich; aus ihr kann nicht der Schluß gezogen werden, daß dem Beschwerdeführer ohne gesetzliche Grundlage sein Eigentum entzogen worden sei.

Der Beschwerdeführer behauptet auch, es habe keine Notwendigkeit zur Durchführung der Enteignung bestanden. Er verweist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf, daß nach § 13 Abs. 4 BO die Behörde über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung (sowie über die Entschädigung) zu entscheiden hat. Wenn der Beschwerdeführer ausführt, daß die Enteignung der rechtlichen Sanierung einer gegebenen Situation dient, so trifft dies zu, doch ist damit nicht die Unzulässigkeit der Enteignung bewiesen, vielmehr soll die bisherige rechtswidrige Inanspruchnahme von Grundflächen des Beschwerdeführers legalisiert werden.

Der Beschwerdeführer bringt auch vor, daß nach dem Bebauungsplan vor seinem Haus Parkplätze anzulegen seien, was zeige, daß kein dringender Bedarf und kein öffentliches Interesse gegeben seien. Zu diesem Vorbringen ist festzustellen, daß im Bebauungsplan auch im Bereich der Stadtturmgasse vor dem Haus des Beschwerdeführers Parkplätze vorgesehen sind, wie auch vor dem angrenzenden Haus Richtung Stadttor und schräg gegenüber vor dem Stadtamt. Die Anlage solcher Parkplätze könnte nun allenfalls den Bebauungsplan gesetzwidrig erscheinen lassen, doch trifft dies im Beschwerdefall nicht zu. Daß die Interessen des Beschwerdeführers sich mit den Interessen der Stadtverwaltung nicht decken, kann zunächst noch nicht dazu führen, daß nicht dennoch die Grundflächen für öffentliche Zwecke dringend benötigt werden. Die Ausweisungen im Bebauungsplan zeigen, daß die Stadtturmgasse in Richtung Stadtturm als Fußgängerzone vorgesehen ist, sodaß Parkplätze nicht nur im Hinblick auf die gegebenen öffentlichen Einrichtungen, sondern auch im Hinblick auf diese Fußgängerzone im öffentlichen Interesse an einer geordneten Abwicklung des Verkehrs vorgesehen wurden. Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, daß Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes nicht bestehen.

Soweit der Beschwerdeführer auf Einrichtungen zugunsten seines Hauses auf der enteigneten Verkehrsfläche verweist, hat bereits die Enteignungsbehörde erster Instanz durch Vorschreibungen die Interessen des Beschwerdeführers gesichert. Das Beschwerdevorbringen konnte nicht dartun, daß die Verwaltungsbehörden zu Unrecht die Notwendigkeit der Enteignung bejaht hätten.

Der Beschwerdeführer behauptet schließlich noch, daß die Herstellung der Verkehrsfläche finanziell nicht sichergestellt sei. Dem hielt die mitbeteiligte Gemeinde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, daß im Zuge der Generalsanierung und des Umbaues der Verkehrsflächen im Ortszentrum bereits vor Jahren eine ordnungsgemäße Gehsteigherstellung erfolgt sei. Auf diesen Umstand war auch bereits im durchgeführten Verwaltungsverfahren verwiesen worden. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß die Erfüllung des Enteignungszweckes nicht entsprechend der Regelung des § 8 Abs. 2 BO sichergestellt sei.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050194.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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