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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AVG §66 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, in der Beschwerdesache des N gegen den Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Flurbereinigungssache, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer des A-Hofes, dessen Grundstücke neben anderen einem Flurbereinigungsverfahren unterzogen wurden. In diesem Verfahren hat die Agrarbehörde erster Instanz am 7. Mai 1979 den Flurbereinigungsplan erlassen. Dagegen unter anderem vom Beschwerdeführer erhobene Berufungen führten zum Bescheid der nunmehr belangten Behörde vom 5. Februar 1981, mit dem der erstinstanzliche Flurbereinigungsplan behoben wurde, weil ihm keine Bewertung der in das Verfahren einbezogenen Grundstücke vorangegangen war. Der zweite Satz des Spruches dieses Bescheides der belangten Behörde lautete:
"Bis zur rechtskräftigen Erlassung eines neuen Flurbereinigungsplanes ist das Gebiet nach dem Stande der vorläufigen Übernahme vom 28.5.1974, wie im Plan III d Außenstelle Lienz vom 28.5.1974, Zl. 797 F/14, dargestellt, zu bewirtschaften."
Ausschließlich dieser zuletzt genannte Bescheidteil wurde unter anderem vom Beschwerdeführer mit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft und von diesem mit Erkenntnis vom 14. September 1982, Zl. 82/07/0026, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. In den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses brachte der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, daß "Sache" des von der belangten Behörde zu erledigenden Berufungsverfahrens der Flurbereinigungsplan gewesen sei, der mit dem ersten Spruchsatz des Bescheides vom 5. Februar 1981 ersatzlos behoben worden sei. Durch diesen Ausspruch seien die der belangten Behörde vorgelegenen Berufungen erledigt, und deren Zuständigkeit als Berufungsbehörde in dieser Sache verbraucht gewesen. Eine Übergangsverfügung im Sinne des § 76 Abs. 1 TFLG 1978 sei nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens und daher nicht Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG gewesen, auf die sich die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung erstreckt habe. Abschließend hat sich der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis noch zu folgendem Hinweis veranlaßt gesehen:
"Die vorläufige Übernahme der Grundabfindungen ist bereits
im Jahre 1974 erfolgt ... Der Bescheid, mit dem die vorläufige
Übernahme angeordnet wurde, ist gegenüber den Beschwerdeführern
längst in Rechtskraft erwachsen. Gleichzeitig mit der Anordnung
der vorläufigen Übernahme wurde auch eine Übergangsverfügung
gemäß § 75 TFLG 1969, LGBl. Nr. 34, erlassen. Mit der Anordnung
der vorläufigen Übernahme ist das Eigentum gemäß dieser
Anordnung an den darin als Abfindung vorgesehenen Grundstücken
bereits längst auf die Übernehmer gemäß § 23 Abs. 3 im
Zusammenhang mit § 30 TFLG 1969 ... unter der dort genannten
auflösenden Bedingung übergegangen. An diesen Folgen der
rechtskräftigen Anordnung der vorläufigen Übernahme hat sich
weder durch die Erlassung des Flurbereinigungsplanes ... noch
durch dessen Aufhebung durch die belangte Behörde etwas
geändert. Die Parteien des Flurbereinigungsverfahren sind
daher ... nur zur Bewirtschaftung der durch die Anordnung der
vorläufigen Übernahme in ihr Eigentum übergegangenen Abfindungen befugt."
Nach dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wurde das Flurbereinigungsverfahren in erster Instanz durch Erlassung des Besitzstandsausweises und Bewertungsplanes fortgesetzt. Diese im Instanzenzug bestätigten Bescheide waren Gegenstand des zu Zlen. 84/07/0355, 0356 des Verwaltungsgerichtshofes abgeführten Beschwerdeverfahrens; die dagegen gerichtete Beschwerde des (damaligen und nunmehrigen) Beschwerdeführers wurde mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 1985, Zl. 84/07/0355, als unbegründet abgewiesen.
