TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/15 90/02/0208

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Veröffentlicht am 15.05.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
VStG §44a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. November 1990, Zl. I/7-St-D-9096, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei am 25. Februar 1990 um 18.15 Uhr als Lenker eines Pkws an einem näher bezeichneten Ort in Krems mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe es unterlassen, die nächste Gendarmeriedienststelle sofort vom Vorfall zu verständigen. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 2 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 4 Abs. 2 StVO haben die im Abs. 1 genannten Personen (das sind alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht) Hilfe zu leisten, wenn bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden sind; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen. Gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt.

Der Beschwerdeführer erblickt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit darin, daß er wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 2 StVO und nicht wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 2 lit. a StVO (allenfalls in Verbindung mit § 4 Abs. 2 StVO) verurteilt wurde. Wie er selbst richtig ausführt, kommt es bei der Zitierung der Verwaltungsvorschrift nach § 44a lit. b VStG nicht auf jene Vorschrift an, die einen Verstoß gegen die Gebots- oder Verbotsnorm als Verwaltungsübertretung erklärt. Der Anordnung des § 44a lit. b VStG wird daher durch die Anführung derjenigen Norm als verletzte Verwaltungsvorschrift entsprochen, unter die die Tat nach § 44a lit. a VStG zu subsumieren ist, ohne daß es der Zitierung der Vorschrift, die einen Verstoß gegen die Gebots- oder Verbotsnorm als Verwaltungsübertretung erklärt, bedürfte (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Slg. 11525/A; Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 940 f).

Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß § 4 Abs. 2 StVO (anders als etwa § 5 Abs. 2 StVO) eine solche Gebotsnorm darstellt, in der dem Normadressaten Hilfeleistungs- und Verständigungspflichten auferlegt werden. Die Behörde hat daher zutreffend diese Bestimmung als übertretene Verwaltungsvorschrift angeführt.

Richtig ist, daß § 4 Abs. 2 StVO zwei verschiedene Verpflichtungen, nämlich - wie schon erwähnt - einerseits die Hilfeleistungspflicht und andererseits die Meldepflicht, enthält, deren Verletzungen verschiedene Verwaltungsübertretungen darstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1990, Zl. 90/03/0210). Unrichtig ist freilich, daß dem Spruch des von der belangten Behörde bestätigten Straferkenntnisses der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz nicht zu entnehmen wäre, welche Verhaltenspflicht der Beschwerdeführer verletzt habe. Vielmehr ergibt sich aus dem Spruch und nicht nur aus der Begründung deutlich, daß dem Beschwerdeführer eine Verletzung der Verständigungspflicht angelastet wurde.

Verfehlt ist schließlich die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers, daß eine Verständigungspflicht nur bei Annahme einer Hilfeleistungspflicht im Sinne der in Rede stehenden Bestimmung bestehe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vermag zwar nicht jede Verletzung einer Person schlechthin die Hilfeleistungspflicht auszulösen, sondern nur solche Verletzungen, die objektiv eine Hilfeleistung erfordern; die Verständigungspflicht, deren Nichterfüllung dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, lösen hingegen auch nicht nennenswerte Verletzungen aus (vgl. beispielsweise das bereits zitierte Erkenntnis vom 10. Oktober 1990, Zl. 90/03/0210). Daß im Beschwerdefall der am Unfall beteiligte Radfahrer verletzt wurde und daß dies dem Beschwerdeführer bekannt war, ist aber unstrittig. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die Verständigungspflicht auch dem Zweck dient, daß die Sicherheitsbehörden sich vom körperlichen Zustand der unfallsbeteiligten Lenker (etwa in Hinblick auf eine allfällige Alkoholisierung) überzeugen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, Zl. 90/18/0266).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch Divergenzen Spruch BegründungMängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten VerwaltungsvorschriftMeldepflichtSpruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung)Mängel im Spruch Nichtangabe der verletzten VerwaltungsvorschriftVerwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der TatHilfeleistung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990020208.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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