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L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 28. Juli 1989, Zl. MD/A-BBK-42/1/89, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei beantragte mit einem am 6. März 1989 beim Magistrat der Stadt Salzburg eingelangten Ansuchen vom 28. Februar 1989 die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses samt einer Pkw-Doppelgarage auf dem Grundstück Nr. 121/9 und der Bfl. .473 je KG X unter Anschluß der erforderlichen Unterlagen (Pläne usw.). Auf der Liegenschaft bestand bereits ein Holzhaus, welches abgerissen werden sollte.
Zur mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 1989 wurde auch der Beschwerdeführer als südlicher Nachbar (Grundstück Nr. 305/3) persönlich unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen. Bei der Verhandlung wurde das Projekt erläutert und fand auch ein Lokalaugenschein statt. Der Beschwerdeführer erklärte, seine bereits am 28. April 1989 bei der Behörde abgegebene Stellungnahme (sie betraf im wesentlichen die Zufahrt über den Z-Weg) zurückzuziehen, ließ sie sich vom Verhandlungsleiter ausfolgen und stellte sie nicht mehr zurück. Werde die grundbücherliche Einverleibung "der 1 1/2 m" durchgeführt, so erhebe er gegen das Vorhaben keinen Einwand. Dazu ist zu bemerken, daß die Zufahrt über den östlich der Grundstücke verlaufenden Z-Weg erfolgt, welcher im Bereich des Grundstückes des Beschwerdeführers schmäler ist, weshalb die mitbeteiligte Partei mit dem Grundeigentümer (Grundstück Nr. 305/1) östlich des Weges einen Dienstbarkeitsvertrag zwecks Sicherung der Zufahrt (Verbreiterung des bestehenden Weges) abschloß, welche Servitut in der Folge auch im Grundbuch eingetragen wurde. Die Verhandlung wurde vertagt, um der mitbeteiligten Partei die Vorlage von Austauschplänen, insbesondere zur Verbesserung des Umkehrplatzes vor ihrer Doppelgarage, wozu auch der vorhandene Abstellraum etwas verkleinert und abgerundet werden sollte, zu ermöglichen.
Am 9. Mai 1989 übernahm der Beschwerdeführer persönlich die abermals unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG erfolgte Ladung zur weiteren mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 1989. Die Austauschpläne wurden am 10. Mai 1989 vorgelegt. Bei der Verhandlung wurde auf die bestehende Flächenwidmung (reines Wohngebiet) und die Bauplatzerklärung vom 16. Mai 1989 verwiesen. Der Beschwerdeführer gab folgende Stellungnahme ab:
"Für oben genannte Liegenschaft liegt bis dato weder vom Y-Weg noch vom Z-Weg aus eine ordnungsgemäße Aufschließung vor. Vom Y-Weg ist oben genannte Liegenschaft zur Zeit nur durch einen Weg von einem Meter Breite erreichbar. Auf dieser Liegenschaft selbst wurde seinerzeit ein kleines Wochenendhäuschen errichtet. Der Z-Weg endet als öffentlicher Weg mit dem Umkehrbereich dieses. Ab dem Umkehrbereich besteht nur mehr eine Wegbreite von 2.50 m, welcher zur Zeit unausgebaut ist und eine Neigung von mindestens 25 Prozent aufweist. Bevor Voraussetzungen für eine weitere Verbauung dieser Liegenschaft nicht gegeben sind, ist eine Baugenehmigungserteilung für eine weitere Verbauung nicht gegeben. Einem Erweiterungsbau im derzeitigen Stand stimme ich somit nicht zu.
Bemerkung: Private Vereinbarungen ohne grundbücherliche Eintragungsdurchführung zwischen Parteien regeln keine ordnungsgemäße Aufschließung einer Liegenschaft."
Trotz ausdrücklicher Aufforderung, allfällige subjektive Nachbarrechte zu erläutern, verweigerte der Beschwerdeführer weitere Erklärungen. Der bautechnische Amtssachverständige gab sodann ein ausführliches Gutachten ab, nach welchem das Bauvorhaben den baurechtlichen Bestimmungen, insbesondere auch hinsichtlich der Abstände, entspreche.
Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bürgermeisters vom 16. Mai 1989 war gemäß §§ 12 ff. des Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) die Bauplatzerklärung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage, wobei u.a. auch auf das Ausreichen einer 4 m breiten Zufahrt (in Verbindung mit dem bereits genannten Dienstbarkeitsvertrag) verwiesen wurde, erteilt worden.
Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 8. Juni 1989 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 9 Abs. 2 des Baupolizeigesetzes (BauPolG) und den Bestimmungen der Garagenordnung die beantragte Baubewilligung nach Maßgabe der genehmigten Austauschpläne mit den Vorschreibungen des Amtssachverständigen erteilt. Der in der Verhandlung vom 16. Mai 1989 erhobene Einwand des Beschwerdeführers betreffend die mangelhafte Erschließung durch den Z-Weg wurde als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung heißt es im wesentlichen, daß mit den vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht geltend gemacht werde. Es wurde aber dessenungeachtet dargelegt, daß eine ausreichende Aufschließung vorliege, wobei diese im Detail wiedergegeben wurde. Hierüber sei auch im Verfahren über die Bauplatzerklärung mit Bescheid vom 16. Mai 1989 rechtskräftig, in welchem dem Beschwerdeführer als Nachbar keine Parteistellung zukomme, abgesprochen worden.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer abermals nur geltend, daß für den beabsichtigten Neubau keine bzw. nur eine unzureichende Aufschließung (Zufahrtsmöglichkeit) bestehe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 1989 wurde die Berufung abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, rechtlich entscheidend sei, daß der Beschwerdeführer in der Berufung analog seinem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren lediglich geltend mache, daß die Aufschließung des Baugrundstückes (welches bereits mit einem Holzhaus bebaut gewesen sei) nicht ausreichend gewährleistet sei. Im Sinne der baurechtlichen Vorschriften begründen Vorschriften über das Erfordernis einer ausreichenden Zufahrt keinesfalls ein subjektiv-öffentliches Recht, weil diese gesetzlichen Anordnungen ausschließlich dem öffentlichen Interesse und nicht auch dem Schutz des Nachbarn dienen (es folgen Hinweise auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie auf Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 2. Aufl.). Im übrigen sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Berufungsbehörde in ihrer Prüfungsbefugnis auf jenen Themenkreis beschränkt, in dem der Nachbar als Berufungswerber ein Mitspracherecht besitzt. Im Erkenntnis vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, habe der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, daß der Nachbar im Zusammenhang mit § 42 AVG (Präklusion) nur einen Rechtsanspruch darauf besitze, daß ein Bauvorhaben seine rechtzeitig geltend gemachten, durch baurechtliche Vorschriften eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte nicht verletze. Die Zurückweisung der Einwendungen durch die Behörde erster Instanz mangels Bestehens eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechts sei somit gesetzmäßig. Abgesehen davon, daß z.B. kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht darauf bestehe, daß eine Baubewilligung nur bei Vorliegen eines Bauplatzerklärungsbescheides erteilt werden dürfe, sei zu den Berufungsausführungen festzustellen, daß - vgl. den Hinweis in der Berufung auf eine vermeintlich "übliche" Beschlußfassung des Gemeinderates - eine solche Beschlußfassung nicht vorgesehen sei. (Im Rahmen der raumplanungs- und baurechtlichen Bestimmungen komme dem Gemeinderat lediglich bezüglich des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes eine Zuständigkeit zu, die Erlassung der Bescheide betreffend Bauplatzerklärung und Baubewilligung falle jedoch in die Zuständigkeit des Bürgermeisters als erste Instanz.)
