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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Schubert und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über den Antrag der C Gesellschaft mbH auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der zur hg. Zl. 90/13/0255 protokollierten Beschwerde, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.
Begründung
Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/13/0255, wurde das Verfahren betreffend die von der Antragstellerin erhobene Beschwerde gegen einen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. September 1990 eingestellt, weil die Antragstellerin der an sie ergangenen Aufforderung zur Mängelbehebung insoweit nicht nachgekommen war, als sie zwar innerhalb der gesetzten Frist mit Schriftsatz vom 29. November 1990 ein weiteres Exemplar des Beschwerdeschriftsatzes vorgelegt hatte, das jedoch weder mit dem Namen des Beschwerdevertreters noch mit dessen Unterschrift versehen war.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führt begründend aus, sie sei durch Rechtsanwalt Dr. N vertreten gewesen, der am 19. Jänner 1991 auf Grund eines Krebsleidens verstorben sei. Dr. N sei zumindest in den letzten zwei bis drei Monaten vor seinem Tod praktisch nicht mehr arbeitsfähig gewesen. Geschwächt durch eine starke Gewichtsabnahme und die intensive medikamentöse Behandlung habe er nur mehr sporadisch seine Kanzlei aufsuchen können. Auf Grund dieser Umstände und der offensichtlichen körperlichen und auch psychischen Überforderung Dris. N liege in der unvollständigen Mängelbehebung nur ein minderer Grad des Versehens.
Die Behauptungen der Antragstellerin über den Gesundheitszustand ihres seinerzeitigen Vertreters können im Hinblick auf den von ihr vorgelegten Bericht des Landeskrankenhauses O vom 23. Jänner 1991 als bescheinigt angesehen werden. Ausgehend von diesem Sachverhalt ist der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus folgenden Erwägungen berechtigt:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 656 f zitierte Rechtsprechung). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung kommt somit im Hinblick auf die Bestimmung des § 46 Abs. 1 zweiter Satz VwGG nur in Betracht, wenn der Antragstellerin und ihrem seinerzeitigen Vertreter kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden können.
Im vorliegenden Fall kann zwar dem seinerzeitigen Vertreter der Antragstellerin unter Zugrundelegung des bescheinigten Antragsvorbringens vorgeworfen werden, daß er trotz seines äußerst angegriffenen Gesundheitszustandes weiterhin selbst seine Aufgaben als Rechtsanwalt wahrgenommen und nicht für geeignete Vertretung gesorgt hat, sodaß es zu der unvollständigen Mängelbehebung gekommen ist, doch kann darin in Anbetracht der Umstände kein als grobes Verschulden zu qualifizierendes Fehlverhalten, das die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausschließen würde, erkannt werden. Aus diesem Grund war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattzugeben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991130055.X00Im RIS seit
11.04.1991