TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/11 90/16/0094

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.1991
beobachten
merken

Index

32/04 Steuern vom Umsatz;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

GrEStG 1955 §10;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
UStG 1972;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/16/0095

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde 1. des JN und 2. der BN gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom 22. Februar 1990,

1. Zl. GA 11 - 1026/1/88, und 2. Zl. GA 11 - 1026/88, je betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution folgende Aufwendungen zu ersetzen, und zwar der Erstbeschwerdeführer S 3.035,-- und die Zweitbeschwerdeführerin S 2.530,--.

Begründung

Mit den im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Berufungsentscheidungen wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (in der Folge: belangte Behörde) jeweils die Berufung des Erstbeschwerdeführers und dessen Ehegattin, der Zweitbeschwerdeführerin, gegen den jeweiligen Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: FA) je vom 12. Februar 1987, mit denen ihnen gegenüber jeweils für einen noch näher darzustellenden Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer - ausgehend nur von den Grundkosten in der Höhe von je S 157.500,-- - festgesetzt worden war, als unbegründet ab und änderte die angefochtenen erstinstanzlichen Bescheide jeweils gemäß § 289 Abs. 2 BAO durch (verbösernde) Festsetzung der Grunderwerbsteuer - ausgehend auch von den Baukosten in der Höhe von je S 785.000,-- - ab. Dies im wesentlichen mit folgenden gleichlautenden Begründungen:

Am 14. April 1983 hätten die Beschwerdeführer von Wolfgang W. (in der Folge: Verkäufer) 31.725/263.700 Anteile an der Liegenschaft EZ. 259 des Grundbuches der KG. G. um einen Kaufpreis von S 315.000,-- erworben.

Nach Punkt DRITTENS dieses Vertrages sei der Erwerb dieser Miteigentumsanteile zum Zwecke der Errichtung einer gemeinschaftlichen Wohnhausanlage samt Garagen im Wohnungseigentum erfolgt, wobei der Auftrag zur Errichtung der Baulichkeit von der Eigentümergemeinschaft hätte erteilt werden sollen.

Dem Befreiungsantrag nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 (in der Folge: GrEStG) habe das FA zunächst entsprochen, doch hätten Erhebungen ergeben, daß den Erwerbern der Reihenhäuser Bauherrneigenschaft nicht zukomme, weswegen mit den angefochtenen erstinstanzlichen Bescheiden gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG von den auf die Beschwerdeführer entfallenden Grundkostenanteilen von je S 157.500,-- Grunderwerbsteuer festgesetzt worden sei.

Im Berufungsverfahren sei vorgebracht worden, die Miteigentümergemeinschaft habe einen gemeinsamen Beschluß zur Errichtung der Reihenhausanlage gefaßt und auch das finanzielle Risiko der Bauführung getragen, sodaß den Beschwerdeführern die Bauherrneigenschaft zukomme. Eine vorhergehende Planung schließe dies jedenfalls nicht aus.

Hiezu bemerkte die belangte Behörde unter Anführung der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG und mit einem Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere dessen Erkenntnisse vom 17. Februar 1983, Zlen. 82/16/0143-0150, und vom 15. Dezember 1988,

Zlen. 88/16/0056-0059, folgendes:

Bei der Überprüfung, wer im vorliegenden Fall als "Schaffender" der Reihenhausanlage in Betracht komme, habe sich folgendes Bild ergeben:

Der von den Wohnungswerbern der Abgabenbehörde vorgelegte und von ihnen unterfertigte "Beschluß und Vereinbarung" über die Errichtung von acht Wohneinheiten sei nicht mit Datum versehen, sodaß mit Rücksicht auf die Abschlüsse der einzelnen Kaufverträge gar nicht davon gesprochen werden könne, dieser Beschluß sei gemeinsam im Jahre 1982 gefaßt worden. Lediglich zwei Wohnungswerber hätten den Kaufvertrag im Juli 1982 abgeschlossen, alle anderen in der Zeit zwischen April und Oktober 1983. Aber selbst im Juli 1982 sei es - wie die Erhebungen ergeben hätten - nicht mehr möglich gewesen, auf die Baugestaltung Einfluß zu nehmen.

Am 17. Dezember 1981 habe die "N-Bau Gesellschaft m.b.H."

