Index
22 Zivilprozeß, außerstreitiges VerfahrenNorm
VfGG §33Leitsatz
VerfGG §§33, 35; ZPO §§39, 146 Abs1; Verschuldensregelung gilt auch für die Kanzleikraft des Beschwerdevertreters; in Widerspruch zu Anweisungen stehendes Verhalten - kein minderer Grad des VersehensSpruch
I. Der Wiedereinsetzungsantrag wird abgewiesen.
II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit Schriftsatz vom 1. April 1988 begehrt der einschreitende K-verein die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Beschwerdeerhebung gegen den an ihn ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 22. Jänner 1988 (an den Einschreiter zugestellt am 2. Februar 1988) und verbindet damit die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde gegen diesen Bescheid. Zur Begründung bringt der Einschreiter vor, daß der angefochtene Bescheid inmitten eines Konvoluts anderer Unterlagen am 4. März 1988 in der Kanzlei seines Vertreters eingelangt sei, wobei der nunmehr angefochtene Bescheid zu unterst gelegen sei. Da der Sekretärin des Vertreters bekannt gewesen sei, daß hinsichtlich der das übrige Aktenkonvolut betreffenden Angelegenheit nichts zu unternehmen sei, habe sie das gesamte Konvolut "ohne den nunmehr angefochtenen Bescheid zu bemerken, einschließlich des Bescheides entgegen der bestehenden Übung und den Anweisungen des Vertreters des Bf." abgelegt, ohne die Beschwerdefrist einzutragen. Erst bei quartalsmäßiger Aktendurchsicht habe der Vertreter am 31. März 1988 das Versäumnis festgestellt.
2. Der Antrag ist nicht gerechtfertigt.
Wie im Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt wird, hat die Sekretärin des Vertreters das gesamte Aktenkonvolut "entgegen der bestehenden Übung und den Anweisungen des Vertreters" abgelegt, wobei sie offensichtlich annahm, in der vom Aktenkonvolut betroffenen Angelegenheit sei "nichts zu unternehmen". Da jedoch aus dem Antragsvorbringen hervorgeht, daß die Kanzleikraft des Vertreters, für die die Verschuldensregelung des §146 Abs1 ZPO gleichfalls gilt (§39 ZPO; vgl. VfSlg. 10345/1985), offensichtlich "entgegen der bestehenden Übung und den Anweisungen des Vertreters" gehandelt hatte, kann dies nicht als "minderer Grad des Versehens" im Sinne des §146 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VerfGG) gewertet werden. Auch im Antrag wird nichts vorgebracht, wonach das Verhalten der Kanzleikraft nur auf einem minderen Grad des Verschuldens beruhte.
Der Antrag war sohin - mit in nichtöffentlicher Sitzung gefaßtem Beschluß (§33 VerfGG) - abzuweisen.
II. Im Hinblick auf das Vorgesagte erweist sich die am 6. April 1988 zur Post gegebene Beschwerde als verspätet und ist daher zurückzuweisen, was gemäß §19 Abs3 Z2 litb VerfGG ohne weiteres Verfahren beschlossen werden konnte.
Schlagworte
VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B809.1988Dokumentnummer
JFT_10119073_88B00809_00