TE Vwgh Beschluss 1991/4/26 91/19/0099

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Veröffentlicht am 26.04.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
FrPolG 1954 §11 Abs2;
FrPolG 1954 §11 Abs3;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, in der Beschwerdesache des N gegen die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in bezug auf die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

I.

1.1. Mit Bescheid (Spruchpunkt I.) der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Oktober 1989 war gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen worden.

1.2. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers war mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 21. November 1989 keine Folge gegeben und die Verhängung des Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer bestätigt worden.

1.3. Aufgrund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war der Bescheid vom 21. November 1989 von diesem Gerichtshof mit Erkenntnis vom 14. Mai 1990, Zl. 90/19/0159, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden.

2. Mit der vorliegenden, auf Art. 132 B-VG gestützten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend und bringt dazu vor, daß diese, obwohl ihr das hg. Erkenntnis Zl. 90/19/0159 bereits am 19. Juni 1990 zugestellt worden sei, ihrer Verpflichtung zur Erlassung eines Ersatzbescheides bisher nicht nachgekommen sei.

Im Hinblick darauf stellt der Beschwerdeführer den Antrag, "der Verwaltungsgerichtshof wolle in der Sache selbst erkennen und in Stattgebung der Säumnisbeschwerde den erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Oktober 1989, IIId-370-31232/72, ersatzlos beheben bzw. dahingehend abändern, daß in Stattgebung der vorliegenden Säumnisbeschwerde kein Aufenthaltsverbot gegen den Antragsteller erlassen wird".

II.

1. Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Abs. 2 die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte.

Auf den vorliegenden Fall bezogen heißt das, daß die belangte Behörde verpflichtet ist, in einem fortgesetzten Verfahren über die (wieder offene) Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 12. Oktober 1989 - und zwar in Bindung an die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis Zl. 90/19/0159 geäußerte Rechtsanschauung (§ 63 Abs. 1 VwGG) - zu entscheiden.

2. Gemäß § 27 erster Satz VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

3. Nach § 11 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954, entscheidet über Berufungen gegen Bescheide, mit denen (unter anderem) ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde, der Landeshauptmann, gegen dessen Entscheidung keine weitere Berufung zulässig ist.

Zufolge des § 11 Abs. 3 leg. cit. sind bis zum Inkrafttreten des im § 1 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 142/1946 angekündigten Bundesverfassungsgesetzes die Aufgaben, die den Landeshauptmännern nach diesem Bundesgesetz zukommen, von den Sicherheitsdirektionen zu besorgen.

4. Diese Beschränkung des Instanzenzuges hindert nur die Anfechtung von Bescheiden im Rechtsmittelverfahren, nicht jedoch den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung im Devolutionsweg (§ 73 Abs. 2 AVG). Die Möglichkeit, nach dieser Gesetzesstelle den Übergang der Zuständigkeit auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zu erwirken, steht demnach der durch die Säumnis der zuständigen Behörde verletzten Partei auch dann offen, wenn gegen die Entscheidung der säumigen Behörde nach den jeweils den Instanzenzug regelnden Vorschriften ein ordentliches Rechtsmittel ausgeschlossen ist. Da der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall in der Lage gewesen wäre, die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergeht, nämlich die beim Bundesminister für Inneres eingerichtete Generaldirektion für öffentliche Sicherheit (vgl. ADAMOVICH-FUNK, Österreichisches Verfassungsrecht3, 1985,

S. 273 f.), anzurufen, er aber von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht hat, liegt Säumnis im Sinne des Art. 132 B-VG (§ 27 VwGG) nicht vor.

5. Nach dem Gesagten war die vorliegende Säumnisbeschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991190099.X00

Im RIS seit

26.04.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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