TE Vfgh Erkenntnis 1988/9/27 B1011/87

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Veröffentlicht am 27.09.1988
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
Oö GVG 1975 §1
Oö GVG 1975 §6 litd

Leitsatz

Oö GVG 1975; keine Bedenken gegen §§4 Abs3, 6 litd; Versagung der Zustimmung zum Eigentumserwerb an einem innerhalb einer geschlossenen Ackerfläche liegenden, landwirtschaftlich genutzten Wiesengrundstück; kein Entzug des gesetzlichen Richters, keine denkunmögliche Gesetzesanwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.       1. a) Die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden hat mit

dem Bescheid vom 17. Dezember 1986 der im Kaufvertrag vom 11.

bzw. 17. November 1986 vorgesehenen Übertragung des Eigentums an

dem Grundstück ... aus der EZ ... der KG ... durch Ing. K W an

die nunmehrigen Bf. K und E S die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt.

Bei der um einen Kaufpreis von S 47.300,-- veräußerten Liegenschaft handelt es sich um ein 473 m2 großes Wiesengrundstück, das innerhalb einer geschlossenen Ackerfläche liegt. Die vorgesehene Übertragung des Eigentumsrechtes wurde im wesentlichen mit der Begründung versagt, daß das Kaufobjekt nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde Kirchham als Grünland gewidmet sei und eine Sonderwidmung - wie etwa als Kleingarten nicht ausgewiesen sei. Da aus dem Antrag jedoch zu entnehmen sei, daß die Käufer das Grundstück forthin als Kleingarten und Erholungsfläche verwenden wollten, sei daher zu besorgen, daß das Vertragsgrundstück ohne zureichenden Grund der landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne des §6 litd des OÖ Grundverkehrsgesetzes 1975 - OÖ GVG 1975, LGBl. 53/1975 entzogen werde.

b) Der von den Bf. gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden erhobenen Berufung hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung mit dem Bescheid vom 9. Juni 1987 keine Folge gegeben.

Der Bescheid ist wie folgt begründet:

"Aus dem erstinstanzlichen Verfahren ergibt sich, daß es sich beim Kaufobjekt um den Teil einer geschlossenen, sehr gut nutzbaren Ackerfläche handelt, die weder als Bauland noch als Kleingartenfläche aufgeschlossen ist. Die Gemeinde hat sich ausdrücklich auch gegen die Schaffung einer Kleingartensiedlung in diesem Bereich ausgesprochen. Mangels erforderlicher Aufschließungen, wie insbesondere der Ver- und Entsorgung hinsichtlich Wasser ist das Kaufobjekt auch zur Schaffung einer Kleingartenfläche nicht geeignet. Voraussetzung dafür wäre überdies die Einzäunung dieses kleinen Teiles der Ackerfläche, wodurch die Bewirtschaftung der umliegenden Ackerflächen wesentlich erschwert würde, weil die maschinelle Bearbeitung der Flächen durch die Einzäunung außerordentlich stark beeinträchtigt würde. Das Rechtsgeschäft verstößt daher sowohl gegen den §6 litd) O.ö. GVG. 1975 als auch gegen §4 Abs3 O.ö. GVG. 1975. Die Verwendung des Kaufobjektes ausschließlich als Erholungsfläche in der Form, daß sie vom Eigentümer betreten werden und er sich darauf aufhalten kann, ohne daß die Fläche bewirtschaftet wird, stellt nach der ständigen Spruchpraxis der Landesgrundverkehrskommission ebenfalls keinen hinreichenden Grund dar, ein der Landwirtschaft gewidmetes Grundstück dieser Widmung zu entziehen, sodaß auch in dieser Hinsicht der Versagungsgrund des §6 litd) O.ö. GVG. 1975 vorliegt."

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Bf. in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt erachten und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragen.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung ist eine Berufung nicht zulässig (§18 Abs2 OÖ GVG 1975). Der Instanzenzug ist erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig (vgl. VfSlg. 8766/1980, 9767/1983).

