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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §45 Abs6 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 19. April 1989, Zl. BauR-010215/1-1988 See/Ja, betreffend die Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Anbringen vom 11. November 1986 ersuchte der Beschwerdeführer den Magistrat Linz um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Würstelstandes auf der Liegenschaft B-Straße 15. Mit einem Schreiben vom 19. März 1987 reichte der Beschwerdeführer nach vorher geführter Korrespondenz Baupläne nach.
Mit Verfahrensanordnung vom 24. September 1987 forderte der Magistrat Linz den Beschwerdeführer auf, ein Ansuchen um Erteilung einer Bauplatzbewilligung zu stellen. In der Folge stellte der Beschwerdeführer ein solches Ansuchen, zog dieses aber auf baubehördliche Aufforderung mit Schreiben vom 6. April 1988 wieder zurück.
In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich weder das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung einer Bauplatzbewilligung, noch die Zurückziehung dieses Ansuchens, eine Ausfertigung der Zurückziehung des Ansuchens hat der Beschwerdeführer jedoch als Beilage seiner Beschwerde angeschlossen.
Nach amtsinterner Korrespondenz und Gewährung des Parteiengehörs wies der Magistrat Linz mit Bescheid vom 30. Juni 1988 das Ansuchen des Beschwerdeführers gemäß § 45 Abs. 6 der OÖ Bauordnung (BO) mit der Begründung ab, daß das Vorhaben mit dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan Linz-Teil Mitte und Süd und der vom Gemeinderat verhängten Bausperre Nr. 5 im Widerspruch stehe. Für den hier in Betracht kommenden Teil des Linzer Stadtgebietes sei die Widmung "Grünland-Grünzug" festgelegt.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Linzer Stadtsenat mit Bescheid vom 12. Oktober 1988 keine Folge, er änderte jedoch den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sprachlich ab. Die Berufungsbehörde stellte fest, daß im fraglichen Bereich seit 10. Mai 1988 der vom Gemeinderat am 24. September 1987 beschlossene und im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 8 kundgemachte Flächenwidmungsplan Linz-Teil Mitte und Süd Nr. 1 rechtswirksam sei. Dieser Flächenwidmungsplan sehe im Bereich der gegenständlichen Grundflächen die Widmung Grünland-Grünzug vor. Bei dieser Widmung handle es sich um eine Sonderwidmung im Sinne des § 18 Abs. 3 des OÖ Raumordnungsgesetzes (ROG), in deren Bereich keine Gebäude und baulichen Anlagen errichtet werden dürfen. Auf Grund dieses Widerspruches zum rechtswirksamen Flächenwidmungsplan habe daher die Baubehörde erster Instanz das Bauansuchen des Beschwerdeführers zu Recht bereits im Vorprüfungsverfahren gemäß § 45 Abs. 6 BO abgewiesen. Zu Unrecht habe die Baubehörde erster Instanz die Abweisung des Bauansuchens auch auf die Bausperre Nr. 5 gestützt, da diese mit dem Rechtswirksamwerden des Flächenwidmungsplanes ex lege außer Kraft getreten sei. Im einzelnen begründete sodann die Berufungsbehörde in Erwiderung auf ein diesbezügliches Vorbringen des Beschwerdeführers, daß der Würstelstand als solcher als Gebäude einer baubehördlichen Bewilligung bedürfe.
Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die OÖ Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 19. April 1989 keine Folge. Die Gemeindeaufsichtsbehörde teilte die Ansicht der Gemeindebehörden, daß das Bauvorhaben des Beschwerdeführers mit der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmung Grünland-Grünzug im Widerspruch stehe. Unter Grünland-Grünzug sei eine besonders schützenswerte zusammenhängende Grünfläche zu verstehen, die von jeglicher Bebauung freizuhalten sei. Die Notwendigkeit derartiger Flächen ergebe sich im wesentlichen aus öffentlichen Interessen, wie der Schaffung entsprechender Erholungsräume bzw. sonstiger Freiflächen, und finde letztlich ihre gesetzliche Grundlage im § 2 Abs. 5 Z. 3 und 5 ROG, wonach die Erhaltung ausreichender Grünflächen ein Rücksichtsnahmegebot in Verdichtungsräumen sowie zur Verbesserung von Lebensbedingungen darstelle. Im Sinne dieser Bestimmungen sei auch hier die Widmung Grünland-Grünzug festgelegt worden, und daraus ergebe sich, daß das Bauvorhaben der bestimmungsgemäßen Nutzung dieser besonderen Grünlandwidmung widerspreche. Da sich dieser Widerspruch schon aus dem Bauansuchen ergeben habe, sei im Sinne des § 45 Abs. 6 BO rechtmäßig die Abweisung des Ansuchens erfolgt.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Im Zuge der Beratungen über diese Beschwerde ergaben sich Bedenken dahingehend, ob die im Flächenwidmungsplan festgesetzte Widmung inhaltlich ausreichend bestimmt ist. Den darauf gestützten Antrag auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Linz - Teil Mitte und Süd Nr. 1, soweit er das als "Grünland-Grünzug" gewidmete Gebiet betrifft, wies der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. März 1991, Zl. V 201/90-7, ab. Daß die Festsetzung "Grünland-Grünzug" hinreichend bestimmt sei, und daher keinen Widerspruch zu Art. 18 Abs. 1 B-VG bedeute, begründet der Verfassungsgerichtshof wie folgt:
"Der dem Sprachgebrauch keineswegs unbekannte Begriff 'Grünzug' (s. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1981, S. 328: 'Grünfläche Äeiner Stadtö mit großer Längenausdehnung, Grüngürtel') bedeutet eine im verbauten Gebiet besonders schützenswerte, zusammenhängende Grünfläche größerer Längenausdehnung, welcher vor allem eine umweltschonende Funktion zukommt. Dies ist auch aus der Planzeichenverordnung für Flächenwidmungspläne, LGBl. für Oberösterreich Nr. 34/1974, erkennbar, in welcher (S. 43) die Signatur für Grünzug gemeinsam mit den Signaturen für Straßenbegleitgrün und für Trenngrün angeführt ist. Daraus ergibt sich aber auch die - vom Verwaltungsgerichtshof vor allem vermißte - Bestimmtheit der Norm hinsichtlich von Bauführungen: Da nach dem ersten Satz des § 18 Abs. 5 OÖ ROG im Grünland nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden dürfen, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung dienen, ist im Bereich der Sonderwidmung "Grünland-Grünzug" (abgesehen von den im zweiten Satz des § 18 Abs. 5 OÖ ROG angeführten Bauten und Anlagen) nur die Errichtung von Bauten und Anlagen zulässig, welche die Funktion der Grünfläche für die Schonung der Umwelt nicht beeinträchtigen."
