TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/26 91/18/0056

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Veröffentlicht am 26.04.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §24;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §35 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §56;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Kurt N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. Jänner 1991, Zl. I/7-St-Sch-89245/1, betreffend Berichtigung eines wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 ergangenen Bescheides, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides sowie dem zur hg. Zl. 90/18/0238, vorgelegten Verwaltungsstrafakt ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 11. September 1989 wurde der Beschwerdeführer zweier Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 für schuldig befunden und bestraft, wobei im Rahmen der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a lit. a VStG) die Tatzeit mit "16.9.1989, 04.20 Uhr" angegeben worden ist.

Mit dem Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 17. September 1990 wurde der Schuldspruch dieses Straferkenntnisses zwar teilweise geändert, die Umschreibung der Tatzeit jedoch bestätigt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1991 wurde dieser Berufungsbescheid vom 17. September 1990 gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 "in seinem Spruch insoferne berichtigt, als anstelle des Tagesdatums laut dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom

11. September 1989 ... (als Tagesdatum scheint der 16.9.1989

auf), nachstehendes Tagesdatum zu treten hat '16.9.1988'".

In der Begründung dieses Bescheides wies die belangte Behörde darauf hin, daß der Berufung des Beschwerdeführers gegen das erwähnte Straferkenntnis keine Folge gegeben und dieses Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt worden sei, daß textliche Änderungen im Bescheidspruch zu erfolgen hätten. Dabei sei übersehen worden, daß das Tagesdatum der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat nicht der 16. September 1989, sondern der 16. September 1988 gewesen sei, wie sich aus dem gesamten Verfahrensakt ergebe. Das Datum 16. September 1989 sei im Straferkenntnis irrtümlich geschrieben worden. Dies ergebe sich auch daraus, daß sowohl in der Anzeige vom 11. Oktober 1988, in der Strafverfügung vom 18. November 1988, im Ladungsbescheid vom 13. Dezember 1988 und im Rechtshilfeersuchen vom 19. April 1990 und in anderen Schriftstücken stets der 16. September 1988 angeführt worden sei. Aus einem Versehen sei das Straferkenntnis im Berufungsbescheid diesbezüglich nicht berichtigt worden. In seiner Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde vom 5. Oktober 1990 habe der Beschwerdeführer mit Recht darauf hingewiesen, daß er das ihm zur Last gelegte Delikt am 16. September 1989 nicht begangen habe. Es handle sich somit offenbar um eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG 1950. Der Beschwerdeführer habe diesen Irrtum in seiner Berufung nicht aufgezeigt.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Die Anwendung dieser Bestimmung setzt einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, daß eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können, und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1990, Zlen. 89/03/0073, 0074, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall gegeben, weil einerseits die belangte Behörde bei der durch sie hinsichtlich der Tatzeit erfolgten Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses offensichtlich übersehen hat, daß in diesem Straferkenntnis das Kalenderjahr des Tattages irrtümlich mit 1989 statt mit 1988 bezeichnet worden ist, und andererseits nicht der geringste Zweifel daran besteht, daß diese Unrichtigkeit auch für den Beschwerdeführer erkennbar war. Die richtige Tatzeit ist nämlich nicht nur in der dem Straferkenntnis vorausgegangenen Strafverfügung vom 18. November 1988, sondern auch in den Ladungsbescheiden vom 13. Dezember 1988, 12. Jänner 1989 sowie 4. Juli 1989 und darüber hinaus auch im Schriftsatz des Beschwerdevertreters vom 28. Dezember 1988 erwähnt worden. Außerdem hat der Beschwerdeführer in seiner Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 17. September 1990 ausdrücklich geltend gemacht, daß sie die unrichtige Tatzeit des erstinstanzlichen Straferkenntnisses übernommen habe. Für den Beschwerdeführer war daher die in Rede stehende Unrichtigkeit offenkundig und sie hätte überdies von der belangten Behörde unter den gegebenen Umständen bereits bei Erlassung des Bescheides vermieden werden können.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers darf auch die Tatzeit Gegenstand einer Berichtigung sein (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1982, Zl. 82/02/0013), woran der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand nichts zu ändern vermag, daß die Tatzeit einen wesentlichen Teil der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a lit. a VStG bildet, zumal nicht davon ausgegangen werden kann, daß mit der Berichtigung der Jahreszahl des Tattages der materielle Inhalt des berichtigten Bescheides etwa im Sinne einer modifizierten rechtlichen Beurteilung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes geändert worden ist.

Mit seinem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1967, Slg. N.F. Nr. 7058/A, vermag der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, weil in diesem Beschwerdefall eine Bescheidbegründung unter Berufung auf § 68 Abs. 2 AVG geändert worden war, und der Gerichtshof in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten hatte, daß eine Berichtigung im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG, durch welche ein Begründungsmangel behoben werden soll, unzulässig sei. Von einem derartigen Sachverhalt ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

Ferner ist in Erwiderung auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen darauf hinzuweisen, daß die Berichtigung eines Bescheides gemäß § 62 Abs. 4 AVG auch noch während eines Verfahrens, das auf Grund einer gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig ist, vorgenommen werden kann (vgl. dazu den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. N.F. Nr. 12.329/A).

Schließlich ist zu der abschließenden Erklärung des Beschwerdeführers, durch den angefochtenen Bescheid "hinsichtlich der Beschwerde vom 5.10.1990 gegen den Bescheid vom 17.9.1990 nach berechtigter Beschwerdeerhebung klaglos" gestellt zu sein, zu bemerken, daß eine Klaglosstellung nach ständiger hg. Judikatur (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, auf S. 306 f. wiedergegebenen hg. Entscheidungen) nur dann eintritt, wenn der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid formell aufgehoben wird. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der diesem zugrundeliegende Bescheid der belangten Behörde vom 17. September 1990 aber nicht aufgehoben, sondern lediglich hinsichtlich der Jahreszahl des Tattages berichtigt. Auf den in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer begehrten "Kostenzuspruch wie bei sonstiger nachträglicher Klaglosstellung durch die belangte Behörde" war daher nicht näher einzugehen.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §56 erster SatzSachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Mängel bei Beschreibung SchreibfehlerUmfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungBerufungsverfahren Befugnisse der Berufungsbehörde hinsichtlich Tatbestand und SubsumtionEinstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §33 Abs1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991180056.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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