Index
L22007 Landesbedienstete Tirol;Norm
ASVG §136;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des A gegen den Bescheid der Verwaltungsoberkommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Tiroler Landesbeamten vom 27. Oktober 1989, betreffend Kostentragung für Heilmittel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol; er ist für sich und seine Gattin nach dem Tiroler Beamten- und Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz (BLKUFG) anspruchsberechtigt.
Im Zuge der medizinischen Behandlung der Gattin des Beschwerdeführers, die seit Jahren an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule leidet, wobei neben Bandscheibenschäden eine Arthrose der großen Gelenke besteht und auch ein Zustand nach juvenilem Morbus Scheuermann vorhanden ist, wurde vom behandelnden Arzt u.a. das Medikament "Gerontamin" verschrieben. Der Beschwerdeführer bezahlte hiefür die Kosten und beantragte Refundierung.
Mit Schreiben vom 21. Juli 1988 teilte die Krankenfürsorge der Landesbeamten dem Beschwerdeführer mit, daß ihm für das genannte Präparat kein Kostenersatz geleistet werden könne, weil es sich hiebei nicht um eine in Österreich anerkannte Arznei im Sinne des § 12 Abs. 1 lit. a BLKUFG handle. Der Beschwerdeführer verlangte darauf unter Hinweis auf die ärztliche Verschreibung und die Regelung des § 12 Abs. 1 lit. b BLKUFG bescheidmäßige Absprache.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens holte die Behörde erster Instanz eine Stellungnahme des Institutes für Pharmakologie vom 29. November 1988 und des behandelnden Arztes vom 10. März 1989 ein.
Mit Bescheid vom 6. April 1989 lehnte die Behörde erster Instanz die Kostenübernahme für das genannte Medikament ab. In der Begründung dieses Bescheides wird vorerst die Stellungnahme des behandelnden Arztes vom 10. März 1989 wiedergegeben. Er habe, um bei der Patientin Schmerzfreiheit respektive Schmerzlinderung zu erzielen, nach Durchführung von Neuraltherapie und Akupunktur neben anderen homöopathischen Präparaten zur Stabilisierung des Zustandsbildes Gerontamin verordnet. Dieses Mittel sei im Österreichischen Arzneimittelkodex nicht registriert und müsse aus Deutschland importiert werden. Es sei sowohl in Kapsel- als auch in Pulverform erhältlich. Das Medikament enthalte "Gelantine", L-Cystin (Aminosäure) und Vitamin A und werde von ihm (dem behandelnden Arzt) seit Jahren neben der angeführten alternativen Medikation zur Stabilisierung bei den bereits erwähnten krankhaften Prozessen mit Erfolg eingesetzt. Wie der Gebrauchsinformation entnommen werden könne, werde dieses Therapeutikum - ungeachtet der Tatsache, daß in Österreich kein Präparat ähnlicher Zusammensetzung existiere - ausschließlich als Mittel gegen degenerative Veränderungen im WS-Bereich produziert und als solches in den Handel gebracht. Es gäbe in Österreich - entgegen den Ausführungen von Professor Winkler - sehr wohl ein von den Inhaltsstoffen gleichwertiges Präparat, das jedoch in seiner "galenischen" Zusammensetzung anders geartet sei. Auf Grund der Tatsache, daß sich die mengenmäßige Zusammensetzung der beiden Präparate unterscheide, sei gerade die Verwendung von Gerontamin bei der Patientin angebracht und habe sich in Ansehung der Diagnose als einzig voll wirksames Präparat erwiesen. Bei dem bereits seit einiger Zeit von der Patientin verwendeten Präparat seien keine Nebenwirkungen aufgetreten.
