Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §32;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde 1) der EN und 2) des SN gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. Oktober 1990, Zl. 551.939/64-VIII/6/90, betreffend Einwendungen in elektrizitätsrechtlichen Verfahren (mitbeteiligte Partei:
Österreichische Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft in Wien), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0210, zu verweisen, mit dem der Gerichtshof den damals von den Beschwerdeführern angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. April 1988, soweit damit der Mitbeteiligten eine elektrizitätsrechtliche Baubewilligung und Betriebsbewilligung erteilt wurde, bezüglich der den Beschwerdeführern gehörigen Grundstücke wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hat. Entgegen der Meinung der belangten Behörde vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß den Beschwerdeführern als Fruchtgenußberechtigten im durchgeführten elektrizitätsrechtlichen Verfahren Parteistellung zukommt. Der Verwaltungsgerichtshof beschränkte die Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides auf den Bereich jener Grundstücke, hinsichtlich deren den Beschwerdeführern ein dingliches Recht zusteht, wobei die nach dem Elektrotechnikgesetz erteilte elektrizitätsrechtliche Bewilligung deshalb nicht aufgehoben worden ist, weil in diesem Verfahren den Beschwerdeführern ein Mitspracherecht nicht zusteht.
Im fortgesetzten Verfahren beraumte das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Kundmachung vom 10. August 1990 für 4. September 1990 eine mündliche Verhandlung an, zu der die Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 42 AVG 1950 geladen wurden. In der Verhandlung wendeten die Beschwerdeführer ein, daß die von der Leitungsanlage ausgehende elektromagnetische Strahlung die Gesundheit der Nutzungsberechtigten während der Arbeiten auf der betroffenen Liegenschaft gefährde. Durch die elektromagnetischen Felder werde beim Betrieb der geplanten Leitung der Ertrag der betroffenen Liegenschaft der Nutzungsberechtigten so wesentlich beeinträchtigt, daß die Baubewilligung zu versagen sei. Zum Beweis für dieses Vorbringen begehrten die Beschwerdeführer die Einholung eines Sachverständigengutachtens über Wirkungen elektromagnetischer Felder, insbesondere auf Pflanzen und Menschen, und die Einvernahme von Dr. H, der nach dem 7. September 1990 von den Beschwerdeführern jederzeit "stellig gemacht" werden könne. Die Beschwerdeführer lehnten weiters den von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen für Landwirtschaft, Zivilingenieur Dipl.-Ing. S, mit der Begründung ab, daß sie auf der Bestellung eines gerichtlich beeidigten Sachverständigen bestünden, da sie der Ansicht seien, daß das Eintragungsverfahren nach dem "Sachverständigengesetz" Gewähr für die Unabhängigkeit und Sachkunde eines Sachverständigen biete, die sonst nicht zweifelsfrei gegeben sei. Der beigezogene Sachverständige sei nicht in die Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen des Handelsgerichtes Wien oder in eine andere Liste von Österreich eingetragen.
Der elektrotechnische Amtssachverständige erklärte nach einer Beschreibung der hier maßgeblichen Verhältnisse, daß die von der Leitung herrührenden elektromagnetischen Felder im hier gegebenen Spannungsfeld Maximalwerte in 0,5 m bis 2 m Bodenabstand aufwiesen, die keine gesundheitlichen Gefährdungen bei Menschen und Tieren und keine schädlichen oder ertragsmindernden Einflüsse auf Pflanzen erwarten ließen. Das elektrische Feld bei maximaler Betriebsspannung sei kleiner als 5 kV/m, das magnetische Feld bei thermischem Grenzstrom kleiner als 25 Mikrotesla. Das Forschungszentrum Seibersdorf habe in einer Studie über mögliche Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit durch elektromagnetische Felder Grenzwertempfehlungen für Österreich gegeben, die für den dauernden Aufenthalt der "Allgemeinbevölkerung" 10 kV/m und 500 Mikrotesla betragen. Die auf Hintanhaltung von gesundheitlichen Gefährdungen abgestellten Grenzwerte der Bundesrepublik Deutschland würden beispielsweise 20 kV/m und 5 Millitesla betragen. Auf Grund der bisherigen gesicherten wissenschaftlichen Untersuchungen seien bei den von dieser Leitungsanlage herrührenden Feldwerten keine gesundheitlichen Gefährdungen bei Menschen und Tieren und keine schädlichen und ertragsmindernden Einflüsse auf Pflanzen zu erwarten. Auf Befragen durch den Vertreter der Beschwerdeführer verwies der Amtssachverständige darauf, daß schädliche Einflüsse aus elektromagnetischen Feldern hier nicht zu erwarten seien. Einzelbehauptungen hätten nicht in wissenschaftlich nachvollziehbarer Weise bestätigt werden können und seien daher als nicht sachgerecht anzusehen.
