TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/14 90/11/0218

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Veröffentlicht am 14.05.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
WehrG 1990 §28 Abs2;
WehrG 1990 §29 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 9. Oktober 1990, Zl. 232.944/14-2.4/90, betreffend Feststellung der Kaderübungspflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 9. Oktober 1990 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nach den jeweiligen militärischen Erfordernissen bis zur Vollendung seines 50. Lebensjahres ohne seine Zustimmung zur Leistung von Kaderübungen herangezogen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der erstinstanzliche Bescheid des Militärkommandos Steiermark vom 20. Juli 1990 bezieht sich bereits in seinem Spruch, der mit dem angefochtenen Bescheid unverändert übernommen wurde, auf einen vom Beschwerdeführer gestellten Antrag vom 15. Mai 1990. Der Beschwerdeführer macht - wie schon in seiner Berufung - geltend, daß er eine derartige, seine Verpflichtung zur Leistung von Kaderübungen betreffende Feststellung nie begehrt, sondern sein Antrag auf Anrechnung der von ihm (seiner Ansicht nach ohne gesetzliche Grundlage) bisher geleisteten Kaderübungen (im Ausmaß von 34 Tagen) auf die von ihm noch zu leistenden Truppenübungen gelautet habe, über diesen Antrag aber nicht entschieden worden sei. Die Aktenlage stellt sich diesbezüglich wie folgt dar:

Der Beschwerdeführer, der zu Truppenübungen in der Zeit vom 23. Jänner bis 3. Februar 1990 einberufen worden war, erschien am 25. Jänner 1990 beim Militärkommando Steiermark, Ergänzungsabteilung, und beantragte "mündlich die Anrechnung der bereits geleisteten KÜ-Tage auf die noch zu leistenden TÜ-Tage, weil er nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht KÜ-pflichtig ist". Eine Ablichtung der dabei aufgenommenen Niederschrift schloß er seiner schriftlichen Eingabe vom selben Tag an die belangte Behörde an, wobei er seinen Antrag auf Anrechnung näher begründete und dabei auch zum Ausdruck brachte, daß für ihn deswegen, weil er "nach dem Stichtag 1. August 1977 zum Reserveoffizier bzw. ROA ernannt wurde", die Verpflichtung zur Leistung von Kaderübungen "weggefallen" sei. Daraufhin erging das Antwortschreiben der belangten Behörde vom 19. April 1990 an den Beschwerdeführer, in dem es - soweit dies für den vorliegenden Beschwerdefall von Bedeutung ist - heißt, daß der Beschwerdeführer entgegen der Auskunft der Ergänzungsabteilung des Militärkommandos Steiermark nicht nur zur Leistung von insgesamt 60 Tagen Truppenübungen, sondern gemäß § 29 Abs. 9 Wehrgesetz 1978 auch zu Kaderübungen im Gesamtausmaß von 90 Tagen bis zur Vollendung seines 50. Lebensjahres verpflichtet sei, weshalb er damit zu rechnen habe, weiterhin bis zur Ableistung seiner "vollen Kader- und Truppenübungsverpflichtung" einberufen zu werden. Der Beschwerdeführer reagierte darauf mit seiner Eingabe vom 15. Mai 1990, in der er im wesentlichen darauf hinwies, daß über seinen Antrag vom 25. Jänner 1990 bescheidmäßig zu entscheiden sei, sowie daß er "die Ungleichbehandlung von Wehrpflichtigen als besonders störend empfinde", zumal "bei einigen Wehrpflichtigen bescheidmäßig erkannt wurde, daß die Verpflichtung zur Leistung von KÜ weggefallen ist", während "dies bei anderen Wehrpflichtigen abgelehnt wird", wobei er "beispielsweise" eine Person namentlich nannte, bei der "im wesentlichen der gleiche Sachverhalt wie bei mir vorlag und dessen Antrag bescheidmäßig bewilligt wurde"; abschließend enthält diese Eingabe den Passus, daß der Beschwerdeführer "nun Ihre bescheidmäßige Erledigung meines Antrages vom 25.1.1990 erwarte". Außer dem genannten erstinstanzlichen Bescheid vom 20. Juli 1990 und dem angefochtenen Berufungsbescheid der belangten Behörde wurde im gegebenen Zusammenhang kein Bescheid erlassen.

Daraus ergibt sich zum einen, daß über den Antrag des Beschwerdeführers auf Anrechung der Kaderübungen auf die Truppenübungen bisher noch nicht entschieden wurde. In der Begründung des angefochtenen Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, daß im Spruch seine "grundsätzliche Verpflichtung zur Leistung von Kaderübungen eindeutig bejaht worden ist, weshalb sich schon aus diesem Grund eine Feststellung bezüglich einer allfälligen Anrechnung von geleisteten Kaderübungen auf das Ausmaß der von Ihnen zu leistenden Truppenübungen erübrigt". Damit hat die belangte Behörde zwar erkennbar ihre Rechtsansicht dahin geäußert, daß auf Grund der getroffenen Feststellung die vom Beschwerdeführer begehrte Anrechnung nicht in Betracht komme, ohne daß aber deshalb das Militärkommando Steiermark der Verpflichtung enthoben gewesen wäre, auch über den gestellten Antrag, auf dessen bescheidmäßige Erledigung der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch hat, zu entscheiden. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde (wie bereits mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 20. Juli 1990) ausschließlich eine Entscheidung hinsichtlich der Leistung von Kaderübungen (§ 29 Abs. 1 Wehrgesetz 1990) und nicht (auch) von Truppenübungen (§ 28 Abs. 2 leg. cit.) gefällt. Es ist zweierlei, ob festgestellt wird, daß der Beschwerdeführer weiterhin kaderübungspflichtig ist, oder ob ausgesprochen wird, daß die bisherigen Kaderübungen nicht auf die Truppenübungen angerechnet werden, und damit darüber entschieden wird, ob bzw. in welchem Ausmaß der Beschwerdeführer noch truppenübungspflichtig ist. Es wurde daher mit dem angefochtenen Bescheid - entgegen der Ansicht der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift - der Antrag auf Anrechnung auch nicht "schlüssig" abgewiesen, sondern auf diese Weise nur über eine nach Ansicht der belangten Behörde für die Beurteilung dieses Antrages notwendige Vorfrage abgesprochen. Der Umstand, daß der angefochtene Bescheid eine solche Entscheidung nicht aufweist, bedeutet aber nicht, daß er schon deshalb rechtswidrig ist.

Zum anderen ist aus dem wiedergegebenen Sachverhalt - ebenfalls im Sinne des Beschwerdevorbringens - abzuleiten, daß der Beschwerdeführer keinen Antrag auf Feststellung, daß er nicht mehr kaderübungspflichtig sei, gestellt hat. Sein Antrag hatte immer (auch in seiner Eingabe vom 15. Mai 1990) nur die Anrechnung der Kaderübungen auf die Truppenübungen zum Gegenstand, sodaß dieser Antrag von der belangten Behörde weder umgedeutet noch davon ausgegangen werden durfte, daß der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag gestellt hat. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt stellte, daß seine Kaderübungspflicht "weggefallen" und hinsichtlich anderer Wehrpflichtiger in diesem Sinne entschieden worden sei. Auch der Beschwerdeführer war offensichtlich - wie die Behörden des Verwaltungsverfahrens - der Auffassung, daß der Erfolg seines Antrages auf Anrechnung der Kaderübungen auf die Truppenübungen davon abhängt, ob auf seiner Seite (noch) eine Kaderübungspflicht besteht. Aber auch daraus, daß die belangte Behörde zu Unrecht eine derartige Antragstellung angenommen und über einen nicht gestellten Antrag des Beschwerdeführers entschieden hat, resultiert noch keine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 3. März 1989, Zl. 88/11/0193, und die dort beispielsweise angeführte Judikatur) sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit auch Feststellungsbescheide zu erlassen, sofern hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung vorliegt oder ein im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei begründeter Anlaß dazu gegeben ist und die strittige Rechtsfrage nicht im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann, und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen. Es kann nun an Hand des Verwaltungsgeschehens keinem Zweifel unterliegen, daß die Frage, ob der Beschwerdeführer in Hinkunft noch zu Kaderübungen herangezogen werden kann oder nicht, (jedenfalls ab dem Schreiben der belangten Behörde vom 19. April 1990) zwischen ihm und dem Militärkommando Steiermark strittig war, sodaß es im rechtlichen Interesse des Beschwerdeführers gelegen ist, darüber in einer der Rechtskraft fähigen Weise eine Klärung herbeizuführen. Wenn der Beschwerdeführer meint, daß es sich nicht um die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses handle, weshalb die von der belangten Behörde getroffene Feststellung nicht Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein könne, "zumal auch das Wehrgesetz eine diesbezügliche bescheidmäßige Feststellung nicht ausdrücklich vorsieht", so ist ihm entgegenzuhalten, daß es bei der gegenständlichen Feststellung um die Beantwortung der Frage geht, ob der zuständigen Militärbehörde das Recht zusteht, den Beschwerdeführer "nach den jeweiligen militärischen Erfordernissen" zu Kaderübungen einzuberufen. Es wurde damit auch spruchmäßig "weder über die Anwendbarkeit eines Gesetzes oder gesetzlicher Bestimmung und ihrer Auslegung noch über das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Anspruchsvoraussetzungen" entschieden, sondern es wurden vielmehr konkret die Rechtsbeziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und den Militärbehörden in Ansehung der - vom Beschwerdeführer generell, das heißt unabhängig von den "jeweiligen militärischen Erfordernissen", bestrittenen - Verpflichtung zur Leistung von Kaderübungen klargestellt, wobei eine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Anrechnung der bisherigen Kaderübungen auf die Truppenübungen jedenfalls keine bindende Wirkung auch hinsichtlich der Leistung künftiger Kaderübungen durch den Beschwerdeführer nach sich gezogen hätte. Der Verwaltungsgerichtshof hatte auch bei Erledigung des dem Erkenntnis vom 9. Oktober 1990,

