TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/23 87/07/0100

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Veröffentlicht am 23.04.1991
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Index

L37293 Wasserabgabe Niederösterreich;
L69303 Wasserversorgung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §39 Abs1;
AVG §46;
WasserleitungsanschlußG NÖ 1978 §2 Abs2;
WasserleitungsanschlußG NÖ 1978 §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsidenten Dr. Salcher sowie die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des AN und der BN gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 20. Mai 1987, Zl. III/1-25.766/3-87, betreffend Herstellung eines Anschlusses an die Gemeindewasserleitungsanlage (mitbeteiligte Partei: Gemeinde C, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 11. März 1986 stellte der Bürgermeister der Gemeinde C gemäß § 2 Abs. 2 des NÖ Wasserleitungsanschlußgesetzes 1978, LGBl. 6951-0 (WAG), fest, daß für die Liegenschaft der Beschwerdeführer in E 75 Anschlußzwang für die öffentliche Gemeindewasserleitung gemäß § 1 WAG bestehe. Aufgrund der Berufung der Beschwerdeführer behob der Gemeinderat der genannten Gemeinde mit Bescheid vom 9. September 1986 den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ersatzlos mit der Begründung, gemäß § 2 Abs. 2 WAG dürfe "nur über Antrag ausgesprochen werden, ob Liegenschaften vom Anschlußzwang ausgenommen" seien; da im vorliegenden Fall ein Antrag gemäß § 2 Abs. 2 WAG nicht gestellt worden sei - die Beschwerdeführer hatten in der Berufung erklärt, "nie einen Antrag gemäß § 2 Abs. 2 WAG 1978 gestellt" zu haben -, fehlten dem erstinstanzlichen Bescheid die gesetzlichen Voraussetzungen. Hierauf erließ der Bürgermeister den Bescheid vom 11. November 1986, mit welchem er gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Z. 1 WAG feststellte, daß die betreffende Liegenschaft im Versorgungsbereich der Wasserversorgungsanlage der mitbeteiligten Gemeinde liege und somit Anschlußzwang bestehe; gleichzeitig wurden die Beschwerdeführer gemäß § 6 Abs. 1 WAG verpflichtet, binnen acht Wochen die Hausleitung herzustellen. Die von den Beschwerdeführern dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates vom 27. Februar 1987 als unbegründet abgewiesen.

Die Vorstellung der Beschwerdeführer wies schließlich der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 20. Mai 1987 gemäß § 7 des Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 123/1967, ab.

Begründend wurde unter Hinweis auf § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Z. 1 sowie § 6 Abs. 1 WAG ausgeführt:

Errichte eine Gemeinde eine öffentliche Wasserleitung, so bestehe innerhalb des festgelegten Versorgungsbereiches für jeden Liegenschaftseigentümer Anschlußzwang. Jene Liegenschaften, die im Versorgungsbereich lägen, seien an die kommunale Wasserversorgungsanlage anzuschließen, ohne daß es hiefür eines gesonderten Bescheides bedürfe, in welchem diese Verpflichtung ausdrücklich festgestellt werde. Der Anschlußzwang sei aus dem Gesetz und der aufgrund des § 8 WAG zu erlassenden Wasserleitungsordnung abzuleiten. Somit bestehe Anschlußzwang bereits dort, wo sich Gebäude, Betriebe und sonstige Anlagen in einem von der Behörde in der Wasserleitungsordnung festgelegten Versorgungsbereich befänden.

Unmittelbar aus dem Gesetz treffe jeden Liegenschaftseigentümer innerhalb des Versorgungsbereiches die Pflicht zum Anschluß an die gemeinnützige öffentliche Wasserversorgungsanlage. Jeder Liegenschaftseigentümer könne aber erwägen, ob ein Tatbestand nach § 2 WAG hinsichtlich seiner Liegenschaft zutreffe und er - bei Vorliegen dieses Sachverhaltes - hievon Gebrauch machen wolle oder nicht. Entschließe sich der Liegenschaftseigentümer zu der für ihn zutreffenden Ausnahmeregelung, so habe er einen Antrag im Sinne des § 2 WAG zu stellen. Nach Prüfung in einem Verfahren und positiver Erledigung bestehe dann für diese betreffende Liegenschaft ab Rechtskraft des Bescheides, in dem das Nichtbestehen des Anschlußzwanges festgestellt werde, kein Anschlußzwang im Sinne des § 1 WAG.

