Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §42 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Erna K in G, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 9. Oktober 1990, Zl. 312.537/4-III-3/90, betreffend Zurückweisung von Einwendungen in einem Verfahren betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: Z Wohnbau Gesellschaft m.b.H. in F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligte Partei S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Über den Antrag der mitbeteiligten Partei und eines weiteren Antragstellers auf Genehmigung ihrer Betriebsanlage "Projekt Dorfpark G" wurde mit Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 14. September 1988 die kommissionelle Verhandlung für den 29. September 1988 anberaumt. Zu dieser mündlichen Augenscheinsverhandlung erschien die Beschwerdeführerin nicht. Mit Schriftsätzen vom 12. Oktober 1988, 28. Oktober 1988 und vom 4. Jänner 1989 (bei der Erstbehörde eingelangt am 13. bzw. 31. Oktober 1988 bzw. 5. Jänner 1989) erhob die Beschwerdeführerin verschiedene Einwendungen gegen die in Rede stehende Betriebsanlage.
Mit Kundmachung vom 20. März 1989 beraumte die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch "wegen Ladungsmängel" eine "Nachtragsverhandlung" an. Nach Durchführung dieser Verhandlung, an der die Beschwerdeführerin neuerlich nicht teilnahm, wurde für den 24. April 1989 eine abermalige "Nachtragsverhandlung" anberaumt, zu der jedoch in der Folge niemand erschien.
Mit Bescheid vom 29. Mai 1989 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch der mitbeteiligten Partei gemäß § 77 GewO 1973 die Bewilligung für "die vorgesehene gewerbliche Betriebsanlage" unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen (Spruchpunkte I und III) und wies die Einwendungen unter anderem der Beschwerdeführerin als verspätet zurück (Spruchpunkt II).
Über Berufung der Beschwerdeführerin bestätigte der Landeshauptmann von Vorarlberg mit Bescheid vom 24. August 1989 den Spruchpunkt II des erstbehördlichen Bescheides mit der Maßgabe, daß die Zurückweisung der Einwendungen wegen Unzulässigkeit unter Zugrundelegung des § 356 GewO 1973 und des § 42 AVG erfolge.
Über Berufung der Beschwerdeführerin auch gegen diesen Bescheid behob der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 23. Februar 1990 den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 24. August 1989 im Grunde des § 59 Abs. 1 AVG 1950. Die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesministers an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0214, als unbegründet abgewiesen.
Zwischenzeitlich wies der Landeshauptmann von Vorarlberg mit Bescheid vom 27. Juni 1990 die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstbehördlichen Bescheid vom 29. Mai 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 356 Abs. 3 und § 359 Abs. 4 GewO 1973 mangels Parteistellung als unzulässig zurück.
Über Berufung der Beschwerdeführerin auch gegen den zuletzt genannten Bescheid bestätigte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 9. Oktober 1990 den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 27. Juni 1990 mit der Maßgabe, daß dessen Spruch wie folgt zu lauten habe:
"Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 wird der Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 29.5.1989, Zl. II-2.326/88, keine Folge gegeben und soweit sich diese gegen die darin erteilte gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage (Dorfpark G) im Standort KG. G richtet, gemäß § 359 Abs. 4 leg. cit. zurückgewiesen."
