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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ABGB §140Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Degischer, DDr. Jakusch und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Werner N gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 14. November 1989, Zl. 580.801/6-VI/16/89, betreffend Geldbeihilfe nach dem Tuberkulosegesetz und betreffend Zurückweisung von Anträgen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 1 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Berufungsbescheid des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 14. November 1989 wurde in den Spruchpunkten 1 und 2 im Instanzenzug über die dem Beschwerdeführer nach dem Tuberkulosegesetz, BGBl. Nr. 127/1968 in der Fassung BGBl. Nr. 142/1974 (TuberkuloseG), gebührende regelmäßige Geldbeihilfe wie folgt abgesprochen:
In Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer für den Monat Oktober 1988 eine solche Geldbeihilfe von S 764,--- gewährt (Punkt 1); hingegen wurde die abweisende Entscheidung der ersten Instanz hinsichtlich des Begehrens nach regelmäßiger Geldbeihilfe ab 1. November 1988 bestätigt.
In Punkt 3 des genannten Berufungsbescheides wurde die Berufung hinsichtlich des Begehrens auf Übernahme von Mietkosten sowie der Gewährung von Taschengeld als unzulässig zurückgewiesen. Die Begründung dieses Bescheides hinsichtlich der Spruchpunkte 1 und 2 ging dahin, daß unter Berücksichtigung des Einkommens des Beschwerdeführers und seiner Unterhaltsansprüche gegen seine Mutter sich für den Monat Oktober 1988 ein restlicher Anspruch auf regelmäßige Geldbeihilfe von S 764,-- ergebe, während für die darauffolgende Zeit der Richtsatz im Sinne des § 41 Abs. 2 und 3 TuberkuloseG überschritten werde und daher keine regelmäßige Geldbeihilfe zustehe. Das Begehren auf Übernahme der Mietkosten und Gewährung von Taschengeld sei nicht in erster Instanz, sondern erstmals in der Berufung erhoben worden, so daß es nicht Gegenstand einer meritorischen Berufungsentscheidung sein könne.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 24. September 1990, Zl. B 1534/89, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift zugestanden, daß die Berücksichtigung eines fiktiven Anspruches des Beschwerdeführers gegen seine Mutter auf Unterhalt nicht mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimme, daher möge der Verwaltungsgerichtshof "die Beschwerde außer im Punkte der Anrechnung der Unterhaltspflichten gemäß § 140 ABGB als unbegründet abweisen". Die Verwaltungsakten wurden vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie die belangte Behörde bereits in ihrer Gegenschrift erkannt hat, läßt sich die Annahme und Einrechnung eines Unterhaltsanspruches des 44-jährigen Beschwerdeführers gegenüber seiner im Jahre 1908 geborenen Mutter nicht mit jenem Verständnis des Tuberkulosegesetzes vereinbaren, das der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 29. September 1989, Zl. 89/18/0106, und vom 7. September 1990, Zl. 90/18/0066, dargelegt hat. Die Begründung der belangten Behörde berücksichtigt die Unterhaltspflicht der Mutter nur hinsichtlich des Zeitraumes Oktober 1988 und kommt deshalb zu einem zahlenmäßig unrichtigen Ergebnis. Die Begründung des Spruchpunktes 2 erfolgte (S. 7 des Bescheides) ohne Berücksichtigung der Unterhaltsleistung der Mutter und stellt, von der Beschwerde unbestritten, ein die jeweiligen Richtsätze überschreitendes eigenes Einkommen des Beschwerdeführers fest.
Somit erweist sich nur der Spruchpunkt 1 als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet.
Hinsichtlich des zurückweisenden Spruchpunktes 3 geht die Argumentation des Beschwerdeführers allein dahin, die bei der Erstbehörde aufgenommene Niederschrift sei mangelhaft, dafür sei eine namentlich bestimmte Beamtin verantwortlich. Damit vermag der Beschwerdeführer nicht die Unrichtigkeit dieses zurückweisenden Bescheidpunktes zu erweisen, da es im Wesen des Berufungsverfahrens liegt, daß nur über solche Ansprüche entschieden werden kann, die in erster Instanz erhoben wurden.
Aus Gründen der Verfahrensökonomie nimmt der Verwaltungsgerichtshof zu den weiteren, die Spruchpunkte 1 und 2 des angefochtenen Bescheides betreffenden Rechtsrügen der Beschwerde wie folgt Stellung:
Der Begriff des anzurechnenden Einkommens ist im § 42 TuberkuloseG umschrieben. Die Aufzählung jener Einnahmen des Beschwerdeführers, die als Einkünfte außer Betracht zu bleiben haben, ist in den Buchstaben a bis h des § 42 Abs. 1 leg.cit. taxativ; darunter finden sich weder die Notstandshilfe nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, noch das Krankengeld nach diesem Gesetz oder nach dem ASVG. Beide Posten wurden daher zu Recht unter die Einkünfte des Beschwerdeführers gerechnet. Ob diese Einkünfte "überwiegend Fürsorgecharakter" haben, wie der Beschwerdeführer meint, kann unerörtert bleiben, weil ein Rechtssatz, alles, was Fürsorgecharakter habe, habe als Einkunftsart außer Betracht zu bleiben, aus § 42 TuberkuloseG nicht abgeleitet werden kann.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt angesichts des diesbezüglich eindeutigen Wortlautes des § 42 Abs. 1 lit.f TuberkuloseG die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, daß Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) nicht zu den Einkünften im Sinne des § 42 Abs. 1, Eingang leg.cit. zu rechnen sind. Der Beschwerdeführer hat behauptet, die belangte Behörde hätte diese Sonderzahlungen in die Einkünfte des Beschwerdeführers im Sinne des § 42 TuberkuloseG eingerechnet. Dazu ist zu bemerken, daß weder der Anspruch auf Arbeitslosengeld, noch der Anspruch auf Notstandshilfe einen Anspruch auf Sonderzahlungen im oben erwähnten Sinn einräumt; nur die Bezieher einer Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz, BGBl. Nr. 642/1973, haben gemäß § 5 Abs. 4 dieses Gesetzes Anspruch auf eine Sonderzahlung in der Höhe der für die Monate Mai und Oktober ausgezahlten Sonderunterstützung.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, daß ein Anspruch auf Sonderzahlung im Sinne des § 46 Abs. 3 TuberkuloseG voraussetzt, daß im Mai oder im November eines Jahres eine regelmäßige Geldbeihilfe gebührt; die vom Beschwerdeführer gewünschte Aliquotierung bedürfte einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung (vgl. z.B. § 3 Abs. 3 Gehaltsgesetz, § 28 Abs. 2 Pensionsgesetz).
Somit erwies sich nur, wie oben dargelegt, Punkt 1 des Bescheidspruches als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet, was den Aufhebungsgrund nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG ergab.
Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere 50 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Artikel III, Abs. 2.
Wien, 26. April 1991
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch den Berufungsantrag Umfang der Anfechtung Teilrechtskraft Teilbarkeit dervorinstanzlichen Entscheidung Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein Fürsorge Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen RechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990180224.X00Im RIS seit
01.06.2021Zuletzt aktualisiert am
02.06.2021