Der Gesetzgeber sei bei der Formulierung des § 2 WAG davon ausgegangen, daß jeder Liegenschaftseigentümer, für dessen Anwesen die Voraussetzungen vorlägen, die Wahl habe, von seiner Ausnahmestellung (unter anderem auch wegen zu erwartender Maßnahmen zur Erzielung einer ständigen entsprechend guten Wasserqualität) auch tatsächlich Gebrauch zu machen und ein Verfahren nach § 2 WAG einzuleiten. Allein diese Interpretation zu den §§ 1 und 2 WAG führe zu einer sinnvollen Auslegung der Bestimmungen. Eine gesetzesunmittelbare Ausnahme vom Anschlußzwang im Sinne des § 2 WAG ohne Antrag eines Liegenschaftseigentümers sei daher vom Gesetzgeber nicht vorgesehen, nehme es doch dem Liegenschaftseigentümer die Wahlmöglichkeit, zwischen Anschluß an die gemeinnützige Wasserversorgungsanlage bei Vorliegen der Sachverhaltselemente zu § 2 WAG oder einer Eigenversorgung der Liegenschaft zu wählen.

§ 6 WAG regle die Pflichten jener Liegenschaftseigentümer, für die Anschlußzwang bestehe. Diese hätten die Hausleitung, das sei jener Teil der Wasserversorgungsanlage, der sich innerhalb der angeschlossenen Liegenschaft (innerhalb der Grundstücksgrenzen) befinde, herzustellen. Komme der Liegenschaftseigentümer seiner Pflicht zur Herstellung der Hausleitung nicht nach, so habe die Behörde dem (den) Liegenschaftseigentümer(n) gegenüber die Verpflichtung auszusprechen, innerhalb angemessener Frist die Hausleitung zu errichten.

Die Vorstellungsbehörde habe zu prüfen gehabt, ob den Beschwerdeführern aufgrund der bestehenden Gesetze von der mitbeteiligten Gemeinde zu Recht aufgetragen worden sei, eine Hausleitung herzustellen. Vorfrage hiefür sei, ob Anschlußzwang für die betreffende Liegenschaft bestehe.

