Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 90/12/0330 E 22. April 1991 90/12/0331 E 22. April 1991 90/12/0332 E 22. April 1991 91/12/0001 E 27. Mai 1991 90/12/0334 E 22. April 1991 90/12/0335 E 22. April 1991 90/12/0336 E 22. April 1991 90/12/0333 E 22. April 1991Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der A gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 13. November 1990, Zl. 225.019/3-III 5/90, betreffend Feststellung von Dienstpflichten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Unterbrechung des Verfahrens wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Richter des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Am 30. April 1990 brachte die Beschwerdeführerin den an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gerichteten Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides beim Arbeits- und Sozialgericht Wien im Dienstweg ein. Darin brachte sie vor, mit Rundschreiben des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. März 1990 seien ihr der Erlaß des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. März 1990, Zl. Jv 4612-1b/90, und der Erlaß der belangten Behörde vom 20. (richtig wohl 15.) März 1990, Zl. 14.012/4-Pr 1/90, zugestellt worden. Mit Erlaß vom 6. April 1990 habe der Präsident des Arbeits- und Sozialgerichtes den Richtern dieses Gerichtes aufgetragen, "die begehrten Berichte" erstmals zum Stichtag 1. April 1990 zu erstatten. Diese Erlässe stützten sich auf eine Verordnung der belangten Behörde vom 15. März 1990, mit der die Verordnung der belangten Behörde vom 14. März 1989 "erweitert" worden sei. Diese Verordnungen enthielten keine Berichtspflicht des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien. Im Rundschreiben des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. März 1990 werde ausgeführt, "versehentlich" sei im neuen Erlaß der belangten Behörde keine Berichtspflicht für Arbeits- und Sozialrechtssachen enthalten, doch habe Ministerialrat "Hopf" nunmehr mündlich angeordnet, daß die Berichtspflicht auch für die genannten Rechtssachen gelte. Die Anordnung eines Ministerialbeamten könne eine Verordnung der belangten Behörde nicht ergänzen. Eine Verordnung der belangten Behörde, mit der die Verordnungen über die Berichtspflicht auf Arbeits- und Sozialrechtssachen ausgedehnt worden wäre, sei nicht kundgemacht worden. Die Verordnungen der belangten Behörde stellten Rechtsverordnungen dar, die nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wegen unterbliebener Kundmachung im Bundesgesetzblatt gesetzwidrig seien.
Falls die Abgabe der Berichte justizinternen Datenerhebungen und statistischen Zwecken dienen sollte, stelle diese Tätigkeit keine Ausübung der Gerichtsbarkeit dar. Die Beschwerdeführerin habe keine Zustimmung zu ihrer Verwendung in Justizverwaltungssachen abgegeben. Der Verfassungsgerichtshof habe im "Lenkererhebungserkenntnis" ausgesprochen, daß das im Art. 90 Abs. 2 B-VG verankerte Anklageprinzip in seiner materiellen Bedeutung auch für das Verwaltungsstrafverfahren maßgeblich sei. Eine Gesetzesbestimmung stehe mit diesem Grundsatz nicht in Einklang, wenn sie den im Verwaltungsstrafverfahren oder in einem Stadium vor der Einleitung eines Strafverfahrens im weitesten Sinn Beschuldigten unter Strafsanktion zwinge, ein Geständnis seines strafbaren Verhaltens abzulegen. Da die genannten Verordnungen der belangten Behörde eine periodisch wiederkehrende Berichtspflicht vorsähen, habe die Beschwerdeführerin für die Zukunft ein Interesse an der Feststellung, daß die Einhaltung dieser Berichtspflicht nicht zu ihren Dienstpflichten zähle. Das Arbeits- und Sozialgericht in Wien gehöre zu den am stärksten belasteten Gerichten Österreichs. Da der Erlaß der belangten Behörde vom 14. März 1989 davon spreche, daß die Berichte der Dienstaufsicht dienen sollten - in den Berichten seien Ausfertigungsrückstände für Urteile von mehr als zwei Monaten vorgesehen - gegenüber der gesetzlichen Ausfertigungsfrist von vier Wochen, die einzuhalten offenbar nach Verlängerung der gesetzlichen Ausfertigungsfrist nicht mehr für möglich gehalten werde, könne die Beschwerdeführerin nicht ausschließen, daß sie bei einer Erfüllung dieser Berichtspflicht in Zukunft in die Lage käme, sich einer objektiven Pflichtwidrigkeit (und damit eines Disziplinarvergehens) selbst zu bezichtigen. Sie habe daher ein Interesse an der Feststellung, daß die Erstattung derartiger Berichte nicht zu ihren Dienstpflichten gehöre.