Im übrigen wies der Bundesminister mit diesem Bescheid die Berufung, soweit darin die Abweisung des Genehmigungsansuchens für die Betriebsanlage (Dorfpark G) im Standort KG. G beantragt werde, gemäß § 63 Abs. 1 AVG 1950 zurück. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung der Rechtslage aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme vom 12. Oktober 1988 keine Einwendungen im Sinne des Gesetzes erhoben. Mit ihrem Vorbringen betreffend die Vollständigkeit konkretisierter Projektsunterlagen habe sie nicht dargelegt, in welchem der gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. genannten subjektiven Rechte sie sich verletzt fühle. Hinsichtlich ihrer in der Stellungnahme enthaltenen Ausführungen betreffend die Flächenwidmung sei darauf hinzuweisen, daß den Nachbarn diesbezüglich subjektive öffentliche Rechte vom Gesetz nicht eingeräumt seien. Aus dem weiteren Vorbringen in dieser Stellungnahme betreffend die Sachverständigengutachten sowie zusätzliche Belastungen durch Lärm und Abgase auf den Nachbarliegenschaften sei nicht ersichtlich, daß sich die Beschwerdeführerin in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. als verletzt erachte. Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte stehe dem Nachbarn in einem Betriebsanlagenverfahren jedoch nicht zu. Das Vorbringen in der Stellungnahme vom 4. Jänner 1989 beziehe sich ausschließlich auf Fragen der Flächenwidmung im Zusammenhang mit § 77 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988. Die Beschwerdeführerin habe daher auch mit diesem Vorbringen keine Parteistellung im gegenständlichen Verfahren erlangt. Die Gewerbebehörde zweiter Instanz sei daher zu Recht davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Genehmigungsverfahren mangels qualifizierter Einwendungen keine Parteistellung erlangt habe. Weiters werde bemerkt, daß die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen betreffend etwaige Kundmachungsmängel nicht die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach ihre "Einwendungen", unbesehen deren rechtlicher Qualifikation, als verspätet anzusehen seien, habe entkräften können. Nach der gemäß Art. VI Abs. 4 Gewerberechtsnovelle 1988 in dieser Hinsicht maßgebenden Rechtslage rechtfertige nämlich die Berufung eines Nachbarn, der nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben habe, selbst dann nicht die Aufhebung eines gegenüber den am Verfahren beteiligt gewesenen Parteien formell in Rechtskraft erwachsenen Bescheides, wenn der Berufungswerber "übergangener Nachbar" sein sollte. Die Berufungsausführungen, wonach nicht ersichtlich sei, ob die Gewerbebehörde zweiter Instanz die Gewerberechtsnovelle 1988 angewendet habe oder nicht, seien nicht geeignet, die Behörde zu einer anderen Entscheidung gelangen zu lassen, zumal aus dem angefochtenen Bescheid hervorgehe, auf welche rechtliche Bestimmungen sich die Entscheidung stütze und diese im übrigen in dem der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Qualifikation von Einwendungen zugrundeliegenden Umfang durch die Gewerberechtsnovelle 1988 keine Änderung erfahren hätten. Weiters könne kein Verfahrensmangel darin erblickt werden, daß die Gewerbebehörde zweiter Instanz dem Vorschlag der Beschwerdeführerin, mit der Entscheidung bis zum Vorliegen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers vom 8. Mai 1990 (richtig: 23. Februar 1990) zuzuwarten, nicht entsprochen habe. Für eine derartige Vorgangsweise böten die einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung und des AVG keine Rechtsgrundlage. Wenn auch die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid schlechthin zurückgewiesen habe, so gehe doch aus diesem im Zusammenhalt mit der Bescheidbegründung, die zur Auslegung eines Spruches heranzuziehen sei, deren normativer Wille hervor, den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich der Zurückweisung der "Einwendungen" der Beschwerdeführerin zu bestätigen, zumal sie sich mit dem gegen diesen Spruchteil des erstinstanzlichen Bescheides gerichteten Berufungsvorbringen inhaltlich auseinandergesetzt habe. Lediglich ihr Berufungsbegehren auf Abweisung des Betriebsanlagengenehmigungsansuchens sei im angefochtenen Bescheid nicht meritorisch behandelt worden. Es sei somit durch Präzisierung des Spruches des angefochtenen Bescheides klarzustellen gewesen, daß nach dem Behördenwillen die erstinstanzliche Zurückweisung der "Einwendungen" der Beschwerdeführerin als jedenfalls unzulässig zu bestätigen und auf Grund eben dieser unzulässigen Einwendungen ihr weiteres Begehren auf Abweisung des Betriebsanlagengenehmigungsantrages mangels Parteistellung zurückzuweisen gewesen sei. In der gegenständlichen Berufung gegen den angefochtenen Bescheid werde neuerlich die Abweisung des Ansuchens auf Genehmigung der Betriebsanlage beantragt. Gemäß § 63 Abs. 1 AVG 1950 richte sich der Instanzenzug und das Recht der Einbringung der Berufung, abgesehen von den in diesem Gesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften. Gegenstand des angefochtenen Bescheides sei jedoch lediglich