TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/11 88/06/0040

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.1991
beobachten
merken

Index

L85007 Straßen Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
LStG Tir 1951 §51 Abs1;
LStG Tir 1951 §53 Abs1;
LStG Tir 1951 §57;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. November 1987, Zl. IIb1-L-1456/5-1987 (mitbeteiligte Partei:

Land Tirol - Straßenverwaltung, vertreten durch die Landesbaudirektion Innsbruck), betreffend straßenbaurechtliche Bewilligung und Enteignung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Enteignung (Punkt II und III) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Hinsichtlich der Erteilung der Baubewilligung wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 1987, zu der alle Beteiligten, darunter auch der Beschwerdeführer, geladen worden waren, wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. August 1987, Zl. IIb1-L-1456/2-1987, für das geplante Straßenbauvorhaben (Obernberger Straße L. II ONr. 231; Ausbau vom Gasthof "X" bis zum Gemeindeamt; km 5,28 bis km 5,84) nach Maßgabe des vorliegenden Projektes die Baubewilligung erteilt und ausgesprochen, daß für die Ausführung des bewilligten Straßenbauvorhabens die Notwendigkeit der Enteignung der im Grundeinlösungsplan (Enteignungsplan) dargestellten, unter III des Bescheides angeführten Grundflächen gegeben sei. Diese Grundflächen wurden zugunsten des Landes Tirol

- Landesstraßenverwaltung für dauernd lastenfrei enteignet erklärt. Dabei scheint unter der Bezeichnung "Plan Nr. 6" auch der Beschwerdeführer auf.

Da nach einem im Anschluß an die Verhandlungsschrift vom 25. Juni 1987 festgehaltenen, mit 7. September 1987 datierten Amtsvermerk die Antragstellerin (mitbeteiligte Partei) den Enteignungsantrag (gegen den Beschwerdeführer) zurückgezogen habe, wurde mit Bescheid vom 7. September 1987, Zl. IIb1-L-1456/3-1987, der Bescheid vom 10. August 1987 hinsichtlich des Planes Nr. 6 (betreffend den Beschwerdeführer) gemäß § 68 Abs. 2 AVG behoben, da der Antrag zurückgezogen worden sei.

Am 22. September 1987 ersuchte die mitbeteiligte Partei unter Anschluß der Projekts- und Operatsunterlagen um "Durchführung eines Nachtrages" zum Baubewilligungs- und Grundeinlösungsverfahren für den Ausbau Gasthof X bis Gemeindeamt im Zuge der Obernberger Landesstraße für den Beschwerdeführer Plan Nr. 6 in Ergänzung zum Bescheid Zl. IIb1-L-1456/2-1987 vom 10. August 1987. Bei den beanspruchten Grundstücken handle es sich um Baugrundstücke sowie um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke.

Daraufhin wurde mit Kundmachung vom 23. September 1987 eine weitere mündliche Verhandlung für 15. Oktober 1987 an Ort und Stelle anberaumt und der Beschwerdeführer hiezu geladen; die Ladung wurde am 29. September 1987 zugestellt. Am 23. Oktober 1987 legte der nunmehrige Beschwerdeführer-Vertreter gegenüber der belangten Behörde die Vollmacht des Beschwerdeführers vor. Bei der mündlichen Verhandlung erhob der persönlich anwesende Beschwerdeführer "Projektseinspruch, da eine technische und wirtschaftliche Lösung möglich ist, die Straße nicht durch die Hofstelle führt wie bisher". Weiters gab der technische Sachverständige ein ausführliches Gutachten zum Projekt ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde unter Punkt I die Baubewilligung für das geplante Straßenbauvorhaben nach Maßgabe des vorliegenden Projekts und entschied unter Punkt II und III, daß für die Ausführung des bewilligten Straßenbauvorhabens die Notwendigkeit der Enteignung der im Grundeinlösungsplan (Enteignungsplan) dargestellten, unter III dieses Bescheides angeführten Grundflächen gegeben sei. Die Grundflächen würden zugunsten des Landes Tirol - Landesstraßenverwaltung für dauernd lastenfrei enteignet erklärt. Die Einwendungen des Grundeigentümers gegen Notwendigkeit, Gegenstand und Umfang der Enteignung wurden abgewiesen. Dabei wurden wieder unter der Überschrift "Plan Nr. 6" aus der Grundparzelle 349 65 m2, aus der Grundparzelle 350 112 m2, aus der Grundparzelle 351 22 m2 und aus der Grundparzelle 353 761 m2 (alle Grundstücke inneliegend in EZ 9026, KG O) enteignet. Als Begründung führte die belangte Behörde aus, die mündliche Verhandlung habe ergeben, daß bei projektsgemäßer Ausführung unter den im Spruch angeführten Auflagen in öffentlicher Hinsicht keine Bedenken gegen das Straßenbauvorhaben der Landesstraßenverwaltung bestünden und zur Durchführung desselben die im Grundeinlösungsplan (Enteignungsplan) dargestellten, im Spruch des Bescheides angeführten Grundflächen benötigt würden. Die Voraussetzungen zur Erteilung der Baubewilligung sowie zur Enteignung dieser Grundflächen seien sohin gegeben gewesen. Dem Antrag des Enteigneten (Beschwerdeführers) auf Verlegung der Trasse könne aus wirtschaftlichen Gründen nicht stattgegeben werden, zumal diese Verlegung einer Ortsumfahrung gleich käme, die außer zusätzlichem Grundbedarf das Ortsbild nachteilig beeinträchtigen würde.