Sie beantrage daher die Erlassung des Bescheides, es werde festgestellt, daß es nicht zu den Dienstpflichten der Beschwerdeführerin gehöre, verantwortlich die in der Verordnung der belangten Behörde vom 14. März 1989, Zl.14.012/2-Pr 1/89, in der Verordnung der belangten Behörde vom 15. März 1990, Zl. 14.012/4-Pr. 1/90, im Erlaß des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. März 1990, Zl. Jv 4.612-1b/90 und in den Rundschreiben des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. März und 6. April 1990, beide Zl. Jv 547-1/90, genannten Berichte und Rückstandsausweise zu erstatten.
Am selben Tag stellte die Beschwerdeführerin im gleichen Wege einen weiteren Feststellungsantrag betreffend den Dienstauftrag des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27. April 1990, mit dem ihr aufgetragen wurde, "die Berichte nach den Erlässen der belangten Behörde vom 20. März 1990, Zl. Jv 14.012/4-Pr 1/90, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. März 1990, Zl. Jv 4.612-1b/90" zu erstatten, "weil dies zu den Dienstpflichten" des Leiters der Gerichtsabteilung gehöre. Dabei verwies sie auf den bereits vorher genannten Feststellungsantrag. Der Dienstauftrag sei nicht an eine namentlich bestimmte Person gerichtet, sondern an den Leiter der Gerichtsabteilung (Funktion) und entbehre daher "eines bestimmenden Merkmales als Auftrag". Nachgeordnete Dienstbehörden im Sinn des § 2 lit.c Z. 3 DVV seien die Oberlandesgerichte. Aus der Unterfertigung des Dienstauftrages mit "i.V. Dr. Ziegler" sei nicht erkennbar, daß der Präsident des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien einen bereits individuell erlassenen Dienstauftrag kundmache. Der Erlaß des Präsidenten dieses Gerichts stütze sich seinem Inhalt nach nur auf den Erlaß vom 20. März 1990 des Oberlandesgerichtes Wien. Dieser Erlaß sei eine generelle und nicht eine individuelle Anordnung. Der erwähnte "ausdrückliche Auftrag des Herrn Präsidenten des Oberlandesgerichtes" sei nicht mit der Jv-Zahl angeführt. Es liege daher kein individueller Auftrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vor, der den Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien zur Erlassung dieses Dienstauftrages ermächtigt habe. Der Präsident dieses Gerichtshofes sei zur Erlassung eines Dienstauftrages nicht zuständig, weil er keine nachgeordnete Dienstbehörde im Sinne der zitierten Bestimmung sei. Er sei auch nicht Dienstvorgesetzter der Beschwerdeführerin im Sinne des § 57 RDG. Die Dienstaufsicht stehe unmittelbar den Präsidenten des Oberlandesgerichtes zu. § 9 Abs. 5 DVG enthalte keine Ermächtigung an den Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz zur Erlassung eines Dienstrechtsmandates (Dienstauftrages). Dies werde durch das Gerichtsorganisationsgesetz (GOG), wonach dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes die unmittelbare Dienstaufsicht über die Gerichte erster Instanz zustehe, ausgeschlossen. Der Dienstauftrag sei daher von einem unzuständigen Organ erteilt worden. Der Dienstauftrag enthalte keine individuelle Verpflichtung, sondern stelle eine neuerliche Kundmachung des bekämpften Erlasses der belangten Behörde dar. Dieser Erlaß stelle in Wahrheit eine gesetzwidrige Rechtsverordnung dar. Im Erlaß der belangten Behörde vom 24. Jänner 1989, Zl. 14.012/1-Pr/89, seien laut Punkt 4 die Arbeits- und Sozialgerichte von der Berichtspflicht ausdrücklich ausgeschlossen. Die Verordnung der belangten Behörde vom 20. März 1990, Zl. 14.012/4-Pr 1/90, auf die sich der Dienstauftrag gründe, wiederhole nur diese Verordnung, ohne diese auf die Arbeits- und Sozialgerichte zu erweitern. Der Erlaß des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gründe sich auf keine kundgemachte Verordnung des Bundesministers für Justiz "(nicht: eines Ministerialbeamten)", in welcher die ursprüngliche Verordnung auf die Arbeits- und Sozialgerichte erweitert worden wäre. Es bestehe daher weiter die Ausnahme von der Berichtspflicht. Der Dienstauftrag überschreite die durch Verordnung eingeräumte Ermächtigung. Die Verordnung sei ohne entsprechende Gesetzesermächtigung ergangen. Es dürfe der Justizverwaltung nicht anheimgestellt sein, den Kreis der Rechte und Pflichten des Richters willkürlich durch die Erteilung von Dienstaufträgen zu bestimmen und Art. 87 B-VG und § 57 RDG selbständig zu interpretieren. In seinem Erkenntnis vom 21. März 1980, Zl. B 449/76, habe