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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §62 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 30. November 1989, Zl. 11-75 Ra 27-87, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. September 1988 wurde der Beschwerdeführer u. a. schuldig erkannt, er habe am 11. Februar 1987 um 21.35 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf einer bestimmten Straße in Weiz gelenkt, wobei anläßlich einer dort durchgeführten Lenker- und Fahrzeugkontrolle festgestellt worden sei, daß die Nebelscheinwerfer am Pkw vorschriftswidrig in einem Abstand von 17,5 cm links und rechts der Längsmittelebene des Pkws unter der vorderen Stoßstange montiert gewesen seien (PUNKT 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses). Der Beschwerdeführer habe hiedurch (ZU PUNKT 3) eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 KFG in Verbindung mit § 10 Abs. 7 KDV begangen. Gemäß § 134 Abs. 1 KFG wurde über ihn eine Geldstrafe von S 500,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Mit hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1989, Zl. 88/03/0212, wurde der Bescheid vom 8. Juli 1988 u. a. hinsichtlich der für das nunmehrige verwaltungsgerichtliche Verfahren allein bedeutsamen Übertretung nach § 20 Abs. 2 KFG in Verbindung mit § 10 Abs. 7 KDV wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, da ein Verstoß gegen § 44 a lit. b VStG vorlag, zumal es (auch) der Zitierung des § 102 Abs. 1 KFG als verletzte Verwaltungsvorschrift bedurft hätte, weil weder § 20 Abs. 2 KFG noch § 10 Abs. 7 KDV Bestimmungen sind, deren Nichteinhaltung für sich allein bereits eine Übertretung darstellen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. November 1989 wurde in Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen Punkt 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 14. September 1987 der Beschwerdeführer (neuerlich) wegen des bereits oben genannten Tatbestandes einer Übertretung nach § 20 Abs. 2 KFG in Verbindung mit § 10 Abs. 7 KDV sowie unter Ergänzung des Abspruches durch Anwendung des § 102 Abs. 1 KFG als verletzte Verwaltungsvorschrift schuldig erkannt und bestraft. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer behaupte bezüglich der Montage der Breitstrahler, daß das behauptete Maß von 17,5 cm des Abstandes von der Längsmittelebene des Fahrzeuges aus unrichtig und dies auf Grund der Montagehalterung ersichtlich sei. Hiezu werde auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Straferkenntnis sowie die ausführlichen und präzisen Zeugenaussagen des Meldungslegers verwiesen. Überdies gehe aus dem Befund und Gutachten des Amtssachverständigen vom 29. Juni 1988 folgendes hervor: "Gemäß § 10 Abs. 7 KDV 1967 müssen Nebelscheinwerfer bei Kraftwagen so angebracht sein, daß die Entfernung des innersten Punktes ihrer Lichtaustritts-/Leuchtfläche von der Längsmittelebene des Fahrzeugs wenigstens 30 cm entfernt sind. Zwischen den beiden innersten Punkten der Lichtaustritts-/Leuchtflächen muß somit ein Abstand von mindestens 60 cm vorhanden sein. Die Montagelöcher selbst bilden gemäß den geltenden gesetzlichen Bestimmungen keinen Beanstandungsgrund. Im gegenständlichen Fall beträgt der Abstand zwischen den Montagelöchern 63 cm. Der Durchmesser des Scheinwerfers wird mit 17 cm angegeben. Unter der Berücksichtigung einer Rahmenbreite für den Scheinwerfer von ca. 1 m (richtig: 1 cm) beträgt somit der Abstand zwischen den beiden innersten Punkten der Lichtaustritts-/Leuchtfläche der Nebelscheinwerfer 47 cm. Die Nebelscheinwerfer waren somit zum Beanstandungszeitpunkt entgegen den hiefür maßgeblichen Bestimmungen (§ 10 Abs. 7 KDV) angebracht." Die belangte Behörde habe keine Veranlassung, diese schlüssigen Ausführungen insbesondere auch im Zusammenhang mit den oberwähnten Zeugenaussagen in Zweifel zu ziehen, woraus sich ergebe, der Beschwerdeführer habe die ihm zu Punkt 3 angelastete Übertretung zu verantworten. Der Spruch sei jedoch im Sinne des § 44 a lit. b VStG entsprechend zu ergänzen gewesen. Es folgen Ausführungen zur Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Übertretung nach § 102 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 KFG und § 10 Abs. 7 KDV ist zu bemerken, daß § 20 Abs. 2 KFG die Anbringung von Nebelscheinwerfern etc. regelt. Diese Regelung wird durch § 10 Abs. 7 KDV ergänzt. Darin wird unter anderem festgelegt, daß bei Nebelscheinwerfern die Entfernung des innersten Punktes ihrer Lichtaustritts-/Leuchtfläche von der Längsmittelebene des Fahrzeuges wenigstens 30 cm betragen muß. Der Lenker darf nach § 102 Abs. 1 KFG das Fahrzeug nur dann in Betrieb nehmen, wenn es auch diesen Vorschriften entspricht.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, es habe die belangte Behörde nicht binnen Jahresfrist ab Einbringung der Berufung über diese entschieden, weshalb gemäß § 51 Abs. 5 VStG der angefochtene Bescheid als aufgehoben gelte und das Verfahren einzustellen sei, so geht er an der Rechtslage vorbei. Nach Aufhebung eines Berufungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof steht nämlich der belangten Behörde abermals eine Frist von einem Jahr ab Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfügung (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Aufl., Anm. 17 zu § 51 VStG, S. 773, a. a.O., 4. Aufl., Anm. 13 zu § 51 VStG, S. 1023). Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde der belangten Behörde am 15. November 1989 zugestellt, der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 18. Dezember 1989, sodaß die Frist eindeutig gewahrt ist.
