Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §184 Abs1;Beachte
Besprechung in:ÖStZB 1991, 491;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom 19. Oktober 1989, Zlen. 6/4-4068/87-04 und 6/4-4086/87-04, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1978 bis 1983, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung zufolge erzielte der Beschwerdeführer im Prüfungszeitraum (1978 bis 1983) Einnahmen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnauszahlung, die er gegen Beteiligung der Gastwirte an den Einspielergebnissen in Gaststätten aufgestellt hatte. Der Beschwerdeführer hatte weder Aufzeichnungen über die ausbezahlten Spielgewinne noch über die Freispiel- und "Gamble"-Einsätze geführt. Der Betriebsprüfer ermittelte die Umsätze des Beschwerdeführers aus dem Betrieb von Geldspielautomaten unter Zugrundelegung einer Gewinnauszahlungsquote von 40 % durch Anwendung eines Vervielfachers von 3,0 auf den erklärten "Kasseninhalt".
Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer für die Streitjahre der Auffassung des Prüfers folgend fest.
In der unter anderem gegen die Umsatzsteuerbescheide für 1978 bis 1981 erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer, soweit es den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens betrifft, aus, der Vervielfachungsfaktor werde nicht anerkannt, da es sich bei seinen Geräten um "Unterhaltungsgeräte handelt, die für Spieleinsätze von S 5,-- oder S 10,-- vorgesehen waren. Derartige Beträge sind aber unzweifelhaft gering und haben nicht zur Folge, daß Spielgewinne ausgezahlt werden konnten. Da der Betriebsprüfungsbericht keinerlei Anhaltspunkte beinhaltet, daß ein Spieler vorsätzlich zu einem Serienspiel und damit zu nicht bloß geringem Gesamteinsatz veranlaßt werden sollte, fehlt der Betriebsprüfung die objektive und subjektive Berechtigung, eine Schätzung vorzunehmen."
In der gegen die Umsatzteuerbescheide für 1982 und 1983 erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, ein Vervielfachungsfaktor von 3 komme durch die Finanzverwaltung nicht mehr zur Anwendung. Im übrigen habe die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, das mit dem Erkenntis vom 14. Dezember 1978, Zl. G 82/78, abgeschlossen wurde, erklärt, es werde von der Finanzverwaltung bei der Schätzung maßvoll vorgegangen und als Umsatz ein Betrag angenommenen, der sich durch Anwendung eines Vervielfachers von etwa 1,3 bis 1,5 auf den bei Leerung des Automaten vorhandenen Kasseninhalt ergebe.
In der mündlichen Berufungsverhandlung trug der Vertreter der Beschwerdeführerin vor, nach der Judikatur sei bei einer eingestellten Gewinnchance von 30 % ein Vervielfacher von 1,4 anzuwenden.
Mit dem die Berufungen des Beschwerdeführers auch gegen zahlreiche andere Bescheide erledigenden Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen teilweise Folge. In der Frage der Anwendung des Vervielfachers folgte sie dem Standpunkt des Beschwerdeführers nicht. Dazu führte sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides nach Darlegung des Verfahrensganges, der Rechtslage und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe nur die (nach Gewinnauszahlung verbleibenden) Kasseninhalte aufgezeichnet und seinen Umsatzsteuererklärungen zu Grunde gelegt. Nach den übereinstimmenden Angaben der vom Betriebsprüfer vernommenen Gastwirte sei die Gewinnauszahlungsquote bei den vom Beschwerdeführer aufgestellten Automaten bei ca. 40 % der Einwürfe gelegen. Eine Gewinnauszahlungsquote von 40 bis 50 % entspreche auch den Erfahrungen der Praxis. Vom