Zlen. 90/11/0096 und 0166, zugrundeliegenden Beschwerdefalles gegen die Zulässigkeit einer derartigen Feststellung, die über Antrag des damaligen Beschwerdeführers getroffen wurde, keine Bedenken, sodaß mangels eines gegenteiligen Standpunktes der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens darauf gar nicht eingegangen wurde. Demnach kann eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers darin, daß die gegenständliche Feststellung (vor Erlassung eines entsprechenden, den Beschwerdeführer belastenden Einberufungsbefehles) von Amts wegen getroffen wurde, nicht erblickt werden; daß hiebei im Spruch fälschlicherweise von einem diesbezüglichen Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Mai 1990 die Rede ist, ist überdies ohne rechtliche Bedeutung.

Gemäß § 29 Abs. 9 des Wehrgesetzes 1990 können nach den jeweiligen militärischen Erfordernissen unter anderem (Z. 1) Offiziere und Offiziersanwärter des Milizstandes bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres ohne ihre Zustimmung zu Kaderübungen (Abs. 1) herangezogen werden, sofern sie nicht schon auf Grund freiwilliger Meldung (Abs. 6) oder auf Grund eines Auswahlbescheides (Abs. 7 und 8) zur Leistung von Kaderübungen verpflichtet sind. Die vor dem 1. August 1977 geleisteten Kaderübungen sind auf das Gesamtausmaß nach Abs. 1 Z. 1 oder 2 anzurechnen. Der Beschwerdeführer, der Oberleutnant des Milizstandes ist, bringt nichts dagegen vor, daß er im Sinne dieser Gesetzesstelle nunmehr - seiner Ansicht nach offenbar seit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 1988, BGBl. Nr. 342 - "nach den jeweiligen militärischen Erfordernissen" zu Kaderübungen herangezogen werden kann; auch der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu finden, daß die von der belangten Behörde dementsprechend getroffene Feststellung mit dem Gesetz nicht im Einklang steht (vgl. hinsichtlich einer derartigen Verpflichtung zur Leistung von Kaderübungen außer dem bereits erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1990, Zlen. 90/11/0096 und 0166, u.a. noch seine Erkenntnisse vom 13. März 1990, Zl. 89/11/0276, und eines verstärkten Senates vom 9. November 1990, Zl. 90/11/0021). Bei Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist die Beurteilung der Frage, ob die bisherigen Einberufungen des Beschwerdeführers zu Kaderübungen (zuletzt im Jahre 1986) dem Gesetz entsprochen haben und ob der (unerledigt gebliebene) Antrag des Beschwerdeführers auf Anrechnung dieser Kaderübungen auf die noch zu leistenden Truppenübungen zulässig und berechtigt ist, ohne Belang, sodaß auf das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde und in der Gegenschrift nicht einzugehen ist.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990110218.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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