TE Vwgh Beschluss 1991/5/17 91/17/0063

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Veröffentlicht am 17.05.1991
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/02 Novellen zum B-VG;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2 idF 1988/685;
B-VG Art130 Abs1 idF 1988/685;
B-VG Art130 Abs1 lita idF 1988/685;
B-VGNov 1988;
VStG §53b Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, in der Beschwerdesache des N gegen die Erledigung des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 6) vom 10. April 1991, Zl. MA 4/5-PA-104315/0/3, betreffend Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Vorliegende Beschwerde "gemäß Art. 131/131a B-VG" richtet sich gegen den "Bescheid GZ MA 4/5-PA-104315/0/3 vom 24.4.90 von der MA 6 - Rechnungsamt - Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe". Der Beschwerdeführer erachtet sich "durch diesen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" in seinen Rechten verletzt.

Die Beschwerde erweist sich als unzulässig.

Mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer die von ihm als Bescheid qualifizierte Erledigung vom 10. April 1991, mit der er wegen Uneinbringlichkeit der mit Strafverfügung vom 24. April 1990 verhängten Geldstrafe zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe aufgefordert wird.

Bei dieser Erledigung handelt es sich somit um eine Aufforderung zum Strafantritt nach § 53b Abs. 1 in Verbindung mit § 54b Abs. 2 VStG.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Regelung des § 53 Abs. 1 VStG 1950 in der Fassung vor der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 516, im Beschluß vom 27. September 1985, Zlen. 85/17/0098-0100, ausgeführt hat, stellt die Aufforderung zum Strafantritt eine Voraussetzung für den Vollzug einer Freiheitsstrafe, nicht aber eine Vollstreckungsverfügung im Sinne der §§ 1 bis 7 VVG 1950 dar. Sie ist somit keine endgültige, die Sache erledigende und damit Bescheidcharakter besitzende Entscheidung im Sinne der Art. 130 und 131 B-VG; sie unterliegt nicht der abgesonderten Anfechtung im ordentlichen Instanzenzug und kann ihrem Wesen nach auch nicht mit einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden.

Aber auch soweit der Beschwerdeführer seine Beschwerdeberechtigung auf die Behauptung der Rechtswidrigkeit der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person zu stützen sucht, ist er schon aus folgendem Grund nicht im Recht:

Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß die durch das Bundesverfassungsgesetz vom 15. Mai 1975, BGBl. Nr. 302, normierte Erweiterung der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person insoweit (wieder) beseitigt wurde, als durch die Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1988, BGBl. Nr. 685, der Art. 131a B-VG aufgehoben wurde und der Art. 130 Abs. 1 - in der Fassung der Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1988 - nunmehr keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes über Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person behauptet wird, vorsieht (vgl. auch die Änderung des Verwaltungsgerichtshof-Gesetzes 1985, BGBl. Nr. 10, durch das Bundesgesetz, BGBl. Nr. 330/1990). Diese Änderungen des B-VG durch die Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1988 sind nach deren Art. X mit 1. Jänner 1991 in Kraft getreten. Die mit der Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle 1988 geschaffene Rechtslage sieht somit vor, daß vor dem Verwaltungsgerichtshof Akte der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nicht mehr unmittelbar angefochten werden können. Über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes, erkennen nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG nunmehr die unabhängigen Verwaltungssenate (vgl. in diesem Zusammenhang auch §§ 67a Abs. 1 Z. 2 und 67c AVG).

Die Beschwerde war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG schon aus den dargelegten Erwägungen wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Ein Auftrag zur Behebung der der Beschwerde anhaftenden Mängel im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG erübrigte sich, weil die Beschwerde auch nach einer allfälligen Mängelbehebung zurückzuweisen wäre (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 524, zitierte Judikatur).

Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 6. September 1978, Zlen. 1902, 1903/78).

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff AllgemeinOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Faktische Amtshandlungen siehe Art 129a Abs1 Z2 ( früher Art 131a B-VG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991170063.X00

Im RIS seit

05.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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