Beschwerdeführer werde die Annahme einer Gewinnauszahlung von 40 % auch gar nicht bestritten; die in der mündlichen Berufungsverhandlung erstmals aufgestellte Behauptung, es habe eine Gewinneinstellung von 30 % gegeben, sei demgegenüber unglaubwürdig und offenkundig eine bloße Zweckbehauptung, zumal der Beschwerdeführer selbst einen Vervielfältiger von 1,5 bzw. 1,6 nenne. Gehe man nun von einer Gewinnauszahlungsquote von 40 % aus, so bedeute dies, daß die tatsächlichen Geldeinwürfe zumindest das 1,66fache des Kasseninhaltes betragen hätte. Der vom Beschwerdeführer beanspruchte Faktor von 1,5 bzw. 1,6 sei somit nicht einmal geeignet, die tatsächlichen Geldeinwürfe zu erfassen; umsoweniger könnten damit die Freispiel- und "Gamble"-Umsätze der Umsatzsteuer unterworfen werden. Um auch diese Umsätze zu erfassen, sei daher die Anwendung eines höheren Faktors geboten. Zur Bestimmung dieses Faktors stütze sich die Finanzverwaltung auf Ermittlungen, die bei Automaten der Art, wie sie der Beschwerdeführer verwende, z.B. von den Finanzämtern Mürzzuschlag und Neunkirchen durchgeführt worden seien. Die vom Finanzamt Mürzzuschlag getätigten Probespiele hätten ergeben, daß zur Erfassung der Freispielumsätze ein Faktor von 3,59 auf den Kasseninhalt, das entspreche einem Faktor von 2,05 auf den Einwurf, anzuwenden sei, wobei zu berücksichtigen sei, daß darin ein Gamble-Zuschlag noch nicht enthalten sei. Das Finanzamt Neunkirchen habe einen Faktor von 12,91 auf den Kasseninhalt bzw. von 6,37 auf den Geldeinwurf festgestellt. Der im konkreten Fall angewendete Vervielfacher von 3,0 auf den Kasseninhalt (= 1,8 auf den Einwurf) liege daher an der Untergrenze der möglichen Vervielfacher. Werde ein Vervielfacher im Wege eines äußeren Betriebsvergleiches ermittelt, so sei es Sache des Automatenaufstellers, diese Schätzung durch konkrete Behauptungen und konkrete Beweisanträge zu widerlegen. Diesem Erfordernis würden die allgemein gehaltenen Berufungsausführungen nicht gerecht.
Die vorliegende, erkennbar nur gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer für 1978 bis 1983 gerichtete Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zur Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Einspielergebnisse aus Spielautomaten im zeitlichen Geltungsbereich der Vorschrift des § 4 Abs. 5 UStG 1972 in der Fassung des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 1977, BGBl. 645, in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß jedes Entgelt für jedes einzelne Spiel zur Bemessungsgrundlage zählt. Gewinnt ein Spieler und kann er mit dem Gewinn am Automaten ein neues Spiel ("Freispiel") tätigen, dann wird auf Grund der neuerlichen Inbetriebnahme des Geldspielautomaten ein neuer Umsatz ausgeführt; der geldwerte, auch in anderer Weise (zur Konsumation) verwendbare Gewinnanspruch des Spielers bildet das Entgelt für diesen Umsatz (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 14. März 1980, Zl. 2080/79, Slg. 5465/F, vom 3. November 1986, Zl. 85/15/0270, Slg. 6166/F, und zuletzt vom 27. August 1990, Zl. 90/15/0096, und vom 14. Jänner 1991, Zl. 90/15/0064).
Daraus folgt, daß zur Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer sowohl sämtliche in den Automaten eingeworfene Bargeldbeträge ("Bargeldeinwurf") ungeachtet einer allfälligen Auszahlung von Gewinnen als auch die Freispiel- und "Gamble"-Umsätze zählen. Dies anerkennt der Beschwerdeführer ausdrücklich; er zieht auch die Berechtigung der Abgabenbehörde, die Bemessungsgrundlage im Wege der Schätzung zu ermitteln, nicht in Zweifel.