Über die Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer Unzuständigkeit der belangten Behörde behauptet der Beschwerdeführer, daß die Baubehörde erster Instanz über sein Bauansuchen gar nicht mehr hätte entscheiden dürfen, weil er dieses Gesuch zurückgezogen habe.
Mit diesem Einwand verkennt der Beschwerdeführer, daß er mit seinem, der Beschwerde angeschlossenen Schreiben vom 6. April 1988 lediglich sein Ansuchen um Erteilung einer Bauplatzbewilligung zurückgezogen hat, nicht jedoch sein Ansuchen vom 11. November 1986 um Erteilung einer Baubewilligung. Zu Recht hat daher die Baubehörde erster Instanz eine Sachentscheidung getroffen. Darüber hinaus war die Berufungsbehörde jedenfalls zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers zuständig, wie auch die belangte Behörde als Gemeindeaufsichtsbehörde zur Entscheidung über die Vorstellung zuständig war. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde haben daher sowohl die belangte Behörde als auch die gemeindlichen Baubehörden zu Recht ihre Zuständigkeit zur Entscheidung wahrgenommen.
Das weitere Vorbringen erweist sich jedoch im Ergebnis als begründet. Nach § 45 Abs. 6 lit. a BO, LGBl. Nr. 35/1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1983, ist das Baubewilligungsansuchen (nur dann) von der Behörde ohne Durchführung einer Verhandlung abzuweisen, wenn sich schon aus dem Ansuchen oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben zwingenden Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes widerspricht.
Nach § 18 Abs. 1 ROG, LGBl. Nr. 18/1972, sind alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen als Grünland auszuweisen. Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, sind im Flächenwidmungsplan nach Abs. 2 gesondert auszuweisen. Nach § 18 Abs. 3 Z. 1 des Gesetzes sind im Grünland insbesondere - je nach Erfordernis - bestimmte Widmungen, wie größere Erholungsflächen, auszuweisen. Je nach Erfordernis sind gemäß § 18 Abs. 4 leg. cit. überdies sonstige Flächen im Grünland, wie Aufschüttungsgebiete, Abgrabungsgebiete, Gebiete mit Vorkommen mineralischer Rohstoffe oder mit sonstigen Bodenvorkommen, Bruchgebiete, Ablagerungsplätze (für Müll, Altmaterial, Fahrzeugwracks und dgl.), Schießstätten und Sprengstofflager, gesondert auszuweisen.
§ 18 Abs. 5 ROG bestimmt, daß im Grünland nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden dürfen, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung (Abs. 2 bis 4) dienen.
In dem anzuwendenden Flächenwidmungsplan Linz-Teil Mitte und Süd Nr. 1 ist in dem hier maßgeblichen Teilbereich die Widmung "Grünland-Grünzug" festgesetzt. Im Gegensatz zur Auffassung der Verwaltungsbehörden kann der Verwaltungsgerichtshof dem in der Legende nicht näher umschriebenen Begriff "Grünland-Grünzug" kein allgemeines Bauverbot entnehmen; auch der Verfassungsgerichtshof ist bei Prüfung der inhaltlichen Bestimmtheit dieses Begriffes davon ausgegangen, daß die Errichtung von Bauten und Anlagen zulässig ist, welche die Funktion der Grünfläche für die Schonung der Umwelt nicht beeinträchtigen. Eine derartige Beeinträchtigung durch einen Würstelstand kann a priori nicht angenommen werden. Im Sinne der Baufreiheit als Auslegungsgrundsatz muß daher im Zweifel von der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der Flächenwidmung ausgegangen werden. Damit durfte das Ansuchen um Baubewilligung nicht in Anwendung des § 45 Abs. 6 lit. a BO ohne Durchführung einer Bauverhandlung abgewiesen werden. Auf die tatsächliche Nutzung der Grundflächen kommt es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nach den hier maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht an. Da die belangte Behörde auf Grund einer unrichtigen Auslegung des Flächenwidmungsplanes Rechte des Beschwerdeführers verletzt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991; der Ersatz von Stempelgebühren konnte nur im erforderlichen Ausmaß zugesprochen werden.
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1989050119.X00Im RIS seit
03.05.2001