der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß aus Art. 88 Abs. 2 B-VG erschlossen werden könne, daß der Zweck dieser Regelung, die richterliche Unabhängigkeit zu wahren, es von vornherein ausschließe, einer über Dienstpflichten des Richters absprechenden verwaltungsbehördlichen Entscheidung für das disziplinargerichtliche Verfahren bindende Wirkung in der Weise beizumessen, daß sie zu einer Benachteiligung des Richters im Disziplinarverfahren führen könne. Die Annahme einer Bindung in dieser Richtung erscheine als verfassungswidrig, weil es derart dem einfachen Gesetzgeber gestattet wäre, die Behandlung von für das disziplinargerichtliche Verfahren entscheidungswesentlichen Fragen zum Nachteil des Richters auf Verwaltungsbehörden zu übertragen, also im Ergebnis jenen Zustand der Abhängigkeit des Richters von Verwaltungsorganen zu schaffen, den die Verfassungsordnung vermieden wissen wolle.
Dieser und eine Reihe gleichartiger Anträge von Richtern des selben Gerichtshofes wurden vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien der belangten Behörde am 16. Mai 1990 gemäß § 6 Abs. 1 AVG zur Entscheidung vorgelegt.
Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, daß die Befolgung der Dienstaufträge des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. und 27. April 1990, Zl. Jv 547-1/90, betreffend die Anordnung der Berichtspflicht im Sinne des mündlich ergänzten Erlasses des Bundesministers für Justiz vom 15. März 1990, JMZ 14.012/4-Pr 1/90, zu den Dienstpflichten zählt. Das Begehren, dem Feststellungsantrag aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wurde abgewiesen. Mit ihrem übrigen Begehren wurde die Beschwerdeführerin auf diese Entscheidung verwiesen. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, mit dem unter anderem an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien adressierten, im Spruch genannten Erlaß habe die belangte Behörde im Rahmen der Neuregelung des Berichtswesens unter Bezugnahme auf die mit Erlaß vom 24. Jänner 1989 für Bezirksgerichte und Gerichtshöfe erster Instanz zum 1. Juli und 1. Oktober 1989 verfügte Berichtspflicht über Ausfertigungsrückstände in Cg-, C-, Hv- und U-Sachen - in Punkt 4 dieses Erlasses seien Arbeits- und Sozialrechtssachen von der Berichtspflicht ausgenommen gewesen - angeordnet, zum 1. April und 1. Oktober 1990 sowie jeweils zum 1. Oktober der Folgejahre Bericht an die belangte Behörde über Ausfertigungsrückstände unter Verwendung dazu bestimmter, als Beilagen angeschlossener, die genannten Geschäftsbereiche betreffender Formblätter zu erstatten, um künftig im Rahmen der Dienstaufsicht die Entwicklung der Rückstände bei der Abfassung von Urteilen auf einheitlicher Grundlage beobachten zu können. Nachdem der vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien zu Jv 4.612-1b/90 mit dieser Angelegenheit weiter betraute Präsident des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien am 22. März 1990 mitgeteilt habe, daß seines Erachtens durch den Erlaß vom 15. März 1990 die Berichtspflicht nicht auf Arbeits- und Sozialrechtssachen ausgedehnt worden sei und, soweit keine gegenteilige Weisung erfolge, Berichte unterblieben, habe die belangte Behörde mündlich angeordnet, daß die Berichtspflicht auch für Arbeits- und Sozialsachen gelte. Dies sei den Richtern des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien durch ein Rundschreiben des Präsidenten ihres Gerichtshofes vom 23. März 1990 zu Jv 547-1/90 unter gleichzeitiger Überlassung je einer Ausfertigung des erwähnten Erlasses und auf "Cga und Cgs" korrigierter Formblätter nachweislich zur Kenntnis gebracht worden. Nachdem sich neunzehn Richter des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien in einem an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien gerichteten Schreiben vom 27. März 1990 von der Berichtspflicht nicht betroffen erklärt hätten, habe der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien den Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien mit Schreiben vom 4. April 1990 zu Jv 4.612-1b/90 ergänzend zum Erlaß der belangten Behörde vom 15. März 1990 und zu seinem Erlaß vom 20. März 1990 darauf hingewiesen, daß die von der belangten Behörde abverlangten Berichte auch für Arbeits- und Sozialrechtssachen gelten, und ersucht, den Richtern aufzutragen, die begehrten Berichte zum Stichtag 1. April 1990 zu erstatten. In seinem an alle Richter des Arbeits- und Sozialgerichtes