Aus dem im Jahr 1986 abgeführten Rechtsmittelverfahren und der in der Entscheidung des Gemeinderates vom 9. September 1986 dargelegten Rechtsansicht, an die der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gebunden sei, ergebe sich, daß durch die nunmehr bekämpfte Entscheidung nicht (neuerlich) das Bestehen des Anschlußzwanges festgestellt, sondern dies als Sachverhaltselement der Entscheidung (als Vorfrage) zugrunde gelegt worden sei. Dies ergebe sich auch aus der Begründung der Zweitinstanz in der Entscheidung vom 27. Februar 1987, in der festgehalten worden sei, daß vom Bestehen des Anschlußzwanges (gesetzesunmittelbar) auszugehen sei. Die mitbeteiligte Gemeinde habe daher - bis zur rechtskräftigen Feststellung, daß ein Anschlußzwang für die betroffene Liegenschaft nicht bestehe - davon auszugehen, daß ein Zwang zum Anschluß an die kommunale Wasserversorgungsanlage bestehe. Nur bei einem Antrag der Liegenschaftseigentümer sei in einem eigenen Ermittlungsverfahren zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 5 WAG vorlägen. Auf die Einwendungen hinsichtlich der hygienischen Unbedenklichkeit des Brunnenwassers, der Entfernung der Liegenschaft vom nächstgelegenen Wasserhauptrohrstrang und der Kosten für den Anschluß der Liegenschaft an die öffentliche Wasserversorgungsanlage sei somit nicht näher einzugehen gewesen. Diesbezüglich fehle es eben an dem nach § 2 WAG erforderlichen Antrag der Liegenschaftseigentümer. Der Gesetzgeber sei diesbezüglich davon ausgegangen, daß Ermittlungen der Behörde ein Antrag der Liegenschaftseigentümer vorauszugehen habe. Ohne entsprechenden Antrag aber werde gegen verfassungsgesetzliche Bestimmungen (das Recht auf den gesetzlichen Richter) verstoßen. Die Vorstellungsbehörde habe somit zu prüfen gehabt, ob den Beschwerdeführern aufgrund der bestehenden Gesetze die Verpflichtung habe auferlegt werden können, eine Hausleitung herzustellen. Von der zuständigen Behörde sei ein Gutachten seitens des NÖ Gebietsbauamtes I Umgebung-Wien eingeholt worden. Hierin habe der Sachverständige in schlüssiger Weise ausgeführt, welche Arbeiten zur Herstellung der Hausleitung erforderlich seien und welchen Zeitaufwandes es hiezu bedürfe.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde sowie deren Gemeinderat als Rechtsmittelbehörde hätten die Verpflichtung zur Herstellung der Hausleitung nach entsprechenden Ermittlungen ausgesprochen, wobei die schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen bei der Entscheidung herangezogen worden seien. Wenn somit die Eigentümer verpflichtet worden seien, den Hausanschluß binnen acht Wochen herstellen zu lassen, so seien sowohl die Erst- als auch die Berufungsbehörde zu Recht von der Ansicht ausgegangen, daß Anschlußzwang bestehe und ein Hausanschluß herzustellen sei. Da durch diese Entscheidungen gegen bestehende Gesetze nicht verstoßen worden sei, sei der Vorstellung im Sinne des § 7 Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetz der Erfolg zu versagen gewesen.

Der Vorstellungsbescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführer in dem Recht, "nicht gemäß § 6 des NÖ WasseranschlußG. eine Hausleitung errichten zu müssen", verletzt erachten.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligte Gemeinde hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 WAG ist der Wasserbedarf in Gebäuden, Betrieben und sonstigen Anlagen im Versorgungsbereich (§ 8 Abs. 2 Z. 1) eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens ausschließlich aus dessen Wasserversorgungsanlage zu decken (Anschlußzwang).

Gemäß § 2 Abs. 1 WAG besteht der Anschlußzwang im Sinne des § 1 unter anderem nicht für

1. Liegenschaften, deren Wasserbedarf durch eine im Zeitpunkt der Inbetriebnahme der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bereits bestehende eigene Wasserversorgungsanlage gedeckt wird, wenn deren Weiterbenutzung die Gesundheit nicht gefährden kann;

4. Liegenschaften, deren Anschluß aus technischen Gründen nicht möglich ist oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten hergestellt werden kann.

Gemäß § 2 Abs. 2 WAG hat die Behörde auf Antrag des Liegenschaftseigentümers mit Bescheid festzustellen, ob im Sinne des Abs. 1 der Anschlußzwang nicht besteht. Den Nachweis, daß die Weiterbenutzung die Gesundheit nicht gefährden kann, hat im Falle des Abs. 1 Z. 1 der Liegenschaftseigentümer zu erbringen.

Gemäß § 6 Abs. 1 hat der Eigentümer einer Liegenschaft, für die Anschlußzwang besteht, die Hausleitung innerhalb angemessener Frist nach Maßgabe der Wasserleitungsordnung (§ 8 Abs. 4) herzustellen und zu erhalten.