Weiters wurde unter der Überschrift "Beurkundung" die Stellungnahme des straßenbautechnischen Sachverständigen wie folgt wiedergegeben:

"Nach eingehender Überprüfung des Projektes sowie der örtlichen Verhältnisse wird auf die anläßlich der Verhandlung vom 25.6.1987 durch den Amtssachverständigen abgegebene und im Bescheid vom 10.8.1987, Zahl: IIb1-L-1456/2-1987, enthaltene Stellungnahme hingewiesen.

Ergänzend hiezu wird festgestellt:

Die künftige Trasse im Bereich N wurde unter Beibehaltung der Linienführung so geplant, daß die Beanspruchung von neuen Flächen in sparsamster Weise erfolgt.

Im Bereich des Hofes wird die Trasse in einem leichten Rechts- und anschließenden Linksbogen in das bereits ausgebaute Teilstück beim Gemeindeamt eingebunden.

Bestehende Straßenflächen werden soweit als möglich für den Ausbau mitverwendet, jedoch ergibt sich im Bereich der Liegenschaft N die Möglichkeit eines teilweisen Naturalersatzes aus dem bisherigen Grundbuchskörper der Landesstraße. Das Ausmaß der im gegenständlichen Projekt angeführten Flächen ist für den Ausbau der Straße unbedingt erforderlich. Die Notwendigkeit des Ausbaues der Straße im projektsgemäßen Umfang ist aus Gründen der Verkehrssicherheit sowie im öffentlichen Interesse dringend erforderlich."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Aus den Ausführungen ergibt sich, daß sowohl die Straßenbaubewilligung als auch die Enteignung bekämpft werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

I. ZUR BAUBEWILLIGUNG:

Zunächst ist die Annahme des Beschwerdeführers, es liege kein Antrag der mitbeteiligten Partei vor, durch den oben wiedergegebenen Sachverhalt widerlegt. Gemäß § 50 Abs. 3 des hier noch anzuwendenden Tiroler Straßengesetzes LGBl. Nr. 1/1951 in der Fassung LGBl. Nr. 10/1970 ist die Straßenbaubewilligung zu erteilen, wenn die vorgesehene Trasse und die technische Ausführung der Straße den bestehenden und voraussehbaren Verkehrsbedürfnissen entspricht und unter Bedachtnahme auf die natürlichen Gegebenheiten geeignet ist, von dem auf ihr bestimmten Verkehr bei Beachtung der straßenpolizeilichen Vorschriften benützt zu werden. Nach Abs. 5 können Liegenschaftseigentümer, die durch den Bau der geplanten Straße in ihren rechtlichen Interessen berührt werden, im Baubewilligungsverfahren Abänderungen und Ergänzungen der geplanten Trassenführung und der technischen Ausgestaltung der Straße verlangen. Änderungen durch ein Parteivorbringen dürfen die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens hinsichtlich der Errichtung und Erhaltung nicht wesentlich und die Leistung, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in keiner Weise beeinträchtigen.