Dann führte die Behörde erster Instanz in der Begründung ihres Bescheides weiter aus, sie habe sich an das Gutachten des Vorstandes des Institutes für Pharmakologie vom 29. November 1988 gehalten. Demnach enthalte das Präparat Gerontamin "Gelantine" (richtig: Gelatine), L-Cystin und 2000 IE Vitamin A pro Kapsel. L-Cystin sei eine in vielen Nahrungsmitteln enthaltene Aminosäure, eine zusätzliche Zufuhr habe keine belegte Wirkung. Gelatine sei ein Eiweiß, das arm an der Aminosäure Tryptophan sei, aber reich an Lysine. Die Zufuhr habe bei normaler Ernährung keinen bekannten und belegten therapeutischen Effekt. Als wirksame Substanz dieses Präparates verbleibe somit Vitamin A. Eine Wirkung dieses Vitamins bei rheumatischen Erkrankungen sei umstritten. Es müsse darauf hingewiesen werden, daß bei der Gabe von 12 Kapseln pro Tag Dosen zugeführt würden, die zur Vitamin-A-Überdosierung führen könnten. Dies könne schon ab 10.000 IE pro Tag der Fall sein. Symptome wie Übelkeit, Hyperkeratose, Reizbarkeit und Gelenksschwellungen könnten auftreten. Bei der Gabe dieses Mittels bei Arthrosen handle es sich um eine Therapie mit deutlichen Risken ohne belegte Wirksamkeit. In Österreich gebe es hochdosierte Vitamin A Präparate, z.B. Arcavit oder Oleovit Mite A-Kapseln. Da bei Gerontamin den einzig wirksamen Bestandteil das Vitamin A darstelle, seien in Österreich mit diesen Präparaten vergleichbare Medikamente gegeben. Außerdem werde darauf hingewiesen, daß die Versorgung mit Arzneimitteln in Österreich gut und eine Einfuhr aus dem Ausland in den seltensten Fällen zu rechtfertigen sei. Als notwendige Heilmittel gälten für die Krankenfürsorge die im Österreichischen Spezialitätenverzeichnis Band I registrierten Medikamente. Nur in ganz besonderen Fällen würden die Kosten für ausländische Präparate übernommen, wenn nachgewiesen werde, daß ein vergleichbares Medikament in Österreich nicht erhältlich sei. Die im österreichischen Spezialitätenverzeichnis registrierten Medikamente würden von der Geschäftsstelle ausnahmslos vergütet. Handle es sich jedoch um ein Präparat, das nicht registriert sei, entscheide die Verwaltungskommission, wobei sich diese an das Gutachten eines Facharztes bzw. des Vertrauensarztes halte.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er geltend machte, die Begründung sei mangelhaft, weil keine Auseinandersetzung mit der Stellungnahme des behandelnden Arztes erfolgt sei. Die Patientin selbst sei weder untersucht noch über die Wirkung des Präparates auf ihren Gesundheitszustand befragt worden. Tatsache sei, daß keine unerwünschten Nebenwirkungen aufgetreten seien; das Präparat habe vielmehr Schmerzfreiheit bewirkt. Der Zweck der Medikation dürfe weniger in der positiven Beeinflussung einer pharmakologischen Statistik gesehen werden, als vielmehr darin, beim Patienten den gewünschten Erfolg herbeizuführen. Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, daß das Präparat nicht wegen der (bedauerlicherweise ebenfalls diagnostizierten) Arthrose (nur auf diese Erkrankung nehme das pharmakologische Gutachten Bezug), sondern wegen der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule verordnet worden sei. Hinsichtlich der Notwendigkeit der Verabreichung dieses Präparates sei noch der Einwand des behandelnden Arztes zu beachten, daß ein vergleichbares, in Östereich erhältliches Medikament in seiner "galenischen" Zusammensetzung anders geartet sei, weshalb bei der Patientin nur das Präparat Gerontamin in Betracht gekommen sei. Die von der Behörde vertretene Rechtsauffassung, daß als notwendige Heilmittel für die Krankenfürsorge nur die im österreichischen Spezialitätenverzeichnis Band I registrierten Medikamente gelten würden, sei im Gesetz (§ 12 Abs. 1) nicht normiert. Die Frage, ob ein Heilmittel notwendig sei, ergebe sich aus der Art der Erkrankung, sei also immer im medizinischen Fachbereich abzuklären. Daraus folge, daß Heilmittel nur dann zu ersetzen seien, wenn sie ärztlich verordnet worden seien. Sei aber ein Heilmittel von einem Arzt verordnet worden, dann bestehe die Verpflichtung zur Kostenübernahme durch die Krankenfürsorge. Die Behörde unterstelle mit ihrer Auffassung dem Gesetzgeber die Absicht, den Patienten mit dem Kauf der verordneten Medikamente jeweils so lange zuwarten zu lassen, bis im Wege einer entsprechenden Begutachtung durch ärztliche Sachverständige abgeklärt sei, ob ein verordnetes Medikament auch tatsächlich notwendig und daher Ersatz zu leisten sei. Eine derartige Absicht könne dem Gesetzgeber unter Bedachtnahme auf die meist unverzügliche Notwendigkeit der Behandlung und den für die Begutachtung erforderlichen Zeitraum nicht unterstellt werden.