gerichteten nachweislich zugestellten Erlaß vom 6. April 1990 habe der Präsident des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien unter Hinweis auf die bisher ergangenen Erlässe der belangten Behörde und des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien aufgetragen, die von der belangten Behörde abverlangten Berichte zu erstatten. Nach Vorlage des Antrages eines Richters des Arbeits- und Sozialgerichtes auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Berichtspflicht habe der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien dem Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien am 24. April 1990 aufgetragen, jenen neunzehn Richtern, die in ihrer Eingabe vom 27. März 1990 die Berichtspflicht angezweifelt hätten, mit Dienstauftrag die Erstattung dieser Berichte aufzutragen, welchem Auftrag der Präsident des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien durch nachweisliche Erteilung dieser Dienstaufträge an die Betroffenen entsprochen habe. Den Antragstellern (unter anderen der nunmehrigen Beschwerdeführerin) seien vom Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien in Entsprechung des mündlich ergänzten Erlasses der belangten Behörde vom 15. März 1990 die Dienstaufträge erteilt worden, die individuelle Verwaltungsakte und somit dienstrechtlich wirksame Maßnahmen darstellten, sodaß der Erlaß der beantragten Feststellungsbescheide ein notwendiges Mittel zur Rechtsverteidigung und daher zulässig sei. Die Dienstaufträge des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien seien auf Grund der Weisungen des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 4. und 24. April 1990 erteilt worden, die ihrerseits auf dem Erlaß der belangten Behörde vom 15. März 1990 und dessen mündlicher Ergänzung beruhten. Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 9 DVV komme die Feststellung, ob die Befolgung eines bestimmten Dienstauftrages zu den Dienstpflichten zähle, den nachgeordneten Behörden nur zu, soferne der Dienstauftrag nicht von der obersten Dienstbehörde oder auf deren Weisung erteilt worden sei. Da im vorliegenden Fall die Dienstaufträge durch den Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien in Entsprechung des mündlich ergänzten Erlasses der belangten Behörde erteilt worden seien, sei die belangte Behörde zur Entscheidung über die Feststellungsanträge zuständig.
Gemäß § 76 Abs. 3 GOG hätten alle Gerichtspersonen den vorgesetzten Behörden im Rahmen der Dienstaufsicht über alle Amtsgeschäfte Auskunft und RECHENSCHAFT zu geben, wobei gemäß § 74 Abs. 2 GOG der belangten Behörde unter anderem die allgemeine Oberaufsicht über die Ausübung der Rechtspflege bei allen österreichischen Gerichten zustehe. Es obliege der Dienstbehörde festzustellen, welche Geschäfte des Gerichtes in welchem Umfange von welchen Personen in welcher Weise, Zeit und Art erledigt würden. Hiezu könnten auch Berichte und Rückstandsausweise eingeholt werden. Über die Amtsgeschäfte sei der Dienstbehörde über Verlangen Auskunft zu geben, das heiße mitzuteilen, was tatsächlich geschehen sei. Wende man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so zeige sich, daß die von der belangten Behörde angeordnete Berichtspflicht in den erwähnten einfach-gesetzlichen Bestimmungen Deckung finde und der belangten Behörde ein individuelles Aufsichtsrecht in Belangen der Rechtspflege zustehe, zumal gemäß Art. 87 B-VG die Richter zwar in Ausübung ihres richterlichen Amts unabhängig seien, sich die Dienstaufsicht jedoch nicht nur auf Justizverwaltungsaufgaben, sondern auch auf die eigentliche richterliche Tätigkeit erstrecke. Im übrigen sei die Berichtspflicht eine notwendige Maßnahme zur Aufrechterhaltung des Gerichtsbetriebes, weil Berichte über die Dauer von Verfahren und über Ausfertigungsverzögerungen erforderlich seien, um der Dienstbehörde jene Kenntnisse zu verschaffen, die sie erst in die Lage versetzten, allfällige Unzukömmlichkeiten oder gar Pflichtverletzungen mit den ihr rechtlich zu Gebote stehenden Mitteln abzustellen. Dazu berief sich die belangte Behörde auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 21. März 1980 und des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1981 und die Lehre (Walter, Verfassung und Gerichtsbarkeit S 65). Die Erstattung derartiger Berichte gehöre im Sinne des § 76 Abs 3 GOG zu den - wenn auch nicht der Rechtsprechung zuzuordnenden - Dienstpflichten des Richters.
