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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag; keine Wirksamkeit einer außer Kraft getretenen, eine Verwaltungsübertretung normierenden Verordnungsbestimmung iS des Art139 iVm. §89 Abs3 B-VG im Hinblick auf §1 Abs1 VStG; Fehlen der nicht bloß im Zeitpunkt der Antragseinbringung,sondern auch in dem der Entscheidung erforderlichen LegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Die Einschreiter, welche nach ihrem Vorbringen Pächter des Grundstücks 75/77 der Liegenschaft EZ 918 KG Lebern sind, begehren mit dem auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten (beim VfGH am 10. Juni 1988 eingelangten) Antrag mit näherer Begründung die Aufhebung der V der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 1. Juni 1988, Zl. 11.0 E1/164-1988, als gesetzwidrig. Gemäß §2 dieser V wurde "das Steigenlassen von Luftballons, Drachen und anderen dem Luftfahrtgesetz nicht unterliegenden Gegenständen, das Aufstellen von Zelten, Hütten, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen sowie das Betreten und Benützen von unbewohnten Objekten" ua. auf dem von den Antragstellern gepachteten Grundstück untersagt und die Nichtbefolgung als Verwaltungsübertretung erklärt. Die V hindere die Antragsteller bei sonstiger verwaltungsbehördlicher Bestrafung, das gepachtete Grundstück als Zeltplatz zu nutzen.
Mit V der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 10. Juni 1988 wurde die V vom 1. Juni 1988 folgendermaßen geändert:
"Die gemäß Artikel II §4 Abs2 des Verfassungsüberleitungsgesetzes 1929, BGBl. Nr. 393/1929, erlassene V vom 1.6.1988, GZ. 11.0 E1/164 - 1988, wird wie folgt abgeändert:
§1
Das Grundstück Schindlerstraße, KG Lebern, Grundstücksnr. 75/77, EZ. 918, Gemeinde Feldkirchen, ist von den Bestimmungen des §2 der zitierten V ausgenommen.
Die übrigen Bestimmungen dieser V sind davon unberührt.
§2
Diese Änderung tritt am 11.6.1988 um 00.00 Uhr in Kraft."
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
Nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG bildet eine Voraussetzung des sogenannten Individualantrages auf Verordnungsprüfung, daß die V - ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für die anfechtende Person wirksam geworden ist; grundsätzlich das gleiche gilt gemäß dem kraft des letzten Satzteiles in Art139 Abs1 B-VG sinngemäß heranzuziehenden Art89 Abs3 B-VG, welcher von der - außer Kraft getretenen - anzuwendenden Rechtsvorschrift spricht. Da gemäß §1 Abs1 VStG eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann bestraft werden darf, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, ist es nach der Lagerung dieses Falles ausgeschlossen, daß die hinsichtlich des Grundstücks 75/77 KG Lebern schon außer Kraft getretenen Bestimmungen der V der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 1. Juni 1988 für die Einschreiter noch wirksam sind (vgl. VfSlg. 9868/1983).
Den Antragstellern fehlt sohin die nicht bloß im Zeitpunkt der Antragseinbringung, sondern auch in dem der Entscheidung des VfGH erforderliche Legitimation zur Anfechtung, sodaß ihr Antrag - mit gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung gefaßtem Beschluß zurückzuweisen war.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Geltungsbereich einer VerordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:V115.1988Dokumentnummer
JFT_10119074_88V00115_00