TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/11 89/06/0157

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Veröffentlicht am 11.04.1991
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Tir 1978 §38 Abs1;
BauRallg;
ROG Tir 1984 §16b;
StGB §19;
VStG §16 Abs2 idF 1987/516 ;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des A gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 9. November 1988, Zl. Ve-551-466/4, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Ausspruch über die Strafe und im damit zusammenhängenden Kostenausspruch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; hingegen wird die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde K vom 17. März 1987 wurde S u.a. die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Betriebsgebäudes auf der Grundparzelle 319 KG L erteilt. Aus der Baubeschreibung geht hervor, daß das bewilligte Gebäude aus zwei Geschäften für Waren des täglichen Bedarfs mit Verkaufsflächen von 359 bzw. 362 m2 bestehen soll. In beiden Geschäften wurden Aufenthalts- und Sanitärräume eingeplant. Beide weisen separate Eingänge auf. Nach den Planungsunterlagen sind die beiden Geschäfte durch eine Zwischenwand (12 cm Ziegelmauerwerk verputzt F 90) getrennt.

Im Zuge eines Lokalaugenscheins und der Bauüberwachung stellte der Bausachverständige C am 6. Juli 1987 fest, daß nicht - wie im Bescheid bewilligt - zwei Geschäfte, sondern nur mehr ein Geschäftslokal errichtet worden sei, welches eine Nutzfläche von ca. 660 m2 habe. Der Fußboden im Geschäftsteil, welcher im Westen des Gebäudes beginne, sei mit Steinplatten fertig belegt. Der im Südwesten eingeplante Aufenthaltsraum und die Sanitärräume seien ebensowenig erstellt wie der Aufenthaltsraum mit den Sanitärräumen neben dem nördlichen Geschäftseingang. Die zwischen diesen beiden Geschäften vorgesehene 12 cm dicke Ziegelwand (verputzt, mit einer Brandwiderstandsdauer von 90 Minuten) sei nicht ausgeführt worden und scheine als solche auch nicht vorgesehen, weil nicht anzunehmen sei, daß eine solche Wand auf Kunststeinplatten, welche fertig verlegt seien und den Fußboden bilden, gestellt werde. Das Lager sei in einer Länge von 15,20 m anstelle der genehmigten 9,81 m ausgeführt und im Südosteck eine Abmauerung getätigt worden. Weiters sei im Nordosteck des Geschäftslokales ein zusätzlicher, in den bewilligten Plänen nicht angeführter Ausgang ausgeführt worden. Nach § 16 b des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG) gelten Verkaufsräume von mehr als 400 m2 Nutzfläche als Einkunftszentrum und könnten nur bei Vorliegen einer Sonderwidmung - eine solche liege aber nicht vor - bewilligt werden. In einem Aktenvermerk vom 7. Juli 1987 wurde festgehalten, daß der Bürgermeister den Beschwerdeführer als zuständigen Bauleiter der Firma D Gesellschaft m.b.H. in M von den obigen Feststellungen in Kenntnis gesetzt und dieser versichert habe, die brandbeständige Zwischenmauer zwischen den beiden Geschäften unverzüglich zu errichten. Um die Bewilligung der weiteren Bauabweichungen werde mit Deckplänen angesucht werden.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde K vom 23. Juli 1987 wurde dem Bauwerber gemäß § 40 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 der Tiroler Bauordnung (TBO) untersagt, die Arbeiten an dem mit Bescheid vom 17. März 1987 bewilligten Bauvorhaben fortzusetzen. Diese Baueinstellung betreffe das aus zwei Geschäften für Waren des täglichen Bedarfes mit Verkaufsflächen von 359 bzw. 362 m2 bestehende Gebäude. Zur Begründung wurde auf die bei der Bauüberwachung am 6. Juli 1987 festgestellten Umstände verwiesen. Eine am 22. Juli 1987 vorgenommene weitere Überprüfung durch den Bausachverständigen habe ergeben, daß das Bauvorhaben soweit fortgeschritten sei, daß mit seiner baldigen Fertigstellung (Eröffnung) zu rechnen sei. So seien nunmehr im Verkaufsraum die Malerarbeiten zur Gänze fertiggestellt, der Fußboden fertig verlegt, die Beleuchtung in Form von Lichtbändern fertig installiert und eingeschaltet sowie die Lüftungskanäle unter der Decke des Verkaufsraumes installiert worden. Aus all dem ergebe sich, daß von dem rechtskräftig bewilligten Bauvorhaben abgewichen worden sei, weshalb die Einstellung der Bauarbeiten für das im Spruch bezeichnete Objekt verfügt werden mußte. Dieser Bescheid wurde auch an die Firma D, deren Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG der Beschwerdeführer ist, zugestellt.