Gemäß § 57 Abs. 2 RDG habe der Richter, soweit er sich nicht in Ausübung seines richterlichen Amtes befinde, den dienstlichen Anordnungen seiner Vorgesetzten Folge zu leisten. Es könnten dem Richter dabei alle in Betracht kommenden materiellen Justizverwaltungsaufgaben - soweit sie nicht durch Senate zu erledigen seien - unabhängig davon, ob sie mit seiner richterlichen Tätigkeit in einem Zusammenhang stünden, übertragen werden. Selbst wenn ein Berichtsauftrag lediglich statistischen Zwecken dienen sollte, hätte der Richter einen derartigen Dienstauftrag der vorgesetzten Organe zu befolgen. Wenn sich die Richter bei Entsprechung der Dienstaufträge selbst objektiver Rechtswidrigkeiten bezichtigen müßten, so könnten sie nicht dartun, gegen welche Norm damit verstoßen werden sollte. Solche Normen bestünden nicht und würden eine Dienstaufsicht unmöglich machen. Der Verfassungsgerichtshof habe in einem ähnlich gelagerten Fall mit Erkenntnis vom 21. März 1980, Zl. B 449/76, im Hinblick auf eine behauptete Verletzung des Art. 3 MRK ausgesprochen, daß im Zusammenhang mit derartigen Berichtsaufträgen keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, daß ein die Menschenwürde beeinträchtigendes, als gröbliche Mißachtung des Berichtspflichtigen zu qualifizierendes Verhalten von der den Auftrag erteilenden Behörde gesetzt worden wäre. Der Erlaß der belangten Behörde vom 15. März 1990 wie auch die Erlässe der Präsidenten der Gerichtshöfe erster und zweiter Instanz stellten keine den Kundmachungsvorschriften unterliegenden Rechtsverordnungen dar. Es handle sich um Weisungen im Bereich der Justizaufsicht. Diese werde gemäß § 31 Abs. 1 GOG vom Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz über sämtliche bei seinem Gericht angestellte und verwendete Personen geführt. Er bedürfe zur Erlassung solcher Weisungen keiner weiteren Ermächtigung (Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1981, Zl. 12/2502/80). Im vorliegenden Fall sei durch die auf Grund der Weisungen des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom
4. und 24. April 1990 erlassenen Dienstaufträge des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien die generelle Weisung der belangten Behörde vom 15. März 1990 in die Form an die einzelnen Richter des Gerichtes gerichteter individueller Verwaltungsakte gekleidet worden, woran im Hinblick auf die nachweisliche Zustellung dieser Dienstaufträge an die Richter kein Zweifel bestehen könne. Daß die Anordnungen an Organe gerichtet seien, die durch individuelle Merkmale bezeichnet würden (an die Leiter der einzelnen Gerichtsabteilungen), ändere nichts am individuellen Charakter dieser Normen (Antoniolli-Koja, Lehr- und Handbuch des Allgemeinen Verwaltungsrechtes, S 318). Ebensowenig stehe die inhaltliche Gleichartigkeit von generellen Weisungen und individuellem Dienstauftrag dieser Qualifizierung entgegen. Die selbständige Befugnis des Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz zur Erteilung von Weisungen und Dienstaufträgen im Rahmen der Dienstaufsicht ließe die bekämpften Dienstaufträge auch bei Fehlen von Weisungen der Oberbehörde unbedenklich erscheinen. Im übrigen sei eine Weisung ein formfreier Verwaltungsakt, sodaß der mündlichen Ergänzung des schriftlichen Erlasses nichts entgegenstehe und die Weisung der belangten Behörde in der ergänzten Form mängelfrei sei. Die Befolgung der Dienstaufträge des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. und 27. April 1990 betreffend die Anordnung der Berichtspflicht im Sinne des mündlich ergänzten Erlasses der belangten Behörde vom 15. März 1990 zähle daher zu den Dienstpflichten der antragstellenden Richter (der Beschwerdeführerin).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und das Verfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über eine Parallelbeschwerde zu unterbrechen.