Der medizinische Sachverständige verwies auf die Ausführungen des elektrotechnischen Amtssachverständigen, wonach die Werte im vorliegenden Fall unter dem Grenzwert, den die Seibersdorfer-Studie angebe, liegen, der auch unter den Werten liege, die die WHO als sichere Grenze einer gesundheitlichen Schädigung und Belästigung annehme. Die Feldstärken würden sich im Bereich der im Haushalt verwendeten Haushaltsgeräte bewegen, sodaß eine Gesundheitsgefährdung, Belästigung oder Schädigung von Menschen und Tieren auszuschließen seien. Die Frage der akuten Exposition, wie sie sich bei Arbeitern, die viel häufiger und viel höheren Feldstärken ausgesetzt seien, ergäben, ließe keinen Hinweis im Bereich der stoffwechselbedingten und hormonellen Parameter zu. Tierversuche mit Dauerexpositionen bei weit höheren Feldstärken ließen Einflüsse auf Melatonin und Parathormon erkennen, die jedoch bei Menschen in verschiedenen Untersuchungen nicht bewiesen wurden. Ein Einfluß durch einen Aufenthalt unter den gegebenen Feldstärken lasse daher einen solchen Effekt nicht erwarten. Die Frage einer krebserzeugenden Wirkung sei auf Grund der kurzen Aufenthaltszeit unter diesen Leitungen nicht gegeben, wenn diese Frage der Krebsentstehung durch magnetische Felder überhaupt bewiesen sei. Die vermutete Leukämierate, wie sie auch in den ersten Berichten von Savitz aufschienen, seien in der endgültigen Fassung der Untersuchung nicht mehr gefunden worden, das heiße, daß ein solcher Zusammenhang auch nach der Meinung von Savitz nicht bestehe. (Der Sachverständige ist in diesem Zusammenhang offensichtlich auf die Kopie eines Vortrages von Dr. H eingegangen, die vom Vertreter der Beschwerdeführer in der Verhandlung vorgelegt worden war.) Der medizinische Sachverständige hielt sodann einen Einfluß auf die Gesundheit und eine Belästigung von Personen bei Einhaltung der Sicherheitsvorschriften für nicht gegeben. Auf Grund von Meßwerten und auf diesen Meßwerten basierenden Studien könne nicht angenommen werden, daß die Furcht vor einer möglichen Schädigung berechtigt sei.
Der landwirtschaftliche Sachverständige führte aus, daß es nach Studium diverser Untersuchungsergebnisse aus dem In- und Ausland und nach praktischen Erfahrungen nicht möglich sei, eine Ertragseinbuße gesichert festzustellen. Einflüsse von elektromagnetischen Feldern seien möglich, aber nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen nicht quantifizierbar. Bei Untersuchungen über derartige Ertragseinbußen seien noch wesentlich mehr Parameter nötig, z.B. Erdstrahlung, Ozonbildung, Sonnenlichtdauer und anderes. Der Inhalt des Referates Dris. H sei dem Sachverständigen bekannt, entspreche im wesentlichen den bisherigen Veröffentlichungen des Autors und sei seiner Meinung nach nicht geeignet, seine bisherigen Ausführungen in irgendeinem Punkt zu widerlegen. Die bei Dr. H angeführten Versuchsergebnisse seien vielfach nicht signifikant, zeigten kein einheitliches Verhalten bzw. starke Streuungen in beiden Richtungen oder seien die Versuche bei Feldstärken, die bei der gegenständlichen Leitung auf den betroffenen Grundstücken nicht auftreten, durchgeführt worden. Der Großteil der Untersuchungen stamme aus den Jahren 1957 bis 1987 und die Ergebnisse hätten auf wissenschaftlich gesicherter Basis nicht nachvollzogen werden können. Bei allen diesen Untersuchungen sei eine große Anzahl von Parametern zu berücksichtigen, sodaß gesicherte Schlüsse auf Beeinträchtigungen von elektromagnetischen Feldern daraus nicht abgeleitet werden könnten.