Es ist aber auch die Meinung des Beschwerdeführers verfehlt, wonach Verjährung eingetreten sei, weil die belangte Behörde § 102 Abs. 1 KFG als verletzte Verwaltungsvorschrift erst nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 KFG herangezogen habe. Es wurde dem Beschwerdeführer kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt, sondern lediglich in Entsprechung des schon zitierten hg. Vorerkenntnisses vom 18. Oktober 1989 auch § 102 Abs. 1 KFG herangezogen. Eine Richtigstellung der verletzten Verwaltungsvorschrift durch die Berufungsbehörde ist auch nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist möglich, wenn dem Beschwerdeführer kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt wurde (vgl. abermals Hauer-Leukauf, 4. Aufl., Anm. 8 zu § 44 a VStG, S. 943).
Zutreffend wurde dem Beschwerdeführer auch ein Ersatz der Kosten auferlegt, zumal die Bestimmung des § 65 VStG dann nicht Platz greift, wenn die Berufungsbehörde bloß eine rechtliche Qualifikation der Tat ändert (vgl. Hauer-Leukauf, 4. Aufl., E 1 a. zu § 65 VStG, S. 1100).
Wenn der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde vorbringt, es sei zu Unrecht ungeprüft gelassen worden, ob die im Verfahren genannten Beleuchtungskörper auch tatsächlich Nebelscheinwerfer im Sinne des § 20 Abs. 1 lit. c KFG seien, ist ihm zu entgegnen, daß schon in der Anzeige vom Vorliegen von Nebelscheinwerfern die Rede ist und diese auch Gegenstand des Abspruches sind. Mögen auch in der Folge im Verwaltungsstrafverfahren diese Scheinwerfer auch als Breitstrahler bezeichnet worden sein, so ist der Beschwerdeführer im ganzen Strafverfahren der Annahme, daß es sich dabei um Nebelscheinwerfer handelt, nicht entgegengetreten. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung, das Vorliegen von Nebelscheinwerfern in Zweifel zu ziehen. Das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers beinhaltet einen unzulässigen Erkundungsbeweis und überdies eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch die Meinung des Beschwerdeführers, es seien Spruch und Begründung nicht in Einklang zu bringen, nicht zu teilen. Der Meldungsleger hat die in der Anzeige enthaltenen Angaben, daß die Nebelscheinwerfer in einem Abstand von je 17,5 cm rechts und links der Längsmittelebene des Fahrzeuges (unter der vorderen Stoßstange) montiert gewesen seien, also die Scheinwerfer insgesamt nur 35 cm - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung von 60 cm - voneinander entfernt gewesen seien, als Zeuge am 26. Juni 1987 und am 24. Februar 1988 unmißverständlich bestätigt. Er hat auch dementsprechend auf dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Lichtbild (vom August 1986) die Lage der Nebelscheinwerfer zur Unterstützung seines Vorbringens festgehalten. Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Meldungsleger habe am 8. Juli 1987 zu Protokoll gegeben, daß er sein Maß von der Verankerung aus gemessen habe - und nicht vom Scheinwerferrand -, findet in der Aktenlage keine Deckung. Im übrigen hat der Beschwerdeführer auch nach dem Inhalt der Anzeige dem Meldungsleger gegenüber angegeben, er habe nicht gewußt, daß die Montage von Nebelscheinwerfern auch so genau sei. Des weiteren hat auch der Amtssachverständige im Gutachten vom 29. Juni 1988 klar zum Ausdruck gebracht, daß selbst nach den vom Beschwerdeführer ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen der Abstand der Nebelscheinwerfer zueinander nicht, wie im Gesetz vorgesehen, mindestens 60 cm, sondern nur 47 cm betragen hat. Die Ausführungen des Amtssachverständigen sind entgegen der Meinung des Beschwerdeführers schlüssig und nachvollziehbar und stehen mit der Rechtslage im Einklang. Wenn die belangte Behörde im übrigen ihrem Abspruch die vom Meldungsleger an Ort und Stelle getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt hat, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.
Letztlich vermögen auch die gegen den Strafausspruch gerichteten Beschwerdeausführungen nicht durchzuschlagen. Bedenkt man, daß die anzuwendende Strafbestimmung des § 134 Abs. 1 KFG eine Strafe bis zu S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen) vorsieht, über den Beschwerdeführer aber nur eine an der Untergrenze liegende Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) verhängt wurde, so vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden, daß der belangten Behörde bei der Strafbemessung auch unter Berücksichtigung der von ihr ohnehin angezogenen "Unbescholtenheit" des Beschwerdeführers eine Rechtswidrigkeit unterlaufen ist.
Da sich die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Umfang der Abänderungsbefugnis Auswechslung des RechtsgrundesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990030029.X00Im RIS seit
26.01.2001