(in der Folge: Baugesellschaft) als Bauwerber um die baubehördliche Bewilligung zum Neubau einer Reihenhausanlage angesucht. Darauf beziehe sich der Baubewilligungsbescheid vom 19. April 1982. Gegen dieses Bauvorhaben habe der Grundeigentümer (Verkäufer) keine Einwände vorgebracht. Die Pläne seien von Architekt Dipl. Ing. Walter C. erstellt worden. Für die Baudurchführung habe Baumeister Ing. Ch. K. gesorgt. Baubeginn sei der 2. August 1982 gewesen. Am 12. September 1983 sei von Amts wegen eine Rohbaubeschau vorgenommen worden, weil ein Teil der Wohneinheiten bereits fertiggestellt, verputzt und teilweise widerrechtlich (ohne Benützungsbewilligung) bewohnt worden sei.

Am 13. Dezember 1983 bzw. 13. Jänner 1984 habe die Baugesellschaft für die Reihenhäuser 3, 5 (das der Beschwerdeführer), 7 und 8 um die Benützungsbewilligung angesucht. Diese sei dann auch der Baugesellschaft von der Baubehörde am 24. Februar 1984 erteilt worden. Der Architekt, der die Aufträge nur von der Baugesellschaft entgegengenommen und mit ihr verrechnet habe, habe am 21. Juni 1986 um die baubehördliche Benützungsbewilligung für die weiteren Reihenhäuser 1, 2 und 4 angesucht. Auch hier sei die Bewilligung der Baugesellschaft (am 9. Jänner 1987) erteilt worden. Lediglich für das Reihenhaus 6 sei die Benützungsbewilligung dem Eigentümer (am 28. Juni 1988) erteilt worden.

All das sei dem Bauakt der Gemeinde G. entnommen und stelle ein gewichtiges Indiz GEGEN die Annahme der Bauherrneigenschaft dar. Dazu komme, daß im Zeitpunkt der Auftragserteilung und des Abschlusses des Generalunternehmervertrages, der wohl die Miteigentümergemeinschaft im Text aufweise, aber immer nur von den einzelnen Wohnungswerbern und der Baugesellschaft unterfertigt sei, das Bauvorhaben in seinen wesentlichen Belangen nicht nur geplant, sondern schon fast fertiggestellt gewesen sei.

Wenn in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werde, die Käufer hätten auf die Bauführung Einfluß nehmen können, so treffe dies nur insoweit zu, als es sich dabei um geringfügige Änderungen in der Raumeinteilung, der Innenausstattung und -gestaltung der jeweiligen Wohneinheit, nicht aber um wesentliche Änderungen des Bauvorhabens selbst handle. Im gesamten Verfahren sei nicht hervorgekommen, daß es eine aus den Wohnungswerbern bestehende Miteigentümergemeinschaft gewesen wäre, die sich über die Planung und die Kosten der Reihenhausanlage geeinigt, den Baubeschluß gefaßt und in der Folge die Bauaufträge erteilt hätte.

So seien diverse Sicherungsarbeiten vom Architekten an Ing. Ch. K. in Auftrag gegeben worden. Über die Flüssiggasanlage und die Wasserinstallationen habe Ing. Ch. K. nur die Baubehörde und die Baugesellschaft informiert. Ebenso sei der Benützungsbewilligungsbescheid zur Errichtung einer Probangastankanlage der Baugesellschaft erteilt worden. Aus den vorliegenden Einzelaufträgen gehe vielmehr hervor, daß die Käufer für die ihnen zugewiesene Eigentumswohnung einen bestimmten Fixpreis zu bezahlen gehabt hätten. Einige seien sogar der Meinung gewesen, im vereinbarten "Pauschalentgelt" sei auch die Wasseranschlußabgabe enthalten.

Im Zusammenwirken aller Sachverhaltselemente gehe die belangte Behörde davon aus, die von § 4 GrEStG geforderte rechtserhebliche Tatsache der "Schaffung" durch eine aus den Käufern zusammengesetzte Eigentümergemeinschaft sei nicht gegeben, sondern jeder einzelne Käufer habe nur in bezug auf die von ihm erworbene Wohneinheit Rechte und Pflichten übernommen.

Gegen diese beiden Berufungsentscheidungen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstatteten Gegenschriften vor. In diesen wird jeweils die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG ist jedes Erkenntnis zu begründen. Soweit die Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt ist, genügt es, diese anzuführen.

Die Parteien des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen stillschweigend, aber nach § 12 Abs. 2 erster Satz GrEStG 1987 zutreffend davon aus, daß auf die hier in Rede stehenden Erwerbsvorgänge noch die Bestimmungen des GrEStG anzuwenden sind.