Im vorliegenden Fall war schon die ursprüngliche Straßenplanung, wie sie sich aus den technischen Berichten und den vorliegenden Plänen ergibt, darauf bedacht, vom bisherigen Verlauf der Straße möglichst wenig abzuweichen, um die zu enteignenden Grundfächen gering zu halten. Gegenüber der zunächst erteilten Baubewilligung wurde dann im Bereich der Grundstücke des Beschwerdeführers noch einmal eine wenn auch nicht bedeutsame Verschwenkung vorgenommen, um den Enteignungsbedarf nochmals zu verringern. Mit Recht konnte unter den gegebenen Umständen der Sachverständige darlegen, daß der Ausbau der Straße im vorgesehenen Umfang aus Gründen der Verkehrssicherheit sowie im öffentlichen Interesse dringend erforderlich sei und die Beanspruchung neuer Flächen in sparsamster Weise erfolge. Daß eine völlige Verlegung der Straße außerhalb des Ortsbereichs, wie sie dem Beschwerdeführer vorschwebt, im Vergleich zum bloßen Ausbau samt geringfügigen Verschwenkungen der bestehenden Straße, wie sie den Baubewilligungsbescheiden zugrunde liegt, unverhältnismäßig teurer käme und damit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit widerspräche, liegt so offensichtlich auf der Hand, daß es dazu keines besonderen Ermittlungsverfahrens bedurfte. Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß auch diesbezüglich die Begründung des Bescheides mehr als dürftig ist; unter Berücksichtigung der vorhandenen Planunterlagen und der unter "Beurkundung" wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich jedoch, daß das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung von der Behörde im Ergebnis zu Recht bejaht werden.

Damit war die Beschwerde gegen den Bescheid, soweit er die straßenrechtliche Baubewilligung erteilte, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

II. ZUR ENTEIGNUNG:

Unbestreitbar ist zwar, daß im Umfang der erteilten straßenbaurechtlichen Bewilligung auch die Enteignung von Grundflächen des Beschwerdeführers erforderlich ist, dem angefochtenen Bescheid ist jedoch nicht zu entnehmen, welche Flächen wirklich enteignet worden sind. Der Bescheid verweist nämlich auf einen im Akt nicht vorhandenen, geschweige denn dem Bescheid angeschlossenen Grundeinlösungsplan (Enteignungsplan). Dabei wird im angefochtenen Bescheid ebenso wie in dem Bescheid vom 10. August 1987 trotz erheblich divergierender Größe der enteigneten Flächen auf denselben "Plan Nr. 6" verwiesen. Daß die enteigneten Flächen dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden können, ergibt sich mittelbar auch aus der Gegenschrift, in der ausdrücklich davon die Rede ist, daß "zur Erreichung einer Einigung" die Landesstraßenverwaltung in der Folge auf das ihr "zu Plan 6 eingeräumte Baurecht" verzichtet, das Projekt zur Minimierung der Grundbeanspruchung eingeschränkt und mit Antrag vom 22. September 1987 die Neuverhandlung beantragt habe. Selbst wenn, was aus den Aktenunterlagen nicht hervorgeht, dem fortgesetzten Verfahren ein neuer Plan Nr. 6 zugrunde lag, ist eine Verweisung auf zwei inhaltlich divergierende, jedoch gleich bezeichnete Pläne nicht geeignet, den Umfang der Enteignung in der erforderlichen Bestimmtheit festzulegen. Eine beim Enteignungsakt erliegende Vermessungsurkunde des Dipl.-Ing. Dr. A weist vermessene Flächen auf, die mit den Flächenangaben des angefochtenen Bescheides nicht übereinstimmen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen die enteigneten Flächen durch Hinweis auf einen eindeutig bestimmbaren Plan (soweit nicht ganze Grundparzellen enteignet werden) auch für einen Dritten objektiv erkennbar bezeichnet werden, sind sie doch Grundlage für die Eigentumsübertragung im Grundbuch. Da der angefochtene Bescheid diesen Anforderungen nicht entspricht, war der über die Enteignung erkennende Teil wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1988060040.X00

Im RIS seit

11.04.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten