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L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung BebauungsplanNorm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der A gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. August 1989, Zl. BauR-010239/6-1989 See/Pe, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) B und 2) C in D,
3) Gemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. September 1988 wurde der Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer straßenseitigen Einfriedung und einer Einfriedungsmauer auf dem Grundstück Nr. 29 des Grundbuches über die Katastralgemeinde F erteilt.
Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung der Erst- und Zweitmitbeteiligten wurde dieser Baubewilligungsbescheid mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 21. November 1988 aufgehoben und das Bauansuchen abgewiesen.
Der gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. August 1989 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch diesen Berufungsbescheid nicht in ihren Rechten verletzt werde.
Die Aufsichtsbehörde ging entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß nach dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan Nr. 2 der mitbeteiligten Gemeinde der östliche Teil des in Rede stehenden Grundstückes, auf welchem ein nicht unwesentlicher Teil der beantragten Einfriedungsmauer entlang dem Nachbargrundstück der Erst- und Zweitmitbeteiligten zu liegen komme, in einer Breite von rund 7,5 m als "Trenngrün" ausgewiesen sei. Die Frage der Rechtmäßigkeit dieses Flächenwidmungsplanes habe im Rahmen des vorliegenden Bauverfahrens keiner Überprüfung unterzogen werden dürfen und können, sondern es seien die durch ihn festgelegten baurechtlichen Bestimmungen als maßgebliche Rechtsvorschriften anzuwenden bzw. der Beurteilung des Bauvorhabens vorbehaltslos zugrunde zu legen gewesen. Die Frage, ob sohin diese Trenngrünwidmung vom Willen der kompetenten Planungsbehörde getragen oder ob dieser Flächenwidmungsplan als Verordnung verfassungskonform entstanden sei, könne hier nicht näher erörtert werden und es werde daher hierauf auch nicht mehr eingegangen. Es sei daher davon auszugehen gewesen, daß das Bauvorhaben jedenfalls zum Teil auf einem "Trenngrün" zu liegen komme. Gemäß § 18 Abs. 3 und 4 des O.ö. Raumordnungsgesetzes könnten im Grünland - je nach Erfordernis - besondere Widmungen oder Flächen für besondere Zwecke ausgewiesen werden, wobei die in diesen gesetzlichen Bestimmungen aufgezählten Widmungsmöglichkeiten lediglich demonstrativ aufgezählt seien. So gesehen sei aber nun jedenfalls davon auszugehen, daß auch die im Rahmen der raumordnungsrechtlichen Bestimmungen geschaffene Sonderwidmungsform "Trenngrün" im Gesetz seine Deckung finde. Bei der Widmung "Trenngrün" gemäß Punkt 1.3.5 der Planzeichenverordnung für Flächenwidmungspläne, LGBl. Nr. 34/1974, handle es sich so gesehen um ein Grünland mit besonderer Widmung. Dieses Trenngrün bewirke, daß darauf prinzipiell keinerlei Gebäude und bauliche Anlagen errichtet werden dürften, sondern daß das Gebiet von jeglicher Bebauung, insbesondere auch von einer solchen mit landwirtschaftlichen Zweckbauten, freizuhalten sei. Die Notwendigkeit derartiger Flächen ergebe sich im wesentlichen aus öffentlichen Interessen, wie der Schaffung entsprechender Freiflächen bei Aneinandergrenzen von verschiedenen Widmungskategorien zur Hintanhaltung von Immissionsbeeinträchtigungen, und finde letztlich ihre gesetzliche Grundlage im § 2 Abs. 5 des O.ö. Raumordnungsgesetzes, wonach die Erstellung von bestimmten Grünflächen ein Gebot zur Rücksichtnahme auf die Verbesserung von Lebensbedingungen darstelle. Die Festlegung in dem in Rede stehenden Flächenwidmungsplan betreffend das "Trenngrün" könne daher auch nur in diesem Sinne verstanden werden, und es ergebe sich daraus, daß auch das beantragte Bauvorhaben der bestimmungsgemäßen Nutzung dieser besonderen Grünlandwidmung nicht nur nicht dienen könne, sondern auch widerspreche. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, daß im Grünland grundsätzlich kein Bauverbot herrsche, so sei ihr entgegenzuhalten, daß dies eben nur für die Widmung des Grünlandes schlechthin, aber nicht für die Sonderwidmung des "Trenngrünes" zutreffe. Unabhängig davon sei weiters festzustellen, daß das Bauvorhaben nach dem logischen und schlüssigen Gutachten des von der Aufsichtsbehörde beigezogenen Sachverständigen auch in keiner Weise geeignet sei, dem eigentlichen Zweck des "Trenngrünes", nämlich dem Schutz vor Immissionen (wie z.B. dem Lärmschutz) entgegenzukommen, sondern vielmehr nur die Nutzung des mit der gegenständlichen Einfriedung umgrenzten Grundstückes für Verladezwecke begünstige und sohin zumindest indirekt gerade die Möglichkeit schaffe, den Zweck des "Trenngrünes" überhaupt zu vereiteln. Insoweit aber die Aussagen in dem von der Aufsichtsbehörde eingeholten Gutachten bezweifelt werden, sei lediglich zu bemerken, daß einem Sachverständigengutachten nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur auf gleicher Ebene entgegengetreten werden könne, sodaß sich schon deshalb eine nähere Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin erübrigt habe. Die mit dem bekämpften Berufungsbescheid erfolgte Abweisung des vorliegenden Bauansuchens sei daher im Sinne des § 45 Abs. 6 der O.ö. Bauordnung insofern rechtmäßig, als sich schon aus dem Ansuchen ergeben habe, daß das Bauvorhaben zwingenden Bestimmungen des rechtswirksamen Flächenwidmungsplanes Nr. 2 der mitbeteiligten Gemeinde widersprochen habe.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. Februar 1990, Zl. B 1207/89-9, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die erst- und zweitmitbeteiligte Partei erwogen:
Die Absätze 2 bis 5 des § 18 des O.ö. Raumordnungsgesetzes haben nachstehenden Wortlaut:
"(2) Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, sind im Flächenwidmungsplan gesondert auszuweisen.
(3) Im Grünland sind insbesondere - je nach Erfordernis - folgende Widmungen auszuweisen:
1.
größere Erholungsflächen, das sind Flächen, die für Einrichtungen und Anlagen der allgemeinen Erholung und des Sports bestimmt sind, wie Parkanlagen, Spiel- und Liegewiesen, Sport- und Spielflächen, Freibäder, Campingplätze, Wintersportanlagen einschließlich der Schipisten; Fremdenverkehrsbetriebe;
2.
Dauerkleingärten;
3.
Erwerbsgärtnereien;
4.
Friedhöfe.
(4) Je nach Erfordernis sind überdies sonstige Flächen im Grünland, wie Aufschüttungsgebiete, Abgrabungsgebiete, Gebiete mit Vorkommen mineralischer Rohstoffe oder mit sonstigen Bodenvorkommen, Bruchgebiete, Ablagerungsplätze (für Müll, Altmaterial, Fahrzeugwracks und dergleichen), Schießstätten und Sprengstofflager, gesondert auszuweisen.
(5) Im Grünland dürfen nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung (Abs. 2 bis 4) dienen. Hiezu gehören im besonderen auch Bauten und Anlagen für den Nebenerwerb der Land- und Forstwirtschaft."
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 1. März 1991, Zl. V 201/90-7, in welchem er die gesetzliche Deckung der Widmung "Grünland-Grünzug" zu prüfen hatte, die Auffassung vertreten, daß in den vorstehenden Absätzen 2 bis 4 insbesondere angesichts der bloß demonstrativen Aufzählung möglicher Sonderwidmungen im Grünland eine Ermächtigung zur Festlegung solcher Sonderwidmungen im Grünland enthalten ist, weshalb der in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretenen Auffassung zu folgen ist, daß die im Rahmen der raumordnungsrechtlichen Bestimmungen geschaffene Sonderwidmungsform "Trenngrün" im Gesetz ihre Deckung findet.
Zufolge Punkt 1.3.5 der Planzeichenverordnung für Flächenwidmungspläne vom 4. September 1974, LGBl. für Oberösterreich Nr. 34, handelt es sich beim "Trenngrün" um ein Grünland mit besonderer Widmung, wobei weder der Inhalt dieses Begriffes umschrieben noch die zulässige Breite eines allfälligen "Trenngrüns" angegeben wird, sodaß sich u.a. die Frage nach dem Zweck von Grundflächen mit dieser Widmung stellt.
Der Verfassungsgerichtshof hat in dem eben erwähnten Erkenntnis - mit welchem dem wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne des Art. 18 B-VG des Begriffes "Grünland-Grünzug" gestellten hg. Anfechtungsantrag keine Folge gegeben worden ist - die Frage nach dem Inhalt dieses Begriffes dahingehend beantwortet, daß im Widmungsbereich der Sonderwidmung "Grünland-Grünzug" im Hinblick auf den Wortlaut des § 18 Abs. 5 des O.ö. Raumordnungsgesetzes, abgesehen von den im zweiten Satz dieser Bestimmung angeführten Bauten und Anlagen, nur die Errichtung von Bauten und Anlagen zulässig ist, welche die Funktion der Grünfläche für die Schonung der Umwelt nicht beeinträchtigen.
Überträgt man diese Schlußfolgerung des Verfassungsgerichtshofes auf die Frage nach dem im Beschwerdefall zu ermittelnden normativen Inhalt des Begriffes "Grünland-Trenngrün", und geht man in Übereinstimmung mit der nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zutreffenden und in der Sachverhaltsdarstellung dieses Erkenntnisses bereits wiedergegebenen Auffassung der belangten Behörde davon aus, daß sich die Notwendigkeit von Flächen mit der Widmung "Grünland-Trenngrün" im wesentlichen "aus öffentlichen Interessen, wie der Schaffung entsprechender Freiflächen bei Aneinandergrenzen von verschiedenen Widmungskategorien zur Hintanhaltung von Immissionsbeeinträchtigungen ergibt", so folgt daraus, daß auf Grundflächen mit der Widmung "Grünland-Trenngrün" jene Bauten und Anlagen errichtet werden dürfen, welche die Funktion der Grünfläche, bei Aneinandergrenzen verschiedener Widmungskategorien durch eine Freifläche Immissionsbeeinträchtigungen hintanzuhalten, nicht beeinträchtigen.
Unter diesem Gesichtspunkt ist aber die Auffassung der belangten Behörde für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, daß die im Gegenstande geplante Einfriedung sowie Einfriedungsmauer "dieser besonderen Grünlandwidmung nicht nur nicht dienen kann, sondern auch widerspricht". Der Gerichtshof hält die von der belangten Behörde unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten vertretene Ansicht, das Bauvorhaben sei in keiner Weise geeignet, dem eigentlichen Zweck des "Trenngrüns", nämlich dem Schutz vor Immissionen (wie z. B. dem Lärmschutz) entgegenzukommen, sondern begünstige vielmehr die Nutzung des mit der gegenständlichen Einfriedung umgrenzten Grundstückes für Verladezwecke und schaffe sohin zumindest indirekt gerade die Möglichkeit, den Zweck des Trenngrüns überhaupt zu vereiteln, insofern nicht für schlüssig, als einerseits die Verwendung des mit der geplanten Einfriedung und Einfriedungsmauer zu umgebenden Areals für den angeführten Zweck durch das Unterbleiben der Verwirklichung des Vorhabens nicht verhindert wird, und andererseits nicht zu erkennen ist, inwiefern durch eine Einfriedung und Einfriedungsmauer nicht sogar eine - wenn auch vielleicht nur unerhebliche - Verringerung der Lärmimmissionen erzielt werden kann. Die in dem erwähnten Sachverständigengutachten (vom 9. Mai 1989) vertretene Auffassung, wonach "die Einfriedungsmauer mit einer Höhe von rd. 0,90 bis 1,40 m im Bereich des ca. 7,5 m breiten Trenngrünstreifens nicht geeignet ist, eine WIRKSAME LÄRMSCHUTZWAND bei Vorhandensein entsprechender Emissionen auf der Parzelle Nr. 6, KG F für die Nachbarschaft darzustellen", spricht nicht gegen diese Ansicht und unterstreicht sogar das auf den vorstehenden Erwägungen beruhende Auslegungsergebnis noch insoweit, als auch auf der Grundlage dieses Sachverständigengutachtens davon ausgegangen werden kann, daß die Einfriedungsmauer die geschilderte Funktion der Widmung "Grünland Trenngrün" jedenfalls nicht beeinträchtigt.
Die Beschwerdeführerin ist daher durch die Abweisung ihrer Vorstellung gegen den Berufungsbescheid der mitbeteiligten Gemeinde in ihren Rechten verletzt worden, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz im beantragten Ausmaß gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990050067.X00Im RIS seit
03.05.2001