TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/23 90/11/0230

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Veröffentlicht am 23.04.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §38;
KFG 1967 §66 Abs2;
KFG 1967 §75 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des H gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. November 1990, Zl. IIb2-K-1869/4-90, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, in der Fassung des Berichtigungsbescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Februar 1991, Zl. IIb2-K-1869/6-1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren hinsichtlich der Stempelgebühren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. November 1990 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 26. Februar 1991) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die ihm erteilte Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E, F und G "auf die Dauer von 4 Monaten, das ist bis einschließlich 23.1.1990" vorübergehend entzogen und zugleich gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer "innerhalb dieses Entziehungszeitraumes keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der gegenständlichen Entziehungsmaßnahme liegt die Annahme der belangten Behörde zugrunde, der Beschwerdeführer habe am 22. September 1989 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und dadurch eine Übertretung nach (§ 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit) § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen, weshalb eine bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 vorliege. Dabei ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß das diesbezüglich ergangene Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 6. Oktober 1990 am 26. Oktober 1990 in Rechtskraft erwachsen und sie an diese Entscheidung gebunden sei. Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich auf die Behauptung, daß der Beschwerdeführer gegen das genannte Straferkenntnis fristgerecht Berufung erhoben und daher die belangte Behörde zu Unrecht eine Bindung angenommen habe. Die belangte Behörde bringt in ihrer Gegenschrift - in Übereinstimmung mit der Aktenlage - zum Ausdruck, daß sie auf Grund einer unrichtigen Auskunft der Verwaltungsstrafbehörde versehentlich von der Rechtskraft des Straferkenntnisses ausgegangen sei. Sie fügt hinzu, daß "über die Berufung in der Strafsache derzeit noch nicht entschieden werden kann, weil noch ergänzende Beweisaufnahmen notwendig sind", und "die Frage, ob der Beschwerdeführer nun tatsächlich in seinen Rechten verletzt wurde, somit erst nach Abschluß des behängenden Berufungsverfahrens in der Strafsache beurteilt werden kann". Dem kann nicht beigepflichtet werden, weil es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides im gegebenen Zusammenhang ausschließlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung ankommt, weshalb nachträglich eingetretene Umstände hiebei keine Berücksichtigung finden können. Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, durch die der Beschwerdeführer in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden ist, besteht darin, daß die belangte Behörde die Begehung der genannten strafbaren Handlung durch den Beschwerdeführer mangels Vorliegens eines rechtskräftigen Straferkenntnisses nur im Wege der Vorfragenbeurteilung nach § 38 AVG 1950 als erwiesen hätte annehmen dürfen (vgl. das einen ähnlich gelagerten Beschwerdefall, in dem der strafrechtliche Berufungsbescheid zwei Wochen nach Erlassung des angefochtenen Entziehungsbescheides zugestellt wurde, betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1987, Zl. 87/11/0030). Allerdings ist die sich daraus ergebende Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht, - wie in jenem Beschwerdefall - darauf zurückzuführen, daß der Sachverhalt von der belangten Behörde im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde, entsprach doch diese Annahme der der belangten Behörde vorliegenden (wenn auch unrichtigen) Aktenlage.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Stempelgebühren war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid lediglich in einer einzigen Ausfertigung beizubringen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990110230.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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