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Vom Beschwerdeführer wurden noch weitere persönlich unterfertigte Schriftstücke vorgelegt, zu welchen die belangte Behörde ebenfalls Stellungnahmen abgegeben hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann der Nachbar, worauf bereits die Gemeindebehörden zutreffend verwiesen haben, nur Einwendungen gegen ein Bauvorhaben erheben, wenn sich diese auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentliche Rechte). Die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde und damit auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist nach ständiger Rechtsprechung seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, im Falle des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf die Anrainer nach dem Sbg. Baurecht zutrifft, auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als ein subjektiv-öffentliches Recht besteht. Diese Entscheidungsbefugnis wird aber auch durch eine im Sinne des § 42 AVG eingetretene Präklusion eingeengt, wenn, wie hier, der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG zur Bauverhandlung geladen wurde. Damit dürfen nur diejenigen Einwendungen berücksichtigt werden, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 84/05/0043, BauSlg. Nr. 1021). Die Berufungsbehörde ist nicht berechtigt, das Vorhaben auf seine Übereinstimmung mit sämtlichen baurechtlichen Regelungen von Amts wegen zu überprüfen, sondern nur im Umfang der von einem Nachbarn rechtzeitig geltend gemachten Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte.
In der Beschwerde wird ausdrücklich nur die Verletzung der Abstandsvorschriften im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG geltend gemacht.
Diese Bestimmungen begründen zwar subjektiv-öffentliche Nachbarrechte. Wie der Beschwerdeführer selbst vorbringt, hat er aber diesbezüglich Einwendungen in der mündlichen Verhandlung nicht erhoben, sodaß Präklusion im Sinne des § 42 AVG eingetreten ist. Sein Vorbringen, die rechtzeitige Erhebung von Einwendungen sei ihm deshalb nicht möglich gewesen, weil wiederholt Austauschpläne vorgelegt worden seien und er keine ausreichende Gelegenheit gehabt hätte, in diese Einsicht zu nehmen, findet in der Aktenlage keine Deckung. Das Bauvorhaben lag im wesentlichen bereits bei der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 1989 vor und fand bei dieser ein Ortsaugenschein statt. Die sodann (rechtzeitig) vorgelegten Austauschpläne betrafen nur geringfügige Änderungen, worauf bereits in der Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen wurde. Die Pläne ließen im übrigen das Bauvorhaben, insbesondere seine Lage im Bauplatz, eindeutig erkennen. Des weiteren wäre es dem Beschwerdeführer freigestanden, bei der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 1989 auch den nunmehr behaupteten Umstand, es hätte keine ausreichende Möglichkeit zur Einsicht bestanden, vorzubringen. Hievon hat er aber keinen Gebrauch gemacht. Auch in der Berufung findet sich kein einziger Hinweis in Richtung des nunmehrigen Vorbringens. Der Berufungsbehörde war es im übrigen - entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde - wegen der eingetretenen Präklusion verwehrt, eine weitergehende Überprüfung vorzunehmen, wie die bereits oben dargelegte Rechtslage zeigt.
Soweit der Beschwerdeführer in weiteren Eingaben neuerlich das Fehlen einer ausreichenden Aufschließung (Zufahrt) geltend macht, ist auf die zutreffenden Ausführungen der Gemeindeinstanzen zu verweisen, wonach die baurechtlichen Vorschriften diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht begründen. Auch vermag der Beschwerdeführer mit der Behauptung, es liege keine rechtmäßige Bauplatzerklärung vor, keine Verletzung eines ihm nach den baurechtlichen Vorschriften zustehenden subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes geltend zu machen. Dem Nachbarn kommt im Verfahren über die Bauplatzerklärung keine Parteistellung zu (vgl. § 12 Abs. 4 BGG). Die Bauplatzerklärung kann daher ihm gegenüber keine Bindungswirkung entfalten. Wohl ist er berechtigt, im Baubewilligungsverfahren alle ihm nach den baurechtlichen Vorschriften zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte geltend zu machen, also Einwendungen zu erheben, welche den Gegenstand des Bauplatzerklärungsverfahrens betreffen (vgl. Hauer, Salzburger Baurecht, Anm. 5 zu § 12 BGG, und die dort wiedergegebene Judikatur, S. 216 f). Solche Einwendungen hat der Beschwerdeführer jedoch nicht erhoben. Eine allfällige Abweichung der Bauausführung von der erteilten Baubewilligung kann im übrigen nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend die Erteilung der Baubewilligung geltend gemacht werden.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinUmfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1989060161.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
23.11.2015