die Frage der Zulässigkeit der "Einwendungen" der Beschwerdeführerin und nicht die Frage der Genehmigungsfähigkeit der gegenständlichen Betriebsanlage gewesen. Das über den Gegenstand der Erledigung hinausgehende Berufungsvorbringen habe daher meritorisch nicht behandelt werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Zuerkennung der Partei- und Nachbarstellung, sohin auf die meritorische Erledigung ihrer Einwendungen, verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, im Gegensatz zur Annahme der belangten Behörde habe sie in ihrem Schriftsatz vom 12. Oktober 1988 sehr wohl geltend gemacht, daß durch die in Rede stehende Betriebsanlage zusätzliche Belastungen durch Lärm und Abgase auf den Nachbarliegenschaften, zu welchen auch ihre eigene Liegenschaft zu zählen sei, zu rechnen sei. Sie habe daher die Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 erkennen lassen. Die belangte Behörde habe aber auch zu Unrecht festgestellt, allfällige Einwendungen seien verspätet vorgebracht worden. Es stehe fest, daß sie nicht persönlich geladen worden sei. Fest stehe ebenfalls, daß Kundmachungsmängel bestanden hätten. Damit stehe aber bindend fest, daß die Kundmachung für die Verhandlung nicht ordnungsgemäß gewesen sei, da im Hausareal "im Buch 2" ein Anschlag unterblieben sei, da ein solcher hätte angebracht werden müssen. Eine ordnungsgemäße Kundmachung verlange, daß in allen benachbarten Häusern die Kundmachung über die Augenscheinsverhandlung angeschlagen werde. In diesem Zusammenhang werde neuerlich gerügt, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, festzustellen, ob tatsächlich an all jenen Häusern Anschläge angebracht worden seien, an denen sie dem Gesetz entsprechend hätten angebracht werden müssen. Wäre eine solche Überprüfung vorgenommen worden, so wäre zum Vorschein gekommen, daß auch im "Sonnenareal" und in weiteren Häusern Anschläge unterblieben seien. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung und bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens wäre sohin zum Vorschein gekommen, daß die Einwendungen der Beschwerdeführerin sehr wohl rechtzeitig erhoben worden seien, weshalb ihr die Nachbar- und Parteistellung hätte zuerkannt werden müssen. Die belangte Behörde übersehe in diesem Zusammenhang, daß der Bescheid der Gewerbebehörde erster Instanz nicht formell in Rechtskraft erwachsen sei; sie habe nämlich ihre Einwendungen vor Erlassung dieses Bescheides erhoben, sodaß eine Rechtskraft nicht habe eintreten können.
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liege auch darin, daß weder die belangte Behörde noch die "Berufungsbehörde erster Instanz im Spruch die Gesetzesstelle korrekt angeführt haben". Letztere habe ihre Entscheidung noch auf die "GewO 1973 idgF" gestützt, während die belangte Behörde den Spruch in der Weise korrigiert habe, daß sie die Berufung gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 zurückwies. Es bleibe daher nach wie vor offen, ob die belangte Behörde und die "Berufungsbehörde erster Instanz" die Gewerberechtsnovelle 1988 bei ihrer rechtlichen Beurteilung berücksichtigt hätten oder nicht. Es sei zwar richtig, daß hinsichtlich der Qualifikation von Einwendungen durch die Gewerberechtsnovelle 1988 keine Änderung erfolgt sei; eine wesentliche Änderung habe jedoch der Abs. 3 des § 356 GewO 1973 erfahren. Der Gesetzgeber habe hier neu geregelt, ob und unter welchen Bedingungen Nachbarn Parteistellung auch dann noch erlangen könnten, wenn sie nicht spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen erhoben haben. Schließlich habe die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet, weil sie entgegen einem Antrag der Beschwerdeführerin und in Verletzung des § 38 AVG nicht mit ihrer Entscheidung bis zur Erledigung des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zugewartet habe.
In Erwiderung des zuletzt genannten Vorbringens ist die Beschwerdeführerin zunächst darauf hinzuweisen, daß es sich bei der im Rahmen des in Rede stehenden Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zu lösenden Rechtsfrage der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Februar 1990 nicht um eine im Rahmen der Fassung des hier angefochtenen Bescheides von der belangten Behörde zu lösenden Vorfrage im Sinne des § 38 AVG handelte, weshalb die von der Beschwerdeführerin beantragte Unterbrechung des Verwaltungsverfahrens schon aus diesem Grund nicht in Betracht kam. Da Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich aufschiebende Wirkung nicht zukommt, stand die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Februar 1990 der Fassung des angefochtenen Bescheides nicht entgegen. Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor.
Auch die Rüge, die belangte Behörde habe die angewendete Rechtslage nicht mit der nötigen Klarheit dargestellt, zeigt keine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil aus dem Begründungszusammenhang die rechtlichen Erwägungen der belangten Behörde, insbesondere die angewendeten Gesetzesbestimmungen, in nachvollziehbarer Weise erkennbar sind.