Im Zuge eines Lokalaugenscheines und der Bauüberwachung wurde am 29. Juli 1987 festgestellt, daß an diesem Tag Stellagen und Lebensmittel in den Geschäftsräumen montiert bzw. gelagert wurden. Am Bauzustand selbst wurden keine Veränderungen festgestellt.

Auf Grund einer Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 5. August 1987 gab die D Gesellschaft m.b.H. mit Schreiben vom 21. August 1987, das vom Beschwerdeführer unterfertigt ist, bekannt, sie sei vom Bauherrn mit der Gesamtplanung, Statik und örtlichen Bauleitung beauftragt worden. Die Ausführung sei durch die E Gesellschaft m. b.H. & Co. KG erfolgt. Bei der Vermietung der beiden Geschäftslokale an die Firma R in H sei darauf hingewiesen worden, daß die Pläne einzuhalten seien. Es sei immer geplant gewesen, die Geschäftstrennwand zu errichten und sogar das Material angeliefert worden. Da aber die Firma R die bestehende Raumordnung bekämpfe und das nur bei einer Nichterrichtung der Zwischenwand möglich sei, sei in einer Besprechung am 28. Juli 1987 bei der Gemeinde einvernehmlich mit dem Beschwerdeführer festgelegt worden, daß die Wand nicht errichtet werde.

Bei der Beschuldigten-Vernehmung vom 2. November 1987 verwies der Beschwerdeführer lediglich auf sein Schreiben vom 21. August 1987.

JT gab am 14. Dezember 1987 als Zeuge an, er habe von der Firma D den Zuschlag und die Pläne erhalten. Der Beschwerdeführer habe die Bauausführung kontrolliert. Das Material für die Zwischenwand habe er eingekauft, warum es nicht zur Errichtung gekommen sei, wisse er nicht. Er werde aber in den Plänen nachsehen. Er gab in der Folge bekannt, daß in den ihm übergebenen Plänen die Zwischenwand gar nicht eingezeichnet gewesen sei. Das Baumaterial habe er nur auf Weisung des Beschwerdeführers gekauft.

Der Bausachverständige C deponierte am 18. Jänner 1988, bei der Besprechung vom 28. Juli 1987 im Gemeindeamt, an der auch der Beschwerdeführer teilgenommen habe, habe der Vertreter der Firma R erklärt, daß die Zwischenwand nicht errichtet werde. Von der Gemeinde sei darauf verwiesen worden, daß die Errichtung der Zwischenwand zwingend und rechtskräftig vorgeschrieben sei, und zwar wegen der Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes. Es sei von der Firma erklärt worden, daß alle erdenkbaren Rechtsmittel ergriffen und das Gebäude dennoch benützt werden würde.

