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63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;Norm
BDG 1979 §81 Abs1 idF 1986/389;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Leistungsfeststellungskommission beim Landesschulrat für Steiermark für Bundeslehrer vom 17. Dezember 1990, GZ.: III Scho 87/135-1990, betreffend negative Leistungsfeststellung für das Schuljahr 1989/90, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der beantragten Höhe von S 10.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Professor (Verwendungsgruppe L 1) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesgymnasium R, X-Gasse.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde über Antrag des Beschwerdeführers vom 7. September 1990 gemäß § 81 Abs. 1 Z. 3 iVm § 220 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), fest, daß der Beschwerdeführer im Schuljahr 1989/90 den zu erwartenden Arbeitserfolg trotz nachweislicher Ermahnung nicht aufgewiesen habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Direktion des Bundesgymnasiums R, X-Gasse, habe am 26. Juni 1990 gemäß § 84 Abs. 1 BDG 1979 berichtet, daß der Beschwerdeführer im Schuljahr 1989/90 den von ihm zu erwartenden Arbeitserfolg trotz nachweislicher Ermahnung nicht aufgewiesen habe. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer die im Bericht des Schulleiters angeführten negativen Beurteilungsmerkmale mit der Begründung zurückgewiesen, daß Intrigen einiger Lehrer bzw. Lehrerinnen und die negative Einstellung der Schuldirektion zur negativen Leistungsfeststellung geführt hätten. Die belangte Behörde habe die vorliegenden Stellungnahmen und Berichte über den Arbeitserfolg des Beschwerdeführers im Beurteilungszeitraum, insbesondere die Stellungnahmen der Schulleitung vom 26. Juni und 10. September 1990, die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 7. September 1990, die Stellungnahmen des Landesschulinspektors vom 6. April und 6. Juli 1990 und die Eingabe von Z vom 18. Mai 1990, sowie die bezughabenden Gesetzesstellen eingehend erörtert und sei zu dem Ergebnis gelangt, daß die im Bericht der Schulleitung vom 26. Juni 1990 getroffenen Feststellungen zutreffend seien. Die Behauptungen des Beschwerdeführers, daß die Beurteilung auf Intrigen, negative Einstellung der Direktorin und unpädagogische Maßnahmen seitens der Schulleitung zurückzuführen sei, seien nicht geeignet, die gegenständliche Entscheidung zu beeinflussen, zumal ein Vorbringen in der Sache selbst in der Stellungnahme des Beschwerdeführers nicht erfolgt sei. Aus der Aktenlage gehe hervor, daß - wie auch in der Stellungnahme des Beschwerdeführers angeführt - mehrere Gespräche stattgefunden hätten. Bei diesen Gesprächen sei der Beschwerdeführer im Beisein der Direktorin nicht nur ermahnt, sondern es seien ihm auch konkrete Vorhaltungen unter Hinweis auf die festgestellten Mängel gemacht worden. Über die Mängel in seiner Dienstleistung hinaus habe die pädagogische und psychologische Behandlung der Schüler seitens des Beschwerdeführers immer wieder zu Beschwerden der Erziehungsberechtigten geführt. Dies habe zu der Entscheidung geführt, daß der Beschwerdeführer zunächst im Unterrichtsfach Mathematik nicht mehr einzusetzen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Gerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, daß nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 festgestellt werde, er habe im Schuljahr 1989/90 den von ihm zu erwartenden Arbeitserfolg trotz nachweislicher Ermahnung nicht aufgewiesen. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im wesentlichen vor, eine Ermahnung iSd bezogenen Gesetzesstelle sei im Beschwerdefalle nicht abgegeben worden. Die für eine solche Ermahnung von der Rechtsprechung geforderten Nachweise, wie ein vom Beamten unterfertigter Aktenvermerk, eine mit ihm aufgenommene Niederschrift oder die nachweisliche Zustellung der schriftlichen Ermahnung lägen im Beschwerdefall nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens nicht vor. Selbst nach der Stellungnahme des zuständigen Landesschulinspektors und der Stellungnahme der Direktion vom 21. März 1990 habe, wegen der nicht verifizierten Inhalte der Beschwerde des Erziehungsberechtigten Bors, keine Veranlassung für disziplinäre oder sonstige Maßnahmen bestanden. Eine Ermahnung in pädagogischer oder didaktischer Hinsicht sei nachweislich nicht erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung solle ein Bericht aus besonderem Anlaß erst als die letzte Folge in Betracht gezogen werden. Vorrangig soll der Vorgesetzte die ihm im Rahmen seiner Dienstaufsicht zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen. Eines dieser im Gesetz vorgesehenen Mittel sei gemäß § 85 BDG 1979 die Befassung des Beamten; das Mitarbeitergespräch. Ein Nachweis über die dem Gesetz gemäße Führung eines solchen Gespräches sei nicht aktenkundig.
Dieses Vorbringen ist hinsichtlich der Frage der "nachweislichen Ermahnung" berechtigt.
Gemäß § 81 Abs. 1 BDG 1979 ist die Leistungsfeststellung die rechtsverbindliche Feststellung, daß der Beamte im vorangegangenen Kalenderjahr (Beurteilungszeitraum) den zu erwartenden Arbeitserfolg ....
3. trotz nachweislicher, spätestens drei Monate vor Ablauf des Beurteilungszeitraumes erfolgter Ermahnung nicht aufgewiesen hat. Für das Ergebnis dieser Feststellung sind der Umfang und die Wertigkeit der Leistungen des Beamten maßgebend.
Gemäß § 84 Abs. 1 BDG 1979 hat der Vorgesetzte über die Leistung des Beamten zu berichten, wenn
1. er der Meinung ist, daß die nach § 81 Abs. 3 oder nach § 82 Abs. 1 zuletzt maßgebende Leistungsfeststellung für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr zutrifft, oder
2. die Voraussetzung des § 82 Abs. 2 vorliegt. Nach § 85 Abs. 1 BDG 1979 hat der Vorgesetzte die Absicht, einen Bericht zu erstatten, dem Beamten mitzuteilen und mit diesem die Gründe seines Vorhabens zu besprechen. Hält der Vorgesetzte an seiner Absicht fest, einen Bericht zu erstatten, so hat er vor Weiterleitung dem Beamten Gelegenheit zu geben, binnen zwei Wochen zum Bericht Stellung zu nehmen.
Die Leistungsfeststellung ist rechtlich gesehen ein wesentliches Personalführungs- und Personalsteuerungsinstrument. Da die Leistungsfeststellungen in der Regel eine wichtige Grundlage für alle Personalmaßnahmen sind, für die eine bestimmte, unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit der Verwaltung vorzunehmende Personalauslese getroffen werden muß, sind sie von ausschlaggebender Bedeutung für den beruflichen Werdegang der Beamten.
Nach § 81 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 ist die nachweisliche Ermahnung ausdrücklich als Tatbestandselement im Zusammenhang mit der weiteren Feststellung vorgesehen, daß der Beamte den Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat (vgl. Erkenntnis vom 31. Oktober 1984, Zl. 83/09/0087). Die in dieser Bestimmung vorgesehene nachweisliche Ermahnung soll den Beamten über seine mangelhaften Leistungen in Kenntnis setzen, um ihm noch Gelegenheit zur Leistungsverbesserung zu geben (vgl. das Erkenntnis vom 19. Feber 1986, Zl. 85/09/0155). In einer Ermahnung iSd genannten Gesetzesstelle muß zumindestens ein für die spätere Leistungsbeurteilung bedeutsames Fehlverhalten des Beamten dargelegt werden (vgl. VwSlg. 12107/A). Die Verwendung des Wortes "trotz" läßt erkennen, daß neben dem zeitlichen Moment (Beurteilungszeitraum) auch ein kausaler Zusammenhang zwischen den (nicht zufriedenstellenden) Leistungen des Beamten und der (aus diesem Grund erfolgten) Ermahnung gegeben sein muß (vgl. das Erkenntnis vom 21. Mai 1986, Zl. 86/09/0025).
Nach dieser Rechtsprechung stellt die Ermahnung eine inhaltlich wesentliche Voraussetzung für eine negative Leistungsfeststellung dar. Dies folgt insbesondere daraus, daß diese Voraussetzung vom Gesetzgeber im § 81 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 zwingend und als Bestandteil der Wertung vorgesehen ist und der Ermahnung solcherart die Bedeutung zukommt, daß dem Beschwerdeführer die Mangelhaftigkeit seiner (oder zumindest einzelner wesentlicher) Leistungen objektiv erkennbar und zu einem Zeitpunkt vor Augen geführt wird, zu dem noch eine Leistungsverbesserung möglich ist.
Wie der vorher wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, ging die belangte Behörde aber im wesentlichen von der Rechtsauffassung aus, daß "mehrere Gespräche" mit dem Beschwerdeführer stattgefunden hätten, bei denen er im Beisein der Direktorin nicht nur ermahnt, sondern ihm auch konkrete Vorhaltungen unter Hinweis auf die festgestellten Mängel gemacht worden seien.
Diese Rechtsauffassung ist unrichtig, weil für den Beschwerdeführer auf Grund der Ermahnung die konkrete Gefahr einer negativen Leistungsfeststellung jedenfalls objektiv erkennbar sein muß. Eine, bezogen auf den Inhalt, der stattgefundenen "Gespräche" gerichtete, allenfalls zu einem anderen Ergebnis führende Betrachtungsweise, ist im Beschwerdefall mangels entsprechender Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides über den Inhalt der "belehrenden Gespräche" rechtens nicht möglich.
Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens ist auf dem Schreiben der Direktion des Bundesgymnasiums vom 11. Juli 1990, mit welchem der Bericht des Vorgesetzten vom 26. Juni 1990 an den Landesschulrat für Steiermark vorgelegt wurde, folgender Vermerk angebracht:
"E m.d.B. um Stellungnahme zum Bericht des Vorgesetzten. Wurde N nachweislich iSd § 81 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 ermahnt? (Nachweis fehlt im AktÜ)"
Da die belangte Behörde trotz dieses Aktenvermerkes in Verkennung der Rechtslage zur grundlegenden Frage der "nachweislichen Ermahnung" keine für den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbare Feststellung getroffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grunde mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG der Aufhebung verfallen mußte, ohne daß auf das darüber hinausgehende Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991090011.X00Im RIS seit
25.04.1991Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010