Gemäß Art. VI Abs. 4 der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, sind die die Verfahren betreffenden Betriebsanlagen und die Zuständigkeit zur Durchführung dieser Verfahren regelnden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (das ist der 1. Jänner 1989) noch nicht abgeschlossene Verfahren betreffend Betriebsanlagen nur dann anzuwenden, wenn diese Verfahren in diesem Zeitpunkt in erster Instanz anhängig sind, Art. I Z. 240 und 242 (§ 356 Abs. 1 und 3 und § 359 b) überdies nur dann, wenn in diesem Zeitpunkt noch keine Augenscheinsverhandlung anberaumt und den Nachbarn bekanntgegeben worden ist.
Aus der eingangs gegebenen Schilderung des Verfahrensablaufes ergibt sich, daß im vorliegenden Fall die (erste) Anberaumung einer Augenscheinsverhandlung noch vor dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1988 erfolgte, weshalb hier der Beurteilung der Verfahrensvorgänge § 356 Abs. 1 und 3 GewO 1973 in ihrer Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 zu Grunde zu legen sind.
Gemäß § 356 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde (§§ 333, 334 und 335) auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen und den Nachbarn vom Gegenstand und von Zeit und Ort der Augenscheinsverhandlung durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG 1950) und in unmittelbar benachbarten Häusern Kenntnis zu geben; die Eigentümer dieser Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Der Behörde bekanntgewordene Nachbarn sind persönlich zu laden. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle sind im Verfahren gemäß Abs. 1 nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Aus § 356 Abs. 1 leg. cit. in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 ergibt sich somit, daß die Behörde die bekanntgewordenen Nachbarn persönlich zu laden hat. Die unmittelbar benachbarten Nachbarn sind durch Anschlag in den unmittelbar benachbarten Häusern in Kenntnis zu setzen. Zur Benachrichtigung aller übrigen Nachbarn erfolgt der Anschlag in der Gemeinde.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nun nicht, daß sie im Zeitpunkt der Kundmachung der (ersten) mündlichen Augenscheinsverhandlung vom 14. September 1988 weder "bekannt gewordener Nachbar" noch Nachbar "in einem unmittelbar benachbarten Haus" gewesen ist. Sie bestreitet auch nicht, daß die Kundmachung ordnungsgemäß in der Gemeinde angeschlagen war. Damit ist die vom Gesetz für ihre Verständigung als weiter entfernte Nachbarin getroffene Vorsorge (durch Anschlag in der Gemeinde) ordnungsgemäß erfolgt. Dadurch, daß möglicherweise bei Verständigung der Nachbarn in den unmittelbar benachbarten Häusern Mängel unterlaufen sind, wurde die ordnungsgemäße Verständigung ihrer Person nicht beeinträchtigt, sodaß davon auszugehen ist, daß ein die Beschwerdeführerin betreffender Kundmachungsmangel nicht vorliegt.
War aber solcherart die Beschwerdeführerin zur Augenscheinsverhandlung vom 29. September 1988 ordnungsgemäß geladen, so hätte sie, um Parteistellung in dem in Rede stehenden Genehmigungsverfahren zu erlangen, spätestens bei dieser Augenscheinsverhandlung Einwendungen erheben müssen. Da dies nicht geschehen ist, erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe ihre Einwendungen verspätet erhoben und daher in diesem Genehmigungsverfahren Parteistellung nicht erlangt, als nicht rechtswidrig.
Daran vermag der Umstand, daß in diesem Genehmigungsverfahren in erster Instanz nach Erhebung der schriftlichen Einwendungen der Beschwerdeführerin noch eine weitere Augenscheinsverhandlung stattfand, nichts zu ändern, weil es sich bei dieser Augenscheinsverhandlung im Hinblick auf ihren Gegenstand nicht um eine Fortsetzung der Augenscheinsverhandlung vom 29. September 1988 handelte und nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes in einer späteren erstinstanzlichen Verhandlung rechtzeitig Einwendungen nur dann erhoben werden können, wenn die erste Verhandlung vertagt wurde und die zweite Verhandlung eine Fortsetzung der erste Verhandlung darstellt (vgl. das Erkenntnis vom 10. Juni 1978, VfSlg. 8307).
Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich, in die Prüfung der Frage einzutreten, ob das in Rede stehende schriftliche Vorbringen der Beschwerdeführerin den vom Gesetz an Nachbareinwendungen gestellten Erfordernissen entsprach.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Umsatzsteuer zum Schriftsatzaufwand war im Hinblick auf die Pauschalierung des diesbezüglichen Aufwandersatzes abzuweisen. Die von der mitbeteiligten Partei verzeichneten Barauslagen konnten ihr nicht zugesprochen werden, weil Barauslagen im Sinne des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG im vorliegenden Verfahren nicht entstanden sind.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990040352.X00Im RIS seit
23.04.1991