TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/2 88/13/0032

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Veröffentlicht am 02.05.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §19;
BAO §303 Abs4;
DurchschnittssatzV Gewinnermittlung 1976/475 §1 Abs1;
DurchschnittssatzV Gewinnermittlung 1976/475 §1 Abs3;
EStG 1972 §17;
EStG 1972 §18 Abs1 Z2;
EStG 1972 §4 Abs3;
UStG 1972 §17 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

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Besprechung in: ÖStZB 1992/10;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde 1. der G, 2. des N und 3. des K gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. Dezember 1987, Zl. 6/1-1071/83, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1977 bis 1979 sowie Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer und Gewerbesteuer für das Jahr 1978,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerden der Erstbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers werden zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 1.011,67 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Erben nach ihrem am 31. Jänner 1979 verstorbenen Ehegatten bzw. Vater. Der Verstorbene übte als Gewerbetreibender den Beruf eines Schildermalers aus. Der Zweitbeschwerdeführer führte den Betrieb seines Vaters nach dessen Tod als Einzelunternehmer fort.

Im Jahre 1982 fand für die Jahre 1977 bis 1979 eine Betriebsprüfung betreffend den Betrieb des Verstorbenen statt.

Der Prüfer traf dabei unter anderem folgende Feststellungen:

1. Im Jahr 1978 seien freiwillige Beiträge zu einer Krankenzusatzversicherung als Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung ausgewiesen und als Betriebsausgaben geltend gemacht worden. Diese Beträge seien aber in Wahrheit Sonderausgaben. Da die unrichte Behandlung als Betriebsausgaben erst im Zuge der Betriebsprüfung hervorgekommen sei, liege ein Wiederaufnahmsgrund betreffend das Einkommensteuerverfahren und das Gewerbesteuerverfahren für das Jahr 1978 vor.

2. Der Verstorbene habe Betriebsausgaben nach Durchschnittssätzen gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 18. August 1976, BGBl. Nr. 475, geltend gemacht, sei jedoch bei Berechnung der Pauschbeträge zu Unrecht von den Bruttoeinnahmen (inklusive Umsatzsteuer) und nicht von den Nettoeinnahmen (exklusive Umsatzsteuer) ausgegangen. Die überhöht geltend gemachten Betriebsausgaben-Pauschbeträge seien daher herabzusetzen gewesen.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ für alle Jahre im wiederaufgenommenen Verfahren entsprechende Abgabenbescheide, die (nur) an den Zweitbeschwerdeführer gerichtet waren.

Der Zweitbeschwerdeführer erhob Berufung. Der für das Jahr 1978 vom Betriebsprüfer herangezogene Wiederaufnahmsgrund liege nicht vor, weil aus der Höhe des als "Pflichtversicherungen" geltend gemachten Betrages unschwer zu erkennen gewesen sei, daß darin auch freiwillige Beiträge enthalten sein müßten.

Die Betriebsausgabenpauschbeträge seien von den Bruttoeinnahmen zu ermitteln, weil dem Einkommensteuergesetz ein Nettoeinnahmenbegriff fremd sei.

In einer Stellungnahme zur Berufung wies der Betriebsprüfer darauf hin, daß er bei dem unter dem Titel "Pflichtbeiträge" ausgewiesenen Betrag erst im Zuge der Prüfung festgestellt habe, daß darin auch freiwillige Beiträge zu einer Krankenversicherung enthalten gewesen seien. Was die pauschalierten Betriebsausgaben betreffe, so ergebe sich die Berechnung von den Nettoeinnahmen aus dem in der Verordnung als Berechnungsgrundlage gewählten umsatzsteuerrechtlichen Begriff "vereinnahmte Entgelte".

Die belangte Behörde wies die Berufung in den beiden obgenannten Punkten ab. Auch dieser Bescheid erging nur an den Zweitbeschwerdeführer. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde aller drei Beschwerdeführer.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Gerichtshof hat die Erstbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer mit Mängelbehebungsauftrag vom 11. Mai 1988 aufgefordert mitzuteilen, in welchem subjektiven öffentlichen Recht sie durch den an den Zweitbeschwerdeführer gerichteten Bescheid verletzt zu sein behaupten. Sie beantworteten diesen Mängelbehebungsauftrag damit, daß sie ebenso wie der Zweitbeschwerdeführer unbedingte Erbserklärungen abgegeben hätten und daher für die Abgabenschulden des Verstorbenen haften.

Nun trifft es zwar zu, daß gemäß § 19 BAO bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen, wobei für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes gelten; in Anspruch genommen wird eine Person für Abgabenschulden aber erst durch Erlassung eines Abgabenbescheides, gegebenenfalls auch durch Erlassung eines Haftungsbescheides.

Im Beschwerdefall wurde nur der Zweitbeschwerdeführer für die Abgabenschuldigkeiten seines Vaters in Anspruch genommen. Nur an ihn wird durch den angefochtenen Bescheid ein Leistungsgebot erlassen, sodaß auch nur er durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt sein könnte.

Die Beschwerden der Erstbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers waren daher mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.

Zur Sache selbst ist folgendes zu sagen:

Im "Jahresabschluß 1978" scheint unter dem Titel "Pflichtversicherungen" mit der Bezeichnung "Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft" ein Betrag von S 50.929,62 auf. Daß in diesem Betrag auch Beiträge zu einer freiwilligen Krankenversicherung (laut Betriebsprüfungsbericht S 6.791.40) enthalten waren, ist unbestritten. Der Zweitbeschwerdeführer meint jedoch, dies rechtfertige nicht die Wiederaufnahme des Verfahrens. Das Finanzamt hätte nämlich bereits seinerzeit aus der Höhe des geltend gemachten Betrages erkennen müssen, daß dieser nicht nur gesetzliche Sozialversicherungsbeiträge enthalten könne.

Diese Auffassung ist schon deswegen verfehlt, weil es auch bei Sozialversicherungsbeiträgen - ebenso wie bei vielen anderen Betriebsausgaben - zu Nachzahlungen kommen kann. Wird ein bestimmter Betrag ausdrücklich als Pflichtbeitrag zur gesetzlichen Sozialversicherung bezeichnet, so kann aus seiner Höhe allein noch nicht darauf geschlossen werden, daß es sich um eine unrichtige Angabe in der Steuererklärung handeln muß. Schon aus diesem Grund erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet.

Zur Frage der Ermittlung der pauschalierten Betriebsausgaben hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 88/13/0033, betreffend den Zweitbeschwerdeführer die Auffassung der belangten Behörde geteilt, daß in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 18. August 1976 über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden, BGBl. Nr. 475, als Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Betriebsausgabenpauschbeträge der umsatzsteuerrechtliche Begriff der "vereinnahmten Entgelte" verwendet wird, und daß mit dieser Berechnungsgrundlage die Summe der Entgelte ohne Umsatzsteuer gemeint ist (bezüglich der näheren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das oben zitierte Erkenntnis verwiesen).

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Umstand, daß der Zweitbeschwerdeführer von der Abgabenbehörde entgegen der oben zitierten Bestimmmung des § 19 BAO für die gesamten Abgabenschuldigkeiten seines verstorbenen Vaters herangezogen wurde und nicht nur nach Maßgabe der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts, wird in der Beschwerde nicht gerügt, ist somit von dem aus den Beschwerdeausführungen erkennbaren Beschwerdepunkt nicht umfaßt und war daher vom Gerichtshof nicht aufzugreifen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1988130032.X00

Im RIS seit

02.05.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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