Vertreter der Mitbeteiligten verwiesen darauf, daß nach ihrem Wissen und Erfahrungsstand mit keinerlei Auswirkungen auf den Ernteertrag bei überspannten Liegenschaften zu rechnen sei. Die Beschwerdeführer erklärten abschließend, ein ergänzendes Sachverständigengutachten sei, wie beantragt, einzuholen bzw. Dr. Bednar als Zeuge einzuvernehmen. Aus den vorgelegten Unterlagen würden sich für die Beschwerdeführer ausreichende Bedenken gegen die geplante Anlage ergeben, die ihrer Ansicht nach durch die beantragten Beweise erhärtet werden könnten. Der Verhandlungsleiter erklärte, daß eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens im Hinblick auf die Gutachten der beigezogenen Sachverständigen nicht erforderlich sei. (Die Einräumung einer Frist zur Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme bzw. zur Vorlage eines Gutachtens begehrten die Beschwerdeführer nicht.)
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid erteilte die belangte Behörde auch für den Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführer neuerlich die beantragte elektrizitätsrechtliche Baubewilligung sowie die Bewilligung für einen Probebetrieb unter Vorschreibung von Auflagen. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als sachlich und rechtlich unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde zunächst festgestellt, daß durch das eingangs erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes "der restliche energiewirtschaftsrechtliche Bau- und Betriebsbewilligungsbescheid" nicht aufgehoben worden sei. Daraus ergebe sich, daß bei technisch realer Betrachtung der Verlauf der Leitungstrasse durch die Aufhebung des Höchstgerichtes nicht beeinträchtigt werde. Er sei vielmehr durch die formell und materiell rechtskräftig bewilligten Maststützpunkte Nr. 70 und Nr. 71 zwangsläufig gegeben. Durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei auch die mit Bescheid vom 26. Juni 1990 erteilte elektrizitätsrechtliche Bewilligung nach dem Elektrotechnikgesetz nicht aufgehoben worden, sodaß an sich rechtskräftig festgestellt sei, daß die Sicherheit von Personen und landwirtschaftlichen Betriebsmitteln unterhalb derartiger Hochspannungsleiterseile gegeben sei. Im übrigen erwiesen sich aber die Einwendungen der Beschwerdeführer, wie die bei der Verhandlung abgegebenen Gutachten gezeigt hätten, auch materiell als unbegründet. In diesem Zusammenhang wurden die Gutachten wiedergegeben und im Hinblick auf die festgelegten Grenzwerte meßbare negative Beeinflussungen verneint. Auch habe der landwirtschaftliche Sachverständige zutreffend festgestellt, daß keinerlei Mindererträge unter Leitungen der genannten Art bisher hätten beobachtet werden können, was in wissenschaftlicher Weise belegt und gesichert sei. Zu den gegenteiligen Aussagen und Publikationen von Dr. H, die sowohl dem Sachverständigen als auch der Behörde bekannt seien, müsse festgehalten werden, daß dieser Autor, der überwiegend Literatur früherer Jahre und anderer Erdteile zur Begründung seiner Thesen heranziehe, eine wissenschaftliche Einzelmeinung vertrete, die von den übrigen europäischen Fachleuten dieser Wissenschaftszweige nicht geteilt werde und sohin nicht Stand der Wissenschaft sei. Neben der Frage einer wissenschaftlich ausreichend genauen Quantifizierung seien bei der Auswertung der von ihm angeführten Versuchsergebnisse keine einheitlichen pflanzlichen Verhaltensweisen unter elektrischen und magnetischen Feldern signifikant und starke Streuungen seien auffällig. Vielfach seien Versuchsergebnisse unter Feldstärken publiziert worden, die bei der in Rede stehenden 380 kV-Leitungsanlage überhaupt nicht auftreten könnten. Die Ergebnisse hätten bisher auf wissenschaftlich gesicherter Basis nicht nachvollzogen werden können. Die Ausführungen dieses Autors hätten daher die Feststellungen der Sachverständigen im Verfahren in keiner Weise erschüttern können. In der Begründung wird sodann auf Ausführungen von Prof. Dr. L vom Institut für biomedizinische Technik an der Technischen Universität Graz verwiesen (ohne allerdings das diesbezügliche Werk näher anzugeben), denen zufolge auch der von den Beschwerdeführern eingewendete sogenannte Fenstereffekt unter der thermischen Energie liege und daher vernachlässigt werden könne, wie Berechnungen ergeben hätten. Zusammenfassend erachtete die belangte Behörde die Einwendungen der Beschwerdeführer auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als nicht berechtigt.