Auf Grund des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG ist beim Arbeiterwohnstättenbau der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten von der Besteuerung ausgenommen.

Ganz abgesehen davon, daß die belangte Behörde entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung schon durch die oben erwähnte Anführung des - in der ÖStZB 15/16/1989, S. 259, veröffentlichten - die Errichtung einer Reihenhausanlage im Wohnungseigentum betreffenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1988 auf die Eigenart einer Reihenhausanlage, die nicht bloß aus einem Wohnhaus sondern aus acht selbständigen Einheiten besteht, einging, scheinen die Beschwerdeführer, die aktenkonform in der Beschwerde u.a. darauf hinweisen, daß der "gemeinschaftliche" Beschluß auf Errichtung der Reihenhausanlage sukzessive zustande gekommen sei, d.h. jeder der neu hinzukommenden Miteigentümer habe diesem gefaßten Beschluß der beiden ursprünglichen Miteigentümer beitreten müssen, insbesondere folgendes zu übersehen:

Auch beim Erwerb von Liegenschaftsanteilen, mit denen Wohnungseigentum verbunden werden soll, ist der Auftrag zur Errichtung einer Reihenhausanlage von der Eigentümergemeinschaft zu erteilen, wofür die Fassung eines gemeinsam darauf abzielenden Beschlusses erforderlich ist. Inhaltsgleiche Einzelerklärungen der Miteigentümer vermögen den gemeinsamen Beschluß nicht zu ersetzen (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1989, Zlen. 88/16/0132-0137, ÖStZB 17/1989, S. 291, mit weiterem Hinweis).

In dem zuletzt angeführten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch dargetan, daß der "Schaffende" im Sinn des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG auf die bauliche Gestaltung der Reihenhausanlage Einfluß nehmen können muß, und zwar auf die Gestaltung der Gesamtkonstruktion. Die Berücksichtigung unwesentlicher Details (z.B. Versetzung von Zwischenwänden und Türen, Ersetzen einer Tür durch ein Fenster, Änderung des Kellergrundrisses, übliche Verbesserungen der Innenausstattung) genügen nicht. Das wesentlichste Merkmal der Bauherrneigenschaft stellt das finanzielle Risiko dar (Ausschluß der Bauherrneigenschaft bei FixpreisvereinbarungÜ). Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof in demselben Erkenntnis (ebenfalls mit weiterem Hinweis) noch die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht als rechtswidrig erkannt.

Wenn in der Beschwerde behauptet wird, es sei unrichtig, daß ein Fixpreis vereinbart gewesen sei, dann übersehen die Beschwerdeführer vor allem folgendes:

Ihr Vertreter (und der aller anderen Miteigentümer) im Abgabenverfahren legte auf Grund des Vorhaltes der belangten Behörde vom 17. Jänner 1989 (nach zweimaliger Fristerstreckung) mit der Stellungnahme vom 28. April 1989 auch den Auftrag der Beschwerdeführer zur Errichtung der "Eigentumswohnung" 5 samt angeschlossener Garage unter Berücksichtigung der Ausführungs-Sonderwünsche laut (nicht vorgelegtem) Schreiben vom 15. Juni 1983 vor, wonach der von ihnen dafür zu bezahlende Preis S 1,570.000,-- einschließlich Umsatzsteuer betragen habe.

Abgesehen davon ist es dem Verwaltungsgerichtshof schon auf Grund des aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbotes verwehrt, auf das erstmalige Vorbringen in der Beschwerde, die Baukosten hätten tatsächlich nur S 1,196.600,-- einschließlich Umsatzsteuer betragen, einzugehen.

Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe sich in keiner Weise mit der Vorgeschichte bzw. der "historischen Entwicklung" durch die entsprechenden Verträge beschäftigt, steht in Widerspruch zu den vorgelegten Verwaltungsakten (sowohl der Bau- als auch der Abgabenakten), deren wesentlicher Inhalt von der belangten Behörde in den oben wiedergegebenen Begründungen ihrer Berufungsentscheidungen aktenkonform dargestellt wurde. Von einer unzulässigen Abwälzung der Beweislast auf die Beschwerdeführer kann nicht die Rede sein.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG durch den auf Grund des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen ist.

Die Zuerkennung der Aufwandersätze gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf den § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990160094.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten