TE Vfgh Beschluss 1988/9/27 B734/88

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Veröffentlicht am 27.09.1988
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Index

22 Zivilprozeß, außerstreitiges Verfahren
22/02 Zivilprozeßordnung

Norm

VfGG §34
ZPO §530 Abs1 Z7

Leitsatz

ZPO §530 Abs1 Z7 (§§34, 35 VerfGG); Zweifel an der Beweiswürdigung kein Wiederaufnahmegrund

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.a) Der Antragsteller erhob seinerzeit zu B253/87 u.a. gegen seine am 5. Feber 1987 um 11,00 Uhr behaupteterweise erfolgte Festnahme und Verbringung zum Gendarmerieposten Gisingen gemäß Art144 B-VG Beschwerde an den VfGH. Dieser wies am 7. Dezember 1987 in dieser Hinsicht die Beschwerde wegen Unzuständigkeit zurück, weil eine Verhaftung nicht stattgefunden habe. Da der Bf. in einem anderen Punkt obsiegt hatte, wurden die Kosten gegeneinander aufgehoben.

Der VfGH nahm aufgrund der Einvernahme der einschreitenden Beamten und der Gattin des damaligen Bf. als erwiesen an, daß der Bf. den Beamten freiwillig zum Gendarmerieposten gefolgt sei; er (der Bf.) selbst wurde nicht einvernommen; er hielt sich damals (angeblich) in der Türkei auf.

Das Erkenntnis des VfGH wurde dem Bf. am 9. März 1988 zugestellt.

b) Mit dem am 23. März 1988 zur Post gegebenen Schriftsatz begehrt der Antragsteller,

"hinsichtlich des zurückweisenden Teiles des Erkenntnisses des VfGH vom 7.12.1987, B253/87, also hinsichtlich des Feststellungszeitraumes 5.2.1987 11,00 Uhr bis 13,45 Uhr (Amtshandlung in der Wohnung und auf dem GP Gisingen) und hinsichtlich der (konnexen) Kostenentscheidung die Wiederaufnahme des Verfahrens zu bewilligen."

Der Wiederaufnahmsantrag wird wie folgt begründet: Über den Antragsteller (einen türkischen Staatsangehörigen) sei seinerzeit ein Aufenthaltsverbot verhängt worden. Den entsprechenden Bescheid habe der VfGH mit Erkenntnis vom 27. November 1987 B796/87 (dem Beschwerdevertreter zugestellt am 4. Dezember 1987) aufgehoben. Daraufhin sei der Bf. am 9. Jänner 1988 aus der Türkei nach Österreich zurückgekehrt.

Am 22. März 1988 habe der einschreitende Rechtsanwalt erstmals Gelegenheit gehabt, den - der deutschen Sprache nur sehr schlecht mächtigen - Antragsteller unter Beiziehung eines Dolmetschers zum eingangs erwähnten Sachverhalt zu befragen und eine "niederschriftliche Aussage" aufzunehmen. Daraus ergebe sich, daß der Antragsteller am 5. Feber 1987 von den Beamten "in einem keinen Widerspruch duldenden Befehlston" aufgefordert worden war, mit ihnen zur Gendarmerie zu kommen. Diese Aussage stelle ein neues Beweismittel dar, das seinerzeit im (zu B253/87 geführten) Verfahren vor dem VfGH ohne Verschulden des Bf. (wegen des bestehenden Aufenthaltsverbotes) nicht habe geltend gemacht werden können.

2. a) Im verfassungsgerichtlichen Verfahren gelten für die Wiederaufnahme, da §34 VerfGG eine nähere Regelung nicht enthält, nach §35 VerfGG sinngemäß die Bestimmungen der ZPO (vgl. VfSlg. 9126/1981; VfGH 8.6.1988 B818/87).

Demnach kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, "wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung in früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde" (§530 Abs1 Z7 ZPO).

b) Der vorliegende Wiederaufnahmeantrag wurde zwar rechtzeitig erhoben (§534 ZPO iVm §35 VerfGG) und ist auch sonst zulässig; er ist jedoch ungerechtfertigt:

Der VfGH unterließ seinerzeit die Einvernahme des Bf. als Partei, weil ihm auf Grund der ihm damals vorliegenden Beweise der Sachverhalt ausreichend geklärt erschien (siehe S 4, letzter Absatz des hg. Erk. B253/87), und nicht etwa deshalb, weil sich der Bf. in der Türkei aufhielt (der Passus auf S 5, erster Absatz dieses Erkenntnisses bezieht sich auf das zweite Faktum).

Das wird dadurch unterstrichen, daß im damaligen Beschwerdeverfahren auf die Einvernahme des Bf. als Partei verzichtet wurde. Der Rechtsvertreter des damaligen Bf. (des nunmehrigen Antragstellers) führte in dem im Verfahren B253/87 eingebrachten Schriftsatz vom 17. September 1987 nämlich aus:

"Sobald der Bf. wieder aus der Türkei nach Österreich zurückgekommen ist (nach Aufhebung des Aufenthaltsverbots) wird eine von ihm ausgefertigte Niederschrift vorgelegt werden; allerdings scheint es bei der Klarheit des Sachverhalts nicht erforderlich, auch diese Niederschrift noch vorzulegen, falls der VfGH bereits vorher über die Beschwerde absprechen möchte."

Der Antragsteller zieht also in Wahrheit die seinerzeitige Beweiswürdigung in Zweifel. Das aber stellt keinen Wiederaufnahmegrund dar. Der Antrag war daher abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B734.1988

Dokumentnummer

JFT_10119073_88B00734_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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