Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/03/0226Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen die in einer Ausfertigung zusammengefaßten Bescheide 1. des Landeshauptmannes von Tirol und 2. der Tiroler Landesregierung vom 22. Juni 1990, Zl. IIb2-V-7960/4-1990, betreffend Übertretungen 1. des Kraftfahrgesetzes 1967 und 2. der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt.
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund und dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von je S 2.645,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1. § 64 Abs. 1 KFG 1967 und 2. § 5 Abs. 1 StVO 1960 bestraft, weil er am 17. April 1989 gegen 15.35 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf dem Weg von Innsbruck nach Mutters zum dortigen Gendarmerieposten 1. ohne Lenkerberechtigung und 2. in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangten Behörden legten die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstatteten eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit seinen Ausführungen zum Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft der Beschwerdeführer die Feststellung, daß er den PKW zur Tatzeit gelenkt habe, somit die Beweiswürdigung. Diese ist jedoch nur insoweit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Prüfung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. neben vielen anderen das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Auf dem Boden dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit der Beweiswürdigung wahrzunehmen. Eine "massive Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die Gendarmerie Mutters" erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die Aussagen der E (seiner Gattin) nicht protokolliert worden seien, daß ihr nicht mitgeteilt worden sei, ob sie als Beschuldigte oder Zeugin vernommen werde, daß sie nicht "über ihre Rechte" aufgeklärt worden sei und auf sie durch die Beamten "extremer Druck" ausgeübt worden sei. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß E auf dem Gendarmerieposten Mutters im Rahmen von formlosen Erhebungen befragt wurde, bei denen es der Aufnahme einer Niederschrift nicht bedurfte und auf welche die Formvorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze über die Vernehmung von Zeugen und Beteiligten keine Anwendung finden. Daß die den Beschwerdeführer belastenden Angaben der E nur zufolge der Ausübung eines "extremen Druckes" zustande gekommen seien, ist eine vom Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, der wegen des in § 41 Abs. 1 VwGG verankerten Neuerungsverbotes keine Beachtlichkeit zukommt. Dies gilt auch für das weitere Vorbringen in der Beschwerde, daß der Beschwerdeführer nur deshalb in der mit ihm auf dem Gendarmerieposten Mutters aufgenommenen Niederschrift zugegeben habe, zur Tatzeit den PKW gelenkt zu haben, "um die ungerechtfertigte Anhaltung der Gattin ... zu beenden und ihr zu erlauben, ihre(n) Mutterpflichten gegenüber der minderjährigen Tochter nachzukommen." In der Zeugenaussage der E vom 11. Jänner 1990, sie habe am Gendarmerieposten nicht rauchen dürfen und zumindest telefonieren wollen, da ihre kleine Tochter alleine zu Hause gewesen sei, dies sei ihr aber untersagt worden und deswegen sei sie nervös geworden und wisse auch nicht, was sie alles gesagt habe, finden die nunmehr vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe keine hinreichende Deckung.
Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzubilligen, daß ein abstrakter Rechtssatz, jedes Geständnis führe dazu, daß der zur Last gelegte Tatbestand als erwiesen anzunehmen sei, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht besteht (vgl. das Erkenntnis vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0057); wie andere Beweismittel unterliegt aber auch das Geständnis der freien Beweiswürdigung. Dabei kann nach der allgemeinen Erfahrung davon ausgegangen werden, daß das kurz nach der Tat abgelegte Geständnis eher der Wahrheit entspricht als ein später erfolgendes Leugnen des Beschuldigten (vgl. neben anderen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1989, Zlen. 88/02/0215, 0216). Abgesehen davon, daß schon aus der Anzeige hervorgeht, wie es zum Geständnis des Beschwerdeführers gekommen ist, wurden darüber die beiden Gendarmeriebeamten, die die Amtshandlung durchgeführt hatten, eingehend als Zeugen vernommen. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Behörde sei diesbezüglich ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen, ist daher nicht begründet. Wenn sich der Beschwerdeführer darauf beruft, daß sein Geständnis durch die übereinstimmenden Zeugenaussagen der E und des R widerlegt worden sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß von einer Übereinstimmung dieser Zeugenaussagen keine Rede sein kann, soll es doch nach der Darstellung des R nur zu EINER Fahrt zum Gendarmerieposten Mutters gekommen sein, während E in ihrer Zeugenaussage vom 11. Jänner 1990 angab, das Fahrzeug ZWEIMAL nach Mutters gelenkt zu haben (so auch die nunmehrige Version des Beschwerdeführers). Bei der gegebenen Sachlage ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde - nicht zuletzt auch unter Bedachtnahme auf das zwischen dem Beschwerdeführer und der Zeugin E bestehende Naheverhältnis (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1990,
Zlen. 90/03/0172, 0173, u.v.a.) - ihren Feststellungen zur Frage, wer das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt hat, das in der Niederschrift vom 17. April 1989 festgehaltene Geständnis des Beschwerdeführers zugrunde legte. Ob den Gendarmeriebeamten schon bei der ersten Vorsprache des Beschwerdeführers am Gendarmerieposten Alkoholisierungssymptome beim Beschwerdeführer hätten auffallen müssen, ist für die Feststellung sowohl der Lenkereigenschaft als auch der Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers bei der allein inkriminierten, gegen 15.35 Uhr unternommenen zweiten Fahrt nach Mutters ohne Bedeutung. Im Hinblick auf das Ergebnis der Untersuchung des dem Beschwerdeführer um 17.50 Uhr abgenommenen Blutes (Blutalkoholgehalt 0,8 Promille) erübrigten sich auch weitere Erhebungen über den Zeitpunkt des Alkoholkonsums. Bei der Behauptung in der Beschwerde, der Beschwerdeführer hätte - abweichend von seinen Angaben in der Niederschrift vom 17. April 1989 und vor dem Sprengelarzt - erst in der Zeit Alkohol zu sich genommen, als seine Gattin von der Gendarmerie angehalten worden sei, handelt es sich gleichfalls um eine unzulässige Neuerung.
Ferner macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör geltend, weil er der Beweisaufnahme im Zuge des Berufungsverfahrens nicht beigezogen worden und ihm das Ergebnis der Beweisaufnahme zur etwaigen Äußerung binnen bestimmter Frist nicht mitgeteilt worden sei. Dazu ist zum einen zu bemerken, daß der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren nicht das Recht beanspruchen kann, bei der Beweisaufnahme selbst anwesend zu sein (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, 933, zitierte Rechtsprechung); zum anderen hat der Beschwerdeführer nach der Aktenlage am 18. Mai 1990 die Akten eingesehen und somit Gelegenheit gehabt, vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren Kenntnis zu nehmen.
Entgegen der in der Rechtsrüge zum Ausdruck gebrachten Ansicht des Beschwerdeführers ist aus dem angefochtenen Bescheid eindeutig erkennbar, welcher Sachverhalt als verwirklicht angenommen und der Beurteilung zugrunde gelegt wurde. Wenn der Beschwerdeführer davon ausgeht, daß der PKW bei der Fahrt um 15.35 Uhr von E gelenkt worden sei, so entfernt er sich von diesem Sachverhalt, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge nicht eingegangen werden kann.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen Beweismittel Indizienbeweise indirekter Beweis freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990030225.X00Im RIS seit
12.06.2001