Die belangte Behörde holte daraufhin ein neuerliches Gutachten des Vorstandes des Institutes für Pharmakologie vom 20. Juni 1989 zur Wirkung des genannten Präparates unter Berücksichtigung eines in Österreich zugelassenen, nach der Zusammensetzung vergleichbaren Präparates (Gelacet) ein und bot dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme, in der dieser auf die unterschiedliche Indikation der Präparate und - unter Beweisanbot - auf die erfolgreiche ärztliche Anwendung des Gerontamin verwies.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Zur Begründung wird nach Hinweis auf den erstinstanzlichen Bescheid weiter ausgeführt: In der Berufung sei dargelegt worden, daß divergierende ärztliche Stellungnahmen vorlägen, wobei auf die Äußerung des behandelnden Arztes nicht eingegangen worden sei und die von der Erstinstanz vertretene Meinung - notwendige Heilmittel seien die im österreichischen Spezialitätenverzeichnis Band I registrierten Medikamente - im Gesetz (§ 12) nicht normiert sei. Bezüglich der weiteren Ausführungen werde auf die Berufungsschrift verwiesen.
Die belangte Behörde habe sich in ihren Sitzungen am 8. Juni 1989 und am 2. Oktober 1989 mit dieser Angelegenheit befaßt; es sei im Zuge des Berufungsverfahrens ein neuerliches Gutachten des Vorstandes des pharmakologischen Institutes eingeholt worden. Nach Wahrung des Parteiengehörs sei die belangte Behörde aus folgender Überlegung zur getroffenen Entscheidung gekommen: Es folgt eine zusammengefaßte Wiedergabe der Regelungen der §§ 10 und 12 BLKUFG. Dann wird in der Begründung lediglich noch ausgeführt, die belangte Behörde sei nach ausführlicher Beratung zum Schluß gelangt, daß unter "notwendigen Arzneien" die Medikamente zu verstehen seien, die im Österreichischen Arzneimittelkodex (Band I) verzeichnet seien. Zudem gebe es in Österreich Mittel, die nach dem pharmakologischen Gutachten die nahezu idente Zusammensetzung aufwiesen, aber auch andere Medikamente, die für die Behandlung dieses Leidens (Bandscheibenschäden und Arthrose der großen Gelenke) geeignet seien. Zudem habe der behandelnde Arzt in seiner Stellungnahme dargelegt, neben der Durchführung von Neuraltherapie, Akupunktur und homöophatischen Mitteln nur mit "Gerontamin" eine Linderung erreicht zu haben. Er habe also keine konventionellen Medikamente für die Behandlung angewendet. Nach dem Gutachten des Vorstandes des pharmakologischen Institutes gebe es keine belegten Studien dafür, daß Gerontamin bei diesen Indikationen eine Wirkung entfalten könne. Nach Meinung der belangten Behörde sei die Kostenübernahme für ausländische Präparate nur dann gerechtfertigt, wenn kein gleichwertiges Präparat in Österreich erhältlich sei und auch mit keinem anderen Medikament eine Heilung erzielt werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Übernahme der Kosten des ärztlich verordneten Medikamentes "Gerontamin" im Sinne der §§ 1, 10, 11 und 12 BLKUFG sowie in seinem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens (§ 78 BLKUFG iVm § 1 DVG und §§ 37 ff AVG) verletzt.
Im Beschwerdefall ist im wesentlichen strittig, ob es sich bei dem Medikament "Gerontamin" um ein Heilmittel im Sinne des § 12 Abs. 1 BLKUFG, Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 42/1979, handelt, für das der Ersatz der Kosten der Heilbehandlung im Sinne der §§ 10 in Verbindung mit 11 und 12 BLKUFG zu leisten ist.
Soweit im folgenden Paragraphen genannt sind, beziehen sich
diese auf das genannte Landesgesetz.
§ 12 Abs. 1 lautet:
"Heilmittel und Heilbehelfe
(1) Heilmittel sind:
a)
notwendige Arzneien,
b)
sonstige Mittel, die zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges notwendig sind."
Diese Regelung ist den §§ 136 Abs. 1 ASVG bzw. 64 Abs. 1 BKUVG nachgebildet. In Übereinstimmung mit der diesbezüglichen Rechtsprechung des OGH (vgl. Erkenntnis vom 6. Juni 1989, 10 Ob S 62/89) bzw. des OLG. Wien (vgl. Entscheidung vom 25. Juni 1984, 35 R 80/84) geht der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall davon aus, daß es sich bei den im § 12 Abs. 1 lit. a genannten Arzneien um Heilmittel handelt, die im wesneltichen auf den inneren Organismus wirken, indem sie diesem in geeigneter Weise (etwa durch Einnehmen, Einlauf, Einreiben oder Einspritzen) zugeführt werden oder örtliche Erkrankungen der Haut oder der Schleimhäute (Salben, Pinselungen udgl) beeinflussen. Die sonstigen Mittel nach § 12 Abs. 1 lit. b sind in diesem Sinne jene Heilmittel, die keine notwendigen Arzneien sind, aber wie diese zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges dienen.