Dem Beschwerdeführer wurde am 18. Februar 1988 Parteiengehör gewährt. Er verwies jedoch neuerlich nur auf seine Stellungnahme vom 2. November 1987.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 21. April 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der D Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß das Bauvorhaben - Neubau eines Betriebsgebäudes auf der Grundparzelle Nr. 319, KG L - während der Beaufsichtigung in der Zeit vom 4. Mai bis 23. Juli 1987 nicht entsprechend der rechtskräftigen Baubewilligung des Bürgermeisters der Gemeinde K vom 17. März 1987 und dem genehmigten Bauplan ausgeführt worden sei, indem der im Südwesten eingeplante Aufenthaltsraum und die Sanitärräume sowie der Aufenthaltsraum mit Sanitärräumen neben dem nördlichen Geschäftseingang nicht errichtet, die zwischen beiden Geschäften vorgesehene Ziegelwand nicht ausgeführt, im Nordosteck des Geschäftslokales ein zusätzlicher Ausgang geschaffen, das Lager in einer Länge von 15,20 m anstelle der genehmigten 9,81 m ausgeführt, im Südosteck eine Abmauerung vorgenommen und entgegen der vorgesehenen zwei Geschäftsräumlichkeiten von je 359 m2 bzw. 362 m2 ein einziger Geschäftsraum mit einer Nutzfläche von ca. 660 m2 errichtet worden seien, obwohl er als Bauführer dafür zu sorgen hatte, daß das Bauvorhaben entsprechend der Baubewilligung ausgeführt werde. Wegen der Übertretung nach § 53 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit § 38 Abs. 1 TBO und § 9 VStG wurde über ihn gemäß § 53 Abs. 2 TBO eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzarrest von 50 Tagen) verhängt. Zur Begründung wurde insbesondere auf die rechtskräftige Baubewilligung und die festgestellten Abweichungen von dieser sowie auf das sonst durchgeführte Ermittlungsverfahren verwiesen und dargelegt, daß am objektiven Tatbestand kein Zweifel bestehe. Zur subjektiven Tatseite führte die Behörde erster Instanz aus, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei als Bauführer derjenige anzusehen, der über fremden Auftrag und für fremde Rechnung als Unternehmer ein Bauwerk erstelle. Als Bauführer komme daher derjenige in Betracht, der die Gesamtverantwortung für die Ausführung trage, sei es, daß er die Baulichkeit im Auftrage des Bauherrn selbst ausführe oder ganz oder teilweise die Ausführung anderen Firmen übertrage. Der schriftlichen Eingabe vom 21. August 1987 sei zu entnehmen, daß die Firma D von den Bauherren mit der Gesamtplanung, Statik und örtlichen Bauleitung beauftragt worden sei und damit der Beschwerdeführer als verantwortliches Organ für die Ausführung des Bauvorhabens laut Baubewilligung zu sorgen hatte. Der Hinweis darauf, daß die Trennwand nur deshalb nicht errichtet worden sei, um der Firma R die Möglichkeit einzuräumen, das Tiroler Raumordnungsgesetz zu bekämpfen, stelle keine Entschuldigung dar. Es folgen umfangreiche Ausführungen zur Strafbemessung unter Hinweis auf das vom Beschwerdeführer angegebene Einkommen von monatlich S 28.000,-- und die Sorgepflicht für die Ehefrau und drei Kinder.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung.

Die belangte Behörde nahm in der Folge die Kopie des Protokolls über die im Strafverfahren gegen den Bauwerber S erfolgte Zeugeneinvernahme des Gemeindeamtsleiters der Gemeinde K zum Akt, welcher am 29. Jänner 1988 angegeben hatte, daß er über die am 28. Juli 1987 im Gemeindeamt stattgefundene Besprechung einen Aktenvermerk angelegt habe, der im Bauakt der Gemeinde K erliege. Laut diesem Aktenvermerk erklärte der Rechtsvertreter der Firma R, daß von seiner Firma beabsichtigt sei, einen einzigen großen Verkaufsraum zu errichten. In der Baubewilligung sei nämlich eine Zwischenwand zwischen den beiden Verkaufsräumen vorgeschrieben worden. Diese Zwischenwand sei jedoch nicht errichtet worden. Es wurde erklärt, daß ein modifiziertes Bauansuchen ohne Errichtung der Zwischenwand eingebracht werde. Dem Rechtsvertreter der Firma R wurde eröffnet, daß das Bauansuchen gemäß § 31 Abs. 3 TBO wegen Widerspruchs zu § 16 b TROG abgewiesen werden müsse. Der Bau, der die Geschäftsräumlichkeiten betreffe, sei bereits fertiggestellt gewesen, jedoch ohne die vorgeschriebene Zwischenwand. Ein Einvernehmen wegen Nichterrichtung der Trennwand habe es nicht gegeben, denn sonst wäre ja auch keine Baueinstellung verfügt worden. Auch eine Kopie des Amtsvermerkes vom 28. Juli 1987 wurde angeschlossen.

Hiezu wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt. Sein Rechtsanwalt nahm Akteneinsicht. Am 14. Oktober 1988 erfolgte eine schriftliche Stellungnahme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. November 1988 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, daß sie sich den Ausführungen der Erstbehörde vollinhaltlich anschließe. Das Weglassen der Trennwand sei schon deshalb bewilligungspflichtig, weil dadurch tatsächlich ein Einkaufszentrum im Sinne des § 16 b TROG entstehe und dieser Umstand auf die Zulässigkeit des Gebäudes von wesentlichem Einfluß sei. Daran ändere die Tatsache nichts, daß das Weglassen der Trennwand aus brandtechnischen Gründen allenfalls vertretbar sei. Zudem seien auch die anderen planwidrigen Ausführungen im Sinne des § 25 lit. b TBO bewilligungspflichtig, mögen sie auch durchaus genehmigungsfähig sein. Zum Vorbringen, daß wegen der Baueinstellung die Errichtung der Trennwand untersagt worden sei, sei zu bemerken, daß die Bauarbeiten im übrigen zu diesem Zeitpunkt bereits vollendet gewesen seien, weshalb die Baueinstellung auch mit Bescheid vom 17. November 1987 durch die Rechtsmittelinstanz behoben worden sei. Im übrigen hätte die Ausführung des Bauvorhabens auch gezeigt, daß die Trennwand gar nicht hergestellt werden sollte, da erhebliche fertiggestellte Baumaßnahmen wieder zerstört hätten werden müssen. Daß an die Errichtung der Trennwand nicht gedacht gewesen sei, gehe insbesondere auch daraus hervor, daß nach den Angaben von JT seinem Bauunternehmen als Subunternehmer vom Unternehmen des Beschwerdeführers Pläne zur Verfügung gestellt worden seien, in denen entgegen den genehmigten Bauplänen die Trennwand zwischen den Geschäften nicht vorgesehen gewesen sei. Zwar sei die Firma T beauftragt worden, das Baumaterial hiefür einzukaufen, doch habe das offensichtlich nur zur Beruhigung der Baubehörde bis zur tatsächlichen Bauvollendung gedient. Es könne der Argumentation des Beschwerdeführers, durch die Baueinstellung sei die Errichtung der Trennwand unmöglich gewesen, nicht gefolgt werden, da das Gebäude vom bautechnischen Standpunkt gesehen tatsächlich am 23. Juli 1987 bereits fertiggestellt gewesen sei. Wenngleich der Baubehörde vom Bauherrn entgegen der Anordnung des § 37 Abs. 1 TBO kein Bauführer für den maßgebenden Zeitpunkt namhaft gemacht worden sei, sei die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der ersten Instanz der Meinung, daß das Unternehmen des Beschwerdeführers als Bauführer anzusehen sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der Beschwerdeführer - und nicht der Bauherr - Monate nach Einleitung des Strafverfahrens gegen ihn der Baubehörde mit Schreiben vom 15. Dezember 1987 die Firma T als Bauführer namhaft gemacht habe. Es sei auch in allen Fragen ständig der Beschwerdeführer mit der Baubehörde in Verbindung gestanden und nicht etwa der Subunternehmer. Es stehe die Gesamtverantwortung des Unternehmens des Beschwerdeführers als Bauführer für die Ausführung laut erteilter Baubewilligung fest. Dem Vorbringen, der Bauführer sei an die Weisungen des Bauherrn zivilrechtlich gebunden und könne daran das Baurecht nichts ändern, sei entgegenzuhalten, daß es zumutbar sei, sich gegen die Bauordnung verstoßende Anordnungen des Bauherrn zur Wehr zu setzen, um nicht strafbar zu werden. Dies sei jedoch nicht geschehen. Vielmehr seien dem Subunternehmen vom Unternehmen des Beschwerdeführers als Bauführer von den genehmigten Plänen abweichende Pläne übergeben und die Ausführung dieser abgeänderten Pläne im Rahmen der Bauleitung vom Beschwerdeführer überwacht worden. Es folgen Ausführungen zur Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung mit Beschluß vom 12. Juni 1989, B 55/89-6, abgelehnt, und die mit Beschluß vom 1. September 1989, B 55/89-8, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde.

Der Beschwerdeführer erstattete auftragsgemäß eine Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 38 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978, in der Fassung LGBl. Nr. 19/1984, hat der Bauführer dafür zu sorgen, daß das Bauvorhaben entsprechend der Baubewilligung und den bautechnischen Erfordernissen, insbesondere hinsichtlich der verwendeten Baustoffe, der Bauteile und der technischen Bauweise, ausgeführt wird.

