TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/26 90/18/0272

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Veröffentlicht am 26.04.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/03 Außerstreitverfahren;

Norm

AußStrG §282;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Degischer, DDr. Jakusch und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. Friedrich N gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 26. November 1990, Zl. 836.505/9-I 9/90, betreffend Ausstellung eines amtlichen Zeugnisses gemäß § 282 des Außerstreitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 26. November 1990 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, ihm gemäß § 282 des Außerstreitgesetzes "ein amtliches Zeugnis über den Inhalt der Geschäftsordnung des Obersten Gerichtshofes in der derzeit geltenden Fassung in der Art und Weise auszustellen, daß ihm eine vollständige Fotokopie dieser Rechtsvorschrift, versehen mit einer amtlichen Bestätigungsklausel und dem Amtssiegel des Bundesministeriums für Justiz, zur Verfügung gestellt wird", abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und erklärt, auf die Erstattung einer Gegenschrift zu verzichten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Gerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 18. Jänner 1991, Zl. 90/18/0173, mit welchem der ein gleichartiges Ansuchen des Beschwerdeführers (vom 18. Oktober 1989) abweisende Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden ist, zusammenfassend die Auffassung vertreten, daß dem Beschwerdeführer ein grundsätzlicher Anspruch auf Stattgebung seines Antrages zusteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Da für den Gerichtshof keine Veranlassung besteht, von dieser Ansicht abzugehen (zumal auch die belangte Behörde keine Gesichtspunkte aufgezeigt hat, die eine anderslautende Beurteilung der Rechtslage rechtfertigen könnten), ist davon auszugehen, daß der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Antrag des Beschwerdeführers nicht (zur Gänze) abgewiesen werden durfte, weshalb auch der im Gegenstande angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig ist.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob ungeachtet der erfolgten Abweisung des vorliegenden Ansuchens keine Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind, weil dieses Ansuchen im Hinblick auf die Abweisung eines gleichartigen Ansuchens durch den dem erwähnten hg. Erkenntnis zugrunde gelegenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Dezember 1989 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen wäre, also durch die Abweisung des Ansuchens anstelle dessen Zurückweisung keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers eingetreten sein könnte.

Der Gerichtshof verneint diese Frage, weil der Beschwerdeführer das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende - neuerliche - Ansuchen unter Hinweis darauf eingebracht hat, daß ihn die Europäische Kommission für Menschenrechte mit Schreiben vom 15. Oktober 1990 aufgefordert habe, zu verschiedenen Fragen Stellung zu nehmen und bestimmte Dokumente, darunter gemäß Pkt. 5 des Fragebogens "the rules of Court (Geschäftsordnung) of the Supreme Court". Der Sachverhalt hat sich demnach gegenüber dem dem ersten Ansuchen vorgelegenen in dieser Hinsicht geändert, weil zum damaligen Zeitpunkt noch keine derartige Aufforderung der Europäischen Kommission für Menschenrechte an den Beschwerdeführer ergangen war. Daß sich die belangte Behörde durch den solcherart geänderten Sachverhalt nicht zu einer Stattgebung des Antrages des Beschwerdeführers veranlaßt gesehen hat, ist unter dem Gesichtspunkt des § 68 Abs. 1 AVG ebensowenig relevant wie der Umstand, daß der Gerichtshof in dem mehrfach erwähnten - erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides ergangenen - Erkenntnis vom 18. Jänner 1991 die Auffassung vertreten hat, es komme (für den grundsätzlichen Anspruch des Beschwerdeführers auf Ausstellung des beantragten Zeugnisses) nicht darauf an, ob die Europäische Kommission für Menschenrechte an den Beschwerdeführer ein Ersuchen um Nachweis des Inhaltes der Geschäftsordnung des Obersten Gerichtshofes gerichtet hat. Das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Ansuchen des Beschwerdeführers ist daher mit Recht nicht wegen res iudicata zurückgewiesen worden.

Im Hinblick auf die anläßlich der Aktenvorlage erstattete Äußerung der belangten Behörde, derzufolge sie beabsichtige, dem Antrag des Beschwerdeführers "vom 18. 10. 1989 - und damit auch dem identen Antrag vom 31. Oktober 1990 - stattzugeben", ist noch festzuhalten, daß der Beschwerdeführer dadurch nicht etwa im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG klaglos gestellt worden ist, weil eine Klaglosstellung nur dann eintritt, wenn der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid formell aufgehoben wird (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Aufl., auf S. 306 f., wiedergegebene hg. Judikatur). Von einer derartigen Voraussetzung ist aber nicht auszugehen. Ebensowenig kann eine Gegenstandslosigkeit der Beschwerde wegen Wegfalles des Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers angenommen werden (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 31. Mai 1990, Zl. 90/09/0040), weil dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Antrag des Beschwerdeführers vom 31. Oktober 1990 gegenwärtig offenbar noch nicht entsprochen worden ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere RechtsgebieteMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990180272.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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