Mit seiner am 11. Februar 1991 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht nun der Beschwerdeführer geltend, seine Berufung gegen den Flurbereinigungsplan der Agrarbehörde erster Instanz vom 7. Mai 1979 sei mit Rücksicht auf das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1982, Zl. 82/07/0026, nicht zur Gänze erledigt worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit diesem Erkenntnis den die Übergangsverfügung betreffenden Spruchteil des Bescheides der belangten Behörde vom 5. Februar 1981 behoben, die belangte Behörde habe aber dessenungeachtet in der Folge keinen Anlaß dafür gesehen, der Berufung des Beschwerdeführers auch in diesem Punkt stattzugeben. Vielmehr sei seither "Verfahrensstillstand" eingetreten. Da somit die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Flurbereinigungsplan der Agrarbehörde erster Instanz vom 7. Mai 1979 bisher keiner (vollständigen) Sachentscheidung zugeführt worden sei, sei die belangte Behörde insoweit säumig und der Beschwerdeführer stelle daher den Antrag,
"meiner Berufung gegen den Bescheid der Agrarbehörde 1. Instanz beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 7.5.1979,
GZl. IIIb 2 - ZH - 269/85, auch in jenem Bescheidteil stattzugeben, der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens beim Verwaltungsgerichtshof unter der GZl. 82/07/0026-14 gewesen ist und die Sache an die Agrarbehörde 1. Instanz beim Amte der Tiroler Landesregierung zur Entscheidung zurückzuverweisen mit der Weisung, daß das Flurbereinigungsverfahren auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.9.1982, GZl. 82/07/0026-14 in jenen Stand zurückgeführt ist, wie es vor der mündlichen Verkündung des Bescheides in der Verhandlung vom 28.5.1974 vor dem Vertreter des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde 1. Instanz bestanden hat, womit die vorläufige Übernahme der eingeteilten Feldflur neu angeordnet wurde und gem. § 75 leg. cit. Übergangsverfügungen getroffen wurden, und der weiteren Weisung, daß das mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde
1. Instanz vom 3.5.1971 Zahl IIIb 2 - 104/1 eingeleitete Flurbereinigungsverfahren für landwirtschaftliche Grundstücke des Weilers X in der Gemeinde Y eingestellt wird."
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens in zweiter Instanz vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie ihre Säumigkeit bestreitet und beantragt, die Beschwerde zurück- bzw. abzuweisen.
Gemäß dem ersten Satz des Art. 132 B-VG kann wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Eine solche Säumnisbeschwerde kann gemäß § 27 VwGG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt demnach - neben anderen, im Beschwerdefall nicht strittigen Voraussetzungen - das Vorliegen einer Säumnis der in § 27 VwGG genannten obersten Behörde voraus. An dieser Säumnis fehlt es aber im Beschwerdefall.
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe mit Rücksicht auf das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1982, Zl. 82/07/0026, seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 7. Mai 1979 noch nicht zur Gänze erledigt. Dies trifft jedoch, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem genannten Erkenntnis unmißverständlich dargetan hat, nicht zu. "Sache" des damals bei der belangten Behörde anhängig gewesenen Berufungsverfahrens war - ausschließlich - der erstinstanzliche Flurbereinigungsplan. Eine Zuständigkeit, darüber hinaus im Berufungsbescheid eine Übergangsverfügung zu treffen, kam der belangten Behörde daher nicht zu. Was hinsichtlich der Bewirtschaftung der längst vorläufig übernommenen, als Abfindung vorgesehenen Grundstücke für die Dauer des weiteren Flurbereinigungsverfahrens Rechtens war, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem oben wörtlich wiedergegebenen "Hinweis" in der Begründung seines Erkenntnisses vom 14. September 1982 ausführlich dargetan.
Bei dieser Sachlage hat sich die belangte Behörde keiner Säumigkeit schuldig gemacht, wenn sie - nach vollständiger Erledigung der damals anhängigen Berufungen in ihrem Bescheid vom 5. Februar 1981 und nach Aufhebung des darüber hinausgehenden, eine Übergangsverfügung enthaltenden Spruchteiles dieses Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof
- keine weitere bescheidmäßige Erledigung in diesem Berufungsverfahren vorgenommen hat. Der Beschwerdeführer übersieht, daß die belangte Behörde nach der vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochenen Rechtsansicht gerade zu einer derartigen zusätzlichen Erledigung im Berufungsverfahren unzuständig war, was ja auch Anlaß für die vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochene Aufhebung gewesen ist. Es entsprach daher die von der belangten Behörde nach dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gewählte Vorgangsweise, nämlich die unverzügliche Rückleitung der Akten an die Agrarbehörde erster Instanz zur Fortsetzung des Flurbereinigungsverfahrens, auch dem Gebot des § 63 Abs. 1 VwGG. Der vom Beschwerdeführer gerügte "Verfahrensstillstand" vor der Berufungsbehörde - in erster Instanz wurde das Flurbereinigungsverfahren inzwischen durch Erlassung des im Instanzenzug bestätigten Besitzstandsausweises und Bewertungsplanes fortgesetzt - ist daher nicht die Folge der vom Beschwerdeführer behaupteten Säumigkeit der belangten Behörde, sondern vielmehr die Folge des Umstandes, daß bereits durch den Bescheid vom 5. Februar 1981 die damals anhängigen Berufungen zur Gänze erledigt worden sind.
Die behauptete Säumigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor. Infolge Fehlens dieser zwingenden Voraussetzung einer zulässigen Säumnisbeschwerde und des daraus folgenden Mangels der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde war diese gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2, 51 und 59 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991070019.X00Im RIS seit
09.04.1991Zuletzt aktualisiert am
31.05.2012