Der Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens ist unzulässig, weil das Gesetz eine derartige Maßnahme im Falle von Parallelbeschwerden bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts nicht vorsieht. Eine Entscheidung über den Aufschiebungsantrag erübrigt sich, da in der Sache selbst entschieden wird.
Über die Beschwerde und die von der belangten Behörde unter Vorlage der Verwaltungsakten erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gegenstand der Beschwerde ist ein Feststellungsbescheid der belangten Behörde, der über Antrag der Beschwerdeführerin ergangen ist. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Februar 1989, Zl. 87/12/0112, und die dort zitierte Literatur und Judikatur) sind die Verwaltungsbehörden nicht nur berechtigt, außerhalb audrücklicher gesetzlicher Einzelermächtigung im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit (auch im Dienstrechtsverfahren: vgl. Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1969, Zl. 206/67) von Amts wegen Feststellungsbescheide über Rechte oder Rechtsverhältnisse zu erlassen, sofern ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlaß dazu gegeben ist und die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich anderes bestimmen, sondern kommt auch der Partei des Verwaltungsverfahrens unter der zuletzt genannten Voraussetzung die Berechtigung zu, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen.
Unter diesen Voraussetzungen bejaht die Judikatur auch in bezug auf Weisungen (Dienstaufträge) ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, ob die Befolgung einer erteilten Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten zählt. Ein Recht auf bescheidmäßige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Dienstaufträgen besteht bloß dann, wenn durch diese Dienstaufträge die aus dem Dienstrecht entspringenden Rechte und Pflichten des Beamten berührt werden (vgl. hiezu auch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 21. März 1980, B 449/76, und die dort zitierte Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts). Die Feststellung, ob die Befolgung eines bestimmten Dienstauftrages zu den Dienstpflichten zählt, ist im § 1 Abs. 1 Z. 9 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981, BGBl. Nr. 162 (DVV), auf die im § 2 genannten nachgeordneten Dienstbehörden nur übertragen, sofern der Dienstauftrag nicht von der obersten Dienstbehörde oder auf deren Weisung erteilt worden ist.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die belangte Behörde sei zur Erlassung des angefochtenen Bescheides unzuständig gewesen, weil der Dienstauftrag (Weisung) des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien betreffend die Anordnung des "mündlich ergänzten" Erlasses der belangten Behörde vom 15. März 1990, wonach die Berichtspflicht zu den Dienstpflichten zähle, nicht auf Weisung der obersten Dienstbehörde erteilt worden wäre. Dem ist entgegenzuhalten, daß selbst nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das sich in diesem Punkt sowohl mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides als auch mit den Akten des Verwaltungsverfahrens deckt, die ihr durch den Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes mit Dienstauftrag erteilte Weisung (Berichtspflicht) auf eine generelle Weisung der belangten Behörde über die Berichtspflicht zurückgeht, die dem Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz im Wege des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien übermittelt worden ist. Bei diesen generellen Weisungen, sogenannten Verwaltungsverordnungen, handelt es sich um Anweisungen an Richter, die an sie nicht in ihrer Funktion als Träger der Rechtsprechung erteilt worden sind (Antoniolli-Koja Allgemeines Verwaltungsrecht S 154 f.).
Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, daß derartige "Verwaltungsverordnungen" als generelle Weisungen ihre Grundlage in Art. 20 Abs. 1 B-VG und nicht in Art. 18 Abs. 2 B-VG haben (vgl. Antoniolli-Koja aaO S 155 bei Anm. 66 und die dort zitierte Rechtsprechung und Lehre).
