Index
20/08 Urheberrecht;Norm
EStG 1972 §37 Abs1;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1992/25;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. P gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. März 1988, Zl. GA 4-1686/1/88, betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1984 gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Wirtschaftstreuhänder. Als solcher erstellt er unter anderem auch Gutachten im Auftrag von Gerichten. Für die Einkünfte aus dieser Tätigkeit beantragte er in einer Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 1984 die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 Abs. 4 EStG. Den stattgebenden Einkommensteuerbescheid 1984 hob die belangte Behörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO auf. Sie begründete die Aufhebung mit dem Hinweis auf die hg. Rechtsprechung, insbesondere auf das Erkenntnis vom 29. September 1987, Zl. 87/14/0089.
Gegen den Aufhebungsbescheid richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 38 Abs. 4 EStG ist der ermäßigte Steuersatz des § 37 Abs. 1 leg.cit. auch auf Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen oder künstlerischen Urheberrechten anzwenden, sofern diese Einkünfte als Nebeneinkünfte erzielt werden.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Gutachten des Beschwerdeführers urheberrechtlichen Schutz genossen und daß die daraus erzielten Einkünfte dem Beschwerdeführer als Nebeneinkünfte zugeflossen sind.
Streit besteht hingegen darüber, ob diese Einkünfte solche aus der VERWERTUNG von Urheberrechten darstellen.
Der Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß unter einer Verwertung von Urheberrechten gemäß § 38 Abs. 4 EStG nur eine solche im Sinne der §§ 14-18 Urheberrechtsgesetz zu verstehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 1. Oktober 1985, Zl. 84/14/0006, sowie die Erkenntnisse vom 5. März 1986, Zl. 84/13/0017, vom 29. September 1987, Zl. 87/14/0089, vom 19. Jänner 1988, Zl. 87/14/0117, vom 7. Februar 1989, Zl. 87/14/0113, und vom 29. März 1989, Zl. 85/13/0163).
Im Erkenntnis vom 29. September 1987, Zl. 87/14/0089 hat sich der Gerichtshof zusätzlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob Einnahmen aus gerichtlicher Sachverständigentätigkeit gemäß § 38 Abs. 4 EStG begünstigt sind. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, daß dies nicht der Fall ist, weil die Bestellung zum Sachverständigen durch das Gericht und der Auftrag des Gerichtes zur Gutachtenserstattung an den Sachverständigen nicht dazu bestimmt sei, vom Sachverständigen ein Werk der Literatur im Sinne des § 2 Z. 3 Urheberrechtsgesetz zu erhalten, sondern das Fachwissen des Sachverständigen zur Klärung des im Rechtsstreit erheblichen Sachverhaltes zu nutzen. Nur hiefür werde der gerichtlich bestellte Sachverständige im Zivilprozeß auch gemäß dem Gebührenanspruchsgesetz 1975 durch die vom Gericht zu bestimmende Sachverständigengebühr entlohnt. Ein Entgelt für das Vervielfältigungsrecht (§ 15 Urheberrechtsgesetz), das Verbreitungsrecht (§ 16 leg.cit.) oder das Vortragsrecht (§ 18 Abs. 1 leg.cit.) sei in dieser Gebühr nicht enthalten. Schließlich wird in dem zitierten Erkenntnis auch auf § 41 Urheberrechtsgesetz hingewiesen, wonach die Verwertung gerichtlicher Sachverständigengutachten eine freie Werknutzung darstellt, für die kein Entgelt aus dem Titel "Verwertung von Urheberrechten" zusteht. Bezüglich der näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das zitierte Erkenntnis verwiesen.
Der Beschwerdeführer bekämpft diese Rechtsprechung im wesentlichen mit folgenden Argumenten:
Daß nur Nebeneinkünfte begünstigungsfähig seien, zeige, daß der Gesetzgeber nur eine zusätzlich neben einer Haupttätigkeit, somit außerhalb der normalen Arbeitszeit erbrachte Leistung begünstigen wollte. Es dränge sich der Vergleich zu den Begünstigungen des § 68 EStG betreffend Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sowie Überstundenleistungen auf. Weiters sei das Merkmal der Außerordentlichkeit der Einkünfte von Bedeutung, da sich darin manifestiere, daß die begünstigungsfähigen Einkünfte oftmals aus einer mehrjährigen Tätigkeit herrührten. Schließlich sei die Intention des Gesetzgebers erkennbar, die Allgemeinheit durch die steuerliche Begünstigung bestimmter, volkswirtschaftlich besonders wertvoller Tätigkeiten zu fördern. Alle diese Motive sprächen eindeutig dafür, "daß die Form der Verwertung solcher urheberrechtlich geschützter Leistungen unbeachtlich sei. Auch sei zu beachten, daß das Werkstück bereits mit seiner Übertragung an einen Auftraggeber in Verkehr gebracht werde, womit der Urheber ein Recht ausübe, daß nur ihm zustehe".
Keines dieser Argumente gibt Anlaß, von der oben zitierten Rechtsprechung abzugehen.
Zunächst trifft es nicht zu, daß die Begünstigung des § 38 Abs. 4 EStG vergleichbar sei mit jenen, die im § 68 leg.cit. für Überstundenleistungen sowie für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge vorgesehen sind. In welchem Zeitraum und unter welchen Arbeitsbedingungen ein Urheberrecht geschaffen wird, ist für die Begünstigung des § 38 Abs. 4 EStG völlig unbeachtlich. Die Voraussetzung des Vorliegens von Nebeneinkünften zielt vielmehr darauf ab, jene literarischen und künstlerischen Tätigkeiten zu fördern, die regelmäßig Ausfluß einer Haupttätigkeit sind, und meist nur einen bescheidenen wirtschaftlichen Erfolg versprechen, dessen ungeachtet aber im besonderen Interesse der Allgemeinheit liegen, wie dies z.B. auf eine fachliterarische Tätigkeit zutrifft.
Das Merkmal der Außerordentlichkeit müssen die nach § 38 Abs. 4 EStG begünstigungsfähigen Einkünfte ebenfalls nicht aufweisen. Auch eine laufende, gleichmäßig durch viele Jahre hindurch ausgeübte fachschriftstellerische Tätigkeit kann nach § 38 Abs. 4 EStG begünstigt sein. Wenn der Beschwerdeführer schließlich darauf hinweist, daß der Urheber sein Werk bereits verbreite, wenn er es "an jemanden ohne weitere Verfügungsbeschränkung veräußere und dem neuen Verfügungsberechtigten das Recht zustehe, das Werk weiteren Personen zugänglich zu machen", so übersieht er, daß auch ein solcher "Veräußerungsvorgang" voraussetzt, daß das Entgelt für die Überlassung von Urheberrechten geleistet wird. Dies ist aber bei einer freien Werknutzung, wie sie § 41 Urheberrechtsgesetz für gerichtlich in Auftrag gegebene Gutachten vorsieht, nicht der Fall.
Diese Ausführungen ergeben die inhaltliche Rechtswidrigkeit des seinerzeitigen, die Einkommensteuer des Beschwerdeführers für das Jahr 1984 betreffenden Bescheides vom 13. Oktober 1987. Mit dessen Aufhebung durch den angefochtenen Bescheid unter den Gesichtspunkten der "Rechtsrichtigkeit" und der "gleichmäßigen Behandlung der Abgabepflichtigen" (§ 114 BAO) wurde der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsfrage nicht erwarten ließ.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1988130086.X00Im RIS seit
02.05.1991