Die Beschwerdeführer stellen zunächst in Abrede, einen Antrag im Sinne des § 2 Abs. 2 WAG nicht gestellt zu haben, da sie doch bei der erstmaligen Befassung mit der Angelegenheit (1984), zu jener Zeit noch nicht rechtsfreundlich vertreten, erklärt hätten, nicht zu beabsichtigen, Wasser aus der öffentlichen Versorgungsanlage zu beziehen, wobei auf § 2 WAG verwiesen worden sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Gemeinderechtsmittelbehörde mit dem unbekämpft gebliebenen Bescheid vom 9. September 1986 für das folgende Verfahren aus Anlaß der damaligen ersatzlosen Behebung des Bescheides der Unterinstanz für das weitere Verfahren bindend ausgesprochen hat, daß die Beschwerdeführer einen Antrag nach § 2 Abs. 2 WAG nicht gestellt hätten und deshalb die damals bekämpfte, auf die eben bezeichnete Gesetzesstelle gestützte erstinstanzliche Feststellung der gesetzlichen Grundlage entbehre.

Ebenso unrichtig ist die im Gesetz nicht begründete Ansicht der Beschwerdeführer, ohne Entscheidung über einen gemäß § 2 Abs. 2 WAG gestellten Antrag dürfe die Pflicht zur Errichtung einer Hausleitung nach § 6 WAG nicht auferlegt werden; auf die von den Beschwerdeführern vermeinte Weise hätte es der einzelne Liegenschaftseigentümer in der Hand, durch Vermeidung einer Antragstellung nach § 2 Abs. 2 WAG die Behörde im Ergebnis zu zwingen, das Nichtbestehen eines Anschlußzwanges, selbst bei Fehlen aller Voraussetzungen für dieses Nichtbestehen, anzuerkennen.

Die Beschwerdeführer sind auch nicht im Recht, wenn sie meinen, es stehe ihnen die Wahl der Beweismittel für den Nachweis, daß die Weiterbenutzung der eigenen Wasserversorgungsanlage die Gesundheit nicht gefährden könne (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz WAG), frei; denn ungeachtet der insoweit bestehenden Beweislastumkehr - die zulässig ist, da gemäß § 39 Abs. 1 AVG für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens die einzelnen Verwaltungsvorschriften Priorität genießen - ist die Behörde berechtigt, an die Eigenschaft des im gegebenen Zusammenhang zu erbringenden Beweises ganz bestimmte Anforderungen zu stellen. Mit der Berufung auf § 46 AVG, wonach als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist, können nicht, worauf das Beschwerdevorbringen hinausläuft, von der Behörde im letzteren Sinn als zweckdienlich erachtete Beweismittel ausgeschaltet werden, ebensowenig wie auch im Beweisverfahren sonst nicht auf eine mögliche und zweckdienliche Beweisaufnahme lediglich deshalb verzichtet werden kann, weil allenfalls zusätzlich auch noch andere, weniger zweckdienliche Beweismittel zur Verfügung stehen. Wenn aber zur Klarstellung, ob eine bestimmte Wasserversorgungsanlage die Gesundheit (nicht) gefährdet, eine fachkundige Stellungnahme erforderlich ist, kann der Behörde nicht verwehrt werden, wie im gemeindebehördlichen Verfahren geschehen, als Nachweis einen Wasseruntersuchungsbefund zu verlangen. Ein diesbezüglicher Nachweis ist seitens der Beschwerdeführer, obwohl hiezu die Gelegenheit bestanden hätte, nie erbracht worden. Was die Anschlußkosten betrifft - diese sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von den Beschwerdeführern nur noch im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erwähnt worden -, ist deren Ausmaß in der auf sachverständiger Basis ermittelten Höhe von S 35.040,-- von den Beschwerdeführern auf Verwaltungsebene nicht in sachkundiger Weise widerlegt worden und es haben sich Anhaltspunkte dafür, daß Kosten in dieser Höhe bereits als "unverhältnismäßig" hoch zu gelten hätten, nicht ergeben.

Die somit unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Beweismittel Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1987070100.X00

Im RIS seit

23.04.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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