TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/23 90/11/0226

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Veröffentlicht am 23.04.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
24/01 Strafgesetzbuch;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 litc;
KFG 1967 §66 Abs3;
StGB §83 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des P gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Oktober 1990, Zl. MA 70-8/363/90, betreffend Versagung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kfze. der Gruppen A, C, E, F und G gemäß § 64 Abs. 2 KFG 1967 abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides "wegen formeller und materieller Rechtswidrigkeit". Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Lenkerberechtigung mit dessen Verkehrsunzuverlässigkeit. Er sei in den Jahren 1987 und 1989 zweimal wegen strafbarer Handlungen nach § 83 Abs. 1 StGB rechtskräftig verurteilt worden. Dies stelle eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 (zu ergänzen: lit. c) KFG 1967 dar. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß der Beschwerdeführer "als Lenker eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr bei gegebenen Situationen, etwa unter Streß, der im heutigen Straßenverkehr nicht auszuschließen ist und nach der Erfahrung jedenfalls immer wieder vorkommt, zu Aggressionshandlungen hingerissen wird und andere Straßenbenützer dadurch gefährdet, einschüchtert oder am Körper verletzt".

Der Beschwerdeführer bringt dazu vor, daß die Erstbehörde in ihrer Entscheidung lediglich eine Verurteilung (jene aus dem Jahre 1989) angeführt und ohne nähere Begründung von wiederholten Verurteilungen gesprochen habe; die belangte Behörde habe als Berufungsbehörde ohne Gewährung des Parteiengehörs diese Begründung durch Zitierung eines zweiten Strafurteiles ergänzt. Der Beschwerdeführer rügt auch eine unzureichende Wertung nach § 66 Abs. 3 KFG 1967. Eine nähere Auseinandersetzung mit den strafbaren Handlungen hätte ergeben, daß daraus keine Neigung zu Aggressionshandlungen und damit keine seine Verkehrszuverlässigkeit ausschließende Sinnesart abzuleiten sei, sei er "bei diesen Tathandlungen bedauerlicherweise ungewollt in eine Wirtshausrauferei verwickelt" worden und sei dabei "auch nur eine nahezu unbedeutende Verletzung" erfolgt.

Es trifft zwar zu, daß die belangte Behörde nicht im einzelnen erhoben hat, worin die strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers jeweils im einzelnen bestanden haben, sodaß die Wertung dieser bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 nicht ausreichend begründet wurde. Auch bei strafbaren Handlungen nach § 83 Abs. 1 StGB kann nicht schon aus ihrem bloßen Vorliegen auf die daraus abzuleitende Verkehrsunzuverlässigkeit geschlossen werden. Es kommt vielmehr wesentlich auf die Art der Begehung an. Es trifft auch zu, daß die belangte Behörde - wie bereits die Erstbehörde - hinsichtlich der von ihr verwerteten gerichtlichen Verurteilungen kein Parteiengehör gewährt hat, das es dem Beschwerdeführer ermöglich hätte, seinerseits hiezu ein Vorbringen zu erstatten.

Die der belangten Behörde in diesem Zusammenhang unterlaufenen Verfahrensmängel sind aber nicht wesentlich. Wie sich aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Strafregisterauszug ergibt, wurde der Beschwerdeführer vom Jahre 1977 an insgesamt 11 mal wegen strafbarer Handlungen nach § 83 Abs. 1 StGB verurteilt. Im Rahmen der Wertung der von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides genannten, in der zweimaligen Begehung strafbarer Handlungen nach § 83 Abs. 1 StGB liegenden, bestimmten Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. c KFG 1967 sind alle weiteren strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers - auch bereits getilgte - zu berücksichtigen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1990, Zl. 89/11/0207). Die Vielzahl dieser strafbaren Handlungen läßt den Schluß zu, daß der Beschwerdeführer dazu neigt, Konflikte mit Mitmenschen im Wege der Gewaltanwendung auszutragen. Damit steht aber fest, daß der Beschwerdeführer eine Sinnesart aufweist, die es geboten erscheinen läßt, ihn vom Lenken eines Kraftfahrzeuges auszuschließen, kommt es doch im Straßenverkehr häufig zu Situationen, in denen die Interessen der Straßenbenützer - etwa an einem raschen Vorwärtskommen oder am Erreichen von Möglichkeiten, ihr Fahrzeug abzustellen - kollidieren. Der Beschwerdeführer, der durch viele Jahre kontinuierlich nach § 83 Abs. 1 StGB straffällig geworden ist, wäre diesbezüglich ein zu großer Risikofaktor für die Verkehrssicherheit; das hat die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht angenommen.

Da die letzte Verurteilung des Beschwerdeführers nur etwas mehr als ein Jahr vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgte, konnte auch ein allfälliges Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit der letzten aktenkundigen strafbaren Handlung noch auf keine nachhaltige Änderung seiner Sinnesart schließen lassen; dazu bedürfte es eines erheblich längeren Zeitraumes.

Es entspricht ferner dem Gesetz, wenn die belangte Behörde bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers nicht auf dessen berufliche und familiäre Verhältnisse Bedacht genommen hat.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990110226.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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