Der Standpunkt der Beschwerdeführerin, die Erlässe der belangten Behörde als oberste Dienstbehörde, mit welchen die Berichtspflicht generell aufgetragen worden war, seien mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt rechtsunwirksam ist nicht berechtigt. Solchen sogenannten "Verwaltungsverordnungen", also generellen Weisungen kommt allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 18. November 1971, Zl. 2087/70, Slg. NF Nr. 8109/A, und die dort zitierte Judikatur) für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes keine normative Bedeutung zu. Da für die Erteilung von Weisungen das Gesetz keine Formerfordernisse aufstellt, ist es auch im Gegenstand ohne rechtliche Bedeutung, ob die schriftlichen generellen Weisungen (Erlässe) der belangten Behörde mündlich ergänzt, bzw. in ihrem Anwendungsbereich auf die Richter der Sozial- und Arbeitsgerichte durch einen zuständigen Beamten der obersten Dienstbehörde ausgedehnt worden sind, ohne daß es zu einer schriftlichen Abänderung der Erlässe in diesem Sinn gekommen ist. Die Zuständigkeit des Beamten der obersten Dienstbehörde zur Erlassung einer derartigen generellen Weisung ergibt sich aus der hierarchischen Struktur der obersten Dienstbehörde. Daß diese Weisung vom Bundesminister für Justiz selbst ausgehen müßte, um rechtswirksam zu werden, wie die Beschwerdeführerin vermeint, widerspricht dem System der Ministerialverwaltung. Daß der Ministerialbeamte, der dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegenüber den Erlaß der belangten Behörde ergänzt hat, hiezu nicht zuständig gewesen wäre, oder daß er damit seine Zuständigkeit zur Erteilung von Weisungen für die belangte Behörde überschritten hätte, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Daraus folgt für den Beschwerdefall einerseits, daß die individuelle - die Beschwerdeführerin als Funktionsträgerin (Leiterin einer Gerichtsabteilung) - betreffende Weisung des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes, mit der ihr die Berichtspflicht aufgetragen worden ist, auf Grund genereller Weisungen der übergeordneten Justizverwaltungsbehörden, in letzter Instanz der belangten Behörde als oberster Justizverwaltungsbehörde, ergangen ist. Dies hat zur Folge, daß zur Entscheidung über die Feststellungsanträge der Beschwerdeführerin ausschließlich die belangte Behörde zuständig ist, weil der Dienstauftrag auf Grund der Weisung der obersten Dienstbehörde erteilt worden ist (§ 1 Abs. 1 Z. 9 DVV).
Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides liegt demnach nicht vor.
Ihrem Inhalt nach beruht die der Beschwerdeführerin aufgetragene Berichtspflicht auf § 57 Abs. 2 des Richterdienstgesetzes - RDG -, wonach es zu den allgemeinen Pflichten des Richters gehört, den dienstlichen Anordnungen seiner Vorgesetzten Folge zu leisten, soweit sich der Richter nicht in Ausübung seines richterlichen Amtes befindet. Bei deren Durchführung hat der Richter die ihm anvertrauten Interessen des Dienstes nach bestem Wissen und Können wahrzunehmen.
Auf einfachgesetzlicher Stufe werden Justizverwaltung und Aufsichtsrecht im vierten Abschnitt des Gerichtsorganisationsgesetzes (§§ 73 bis 78 GOG) geregelt. Nur hinsichtlich der Geschäfte der Justizverwaltung sind die Gerichte dem Bundesminister für Justiz untergeordnet. Die sogenannte Dienstaufsicht führt gemäß § 31 Abs. 1 GOG der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz über sämtliche bei diesem Gerichtshof angestellte oder verwendete Personen und überwacht die ihnen zugewiesenen Amtsgeschäfte. Diese Dienstaufsicht erstreckt sich nicht nur auf die Justizverwaltungsaufgaben, sondern auch auf die eigentliche richterliche Tätigkeit (Justizaufsicht). Zunächst obliegt es den Dienstaufsichtsbehörden festzustellen, welche Geschäfte in welchem Umfang, von welchen Personen, in welcher Weise, Zeit und Art erledigt werden. Es können hiezu auch Berichte und Rückstandsverzeichnisse eingeholt werden. Über die Amtsgeschäfte ist den Dienstaufsichtsbehörden über Verlangen Auskunft zu geben, das heißt mitzuteilen, was tatsächlich geschehen ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1981, Zl. 12/2502/80). Auf Grund dieser Rechtslage erweist sich, daß die belangte Behörde im Beschwerdefall ohne Rechtsirrtum festgestellt hat, daß die Erfüllung der Dienstaufträge des Präsidenten des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien zu den Dienstpflichten der Beschwerdeführerin gehört. Dies ergibt sich schon daraus, daß es sich ausschließlich um Auskünfte über das tatsächliche Geschehen im zivilgerichtlichen Verfahren handelt und kein darüber hinausgehendes Begehren auf Rechenschaft in Sachen der Rechtsprechung oder auch nur, aus welchen Gründen in bestimmter Weise Akte der Rechtsprechung gesetzt oder nicht gesetzt worden sind, Gegenstand des von der Beschwerdeführerin angefochtenen Feststellungsbescheides sind. Ein gesetzwidriger Eingriff der Justizbehörden in die Ausübung des richterlichen Amtes der Beschwerdeführerin liegt daher nicht vor (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes).