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Zutreffend rügen die Beschwerdeführer, die belangte Behörde gehe im angefochtenen Bescheid davon aus, daß auf Grund der nach dem Elektrotechnikgesetz erteilten Bewilligung die Beschwerdeführer im ergänzend durchgeführten Verfahren nach dem Starkstromwegegesetz nicht geltend machen könnten, daß ihre Gesundheit durch die zu bewilligende Anlage gefährdet würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem eingangs erwähnten Vorerkenntnis vom 26. Juni 1990 eindeutig klargestellt, daß diese Bewilligung nach dem Elektrotechnikgesetz deshalb nicht aufzuheben war, weil den Beschwerdeführern in diesem Verfahren ein Mitspracherecht nicht zusteht. Entgegen der Meinung der belangten Behörde kann dies aber nicht bedeuten, daß dieser Bescheid gegenüber den Beschwerdeführern bindende Wirkung erlangt hat, also in Rechtskraft erwachsen ist, wie die belangte Behörde ausführt. Wenn der Gesetzgeber in einem Verfahren bestimmten Personen ein Mitspracherecht nicht einräumt, so kann der dieses Verfahren abschließende Bescheid diesen Personen gegenüber keine bindende Wirkung in dem Sinn entfalten, daß sie Fragen, die in diesem Verfahren beantwortet wurden, nicht in einem anderen Verfahren aufwerfen dürften, in denen ihnen ein Mitspracherecht zukommt (vgl. etwa Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 99, und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch die Auffassung der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde verpflichtet war, im ergänzend durchgeführten Verfahren zu prüfen, ob durch die Leitungsanlage für sie und ihr Eigentum eine der von ihnen befürchteten Gefahren droht (vgl. das Erkenntnis vom 14. März 1989, Zl. 88/05/0174).
Wenn der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis vom 26. Juni 1990 den damals angefochtenen Bescheid nur insoweit aufgehoben hat, als Grundstücke der Beschwerdeführer berührt wurden, so konnte dies entgegen der Meinung der belangten Behörde auch nicht bedeuten, daß die ansonsten erteilte elektrizitätsrechtliche Baubewilligung den Beschwerdeführern gegenüber eine aus der Rechtskraft erfließende Bindung ausgelöst hätte, von der die belangte Behörde in der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheid ausgeht. Tatsächlich hat aber die belangte Behörde ohnehin im Spruch des angefochtenen Bescheides neuerlich die von der Mitbeteiligen angestrebte starkstromwegerechtliche Baubewilligung erteilt und auch inhaltlich über die von den Beschwerdeführern erhobenen Einwendungen abgesprochen und diese nicht zurückgewiesen. Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen Aussagen der belangten Behörde über die Auswirkungen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1990 haben daher zu keiner Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer geführt.
Inhaltlich teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, daß sich die Einwendungen der Beschwerdeführer auf Grund des ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens als nicht berechtigt erweisen. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang behaupten, in der Begründung des angefochtenen Bescheides sei erstmals von Grenzwerten der WHO und in Deutschland die Rede, so trifft dies nicht zu, wie die Wiedergabe des Verhandlungsverlaufes in der Sachverhaltsdarstellung zeigt. Richtig ist, daß erstmals in der Begründung des angefochtenen Bescheides Ausführungen von Prof. Dr. L in einem nicht zitierten Werk wiedergegeben werden, jedoch ist diese ergänzende Begründung für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht maßgeblich, weil auch ohne diese Ausführungen schon auf Grund der Darlegungen der Sachverständigen in der Verhandlung vom 4. September 1990 die Einwendungen der Beschwerdeführer als nicht berechtigt zu beurteilen sind. Mit den Ansichten des von den Beschwerdeführern genannten Sachverständigen haben sich die Sachverständigen der belangten Behörde und auch die belangte Behörde selbst ausreichend auseinandergesetzt, sodaß in dieser Beziehung entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ein Verfahrensmangel nicht vorliegt. Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör geltend machen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß sie während der Verhandlung ausreichend Gelegenheit hatten, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken und es ihnen auch frei gestanden wäre, das Gutachten eines Sachverständigen zur Stützung ihrer Auffassungen beizubringen.