Die belangte Behörde hat ihrer Schätzung die (auf die Aussagen von Gastwirten, in deren Lokalen Glückspielautomaten des Beschwerdeführers aufgestellt waren, gegründete) Annahme einer Gewinnauszahlungsquote von 40 % des Münzeinwurfes und - zur Feststellung der Freispiel- und "Gamble"-Erlöse - die Ergebnisse von Probespielen zu Grunde gelegt. Der Beschwerdeführer ist im Abgabenverfahren den ihm vorgehaltenen Ergebnissen des äußeren Betriebsvergleiches nicht durch konkrete Behauptungen und Beweisanträge entgegengetreten. Seine Stellungnahme zu der ihm ebenfalls vorgehaltenen Annahme einer Gewinnauszahlungsquote von 40 % erschöpfte sich in dem Hinweis seines Vertreters in der Berufungsverhandlung, nach der Judikatur sei bei einer eingestellten Gewinnchance von 30 % ein Vervielfacher von 1,4 anzuwenden. Substantiierte Behauptungen dahingehend, welche andere Schätzungsmethode in Frage gekommen wäre und zu einem der Realität näher kommenden und für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte führen können, ist dieser im Abgabenverfahren schuldig geblieben.
Davon ausgehend sind die Ausführungen der Beschwerde, die sich gegen die Annahme eines Vervielfachers von 3,0 richten, nicht geeignet, eine bei der Schätzung der Bemessungsgrundlage unterlaufene Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.
Den Ausführungen der Beschwerde, die belangte Behörde lege nicht dar, ob es sich bei den zur Durchführung von Probespielen verwendeten Glückspielautomaten um dem gegenständlichen Fall vergleichbare Geräte gehandelt habe, ist zu erwidern, daß in der dem Beschwerdeführer vorgehaltenen (vgl. OZ 21) Stellungnahme des Betriebsprüfers (vgl. OZ. 17) die Gerätetypen, deren Bezeichnungen sich mit den im Betriebsprüfungsbericht (AS 326) angeführten Bezeichnungen der vom Beschwerdeführer aufgestellten Geräte decken, angeführt waren und der Beschwerdeführer nicht behauptet hat, diese wären den von ihm verwendeten Geräten nicht vergleichbar. Davon ausgehend war die Annahme der belangten Behörde, die Probespiele seien an "Automaten der Art, wie sie der Beschwerdeführer verwende" (Seite 13 des angefochtenen Bescheides), nicht rechtswidrig.
Auch der weitere Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe die in der Berufungsverhandlung aufgestellte Behauptung einer "Gewinneinstellung von 30 % ohne weitere Begründung als unglaubwürdig abgetan", ist nicht berechtigt. Die belangte Behörde hat die Annahme einer Gewinnauszahlungsquote von 40 % auf die übereinstimmenden Angaben der vom Betriebsprüfer vernommenen Gastwirte (vgl. die Niederschriften AS 179 bis 193) sowie darauf gegründet, daß eine Gewinnauszahlungsquote von 40 bis 50 % auch den Erfahrungen der Praxis entspreche.
Der in den oben wiedergebenen Ausführungen der Beschwerde gelegene Vorwurf eines Begründungsmangels ist somit nicht berechtigt. Mit dem bloßen Hinweis auf das (im übrigen gar keine konkrete Gegenbehauptung darstellende) Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung vermag die Beschwerde auch keinen im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle wahrzunehmenden Mangel der Beweiswürdigung aufzuzeigen.
Zu den die Begriffe "Gewinnauszahlungsquote" und "Gewinnchance" vermengenden, auf die in anderen Fällen ausgehend vom gesamten "Bargeldeinwurf" angewendeten Vervielfachungsfaktoren bezogenen Ausführungen der Beschwerde ist darauf zu verweisen, daß im vorliegenden Fall durch die Anwendung eines Vervielfachers nicht nur dem Umstand Rechnung zu tragen war, daß der Beschwerdeführer die Freispiel- bzw. "Gamble"-Umsätze betreffend keine Aufzeichnungen geführt hatte; vielmehr war hier - weil auch die ausgezahlten Gewinne nicht aufgezeichnet worden waren - bereits der Gesamtbetrag des "Bargeldeinwurfes" im Wege der Schätzung (durch Anwendung eines Vervielfachers) zu ermitteln. Ein Vergleich mit Fällen, in denen bei einer vom Bargeldeinwurf ausgehenden Schätzung nur die Freispiel- bzw. "Gamble"-Umsätze durch Annahme eines Vervielfachers zu berücksichtigen waren, ist somit nicht aussagekräftig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990150065.X00Im RIS seit
08.04.1991Zuletzt aktualisiert am
31.08.2009