Daraus folgt für den Beschwerdeführer, daß es sich bei dem ärztlich verordneten Medikament "Gerontamin" schon der Art nach um eine Arznei i.S. des § 12 Abs. 1 lit. a und nicht um ein sonstiges Mittel i.S. der lit. b der genannten Bestimmung gehandelt hat bzw. handelt. Das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte die Kosten für das genannte Medikament zumindest auf Grundlage des § 12 Abs. 1 lit. b übernehmen müssen, ist daher nicht berechtigt.
Der Beschwerde kommt aber dessenungeachtet aus folgenden Überlegungen Berechtigung zu:
Die im § 11 Abs. 1 geregelte Krankenbehandlung umfaßt - soweit dies für den Beschwerdefall von Bedeutung sein kann - die ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe. Nach § 10 umfaßt die Heilbehandlung alle Maßnahmen, die zur Beseitigung oder Besserung des durch die Krankheit bedingten regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes notwendig sind.
Weder aus diesen Bestimmungen noch aus der vorher wiedergegebenen Regelung des § 12 Abs. 1 ergibt sich - abgesehen die Frage der Notwendigkeit - eine Beschränkung in der Heilbehandlung bzw. der dabei verwendeten Heilmittel in der von der belangten Behörde nach der Begründung des angefochtenen Bescheides im nachstehenden Sinne angenommenen Art. Es ist also für den Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Rechtslage nicht erkennbar, daß primär nur "konventionelle Medikamente" angewendet werden dürfen bzw. daß unter "notwendigen Arzneien" nur solche Medikamente zu verstehen sind, die im Österreichischen Arzneimittel Kodex verzeichnet sind. Im übrigen steht diese zuletzt genannte - gesetzlich nicht gedeckte - Rechtsauffassung der belangten Behörde (vgl. den ersten Satz des letzten Absatzes der Begründung des angefochtenen Bescheides) im Widerspruch mit der im letzten Satz der Begründung geäußerten Rechtsauffassung, daß eine Kostenübernahme für ausländische Präparate nur dann gerechtfertigt sei, wenn kein gleichwertiges Präparat in Österreich erhältlich sei und auch mit keinem anderen Medikament eine Heilung erzielt werden könne.
Maßgebend für den Einsatz des genannten Arzneimittels im Rahmen der Krankenbehandlung ist vielmehr nach dem Gesetzeswortlaut, ob dieses Medikament zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges notwendig ist. Wenn auch der Begriff des "Notwendigsein" die unbedingte Erforderlichkeit des Heilmittels für den anzustrebenden Erfolg voraussetzt und damit lediglich eine Ersatzpflicht für solche Heilmittel normiert ist, die zur Erreichung des genannten Zweckes konkret erforderlich sind, reichen die von der Behörde getroffenen Feststellugnen im Beschwerdefall nicht zur Abweisung des Anspruches des Beschwerdeführers aus.
Eine abweisende Entscheidung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn medizinisch begründet dargelegt worden wäre, daß für die im konkreten Fall - offensichtlich nach einem länger bestandenen Leidenszustand - gewählte Behandlung und die dabei nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers erfolgreich eingesetzten Arzneimittel keine medizinisch begründete Notwendigkeit gegeben gewesen wäre. Die medizinisch begründete Notwendigkeit wird jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn frühere Behandlungen mit im Spezialitätenverzeichnis enthaltenen Medikamenten zu keinem entsprechenden Erfolg geführt haben und in Österreich kein tatsächlich gleichwertiges, kostengünstigeres Präparat zugelassen ist. Die diesbezüglich von der belangten Behörde im letzten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffene Feststellung, daß es in Österreich Mittel gäbe, die die nahezu idente Zusammensetzung wie das Arzneimittel Gerontamin aufwiesen (nach dem pharmakologischen Gutachten vom 20. Juni 1989 ist damit das für eine ganz andere Indikation vorgesehene Präparat Gelacet gemeint, auf das seitens des behandelnden Arztes selbst in seinem Gutachten vom 10. März 1989 hingewiesen wurde) ist insoferne mangelhaft geblieben, als eine Auseinandersetzung mit dem Berufseinwand, daß die "galenische Zusammensetzung" anders geartet und daher nur das Präparat Gerontamin in Frage gekommen sei, unterblieben ist.
Auf Grund der in sich widersprüchlichen Begründung des angefochtenen Bescheides ist im Sinne des auf das Verfahren anzuwendenden § 60 AVG nicht ersichtlich, von welcher Rechtsauffassung die belangte Behörde tatsächlich ausgegangen ist. Weiters ist eine hinreichende Auseinandersetzung mit den medizinisch begründeten Einwänden des Beschwerdeführers im Verfahren unterblieben.
Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des bereits nach der für 1989 geltenden Pauschalierungsverordnung eingeschränkten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1989120246.X00Im RIS seit
08.02.2001Zuletzt aktualisiert am
01.06.2010