Nach § 53 Abs. 1 lit. e TBO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauführer den Bestimmungen des § 38 Abs. 1 und 2 oder des § 39 Abs. 2 zuwiderhandelt.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerdeergänzung neuerlich Bedenken auf Grund des Art. 6 EMRK unter Hinweis auf sein Vorbringen in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, wobei er im Zusammenhang damit auch den Vorbehalt Österreichs zu Art. 5 EMRK als konventionswidrig darzustellen versucht, geltend macht, ist er auf den schon angeführten Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 1989, Zl. B 55/89-6, zu verweisen, wonach dieser die vom Beschwerdeführer geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht für durchschlagend erachtet hat. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag die vom Beschwerdeführer wiederholten verfassungsrechtlichen Überlegungen nicht zu teilen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 17. März 1987 war lediglich die Baubewilligung zur Errichtung eines Gebäudes mit zwei getrennten Geschäften (jeweils unter 400 m2 Nutzfläche) erteilt worden, nicht aber für ein Einkaufszentrum, weil die hiefür erforderliche Sonderwidmung nach § 16 b TROG nicht bestand. Durch die Nichterrichtung der Trennwand zwischen den beiden selbständigen Geschäften entstand ein anderes Gebäude, als mit dem seinerzeitigen Bescheid bewilligt worden ist, nämlich ein Einkaufszentrum im Sinne des § 16 b TROG, weshalb das ganze Gebäude als konsenslos anzusehen war (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. Oktober 1990, Zl. 88/06/0127, und vom 6. Dezember 1990, Zl. 88/06/0215, betreffend im wesentlichen gleichgelagerte Fälle). Wegen des Fehlens der Sonderwidmung für ein Einkaufszentrum wurde auch das nachträgliche Ansuchen um Bewilligung u.a. der Änderung des Verwendungszweckes des Betriebsgebäudes (durch Weglassung der Zwischenmauer) rechtskräftig abgewiesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1989, Zl. 89/06/0038). Wenn der Beschwerdeführer ins Treffen führt, es hätte ohnehin die Möglichkeit bestanden, die Trennwand einzusetzen, so ist ihm zu entgegnen, daß dies eben nicht getan wurde, vielmehr der Betrieb eines Einkaufszentrums ohne die Errichtung der Trennwand erfolgte. Im übrigen übergeht der Beschwerdeführer, daß auch noch weitere bewilligungspflichtige Abweichungen von der seinerzeitigen Baubewilligung vorgenommen wurden. Es lag offenkundig ein einheitlicher, auf die Umgehung baurechtlicher Vorschriften gerichteter Bauwille vor (vgl. hiezu auch die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 14. September 1989, Zl. 88/06/0225, betreffend das Strafverfahren gegen den Bauwerber S). Des weiteren konnte die belangte Behörde, gestützt auf die Aktenlage, davon ausgehen, daß das Bauvorhaben bereits mit 23. Juli 1987 fertiggestellt war (vgl. den Bericht des Bausachverständigen vom 22. Juli 1987). Mit dem Hinweis auf den Bescheid der belangten Behörde vom 18. Juli 1989, mit welchem der im Instanzenzug der Gemeinde hinsichtlich des gegenständlichen Gebäudes erlassene baupolizeiliche Abbruchauftrag behoben wurde, ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, da abgesehen davon, daß sich der Auftrag nicht gegen den Eigentümer der baulichen Anlage gerichtet hatte, auf Grund der anzuwendenden, ab 1. März 1989 geänderten Fassung des § 44 Abs. 5 TBO die oberste Gemeindebehörde es unterlassen hatte zu prüfen, ob nicht anstelle eines vollständigen Abbruches der baulichen Anlage die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes wirtschaftlich vertretbar sei. Vor allem aber ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß von Anfang an die Errichtung der Trennwand gar nicht beabsichtigt war und der Beschwerdeführer sich dessen auch bewußt gewesen sei. Die belangte Behörde hat ausführlich und schlüssig begründet, warum sie zu dieser Feststellung gelangte. Gegen die Beweiswürdigung bestehen keine Bedenken. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, daß er bis zuletzt gar nicht gewußt habe, ob die Trennwand errichtet werde oder nicht, schließlich habe er sie nur deshalb nicht errichten können, weil ihm der Bauherr hiezu den konkreten Auftrag gegeben habe, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Daß der Beschwerdeführer dem Bauherrn gegenüber etwa auf der Durchführung des Bauvorhabens entsprechend der rechtskräftig erteilten Baubewilligung gedrungen hat, wozu er zufolge § 38 Abs. 1 TBO verpflichtet gewesen wäre, bzw. im Fall eines der Bauordnung widersprechenden ausdrücklichen Auftrages die Bauleitung zurückgelegt hätte, wurde von ihm selbst nicht behauptet. Wie die Aktenlage zeigt, wurde dem Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verfahren zum Vorbringen des Zeugen JT ausreichend Parteiengehör gewährt. Er ist jedoch diesen Angaben nicht mit konkreten Ausführungen entgegengetreten. Der Meinung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte im Berufungsverfahren dies alles mit ihm noch näher erörtern müssen, kommt daher keine Berechtigung zu. Ebenso vermag der Umstand, daß der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Juni 1987 Bestimmungen des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes betreffend Einkaufszentren aufgehoben hatte, nicht zu entschuldigen, da es sich nicht um mit dem Tiroler Raumordnungsgesetz gleichlautende Bestimmungen handelte. Auch bedurfte es nicht der Errichtung eines Gebäudes entgegen der rechtskräftig erteilten Baubewilligung, um die Einkaufszentren betreffenden Regelungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof unterziehen zu können. Vielmehr hätte das im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens, und zwar noch vor Beginn einer Bautätigkeit, erfolgen können. Der Verwaltungsgerichtshof kann entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht finden, daß der belangten Behörde wesentliche Verfahrensmängel bzw. Lücken in der Sachverhaltsfeststellung unterlaufen sind, die eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides bezüglich des Schuldspruches nach sich zögen.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Trennwand sei in Form einer nicht tragenden Rigipswand vorgesehen und es sei von einer Ziegelwand nicht die Rede gewesen, widerspricht der Aktenlage. Nicht nur, daß der Bausachverständige ausdrücklich auf die bescheidmäßig vorgeschriebene Trennwand in Form einer 12 cm dicken Ziegelwand mit entsprechender Brandwiderstandsdauer verwiesen hat, ist diese Wand auch in den bewilligten Bauplänen so eingezeichnet.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Beschwerdeführer der genannten Verwaltungsübertretung für schuldig erkannte.