Auch der von der Beschwerdeführerin behauptete Verstoß der Dienstaufträge gegen § 7 Abs. 1 Z. 1 AVG liegt nicht vor. Nach dieser Bestimmung haben sich Verwaltungsorgane in Sachen, an denen unter anderen sie selbst beteiligt sind, der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen. Die Beschwerdeführerin verkennt den Sinn dieser Bestimmung, da sie vermeint, durch die Berichtspflicht habe sie ihr Amt in einer Sache auszuüben, an der sie selbst beteiligt sei. Die Befolgung einer Weisung des vorgesetzten Organs hat nämlich die Befangenheit des Weisungsempfängers nicht zur Folge (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1971, Zlen. 1798, 1799/70). Sie widerspricht vor allem aber auch der ausdrücklichen Gesetzesbestimmung, wonach die Gerichte und deren Personal die Anordnungen der mit der Aufsicht betrauten Behörden und Organe genau zu befolgen und denselben auf Verlangen über alle Amtsgeschäfte AUSKUNFT und RECHENSCHAFT zu geben haben (§ 76 Abs. 3 GOG). Die Erfüllung dieser Dienstpflicht kann keine Befangenheit wegen Ausübung des Amtes in eigener Sache bewirken. Ohne die ständige Beobachtung der Arbeit der Richter und des Geschäftsablaufes bei den Gerichten könnte der Staat Vorkehrungen und Maßnahmen nicht treffen, die erforderlich sind, um im Interesse aller Bürger eine geordnete Rechtspflege aufrecht zu erhalten. Diesem Zweck dient letztlich auch die Dienstaufsicht über Richter und die durch das Gesetz den Richtern aufgetragene Mitwirkungspflicht (vgl. in diesem Sinn auch das bei ähnlicher Rechtslage ergangene Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes vom 14. September 1990, NJW 1991 S 421f).
Von der Beschwerdeführerin wird auch eingewendet, sie werde durch den Berichtsauftrag zur "Selbstbezichtigung" veranlaßt, weil Berichte über Ausfertigungsrückstände von mehr als zwei Monaten verlangt würden, während die gesetzliche Ausfertigungsfrist für zivilgerichtliche Urteile nur vier Wochen betrage. Es werde daher ein Bericht über objektive Pflichtwidrigkeiten aufgetragen, der zu Disziplinarverfahren führen könnte. Auch diese Einwendung vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil es gerade Sache der Dienstaufsicht ist, die von der Beschwerdeführerin behaupteten Organisationsmängel der Justiz, wie überlange Schreibefristen bei der Protokollübertragung, durch geeignete Maßnahmen der Personalbewirtschaftung zu beheben. Dazu bedarf die Justizverwaltung der Kenntnis der aufgetretenen Rückstände, wobei die Mitwirkung der Richter gerade in deren Interesse zur Abstellung der behaupteten Organisationsmängel geboten ist.
Ein Verstoß des Dienstauftrages gegen Art. 6 Abs. 3 EMRK ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar. Soweit die Beschwerdeführerin diesbezüglich einen Eingriff in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte behauptet, ist zur Behandlung dieser Fragen der von ihr gleichzeitig angerufene Verfassungsgerichtshof ausschließlich zuständig und dadurch die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Eine Bindung der Disziplinargerichte durch die gegenständlichen Dienstaufträge der Justizverwaltung, wie die Beschwerdeführerin weiters behauptet, ist nicht zu erkennen, weil durch die Mitwirkung der Beschwerdeführerin bei der Ermittlung von allfälligen Urteilsausfertigungsrückständen keine rechtliche Bindung für ein allfälliges Disziplinarverfahren eintritt.
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, nach dem Spruch im Punkt 1 des angefochtenen Bescheides liege eine Abweichung von ihrem Antrag vor, wonach die Befolgung des Dienstauftrages nicht zu ihren Dienstpflichten zähle, weil ausgesprochen werde, die Befolgung des Dienstauftrages zähle zu "den" Dienstpflichten. Dadurch werde nicht ausgesprochen, wer durch welchen Teil des Erlasses verpflichtet wäre, sodaß nicht ausreichend über den Antrag der Beschwerdeführerin entschieden worden sei. Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen, da durch die Fassung des angefochtenen Bescheides klar zum Ausdruck gebracht wird, daß zu den Dienstpflichten der Beschwerdeführerin die Berichtspflicht nach den genannten Erlässen gehöre.
Die somit in allen Punkten unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Materien und Normen B-VG Weisungsgebundenheit Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erlässe Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Verfahrensrecht Weisungen Führung der Verwaltung öffentliche Interessen Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Weisungen Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990120329.X00Im RIS seit
22.02.2002Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008