2. Nach §6 litd OÖ GVG 1975 sind die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) insbesondere dann nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß Grundstücke ohne zureichenden Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung des OÖ GVG 1975 und der sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften sind in der Beschwerde nicht geltend gemacht worden. Im Verfahren vor dem VfGH sind solche Bedenken nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8766/1980, 9767/1983).

3. Die Bf. behaupten, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein. Sie

begründen ihre Behauptung damit, daß das Grundstück ... aus der EZ ... der KG ... einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb

nicht gewidmet sei, weshalb der vorliegende Kaufvertrag auch nicht den Bestimmungen des OÖ GVG 1975 unterliege und die bel. Beh. daher eine Zuständigkeit in Anspruch genommen habe, die ihr nach dem Gesetz nicht zukomme.

Wie aus den Verwaltungsakten hervorgeht, führten die Bf. in ihrem Antrag an die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden um Genehmigung des Kaufvertrages ausdrücklich an, daß das Kaufobjekt bisher landwirtschaftlich genutzt werde. Die Bezirksbauernkammer Gmunden bestätigte in einer Stellungnahme, daß das Grundstück in einem bisher geschlossenen Ackergebiet liege. Dieser Sachverhalt wurde von den Bf. auch nicht bestritten, sie führen in ihrer Beschwerde lediglich aus,

"daß sich §1 O.Ö. GVG bei der gegebenen verfassungskonformen Auslegung nur auf solche Grundstücke bezieht, die ganz oder teilweise einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind, während der Beschaffenheit und der tatsächlichen Verwendung des Grundstückes für sich allein noch keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt."

Der VfGH ist im Hinblick auf die unbestritten gebliebenen Ausführungen darüber, daß das - im übrigen im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Kirchham als "Grünland" ausgewiesene - Grundstück als Acker genutzt wird, zur Auffassung gelangt, daß es sich bei der von den Bf. erworbenen Grundfläche um ein Grundstück handelt, auf dem Landwirtschaft betrieben wird (vgl. VfSlg. 8257/1978, s. hiezu insbesondere VfSlg. 9767/1983, S. 24).

Bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat demnach die bel. Beh. jedenfalls keine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nach dem Gesetz nicht zugekommen wäre. Die Bf. sind daher durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

4. Zur Behauptung, daß die Behörde ein ordentliches Ermittlungsverfahren unterlassen und außerdem in der Bescheidbegründung darauf hingewiesen habe, daß das Grundstück zur Errichtung eines Kleingartens nicht geeignet und auch von der Gemeinde die Schaffung einer Kleingartensiedlung in diesem Bereich nicht erwünscht sei, obwohl der bel. Beh. im Verfahren zur Errichtung von Dauerkleingärten keine Zuständigkeit zukomme, ist zu bemerken, daß die Berufungsentscheidung ausschließlich auf Bestimmungen des OÖ GVG 1975 beruht, wobei dieser Entscheidung Feststellungen über die derzeitige sowie über die durch die Käufer vorgesehene Nutzung des Grundstückes zugrunde gelegt wurden, die den von den Bf. im Genehmigungsverfahren gemachten Angaben nicht widersprechen. Da aus den Verwaltungsakten hervorgeht, daß die Feststellungen der bel. Beh. mit den Aussagen der Bf. soweit übereinstimmten, daß ein weitergehendes Ermittlungsverfahren nicht notwendig erschien, trifft daher schon deshalb der Vorwurf der Bf., daß ein Mangel des Ermittlungsverfahrens vorliege, der in die Verfassungssphäre reiche, nicht zu.

Aus den Verwaltungsakten geht auch hervor, daß die Bf. die Nutzung des Grundstückes als Erholungsfläche beabsichtigten und diese Absicht im Verwaltungsverfahren wiederholt bekundet haben. Davon ausgehend konnte die bel. Beh. zumindest denkmöglich annehmen, daß die Käufer das Kaufobjekt nicht bewirtschaften, sondern (lediglich) als Erholungsfläche nutzen würden.

Die Bf. sind daher auch im Eigentumsrecht nicht verletzt worden.

5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Selbstbewirtschaftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B1011.1987

Dokumentnummer

JFT_10119073_87B01011_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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