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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Weiss, Dr. Leukauf und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Jänner 1990, Zl. MA 63-F 15/90, betreffend Taxilenkerausweis, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das den Ersatz von Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Bundespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt nahm mit Bescheid vom 28. November 1989 den dem Beschwerdeführer am 23. Mai 1978 ausgestellten Taxiausweis Nr.: nn.nnn gemäß § 36 Abs. 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Z. 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 163/1986 (BO 1986), "auf die Dauer von 12 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides - zurück. Der oben angeführte Taxiausweis ist unverzüglich der Behörde abzuliefern."
Gleichzeitig wurde einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Auf Grund der dagegen vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung wurde dieser Bescheid vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 24. Jänner 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 mit der Maßgabe bestätigt, daß anstelle der Wortfolge: "... auf die Dauer von 12 Monaten - gerechnet ab Zustellung des Bescheides - zurück. Der oben angeführte Taxilenkerausweis ist unverzüglich der Behörde abzuliefern." folgende Worte zu treten haben: "... auf die Dauer von 12 Monaten zurück. Die Zurücknahme endet nach 12 Monaten nach Ablieferung des Taxilenkerausweises." Nach der Begründung des Berufungsbescheides sei der Beschwerdeführer nicht mehr vertrauenswürdig, weil er insgesamt dreimal gerichtlich verurteilt worden sei. Die Abänderung des Spruches sei notwendig gewesen, um die Zurücknahmedauer überprüfen und vollstrecken zu können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den Ausspruch, daß die Zurücknahme nach zwölf Monaten nach Ablieferung des Taxilenkerausweises ende, in seinen Rechten beschwert, als es ihm infolge des nicht körperlichen Besitzes des Taxilenkerausweises auch nicht möglich sei, diesen an die Behörde abzuliefern und es könne damit auch nicht der Fristenlauf für die Zurücknahmedauer einsetzen. Er verweist hiezu auf sein Vorbringen in der zur hg. Zl. 89/03/0171 protokollierten Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. September 1989 entschieden hat, und aus dem hervorgehe, daß der ihm am 23. Mai 1978 ausgestellte Taxilenkerausweis am 13. September 1987 im Ausland gestohlen worden sei. Das ihm von der Behörde ausgestellte Duplikat sei ihm am 26. Juni 1988 gestohlen worden. Er habe dann am 18. Oktober 1988 nochmals um Ausstellung eines Duplikates angesucht, welchem Ansuchen aber die Behörde nicht stattgegeben habe.
Gemäß § 30 Abs. 1 BO 1986 dürfen als Lenker im Fahrdienst (Taxilenker) nur Personen tätig werden, die einen Ausweis nach dem Muster der Anlage besitzen. § 32 Abs. 1 leg. cit. legt die Voraussetzungen für die Ausstellung des Ausweises fest.
Gemäß § 36 Abs. 1 BO 1986 ist der Ausweis von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen, im Falle der zeitlichen Beschränkung gemäß § 33 Abs. 2 die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraumes zurückzunehmen, wenn eine der im § 32 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.
Der Ausweis nach § 30 BO 1986 ist der urkundliche Nachweis über die Erteilung der Berechtigung zum Lenken eines Taxifahrzeuges. Mit der Ausstellung des Ausweises wird dem Inhaber das Recht verliehen, Taxifahrzeuge zu lenken, und mit der Zurücknahme des Ausweises dieses Recht auf die Dauer der Zurücknahme aufgehoben. Der Ausweis verliert für diese Zeit seine Gültigkeit, weil das ihm zu Grunde liegende Recht mit seiner Zurücknahme auf die festgesetzte Dauer beseitigt wurde. Die Ablieferung des Ausweises dient der Hintanhaltung einer mißbräuchlichen Verwendung des solcherart des ihm zugrundeliegenden Rechtes verlustig gewordenen Ausweises. Die Dauer der Zurücknahme sowie deren Beginn und Ende muß für den Inhaber (und auch für die Behörde) zweifelsfrei feststehen.
Ausgehend von diesen Überlegungen ist der Spruch des angefochtenen Bescheides unklar und widersprüchlich. Einerseits wird darin gleich der Vorinstanz die Dauer der Zurücknahme des Ausweises mit zwölf Monaten festgesetzt und andererseits - abweichend von der Vorinstanz - ausgesprochen, daß die Zurücknahme nach zwölf Monaten nach Ablieferung des Taxilenkerausweises endet. Dieser Ausspruch kann im Zusammenhang mit der dafür gegebenen Begründung nur dahin verstanden werden, daß die zwölf Monate (erst) mit der Ablieferung des Taxilenkerausweises zu laufen beginnen. Damit wird von der belangten Behörde der Beginn der Zurücknahmedauer von einem Ereignis abhängig gemacht, dessen Eintritt in einem Fall wie dem vorliegenden ungewiß ist, weil nicht vorhersehbar ist, daß der Beschwerdeführer jemals wieder und gegebenenfalls wann in den Besitz der ihm - wie der belangten Behörde auf Grund der Aktenlage bekannt sein mußte - abhanden gekommenen Nachweise über die erteilte Berechtigung zum Lenken von Taxifahrzeugen (Ausweis und ausgestelltes Duplikat) gelangt. Die von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretene Ansicht, weil in Wahrheit nicht der Taxilenkerausweis an sich, sondern das an den Besitz dieses Ausweises gebundene Recht zum Lenken von Taxis im Fahrdienst entzogen wurde, beginne der Lauf der Entziehungsdauer dieses Rechtes wegen der Unmöglichkeit der Ablieferung des Ausweises durch den Beschwerdeführer mit der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden ist, findet im Spruch des angefochtenen Bescheides keine Deckung. Wohl ist es richtig, daß dadurch, daß von der Erstbehörde einer allfälligen Berufung gegen ihren Zurücknahmebescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, es dem Beschwerdeführer untersagt war, schon von der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides Taxifahrzeuge zu lenken. Die belangte Behörde, die ausdrücklich gleich der Vorinstanz eine Zurücknahmedauer von zwölf Monaten als angemessen erachtete, hätte daher diesen Zeitraum bei der Zurücknahmedauer einrechnen müssen. Es bedeutet einen Widerspruch dazu, wenn von der belangten Behörde die Zurücknahmedauer ebenfalls mit zwölf Monaten festgesetzt, den Beginn und das Ende der Frist aber von der Ablieferung des Taxilenkerausweises abhängig gemacht wurde, weil von ihr damit in Wahrheit eine längere Dauer der Zurücknahme als von der Erstinstanz ausgesprochen wurde. Die belangte Behörde wäre zwar zu seiner solchen Änderung, hätte sie eine längere Dauer der Zurücknahme als zwölf Monate für notwendig gehalten, gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 berechtigt gewesen, doch hätte sie dies entsprechend begründen müssen.
All dies verkannte die belangte Behörde, weshalb sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete, was zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führte, wobei sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigte. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens hat nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand zum Gegenstand.
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990030119.X00Im RIS seit
10.04.1991