Allerdings kommt der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Festsetzung der Strafe richtet, im Ergebnis Berechtigung zu.

Zufolge der im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmung des § 16 Abs. 2 VStG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 516/1987 (in Kraft seit 1. Juli 1988; vgl. auch die Übergangsregelung des Art. II Abs. 2 der Novelle) ist die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen unzulässig. Auch wenn die Verwaltungsvorschrift eine höhere Freiheitsstrafe vorsieht, darf die Höchstgrenze von sechs Wochen nicht überschritten werden (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Anm. 3 zu § 16 VStG, S. 783). Da die belangte Behörde die von der ersten Instanz verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tagen aufrecht erhielt, hat sie damit den Strafausspruch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Zu der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage des Verhältnisses zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe ist zu bemerken, daß sich dem Gesetz nicht entnehmen läßt, daß - innerhalb der gesetzlichen Mindest- und Höchstsätze - ein bestimmtes Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe bestehen müsse (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. März 1987, Zl. 86/18/0206). Eine analoge Heranziehung des § 19 StGB sieht das Verwaltungsstrafgesetz nicht vor. Ist der Ausspruch bezüglich der Ersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig, so ist der Strafausspruch zur Gänze aufzuheben, da er eine Einheit bildet (vgl. abermals Hauer-Leukauf, a.a.O. die zu § 16 VStG unter E 6 S. 784 wiedergegebene Entscheidung). Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird des weiteren bemerkt, daß bei der Bemessung der Geldstrafe auch zu berücksichtigen wäre, daß der Beschwerdeführer die Tat offensichtlich unter der Einwirkung eines Dritten (vgl. § 34 Z. 4 StGB), nämlich des Bauherrn, begangen hat und eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit bestand.

Der angefochtene Bescheid war somit in Ansehung der Strafbemessung und des damit zusammenhängenden Abspruchs über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im übrigen aber war die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989060157.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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