Ausdrücklich machen die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch eine Verletzung des § 45 Abs. 3 AVG 1950 geltend, wonach den Parteien Gelegenheit zu geben ist, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführer haben nun in der durchgeführten Verhandlung gar nicht verlangt, daß ihnen eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt werde, vielmehr haben sie die ergänzende Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. die zeugenschaftliche Einvernahme des Dr. H beantragt. Im Hinblick auf die bei der Verhandlung abgegebenen, in sich schlüssigen Gutachten durfte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens nicht erforderlich ist, sodaß den von den Beschwerdeführern gestellten Anträgen nicht stattzugeben war. Dennoch wäre es den Beschwerdeführern offengestanden, zu den Ausführungen der Sachverständigen ein ergänzendes Gutachten vorzulegen und zu diesem Zweck die Einräumung einer Frist zu begehren. Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, einem solchen Antrag zu entsprechen, weil die Beschwerdeführer ja einen derartigen Antrag gar nicht gestellt haben. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang behaupten, sie hätten nicht die Möglichkeit gehabt, zu den aufgeworfenen diffizilen fachspezifischen Fragen binnen dreier Tage den Rat eines Sachverständigen einzuholen, so trifft dies nicht zu, weil sie ja, wie erwähnt, einen derartigen Antrag gar nicht gestellt haben. Es trifft auch nicht zu, daß die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, "aus eigenem" eine angemessene Frist zur Erbringung des Beweises festzusetzen, weil aus der Sicht der belangten Behörde eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens gar nicht erforderlich war und die Beschwerdeführer ja nicht die Vorlage eines ergänzenden Gutachtens in Aussicht stellten. Im Beschwerdefall liegt daher eine Verletzung des § 45 Abs. 3 AVG 1950 nicht vor.
Wenn die Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwerfen, in unzulässiger Weise eine Beweiswürdigung vorweggenommen zu haben, weil der von ihnen genannte Sachverständige dem Verfahren nicht beigezogen worden sei, so übersehen sie, daß ein Rechtsanspruch auf Beiziehung des genannten Sachverständigen nicht existierte und sie selbst, wie bereits ausgeführt wurde, die Vorlage eines Gegengutachtens gar nicht in Aussicht stellten. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß in der Begründung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde bei der Beweiswürdigung Fehler unterlaufen sind. Die belangte Behörde konnte sich zu Recht auf die Aussagen der beigezogenen Sachverständigen berufen, wonach die hier maßgebliche Leitungsanlage entgegen der Meinung des von den Beschwerdeführern genannten Sachverständigen nicht jene Wirkung herruft, die die Beschwerdeführer befürchten. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt in diesem Zusammenhang nicht, daß zukünftige Untersuchungen zu anderen Ergebnissen führen könnten, was auch die belangte Behörde insoweit eingeräumt hat, als sie sich auf den derzeitigen Stand der Wissenschaften berufen hat, was sie der Aktenlage nach aber zu Recht getan hat.
Abschließend behaupten die Beschwerdeführer eine Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des Starkstromwegegesetzes mit der Begründung, daß im Hinblick auf Art. 6 MRK ohne gerichtliches Verfahren nicht in ihre dinglichen Rechte eingegriffen werden dürfte. Diesem Vorbringen hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, daß auch nach der neueren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 11760) eine Enteignung durch Verwaltungsbehörden zulässig ist und über Entschädigungsansprüche zunächst Verwaltungsbehörden entscheiden dürfen, wenn, wie dies auch hier der Fall ist, eine sukzessive Gerichtszuständigkeit vorgesehen ist. Tatsächlich hat ja auch der Verfassungsgerichtshof in dem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1990 vorausgehenden Beschluß vom 30. Oktober 1989, Zl. B 1066/89-5, keine Bedenken gegen die hier gegebene Rechtslage geäußert. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die damit zum Ausdruck kommende Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als nicht begründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Damit erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beteiligter Gutachten Parteiengehör Parteieneinwendungen Parteiengehör Sachverständigengutachten Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990050234.X00Im RIS seit
28.09.2001