TE Vwgh Beschluss 1991/4/23 91/04/0046

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Veröffentlicht am 23.04.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §31 Abs1;
VwGG §31 Abs2;
VwGG §45 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden VizepräsidentMag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über das Anbringen des NN in P betreffend Ablehnung von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes in einem Verfahren nach § 31 VwGG, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Das Anbringen vom 12. Februar 1991 über die Ablehnung von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 14. Dezember 1990, Zlen. 90/18/0262, 0263, durch die Vorsitzende Präsident Dr. P und die Hofräte Dr. X und Dr. Y den Ablehnungsantrag der Prozeßpartei vom 25. Oktober 1990 abgewiesen und zugleich eine Ordnungsstrafe verhängt.

Mit Anbringen vom 12. Februar 1991 lehnte die Prozeßpartei die an der Beschlußfassung vom 14.Dezember 1990 beteiligten Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGG haben sich Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung des Amtes wegen Befangenheit zu enthalten u.a., (Z. 5) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen.

Zufolge § 31 Abs. 2 leg.cit. können aus den im Abs. 1 angeführten Gründen Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden.

Die in dieser Bestimmung enthaltenen Worte "und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung" bedeuten, daß derjenige, der sich in eine Verhandlung eingelassen hat, nicht mehr dazu legitimiert ist, einen Befangenheitsgrund geltend zu machen. Ein solcher Mangel der Legitimation zur Ablehnung ergibt sich nicht, wenn, wie im vorliegenden Fall des Verfahrens über den Ablehnungsantrag der Prozeßpartei vom 25. Oktober 1990, keine Verhandlung stattfindet.

§ 31 Abs. 1 VwGG sieht eine Verpflichtung u.a. der Mitglieder des Gerichtshofes vor, bei Vorliegen eines Befangenheitsgrundes im Sinne der Z. 1 bis 5 sich der Ausübung des Amtes zu enthalten. Übt ein befangenes Mitglied des Gerichtshofes entgegen der Bestimmung des § 31 Abs. 1 VwGG sein Amt aus, entsteht die Frage, ob die betreffende Tätigkeit gleichwohl dem Verwaltungsgerichtshof zuzurechnen ist oder ob es sich um einen Fehler handelt, der eine Zurechnung der betreffenden Tätigkeit zum Verwaltungsgerichtshof ausschließt.

Eine Entscheidung, die unter Teilnahme eines befangenen Richters getroffen wird, leidet im Hinblick auf eben diesen Umstand der Befangenheit an einer Rechtswidrigkeit. Ein rechtswidriges Zustandekommen einer Entscheidung wird von dem in § 45 Abs. 1 Z. 1 VwGG, erster Fall, vorgesehenen Tatbestand erfaßt, der dahin geht, daß das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt worden ist. Dieser Tatbestand sieht allerdings keine absolute Nichtigkeit der Entscheidung und keine bloß deklarative Feststellung einer solchen Nichtigkeit, sondern einen Wiederaufnahmegrund vor. Wenn nun sogar die Herbeiführung eines Erkenntnisses oder Beschlusses durch eine gerichtlich strafbare Handlung - somit etwa auch durch das Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt im Sinne des § 302 Abs. 1 StGB - eine dem Verwaltungsgerichtshof zuzurechnende Entscheidung rechtsgültig zustandekommen läßt und lediglich einen Wiederaufnahmsgrund darstellt, ist davon auszugehen, daß eine trotz Befangenheit ausgeübte, jedoch nicht unter das Tatbild einer gerichtlich strafbaren Handlung fallende Tätigkeit eines Mitgliedes des Gerichtshofes in Ausübung seines Amtes die Qualifikation als eine dem Verwaltungsgerichtshof zuzurechnende (Teil-)Tätigkeit nicht ausschließt und auch nicht vernichtbar ist, weil im gegebenen Zusammenhang eine solche Fehlerfolge nicht vorgesehen ist.

Im vorliegenden Fall ist mit dem zitierten hg. Beschluß vom 14. Dezember 1990 die Entscheidung über den Ablehnungsantrag vom 25. Oktober 1990 bereits ergangen. Diese Rechtsache (einschließlich der Verhängung einer Ordnungsstrafe) ist somit erledigt. Es ist dem Verwaltungsgerichtshof daher nicht möglich, auf das Anbringen vom 12. Februar 1991 über die Ablehnung von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes einzugehen. Dieses Anbringen war daher zurückzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991040046.X00

Im RIS seit

23.04.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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